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Neuling
Cheydinhal, Cyrodiil
Gewitter tobte am Nachthimmel und ließ ihn immer wieder in gleißender Helligkeit aufzucken wie eine sterbende Seele, die sich zum letzten Mal gegen das Unabwendbare aufbäumt und dennoch erlischt. Der Donner hallte von den Ausläufern der Berge wieder und der Regen fiel in solcher Dichte, dass nur diejenigen draußen blieben, deren Pflicht es war. Die Stadtwachen von Cheydinhal gehörten zu dieser zur Zeit arg benachteilgiten Bevölkerungsgruppe, welche in voller Rüstung unfreiwillige Duschbäder nahm, während die Stadtbewohner in ihrem Häusern die Kamine anzündeten und den Neun dankten, dass sie drin bleiben durften.
Die Wachen am Tor stellten sich auf einen sehr langen, sehr nassen, jedoch auch sehr stillen Nachtdienst ein. Niemand würde bei diesem Wetter unterwegs sein.
Niemand? Wie aus dem Nichts erschien vor ihren Augen auf einmal eine sehr großer, schlanker Altmer in schwarzer Kleidung mit silbernen Schulterplatten, welcher ein ungewöhnlich großes udn fremdartig wirkendes Schwert auf dem Rücken trug. Die Augen des Fremden waren von einem kalten klaren Grün mit goldenen Sprenkeln darin und sein für einen Mann ungewöhnlich langes Haar war schneeweiß und stand somit im Gegensatz zu seinem Gesicht, welches zeitlos, faltenlos war. Normalerweise grüßten Reisende, welche die Stadt betraten, stets mehr oder weniger freundlich. Dieser hier sprach kein Wort, sondern ging schweigend, würdevoll und seltsam zielstrebig durch das Tor. Nicht einmal der Regen, welcher den Altmer durchnässt hatte, tat seiner Würde und eindrucksvollen Erscheinung irgendeinen Abbruch. Beiden Wachen lief ein Schauer über den Rücken. "Der Tod wandelt auf Erden", murmelte der eine udn schickte ein Stoßgebet zu Akatosh.
So leise er jedoch auch gesprochen hatte, die scharfen Elfenohren Jirikis hatten die Worte vernommen und ein kaltes, verächtliches Lächeln glitt über sein Gesicht. Sie waren so leicht einzuschüchten. Alle. Nicht einmal Worte benötigte er dafür, seine Erscheinung reichte bereits aus. Der Hochelf schritt zügig aus und betrachtete die Häuser Cheydinhals aufmerksam, wenngleich man ihm das kaum anmerkte. Der Jäger war seiner noch ahnungslosen Beute auf der Spur. Doch würde diese Beute nicht ahnungslos bleiben, denn der Altmer beabsichtigte durchaus, sich zu erkennen zu geben. Die Todesangst im Gesicht seines Gegenübers, wenn dieser sah, wer ihn gestellt hatte, war es nciht, die Jiriki suchte. Einzig und allein die Tatsache, dass der andere wusste, warum er sterben musste, war sein Ziel.
Die Straßen waren wie leer gefegt, was bei diesem Wetter kein Wunder war. Dem einsamen Wanderer war das nur recht. Aufmerksamkeit brauchte und wollte er nicht. Schließlich fand er das Haus. Ein Haus, welches von einem Dunmer bewohnt wurde. Vorübergehend, da der eigentliche Besitzer auf Reisen war. Wie vorübergehend es sein würde, davon hatte der jetzige Bewohner allerdings noch nicht die leiseste Ahnung. Lautlos schlüpfte Jiriki im schutz der Regennacht durch die Eingangstür. "Narren, die ihr Haus unverschlossen ließen", dachte er dabei. Die Eingangshalle war dunkel, der Kamin erloschen. Offenbar hatte der Bewohner sich bereits zu Bett begeben. Der Hochelf seufzte leise. Er hatte das Gesicht des Anderen sehen wollen, seine Todesangst. Doch nun schlief sein Opfer und selbiges erst zu wecken, ihn aus dem Dämmerungszustand zwischen Traum und Wirklichkeit zu holen, würde zu lange dauern. Andererseits war es so vielleicht auch besser. In einer nachtstillen Stadt würden Angstschreie vernommen werden.
Jiriki betrat lautlos das Schlafzimmer und zog mit einer geschmeidigen raschen Bewegung sein Schwert. Seine elfischen Augen durchdrangen mühelos die Dunkelheit, welche zudem immer wieder von vereinzelten Blitzen aufgehellt wurde. Ja, sein Opfer schlief. Der Dunmer lag zusammengerollt im Bett, nichtsahnend, dass es ein ewiger Schlaf sein würde. Schnell und geübt schwang Jiriki das Schwert einmal und die Tat war getan. Nur das böse Glitzern in seinen Augen sprach von dem Triumpf, den er in diesem Augenblick empfand, während er das Schwert wieder in die Halterung auf dem Rücken steckte und kurz darauf so lautlos wie er gekommen war, das Haus auch wieder verließ. "Nummer eins", sprach er leise, während er zurück zum Stadttor ging, durch welches er kurz darauf die Stadt ebenso schweigend und grußlos verließ, wer er gekommen war. Vermutlich würde es einige Zeit dauern bis man den Toten fand und ihm konnte sowieso keiner etwas nachweisen.
Noch achtmal das Gleiche und erst sein letzes Opfer würde seine Rache und seinen Blutdurst befriedigen. Sein letzes Opfer würde das beste sein. Derjenige, der die Hauptschuld trug. Derjenige, der ihm, Jiriki das alles angetan hatte. Ihn zu dem gemacht, was er heute war. Seine Helfeshelfer mussten natürlich ebenfalls sterben, doch waren sie nur Wegweiser, die dem Letzten zeigen sollten, wer auf dem Weg zu ihm war. Wer den Tod bringen würde.
Der weißhaarige Hochelf schritt in die Nacht hinaus, in Gedanken versunken wäre er fast über den Haufen geritten worden. Verdamt, sowas passierte ihm sonst doch nicht. Rasch trat er einen Schritt beiseitet und sah eine junge Dunmerin auf einem Fuchs, den sie zum Stall ritt. Wohl um ihn dort über Nacht unterzustellen. Die Dunkelelfe wirkte erschöpft und traurig. Jiriki zuckte mit den Schultern. Was ging ihn diese Dunmerin an. Irgendein Wehwehchen hatten sie doch alle, diese jämmerlichen Schwächlinge. Ruhig ging er am Stall vorbei und in die Nacht hinaus. Einen kurzen Blick warf er noch auf die Dunkelelfe. Hübsch war sie ja, das musste man ihr lassen. Egal, für so etwas hatte er weder die Zeit noch irgendein wie auch immer geartetes Gefühl. Damit schritt er endgültig in die Gewitternacht und wurde von der Dunkelheit und dem Regen verschluckt.
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