Es gibt nur sehr wenige Makerspiele, die es sich einfach machen und auf einen historischen Hintergrund zurückgreifen, vor dem sie das Spiel ansiedeln. Ich denke da an Projekte wie „Detectivus Scitus“ (altes Rom) oder demnächst anstehende Piratenspiele mit mehr oder minder starkem Karibikflair.
Das ist schade, denn solche Spiele haben es in meinen Augen bedeutend einfacher, eine glaubwürdige Welt zu erschaffen, in der sich die Handlung ereignet, als es herkömmliche Fantasyspiele haben. Bei Fantasyspielen muss sich der Entwickler hinsetzen und auf einem leeren Blatt Papier eine komplette Welt erschaffen, die folgende Kriterien erfüllen muss/sollte: Glaubwürdig, in sich stimmig, unterhaltsam.
Fantasie allein reicht eben nicht, sondern muss mit einer ordentlichen Portion Logik angereichert werden. Platziert man das Spiel hingegen mitten in der Geschichte, hat man gleich vier Vorteile:
1. Man muss sich keine großartigen Konflikte einfallen lassen. Es ist ja alles schon da. Abenteurerspiele mit Spaniern auf Entdeckungsfahrt im Amazonas, Wildwestschießereien, Agentenkrimis im kalten Krieg, was weiß ich nicht noch alles.
2. Die Welten gehen in sich auf und weisen keine Widersprüche auf, denn sie haben den größtmöglichen Praxistest bereits hinter sich: Die Wirklichkeit. Besser noch. Selbst wenn man als Ersteller einmal etwas im Hintergrund nicht komplett ausführt, entsteht dort noch lange keine Glaubwürdigkeitslücke. Bewusst oder halb intuitiv wissen viele Spieler auch so, dass Nazis eher böse sind, Griechen gerne luftig bauen, Azteken hin und wieder ein paar tausend Menschen opfern und so weiter und so fort. Man also gar nicht alles bis ins kleinste Detail ausführen. Vielmehr denken Spieler hier unbewusst mit, so dass ihnen Lücken gar nicht auffallen. Bei Fantasyhintergründen gibt es hingegen nur zwei Möglichkeiten: Sie sind derart ausgelatscht, dass nun wirklich niemand mehr genauere Informationen haben möchte. Oder sie müssen, wenn sie wirklich neu sind, lupenrein funktionieren, da außer dem Entwickler niemand diese Welt kennt und entsprechend mitdenken könnte.
3. Der potentielle Unterhaltungswert des künftigen Projekts lässt sich leicht abschätzen. Eigentlich reicht da ein Blick ins Bücher/DVD-Regal, um zu sehen, welche Geschichtsepoche zieht und welche nicht.
4. Ohne größeren Aufwand (es soll ja kein Geschichtsbuch sondern nur ein Spiel werden) erschafft man eine originelle Szenerie, die sich gleich mal abwechslungsreich von den vielen Fantasyvariationen des Herrn der Ringe abhebt.
Das ist zwar keine Garantie für mehr Spielspaß, aber die Wahrscheinlichkeit für gehaltvollere Szenarien (logisch, komplex, nachvollziehbar, mit prallem Leben gefüllt) steigt deutlich an. Meine ich jedenfalls.