Zitat
Wer also Wert auf die Zugehörigkeit zu einer Gruppe legt, weil diese seiner Meinung nach gewisse positive Eigenschaften verkörpert, der sonnt sich nur im strahlenden Licht der positiven Vorurteile und bezieht Selbstwertgefühl aus den Leistungen eines anderen.
An dieser Stelle wird das Ganze produktiv. Aus nur wenigen großen Einzelleistungen kann die ganze Gruppe Selbstwertgefühl ziehen. Die Leistung weniger wird zum Quell der Selbstachtung für alle und steigert damit das Wohlergehen.
Fraglich ist, ob diese Steigerung des Gemeinwohls als nachträgliche Rechtfertigung des eigenen Stolzes auf die Leistung anderer dienen kann. Es ist und bleibt eine Illusion, aber eine solche, mit der es sich bequem leben lässt.
Andererseits bestehen allgemein bekannte Gefahren. Setzt der Einzelne seiner Selbstachtung keine Grenzen, berauscht sich daran, so wird ihm die bloße Zugehörigkeit zur Gruppe bald nicht mehr ausreichen. Er wird stattdessen die Außenstehenden, die nicht Mitglieder der Gruppe sind, abzuwerten versuchen, um Gründe für die Überlegenheit der eigenen Gruppe (und damit für seine individuelle Überlegenheit) zu finden. Er wird auch die negativen Eigenschaften der eigenen Gruppe verbergen oder als positiv umdeuten wollen, denn die Differenz zwischen den Eigenschaften der Gruppe und denen der Außenstehenden ist es, die sein Selbstwertgefühl bestimmt.
...