J'Shivrizza stolperte aus der Tür hinaus, landete im Schnee. Zuerst dämpften Robe und Umhänge die Kälte, doch rasch fühlte sie ihr Fell kühl werden. Die Sonne blendete, von allen Seiten. Nicht allein von oben kam ihr Licht, sondern es strahlte vom Schnee zurück direkt in die Augen der Khajiit. So wie wenn eine Antilope auf der Spitze eines Berges ruft, und ein Echo von allen Flanken in das Tal gedonnert wird.

Die Khajiit rieb sich die Augen, rückte dann ihre Brille zurecht. Ein paar der Einheimischen hatten ihren Fall bemerkt, gingen aber weiter ihres Weges. Viele Menschen. Die meisten groß und blaß und breitschultrig. In den Gewändern, die sie trugen, hätte sich J'Shivrizza nicht einmal vor die Tür getraut - aus Angst, zu erfrieren.

Einer kam ihr entgegen. Als er näher trat, erschrak die Khajiit. Zwischen den grauen Haaren sah sie spitze Ohren. Schon in Elsweyr hatte man ihr beigebracht, woran sie sich immer noch hielt: Spitze Ohren ohne dunkle oder goldene Haut bedeutet Bosmer. Und was da ihr entgegen kam, hatte eher die Hautfarbe der Menschen. Sie schluckte. Und bedeutete sogleich ihrem Geist, dafür zu sorgen, nicht von dem Mann gesehen zu werden. Er blieb mittem auf der Straße stehen, blinzelte, wandte sich dem nächsten Passanten zu.
J'Shivrizza blieb der Atem weg. Es war egoistisch, nur sich selbst vor dem Bosmer zu schützen. Elendil würde bestimmt auch den anderen helfen. Und wenn sie schon so Geld bekam, wollte sie auch etwas dafür tun. Wieder blieb der Waldelf stehen, sah sich um, als ob ihm gerade jemand die Nase aus dem Gesicht gemopst hätte.
Dank seines Gesichtsausdrucks wandte sich die Passantin ihm zu. Innerlich fluchend sorgte J'Shivrizza dafür, daß auch sie ihn nicht mehr wahrnahm. Denn wenn beide sich nicht sähen, könnte auch niemanden etwas passieren.
Aber es waren noch so viele andere Leute in der Stadt! Mit einem Seufzer begab sich die Khajiit an die Arbeit.

Müde und erschöpft stolperte J'Shivrizza am Abend aus dem letzten Geschäft. Sie hatte ein paar Roben, einen Rucksack und Vorräte bekommen. Nur das allernötigste. Und unterwegs möglichst viele vor dem Bosmer geschützt. Bis auf die Leute aus der Magiergilde. Um die machte die Khajiit einen Bogen. Besser ist besser. Alles schon im Rucksack verstaut machte sich die Khajiit auf den Weg zurück nach Elendil.

Wenn sie denn noch wüßte, wo er wohnte. Zudem sah sie eh nur Schnee und Holz und Wächter in gelben Uniformen. In der Stadt war irgend etwas los. Gespenster oder so. Ein ziemlicher Wirbel, den J'Shivrizza nicht verstand. Und auf dem Platz vor dem Stadttor hielt eine Frau eine Rede über Zauberei, deren Magie keinen Fingerhut gefüllt hätte. Die Kapuze tief über den Kopf gezogen schlich J'Shivrizza an der Zweibeinermenge vorbei. Versuchte dabei, das Gerede über Geister zu ignorieren, die irgendwelche Leute anstießen. Ihrer Erfahrung nach waren Geister meist viel böswilliger. Also mußten sie die Leute nur etwas einbilden, und so zuckte die Khajiit mit den Schultern und ging weiter.

Sie folgte einer leuchtenden Kugel. Wie ein Hund folgte die Kugel Pfotenspuren, und zwar ihren eigenen. Durch ganz Bruma führte im Zickzack der Pfad, bis sie schließlich in einer Tür verschwand und hineinflog. Und wieder herausflog. Und wieder herein. Und heraus. So ging es weiter, und wieder besuchte die Khajiit jedes Geschäft (und was sie dafür gehalten hatte) der Stadt. Bis schließlich die Kugel endgültig in einem der Häuser verschwand.
J'Shivrizza trat ein und erkannte Elendils Haus wieder. Hinter sich hörte sie Menschen flüstern. Einen Augenblick ließ sie den Kopf hängen, schleuderte dann mit einem Gedanken den Ball hoch über die Stadt, ließ ihn in einen Funkenregen zerbersten und Lichtstrahlen herabregnen. Die Ablenkung nutzte die Khajiit, um die Tür zu verriegeln und sich in das Gästezimmer zurückzuziehen. Tränke mischen? Na ja, J'Shivrizza lernte gerne immer wieder mal etwas neues. Aber nicht mehr heute. Und in der Stadt ging es ohnehin schon hoch genug her. Eingebildete Geister, komische Versammlungen, Leute die simpelste Magie nicht kannten - und zu allem Überfluß auch noch Bosmer. J'Shivrizzas Traumstadt sah anders aus.

Jemand klopfte an der Haustür. Aber das war Elendils Problem. Immerhin war es sein Haus, und nicht ihres.