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General
Cyrodiil, Fortruine / Wildnis
Der Plan war einfach: Malukhat sollte zu dem vereinbarten Treffen mit Hannibal Traven gehen, dabei aber zwei Totenbeschwörer als Adjutanten ausgeben und in den Ratssaal der Arkanen Universität schmuggeln. Halbherzig hatte der Erzmagier versucht, den Bretonen davon zu überzeugen, ihm einfach seine Pläne mitzuteilen, auf dass er sie mit Traven ausdiskutierte. Er hatte mit keinem Erfolg und Recht behalten. Trotzdem schien ihm etwas an der Sache faul zu sein. Es war etwas im Gesicht seines Entführers, etwas in seiner Art; kurz: Etwas vollkommen Undefinierbares, von dem Malukhat wusste, dass er es kannte.
Seufzend lehnte er sich gegen die Steinwand seiner Zelle und atmete den einzigartigen Duft von Blut und Verwesung ein. Diese kleine Kammer weckte Erinnerungen, zweifelsohne, doch in diesen hatte er auf der anderen Seite der Zellentür gestanden. Das war in einer Zeit gewesen, in der es noch echte Nekromantiker gegeben hatte, und nicht diesen billigen Nachahmer-Abklatsch, der sich Mannimarco huldigend vor die Füße warf. Natürlich hatte es auch damals bereits bestimmte Kulte gegeben, die den Wurmkopf verehrten, doch gleichermaßen waren viele von diesem Glauben unabhängig geblieben und hatten sich den Aufgaben gewidmet, die einen Totenbeschwörer sowohl zum Künstler als auch Wissenschaftler machte.
Die hier, das wusste der Dunmer, waren nicht besser als all die anderen, die sich dieser Sache nur verschrieben hatten, um möglichst viel Macht anzuhäufen. Dass es dabei weder um Macht noch um die Minderwertigkeitskomplexe des Ausübenden ging, war schon lange in Vergessenheit geraten.
Knarrend öffnete sich die Tür zu Malukhats Zelle und einer seiner beiden Leibwächter, Molag Bal, trat herein.
„Hier sind Eure Sachen“, sagte er und warf sowohl die daedrischen Rüstungsteile als auch eine Tasche Proviant vor die Füße des Erzmagiers.
Fassungslos starrte Malukhat ihn an. „Nicht, dass ich was dagegen hätte, vor Hannibal Traven zu erscheinen und wie ein Haufen Kagouti-Mist zu riechen, aber es dürfte eurer Sache nicht unbedingt dienlich sein.“
Molag Bal ließ dies durch seinen wenig intelligenten Schädel gehen, dann entschied er: „Waschen könnt Ihr Euch unterwegs.“ und Malukhat zuckte resignierend die Schultern. Welch Barbarei er hier ertragen musste. Zu seiner Zeit wäre das nicht vorgekommen… aber seine Zeit war schon seit mehreren Jahrhunderten vorbei. Langsam konnte er nicht mal mehr sich selbst davon überzeugen, dass er sich noch in der Umgewöhnungsphase befand.
Es war einfach widerlich. Hier stand er, zog sich seine Rüstung über und fühlte sich, als hatte er sich kurz zuvor erst im Dreck gesuhlt. Da konnte er ja gleich zu den Bettlern in die Gosse gehen. Trotz der daedrischen Rüstung würde sein Geruch problemlos über seinen Reichtum hinweg täuschen.
Es ist für einen guten Zweck, Alter, sagte er sich und zog einen Gurt seiner Beinschienen fest.
Wie er auch zu dem Versteck gelangt war, so führte man ihn mit verbundenen Augen und auf dem Rücken eines Pferdes an den Ort, von dem aus er sich zur Kaiserstadt begeben sollte. Für einen Moment bedauerte er ihr Vorgehen, hätte er anhand des Terrains doch in etwa feststellen können, wo sich die Ruine befand. Andererseits hatte er keinen Einblick gewinnen können wie groß sie war und wie viele Totenbeschwörer sich dort befanden. Ein schlichter Angriff konnte sich dementsprechend sehr schnell in ein Selbstmordkommando verwandeln. Doch darüber brauchte er sich im Prinzip keine Gedanken zu machen; seine eigenen Entführer hatten einer Wiederkehr bereits vorgebeugt.
“Und lasst es Euch nicht einfallen, Dummheiten zu machen.“ hatte der Bretone zu ihm gesagt, kurz bevor dem blinden Malukhat die Sklavenfesseln abgenommen worden waren. Irgendetwas störte Malukhat immer noch an ihm, und immer noch konnte er es nicht benennen.
Travens Leben war ihm vollkommen egal. Er hatte Malukhat nun so oft und für so lange Zeit verletzt, dass eine Lektion in Form mehrerer gebrochener Knochen angemessen erschien. Außerdem hatte der Bretone in seinem Brief keinen Zweifel daran gelassen, welcher Erzmagier in diesem Land die Robe anhatte. Der Dunmer argwöhnte, dass Traven damit nicht nur Cyrodiil gemeint hatte sondern praktisch das gesamte Kaiserreich Tamriel. Das war sehr überheblich – selbst Malukhat war ein derartiger Besitzanspruch noch nicht in den Sinn gekommen – und machte den alten Mann nicht unbedingt sympathischer. Dabei hatte er von mehreren Seiten gehört, dass es Traven weniger um eigenen Ruhm als mehr um die Magiergilde ging. Eine Sache, die er nicht unterschreiben aber auch nicht vollkommen von der Hand weisen konnte: Wer schon von Malukhat gehört hatte, reagierte generell etwas anders auf ihn als auf die meisten.
Und trotzdem, obwohl der Dunmer wirklich keine Lust hatte, sich mit Traven auseinander setzen zu müssen, kam es ihm irgendwie merkwürdig vor, zwei Totenbeschwörern Eingang in die Arkane Universität zu gewähren. Mehr noch: Es kam ihm falsch vor. Er hoffte stark, er würde den Grund dafür erfahren, bevor er eine riesige Dummheit anstellte. Und wenn das nicht der Fall war, wenn er der Magiergilde als Ganzes Schaden zufügte, dann konnten der Bretone, der ihn auf übelste Weise herein gelegt hatte, und sein gesamtes Personal sich schon mal auf eine Massenbeerdigung vorbereiten.
„Vorwärts.“ Jemand riss Malukhat die Augenbinde von Kopf und schlug ihm gegen den Rücken.
„Bei den Neun, ein alter Mann ist kein Schlickschreiter“, brummte der Erzmagier vorwurfsvoll, ließ es sich aber gefallen. In der Ferne war bereits der Weißgoldturm zu sehen. Es würde nicht lange dauern, und dann würden sie die Kaiserstadt erreichen. Und Malukhat würde alles verraten, was ihm in seinem Leben noch wichtig war. Alles. Bis auf Arwen.
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