Folgender Text ist jetzt von meiner Seite aus komplett überarbeitet und bisher wäre ich über Kritik am Stil sehr glücklich, vor allem, was Satzbau und Wortwahl angeht, inhaltlich kann man noch nicht viel dazu sagen. Postet einfach alles, was euch auffällt, ich will eine Seite aus übungstechnischen Gründen mal wirklich aller Fehler und Seltsamkeiten berauben.
Danke im Voraus.



Die Flasche rutschte aus seiner Hand. Fluchend trat der Junge dagegen, hob das gläserne Gefäß dann aber schnell wieder auf, um es in seinen Armen zu wiegen, als sei es ein Neugeborenes, das soeben ein wenig hochprozentiges Blut verloren hatte.
„Sorry, mein Freund!“, rief er laut, und ein Auto wich laut hupend seinem torkelnden Körper aus. Er bemerkte, dass er auf der Straße stand und verwünschte den Asphalt dafür, ebenso wie den Regen. Fluchen war sehr beruhigend, aber in dem Moment, in dem der junge Mann realisierte, dass sein Bier alle war, reichte diese Strategie nicht länger aus. Er begann damit, wild um sich zu schlagen. Die imaginären Feinde wichen seinen Angriffen behände aus, was ihn nur noch wilder machte. Bald wurde der Verkehr dichter und wies der Gestalt so unweigerlich den Weg zum Bürgersteig, wo er erst einmal tief durchatmete. Ein kurzer Moment der Traurigkeit wollte den Besoffenen übermannen, aber er ließ es nicht zu und schaute sich stattdessen nach einer neuen Quelle um. Gleich der typischen Fata Morgana, mitten in der Wüste, sah sein verschwommener Blick eine Nebenstraße, welche zwischen den Häuserschluchten verschwand, und an ihrem Ende prangte das erfrischende Wasserbecken im Form einer Bar. Erleichtert betrat er das Haus seiner schlaflosen Nächte und schüttelte den nassen Haarschopf. Es war spät, sehr spät, stellte er fest, denn er war der einzige. Die junge Frau hinter dem Tresen, er war im Moment nicht imstande, sie detaillierter als mit „Frau hinter dem Tresen“ zu beschreiben, blickte ihn ein wenig genervt und müde an. Was für ein warmer Empfang. Ihre Missmutigkeit ignorierend, schleppte er sich auf einen Barhocker und ließ den Oberkörper auf dem Kneipentisch niedersinken.
„Einen Whiskey!“, bestellte sein erhobener linker Zeigefinger, und ihre Augen verleiernd nahm die Frau eine entsprechende Flasche aus dem Regal hinter sich.
„Ich hoffe, du hast Geld dabei.“, meinte sie nur ausdruckslos, „Wenn du uns schon nach Ladenschluss einen Besuch abstattest.“
Murrend knallte er ihr ein paar Euro auf den Tresen und murmelte noch einige unverständliche Worte, bevor er das Gesicht minutenlang in seinem Glas versenkte. Die Barfrau schüttelte den Kopf. Für einen Säufer trug er recht anständige Klamotten, und wäre der junge Mann nicht durchnässt wie ein aufgeweichter Hund gewesen, hätte sie ihm glatt eine gewisse Würde zugesprochen. So war er allerdings nur ein Säufer.
„Hey! Jungchen!“, erklang plötzlich eine Stimme aus einer dunklen Ecke, wie man sie in jeder Lokalität dieser Bauart finden konnte, und der Betrunkene versuchte krampfhaft zu erkennen, wer ihn angesprochen hatte.
„Komm her! Lass den alten Mann eine Geschichte erzählen!“
Dieser subtile Hinweis verriet ihm, dass er es mit einem alten Mann zu tun hatte, und mit der Bestellung eines weiteren Whiskey schlurfte er in Richtung der Stimme.
„Was is?“, war die unausweichliche Frage, und der Angesprochene ließ sich auf einen Stuhl fallen. Es war wohl der Stammtisch, überall hatten irgendwelche Besucher ihre Namen eingeritzt, und es stank nach Alkohol. Als sich ein Gesicht aus der Dunkelheit löste, verstand der Junge, dass es nicht der Tisch war, der diesen exquisiten Geruch verströmte.
„Alter, du stinkst!“ war das Einzige, was er hervorbrachte, aber das bewegte seinen neuen Gesprächspartner nur zu einem kehligen Lachen. Die Sicht war noch immer verschwommen, und im Großen und Ganzen bestand der Fremde nur aus Haaren, jedenfalls auf den ersten Blick, und mehr Blicke konnte er gerade nicht erübrigen. Die Kellnerin bedachte ihre Gäste mit einem abwertenden Nicken, als sie die Bestellung auf den Tisch stellte und sich dann wieder daran machte, Gläser zu putzen.
„Ich erzähl dir was!“, raunte der Alte, und pochte dabei mit den Fingern auf die Holzplatte, „Aber nur, wenn du mir nen Bier ausgibst!“
Der junge Mann fand das alles irgendwo belustigend und grinste dämlich, dem Wunsch nachkommend. Der Andere war so glücklich, dass die folgende Wortgruppe eher einem Schrei gleich kam.
„Das Mittelalter, mein Junge, das Mittelalter! Irgendwo in einer Burg, nein, keine Burg, ein Burghof!“
Er verstand nicht wirklich, was der Alte in seinem Redeschwall verbrochen hatte, aber lustig war es irgendwie trotzdem, und so lachte der Betrunkene abermals glucksend, was seinen Gesprächspartner nur noch mehr anspornte.
„Es gab ein großes Fest beim alten Otto! Mann, das war ein Fest!“
„Feste sind gut!“, lachte der Junge, „Feste sind gut.“
Die Antworten flogen mit jedem Wort euphorischer.
„Ja! Ein großes Fest, ein gutes Fest! Stell es dir vor, Junge, stell es dir vor!“
Er stellte es sich vor. Neben ihm baute sich eine Ritterburg auf, er selbst saß in bunten Kleidern auf einer Holzbank und goss einen gewaltigen Humpen Bier hinunter.
„Ein Bier!“, rief er in seiner Vorstellung wie in der Realität, und die Barfrau seiner Fantasie nahm die Bestellung irgendwie motivierter an als ihre reelle Zwillingsschwester. Für eine Alkoholvision hatte er die Erzählung des Alten ziemlich genau vor Augen, fiel ihm auf, sein Gesprächspartner hockte ebenfalls an der Tafel, direkt gegenüber.
„Nimm ein Schwein!“, schrie er plötzlich, und der junge Mann fiel wieder in einen Lachanfall.
„Ein Schwein?“, fragte er belustigt, „Ich esse kein Schwein, ich bin Vege… Vege…“
Das Wort schien ihm Probleme zu bereiten, und er benutzte seine Hände, um vollkommen erfolglos zu demonstrieren, was er meinte. Der Alte lachte nur.
„Aber nein! Du liebst Schwein!“
In der Fantasie nahm der Junge eine Keule und riss ein großes Stück heraus. Er liebte Schwein.
„Schmeckt gut.“, schmatzte er, „Schwein ist mein Lieblingsessen. Halt!... Ich esse gar … kein Schwein…! Ich bin Ve…“
„Wer BIST du?!?“
Der alte Mann war plötzlich auf den Tisch gesprungen und hatte die Bierflaschen vor sich umgestoßen, zog ihn nun an seinem Kragen und schrie ihm sabbernderweise ins Gesicht. Der Betrunkene war erstarrt, panische Angst erfüllte ihn an Anbetracht des Wilden gegenüber, und die Fantasiewelt brach zusammen. Kreischend und mit den Armen wackelnd verließ er die Bar, und er hielt erst wieder, als er die Tür seiner Wohnung hinter sich zugerammt und verschlossen hatte.


Die Sonnenstrahlen fielen über ferne Bergmauern, und das Lachen der Leute bestimmte die Atmosphäre. Bier und Met flossen in Massen, die langen Bänke zitterten unter ihren herabdonnernden Krügen und die Sonne zauberte Schweißtropfen auf so manches zufriedenes Gesicht. „Hebt, Brüder!“, rief jemand, als die Schankmaid eine weitere Runde auf die Tafel schob. Ein Schwein briet über lodernden Flammen, und die Schnauze war zu einer dämonischen Fratze verzerrt, selbst als die Bauern und Edelleute begannen, geifernd Fleischstücke aus den schwelenden Rippen zu reißen.



Wird fortgesetzt.