Karrod war übel. Himmeltraurig übel! Verfluchter Alkohol… wieso musste er es auch dauernd übertreiben? Er hätte sein Oblivion-Abenteuer auch mit einigen Krügen weniger begiessen können… im Moment fühlte er sich, als ob eine ganze Meute Dremora auf seinen Gedärmen Walzer getanzt hätte. Und dann noch der ganze Stadt-Mief – er musste mal wieder an die frische Luft! Dass es in den Städten auch immer so stinken musste… widerwärtig!
Er entschloss sich kurzerhand, einen kleinen Spaziergang zu machen. Die schöne Landschaft um Chorrol lud geradezu dazu ein, ein wenig über die grünen Hügel und durch die idyllischen Haine zu spazieren. Es hatte zwar schon begonnen, einzudunkeln, aber was soll’s, dann hatte er bestimmt seine Ruhe dort draussen.
Kaum hatte Karrod das Stadttor passiert, konnte er förmlich spüren, wie sich sein Zustand wieder zu bessern begann – die frische, kühle Luft tat gut und sein Magen beruhigte sich so schnell, wie er den letzten Krug Bier geleert – nein, besser nicht daran denken, sonst geschah noch ein Unglück.
Friedlich war es hier, in freier Wildbahn… nur er, Karrod und die Natur. Das muntere Zirpen der Grillen, der sanfte Luftzug des Windes, das Rascheln kleiner Tiere im Dickicht… war das eben ein Reh?
Wenn man hier draussen stand, war es schon unverständlich, wie sich Menschen freiwillig in enge, stinkende und lärmende Städte begeben konnten.
Doch was war das? In der Ferne sah er ein Licht. War es ein Licht? Eine Fackel würde anders ausschauen. Es wirkte irgendwie blass, surreal… wie ein Schleier. Ein Irrlicht? Nein, Irrlichter pflegten sich anders zu bewegen… unsteter, während dieses hier eine relativ klare Linie durch die Nacht beschrieb. War es ein Wanderer? Wer war so leichtsinnig und würde nach Einbruch der Dunkelheit eine Reise antreten? Nur Leute, die sich bei Tageslicht nicht blicken durften… Banditen, Mörder, Schmuggler… also am besten ignorieren? Vielleicht war es ja nur jemand aus Chorrol, der wie er einen kurzen Spaziergang unternahm… was aber, wenn es ein Verbrecher war? Jemand, der eine Bedrohung für die friedliebenden Bürger Chorrols darstellte? Sollte er so jemanden einfach seines Weges ziehen lassen? Vielleicht war es sogar ein flüchtiger Gefangener? Dann konnte er sich sogar noch was dazuverdienen, indem er ihn wieder dorthin brachte, wo er hingehörte.
Die Entscheidung war gefallen. Er ging in Richtung des sonderbaren Lichtes. Wenn ihn sein Orientierungssinn nicht foppte, verlief hier ein Trampelpfad, der öfters von Kaufmännern verwendet wurde, die die Tavernen und den Hof Chorrols belieferten. Doch welcher Kaufmann war schon so leichtsinnig, seine Ware um diese Zeit liefern zu wollen? Ein Stein, der dem Kutscher entging, würde unter Umständen schon ausreichen, um den Wagen mit einem Achsenbruch hier in der Wildnis stranden zu lassen. Perfekte Beute für Banditen oder wilde Tiere. Und die Lieferung würde auch nicht ankommen, was Geld und unter Umständen sogar einen Kunden kosten würde. Hier war etwas faul!
Kurz darauf erreichte Karrod den Pfad. Der Wagen war noch einige hundert Meter entfernt. Der Kutscher wird kaum Notiz von ihm genommen haben, da er ganz ohne Licht unterwegs war. Der Mond erhellte die Umgebung zwar mit seinem schönen, unwirklichen Licht, doch nahm man jemanden, der, dazu noch in einer dunkelgrün gefärbten Glasrüstung am Wegrand kauerte, kaum wahr.
Als der Wagen, dessen Kutscher wenigstens so vernünftig war, nicht schnell zu fahren, wenn er schon mitten in der Nacht unterwegs war, nur noch einige Meter entfernt war, trat er auf die Strasse. „Guten Abend, die Herren! Wieso zu so später Stunde noch unterwegs?“
Er konnte erkennen, dass es nicht nur eine Person auf der Kutsche war. Ob es leichtsinnig war, sich gleich zu Beginn zu erkennen zu geben?