Zitat Zitat von Rübe Beitrag anzeigen
Betreib mal Genetik ohne dich in Biologie auszukennen. Mit Ethik funktioniert das ohne Probleme. Ethik ist ein interdisziplinäres System an Werten, unabhängig von Philosophie. Ursprünglich stammt sie noch aus der Theologie. Soll ich jetzt mit Sturheit darauf beharren, dass Ethik nur theologische Teildisziplin ist (obwohl offensichtlich ist, dass dem nicht so ist)? Fakt bleibt: Ethik wird unabhängig von Philosophie von verschiedensten Wissenschaften betrieben. So sehr, dass kein Anspruch seitens der Philosophie besteht, Ethik als orginäres Teilgebiet zu bezeichnen (auch wenn man sich krampfhaft daran festhalten muss, damit man die eigene Legitimation nicht verliert...)
Genetik ohne das Wissen über Einzeller, Krebstiere oder Baumrinden zu betreiben (im Sinne von: sich damit ernsthaft beschäftigen) ist keinerlei Problem, zumindest für mich nicht.
Und ansonsten scheinst du mich nicht wirklich zu verstehen; ich behaupte nicht, dass man sich der Philosophie verschreiben muss, um Ethik zu betreiben - wenn man sich damit jedoch beschäftigt, philosophiert man automatisch, unabhängig davon, in welchem Kontext dies geschieht. Du kannst dir auch Gedanken über die Existenz oder das Wirken Gottes im Zusammenhang mit Biologie, Soziologie, Linguistik usw. machen, und bewegst dich dennoch in einem Gebiet, das der Theologie zuzuschreiben ist - immer noch, auch wenn sich Menschen jeder Ausbildung den Kopf darüber zerbrechen.

Zumal wir nicht vergessen sollten, dass es sich hierbei um das Schulfach Philosophie handelt, das, wie ich dir mit einem Beispiel eben verdeutlichen wollte, wohl als einziges verschiedene ethische Grundpositionen und moralische Fragen im Zusammenhang mit diesen behandelt. Oder kannst du mir ein anderes Fach nennen, in dem man vom kategorischen Imperativ, dem Handlungsutilitarismus oder dem Hedonismus lernt?

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Nur ist es bei Philosophie noch viel weniger von Interesse als bei Geografie, wo man eben immerhin noch Topografie lernt. Es ist wie bei der Geschichte: Die praktische Relevanz einer Schlacht am Limes tendiert gegen null, auch wenn historische Entwicklungen für die Gesellschaft wichtig sind. Es gibt also keinen Grund, Philosophie oder Geschichte (ausser vielleicht als Sinnstiftung... aber die Zeiten sind wohl auch passé) als Pflichtfächer zu lehren. Wahlfächer stehen ja nicht zur Debatte: Wenn man sich für tote Griechen oder für dorische Säulen interessiert, dann soll man das im Studium betreiben. Wieso auch nicht, jeder soll seinen Interessen folgen. Aber zu etwas im "Allgemeinwissen" gezwungen zu werden, dass keinerlei praktische Relevanz hat, sollte einfach nicht vorkommen.
Die Frage ist nur, ob in der Schule lediglich Dinge gelehrt werden sollen, die "praktische Relevanz" haben, oder auch ganz einfach menschliches Kulturgut, historische Fakten oder schlichtweg Geisteswissenschaft, die nicht immer praktischen Nutzen hat (soll heißen, mit der man materiell etwas erschaffen kann), aber viel zur Denkensweise und dem persönlichen Betrachtungswinkel verschiedener Dinge beitragen kann. Die Philosophie habe ich in diesem Zusammenhang schon erwähnt, mit Geschichte verhält es sich ähnlich: Auch hier werden nicht nur Kriege und Könige gelehrt, sondern auch Ansichtsweisen, soziale Gepflogenheiten und vorherrschende Stimmungen vergangener Zeiten. Man muss sich anschließend nicht über jede gesellschaftliche Epoche Gedanken machen, aber zu wissen, wie, unter welchen Bedingungen und mit welchen Ideen Menschen früher gelebt haben, halte ich weiterhin für relevant.

Zitat Zitat von TheBiber
Oder das Addieren von Widerständen?
Das wohl auch, wofür man aber kaum ein ganzes Jahr benötigt. As said, Grundwissen auch im Bereich der Physik halte ich für ebenso wichtig wie Grundwissen in jenem der Philosophie.

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In der Schweiz gilt prinzipiell, dass Sozial- und Geisteswissenschaften doppelte Priorität haben wie Mathematik und Naturwissenschaften, von dem her ist ein grosser Teil der Schüler benachteiligt, während andere bevorzugt werden. Ist sicher sehr fördernd für das Selbstbewusstsein. Kein Wunder, werden naturwissenschaftlich angehauchte ständig als asoziale Nerds bezeichnet und kein Wunder schreiben diese generell schlechtere Noten, da sie einfach weniger Fächer haben, um gute zu schreiben.
Nun, so etwas würde ich auch nie befürworten, da meiner Meinung nach ein gerechter Ausgleich zwischen natur- und geisteswissenschaftlichen Fächern bestehen sollte. Immerhin kann man nicht sagen, welche der beiden Richtungen "besser" ist (abgesehen vom subjektiven Standpunkt natürlich).

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Das Schulfach kann insofern was dafür, dass es so auf dem Lehrplan der Erziehungskomission steht, abgesehen davon, dass grundsätzlich zu wenig Naturwissenschaften gelehrt werden im Vergleich.
Die Inkompetenz der Lehrer hat natürlich ebenso grossen Einfluss, aber um dies zu umgehen müsste man das System ändern, beispielsweise vom Lehrer unabhängige Prüfer.
Aber würden mehr naturwissenschaftliche Fächer gelehrt, spräche auch nichts gegen das Schulfach Philosophie? Das wäre dann ja auch in meinem Interesse.

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Bilanz: Wenn man die selbstwählenden Fächer abzieht, 5 zu 2 OHNE Philosophie... soviel zum fairen Konsens.
Na ja, dass Sprachen in jedem Lehrplan einen großen Stellenwert haben, ist irgendwie nachvollziehbar - auch wenn man es sicherlich übertreiben kann (gibt Schulen, an denen muss man Deutsch, Englisch, Französisch und Latein/Altgriechisch lernen...).
Ansonsten kann ich mich nur wiederholen und behaupten, dass in keine der beiden Richtungen zuviel des Guten... öhm, gut ist. Zusätzlich zu Philo noch Sozial- bzw. generelle Ethik zu lehren muss wirklich nicht sein, vor allem, wenn man es zwei Jahre hat - aber ich hab ja auch nie behauptet, dass an schweizerischen Schulen ein ausgeglichener Konsens herrscht.

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Der Philosophieunterricht sollte deshalb abgeschafft werden, weil es einfach zu viel des Guten ist und dem ganzen noch den Hut aufsetzt. Da würde man besser einen Ausgleich zu den restlichen Fächern finden, indem man beispielsweise obligatorisch anständige Informatik einführt oder viel mehr Wirtschaft lehrt. Oder man könnte ein Fach Ingenieurwesen einführen, wo man zum Beispiel Anwendungen der Naturwissenschaften in einem wirtschaftlichen Zusammenhang behandeln würde.
Es gäbe genügend Möglichkeiten, den Mangel an Naturwissenschaften in der Schule auszugleichen, aber nein, lehren wir lieber Philosophie, weil wir eh immer noch zu wenig auf Sozial- und Geisteswissenschaften legen.

Aber was will man, Pädagogen kommen ja gerade aus dieser Sparte und dass sie grundsätzlich keine Ahnung von der Realität haben, hatten sie mir schon mehr als genug bewiesen.
Na ja, aber ich kann immer noch nicht ganz verstehen, was jetzt gegen Philosophie als Schulfach spricht, außer, dass es Teil der an euren Schulen viel zu stark vorhandenen geisteswissenschaftlichen Fächer ist. Ich meine, warum sprichst du dich gerade gegen Philosophie und nicht gegen Geschichte, Wirtschaft oder Geografie aus? Weil du persönlich keinen Nutzen darin siehst? Nun, dann können wir die Diskussion gleich ad acta legen, denn eigentlich geht es ja um ein für sämtliche Schüler angenehmes Schulsystem, nicht nur für solche, die naturwissenschaftlich orientiert sind.