Es gibt nur sehr wenige Makerspiele, die es sich einfach machen und auf einen historischen Hintergrund zurückgreifen, vor dem sie das Spiel ansiedeln. Ich denke da an Projekte wie „Detectivus Scitus“ (altes Rom) oder demnächst anstehende Piratenspiele mit mehr oder minder starkem Karibikflair.
Das ist schade, denn solche Spiele haben es in meinen Augen bedeutend einfacher, eine glaubwürdige Welt zu erschaffen, in der sich die Handlung ereignet, als es herkömmliche Fantasyspiele haben. Bei Fantasyspielen muss sich der Entwickler hinsetzen und auf einem leeren Blatt Papier eine komplette Welt erschaffen, die folgende Kriterien erfüllen muss/sollte: Glaubwürdig, in sich stimmig, unterhaltsam.
Fantasie allein reicht eben nicht, sondern muss mit einer ordentlichen Portion Logik angereichert werden. Platziert man das Spiel hingegen mitten in der Geschichte, hat man gleich vier Vorteile:
1. Man muss sich keine großartigen Konflikte einfallen lassen. Es ist ja alles schon da. Abenteurerspiele mit Spaniern auf Entdeckungsfahrt im Amazonas, Wildwestschießereien, Agentenkrimis im kalten Krieg, was weiß ich nicht noch alles.
2. Die Welten gehen in sich auf und weisen keine Widersprüche auf, denn sie haben den größtmöglichen Praxistest bereits hinter sich: Die Wirklichkeit. Besser noch. Selbst wenn man als Ersteller einmal etwas im Hintergrund nicht komplett ausführt, entsteht dort noch lange keine Glaubwürdigkeitslücke. Bewusst oder halb intuitiv wissen viele Spieler auch so, dass Nazis eher böse sind, Griechen gerne luftig bauen, Azteken hin und wieder ein paar tausend Menschen opfern und so weiter und so fort. Man also gar nicht alles bis ins kleinste Detail ausführen. Vielmehr denken Spieler hier unbewusst mit, so dass ihnen Lücken gar nicht auffallen. Bei Fantasyhintergründen gibt es hingegen nur zwei Möglichkeiten: Sie sind derart ausgelatscht, dass nun wirklich niemand mehr genauere Informationen haben möchte. Oder sie müssen, wenn sie wirklich neu sind, lupenrein funktionieren, da außer dem Entwickler niemand diese Welt kennt und entsprechend mitdenken könnte.
3. Der potentielle Unterhaltungswert des künftigen Projekts lässt sich leicht abschätzen. Eigentlich reicht da ein Blick ins Bücher/DVD-Regal, um zu sehen, welche Geschichtsepoche zieht und welche nicht.
4. Ohne größeren Aufwand (es soll ja kein Geschichtsbuch sondern nur ein Spiel werden) erschafft man eine originelle Szenerie, die sich gleich mal abwechslungsreich von den vielen Fantasyvariationen des Herrn der Ringe abhebt.
Das ist zwar keine Garantie für mehr Spielspaß, aber die Wahrscheinlichkeit für gehaltvollere Szenarien (logisch, komplex, nachvollziehbar, mit prallem Leben gefüllt) steigt deutlich an. Meine ich jedenfalls.
Find ich auch. Allerdings sind solche Dingers ziemlich blöde umzusetzen, da man sich ja schon fast penibel genau an das Setting halten muss. Fürn Western braucht man das gottverlassene, verstaubte "Gold Rush City" dazu nen Saloon und natürlich die hiesigen Schießbrüder Jack & Joe, die die Stadt terrorisieren. Der Held muss natürlich der ruhige, harte Stereotyp sein, der so scheiße cool ist, das die Luft ihn atmet.
Und der befreit dann die Stadt von den Terrorbrüdern, wobei sich herausstellt das diese erpresst wurden, weil sie gegen den reichen Bürgermeister Konkurrenz Kandidaten im Pokern verloren hatten.
Alter. 8)
Da ich in meinem aktuellen Projekt beide Arten von Spielwelten habe, sowohl die historische Realität als auch frei erfundene Fantasywelten, will ich auch mal meinen Senf dazugeben.
Sicher hast du Recht, wenn du sagst, dass man weniger Arbeit hat, wenn man die gegebenen Voraussetzungen des RL nimmt und die Handlung quasi nur aufpflanzt. Andererseits kommt dabei eine Menge Recherchearbeit hinzu, denn logische Fehler passieren dann umso schneller, z.B. eine verdrehte Jahreszahl. Ich erinnere da an die Französische Revolution im Jahre 1798 statt 1789...
Man muss also höllisch aufpassen, dass man alles korrekt umsetzt. Eine solche korrekte Umsetzung ist dann im Ergebnis natürlich umso schöner. Besonders, wenn dann der AHA-Effekt auftaucht^^ "Hey, das kenn ich. Das ist richtig so, da hat jemand mitgedacht!"
Ein besonderes i-Tüpfelchen ist dann natürlich, wenn man historische Tatsachen geschickt für sich ausnutzt. Ich denke da speziell an ungelöste Phänomene, wie z.B. (schon wieder ) die Tunguska-Explosion. Darauf lässt sich in der Regel gut aufbauen.
Entwirft man dagegen eine eigene Fantasywelt, dann hat man es schwerer und leichtet zugleich. Zum Einen gibt es keine fesselnden Rahmenbedingungen; alles tritt dann ein, wenn der Schöpfer es will. Zum anderen aber gibt es auch keine Anhaltspunkte, was zwangsläufig zu "leeren" Welten führt.
Alles in Allem bleibt zu sagen, dass die historischen Hintergründe immer gut sind^^ Es bleibt allerdings der (mehr oder weniger blühenden) Fantasie des Entwicklers überlassen, was er daraus macht... ist doch eigentlich immer so
EDIT: Meine Texte sind zu lang... Jesp war schneller
Ja, historische Hintergründe sind nicht schlecht.
Allerdings gibt es drei Gründe, die wohl die Meisten davon abhalten, ihr Spiel vor solchen spielen zu lassen:
1.) Die Vorbilder. Sämtliche (oder viele) kommerzielle Rpgs haben eben diese Fantasywelten. Korrigiert mich wenn ich falsch liege, ich habe kommerzielle Rpgs nie gespielt.
2.) Die Grafiken. Es sind eben zum großteil Fantasygrafiken vorhanden, die dann wohl auch genutzt werden.
3.) Viele Makerer wollen wohl gedenk den Vorbildern Magie und Fantasywesen einbauen. Und diese passt meistens so gar nicht in unsere Realität. Vorallem wohl die Masse an Magie in den meisten Spielen. (Jeder zweite kann ohne Probleme Feuerbälle beschwören etc.)
Trotzdem bin ich eindeutig für realistischere, historischere Hintergründe. Und sollte ich genügend Motivation finden, wird wohl auch in weiter Ferne ein ebenso orientiertes Projekt seinen Abschluss oder zumindest ersteinmal den Abschluss einer Demo erfahren.
//Edit: Da fällt mir noch etwas ein. Ein weiteres Problem solcher Projekte ist, dass man sich mit der Materie sehr gut auskennen sollte und man beim Verarbeiten von immer mehr Fakten darauf achten muss, nicht zu nahe an der Realität zu bleiben. Versucht man völlig an der Realität zu bleiben leidet eventuell das Gameplay oder man bekommt jeden kleinen Fehler nachgetragen.
Das große Problem bei historischen Spielen ist, dass sie verlangen historisch korrekt zu sein. Außerdem kann man viele Dinge die in seiner Fantasie rumspuken gar nicht anwenden, weil sie einfach in der Realität nicht möglich sind. Man wird durch den historischen Rahmen doch schon eingeschränkt.
Ja und das mit den chipsets ist natürlich auch noch ein Grund man ist ziemlich eingeschränkt und pixeln kann nicht jeder...
1. Man muss sich keine großartigen Konflikte einfallen lassen. Es ist ja alles schon da.
...
Die interessantesten Konflikte hast du schon verpasst. Man lernt in der Schule nie von ihnen. bzw du lernst von ihnen, aber man lässt die ganzen äußerst verdammt lebenswichtigen Details weg, mit denen die Sache dann irgendwie endlich mal Sinn machen würde.
Zitat
Griechen gerne luftig bauen
...
Nein. Das mit den Säulen sind öffentliche Bauten. Darin lebten sie genau so wenig, wie du im Bundestag wohnen würdest.
Zitat
Azteken hin und wieder ein paar tausend Menschen opfern
...
Und lange Liebesgedichte verfassten, wenn sie nicht gerade detailierte Aufzeichnungen ihrer Geschichte erstellten.
Zitat
3. Der potentielle Unterhaltungswert des künftigen Projekts lässt sich leicht abschätzen.
...
Es mag dir neu sein, aber "Unterhaltungswert" ist nicht inhär. Unterhaltungswert ist, was DU erzeugen solltest. Wenn Auflagestärke gleichbedeutend mit Unterhaltungswert wäre, würde es mehr Bibelspiele geben.
Zitat
4. Ohne größeren Aufwand (es soll ja kein Geschichtsbuch sondern nur ein Spiel werden) erschafft man eine originelle Szenerie, die sich gleich mal abwechslungsreich von den vielen Fantasyvariationen des Herrn der Ringe abhebt.
...
Wer glaubt, dass Fantasy=Herr der Ringe, sollte der Bibliothek mal einen Besuch abstatten. Es gibt tausende von Fantasybücher, die keine Orks und Elfen haben.
Also historischer Hintergrund schön und gut, aber gerade darin seh ich für mich eine absolute Einschränkung ... Gut, man hat halt alles vorgegeben und es ist realistisch .... aber wo bleiben die Elfen, Trolle und Orks????
Oder allein schon Magie ... ein völlig ohne Magie und Zauber auskommendes Rpg ist so ne Sache ... würde das Ks stark einschränken oder extreme Improvisation erfordern ...
Nun ja ... es ließe sich noch halbwegs machen wie im 13. Krieger von Michael Crichton ... Da wird auch mystifiziert, aber alles ist aus heutiger Sicht logisch erklärbar ... aber sowas erfordert etwas, dass genauso aufwendig, wenn nicht sogar aufwendiger als reines Ausdenken ist .....
Recherche-Arbeit .... Aufgrund meiner Facharbeit (über Beowulf) beschäftige ich mich derzeit auch mit dem 13. Krieger und wenn ich bedenke wie verdammt gut für den Roman recherchiert wurde, dann weiß ich nicht ob jemand der nicht gerade absoluter Geschichtsfreak ist sowas auf sich nehmen will ...
Und ich empfinde sowas als relativ einschränkend ...
Man kann es natürlich auch anders machen (so werde ich es z.B. in vielen meiner geplanten Spiele machen):
Man kann einen historischen Hintergrund/eine Idee, ein Volk oder was weiß ich nehmen und einbauen ... Interessant in der Hinsicht wäre die Fantasy-Reihe Dämonendämmerung von R.A.Salvatore, die ich persönlich nicht sehr mag, aber als Beispiel recht gut taugt ...
Dabei wurde die Geschichte der amerikanischen Besiedlung als Hintergrund genommen, ins Mittelalter verlegt und mit Goblins, Riesen etc. vermischt ... Viele Anspielungen auf die amerikanische Geschichte kommen vor und dennoch ist es eine eigene Welt voller Freiheit ...
_______________
Fazit:
Man sollte selbst entscheiden, wie man es mit der Historie halten will, aber wenn man einen auf historisch machen will, dann sollte man Ahnung von der Materie haben ... ansonsten wirkt es einfach nur armselig ...
Aalsud:
Ja, mit historischen Spielhintergründe ist es natürlich auch erst einmal eine Frage, wie konkret der Begriff "Hintergund" aufgefasst wird.
Man kann die Ereignisse in seinem Spiel natürlich wirklich in einen historischen Zusammenhang einorden, also quasi etwas fingiert, das so hätte passieren können - DAS erfordert selbstverständlich viel Recherchearbeit.
Allerdings schau man sich Asterix an: Es hat einen historischen Hintergrund, ja, und es wird auch noch mit einigem Fachwissen um sich geworfen, aber selbst, wenn man Zaubertränke und jenes Dorf hinausnimmt, ist alles zwar vor einem historischen Hintergrund angesiedelt, aber noch so stark überkarikiert, dass historische Feinheiten nahezu gar keine Bedeutung haben und höchstens noch als netter Bonus mitschwingen.
Wenn man aalsud sagt "Joa, wilder Westen, ich nehm' eine Steppe und Leute mit Sechsschüssern... muss reichen", dann ist das auch in Ordnung. Wenn die Sechsschüsser dann Cilt heißen... sei's drum. Wenn man sich aus der Historie auswählt, was man braucht, kann es auch äußerst unterhaltsam sein. Selbst wenn es mehr Klischees sind und weniger Geschichte.
Insofern historische Hintergründe mit historischer Präzision gleichzusetzen halte ich für falsch.
Ich brauche kein Niveau, wenn ich mich amüsieren will.
Andererseits kommt dabei eine Menge Recherchearbeit hinzu
...
Je nachdem. Wenn man ein Spiel über das Kennedyattentat machen will, wird man wohl nicht umhin kommen, die gängigen (Verschwörungs)Theorien zu studieren. Gleiches trifft wohl zu, wenn historische Gestalten in zentralen Rollen auftreten.
Aber wenn es einem nur darum geht, eine bestimmte Zeitstimmung einzufangen, ist man recht frei in der Gestaltung und kann das, was an Material erforderlich ist, auch schnell selbst beschaffen. Die Encharta ist auf fast jedem Rechner und Wikipedia ist - bei allen Schwächen - einigermaßen ausreichend, wenn es nur um ein paar Details für ein Spiel geht.
@ Schlaftablette
Zitat
Es sind eben zum großteil Fantasygrafiken vorhanden, die dann wohl auch genutzt werden.
...
Damit sollte ein Mittelalterspiel schon einmal kein Problem sein. Kreuzzüge, Wikinger, Pest und ähnliches geben tolle Themen ab und lassen sich mit den gängigen BurgenSets doch eigentlich gut mappen.
Und was neueres anbelangt: Mit den TheodoreChips ist sehr viel von 1800 bis 2000 möglich. Das ist doch schon mal was.
Zitat
Versucht man völlig an der Realität zu bleiben leidet eventuell das Gameplay oder man bekommt jeden kleinen Fehler nachgetragen.
...
Sehe ich genauso. Ein spielbares Geschichtsbuch ist außerdem eine dieser typischen Lehrerideen. So eine Art Spiel ist eher
@ Katii
Zitat
Außerdem kann man viele Dinge die in seiner Fantasie rumspuken gar nicht anwenden, weil sie einfach in der Realität nicht möglich sind. Man wird durch den historischen Rahmen doch schon eingeschränkt.
...
Klar. Das ist halt die Kehrseite. Man macht ja eine Art FanFic einer bestimmten Epoche. Auch wenn es an den Haaren herbeigezogen wäre, völlige Historizität zu verlangen, können eben auch nicht alle Dinge einfach frei erstellt werden. Waffen, politisches System, Anschauungen,... sollten schon stimmen.
Dafür ist man auch nicht nur alleine mit seiner Fantasie sondern es steht einem ein ganzes Zeitalter zur Seite; keine schlechte Hilfe finde ich.
@ Ianus
Schlaubergeralarm
Leider irrst Du in einigen Punkten.
Zitat
Wenn Auflagestärke gleichbedeutend mit Unterhaltungswert wäre, würde es mehr Bibelspiele geben.
...
Natürlich gibt es auch den Geschmack einer sich als elitär gebärenden Kaste, die schon allein deswegen etwas ablehnt, weil es populär ist. Derartige "kritische" Sichtweisen sind ja ganz niedlich, taugen aber wenig, wenn man unterhalten möchte. Zur Erinnerung: Unterhaltung hat etwas damit zu tun, andere Menschen einzubeziehen und heißt nicht, sich abzukapseln.
Und warum eigentlich kein Bibelspiel? Populus war damals auch ein Riesenerfolg.
Zitat
Es gibt tausende von Fantasybücher, die keine Orks und Elfen haben.
...
Mag sein. Aber davon erscheint kaum etwas als Spiel. Nur das ist ein ganz anderes Thema.
@ K.L.R.G.
Zitat
Oder allein schon Magie ... ein völlig ohne Magie und Zauber auskommendes Rpg ist so ne Sache ... würde das Ks stark einschränken oder extreme Improvisation erfordern ...
...
Stimmt. Magie ist schwierig unterzubringen, falls man eine 100%ige historische Umsetzung anstrebt. Aber wenn der geschichtliche Hintergrund vor allem einen inspirierenden Rahmen abgeben soll und weniger ein einschnürendes Korsett, sehe ich da keine gigantischen Hürden, Magie in die 20er Jahre oder so einzubauen.
@ Topp
Zitat
Insofern historische Hintergründe mit historischer Präzision gleichzusetzen halte ich für falsch.
Ich brauche kein Niveau, wenn ich mich amüsieren will.
...
Genau so etwas habe ich gemeint. Und den Asterixvergleich finde ich auch treffend.
Macht es denn so einen großen Unterschied, ob man sich nun an historische Hintergründe anlehnt oder sich selber etwas ausdenkt? Du sagst ja schon selber, dass es nicht nötig ist, sich penibel an die historischen Fakten zu halten. Damit schränkt man sich sowohl beim Geschichtenerzählen, als auch beim Gameplay zu stark ein. Man nimmt also stattdessen bestimmte Zeitepochen oder Ereignisse unserer Welt und reichert sie mit fiktionalen Elementen an. Nur beeinflusst das nicht schon die Glaubwürdigkeit, von der du gesprochen hast? Magie und Dämonen gab es in unserer Welt vermutlich nicht und wenn sich die alten Ägypter mit Erich-von-Däniken-Aliens herumschlagen müssen, widerspricht das auch ein wenig den Tatsachen. Nicht das mich das stören würde, ich achte nicht so sehr auf Glaubwürdigkeit. Unabhängig davon, finde ich so was jedenfalls ok, also die Vergangenheit unserer Welt + Fantasy-Elemente. Damit lässt sich was machen und ich würde mich auch nicht daran stören, dass einige Leute sich einnässen, weil man historische Ereignisse und Figuren verfälscht. Aber ich glaube nicht, dass die Spielwelt bei so einem Spiel einfacher zu entwickeln ist, als wenn man sich ein eigenes Szenario ausdenkt.
Eine weitere Frage allgemeinerer Natur ist inwieweit Hintergründe überhaupt für ein Spiel wichtig sind. Gut, ich denke du gehst erstmal von einem Geschichten erzählenden Spiel aus; in einem Shooter ist es ziemlich egal was man als Hintergrund nimmt. Hauptsache die Fetzen fliegen. Ich finde, dass in einem Geschichten erzählenden Spiel die Hintergründe nur dann wichtig sind, wenn sie mit der Handlung, mit dem Konflikt zu tun haben. Alles andere ist schönes Beiwerk, aber für das eigentliche Spiel nicht notwendig. Wenn es im Spiel in erster Linie darum geht den bösen Buhmann den Schädel zu spalten, dann sind die wirtschaftlichen und politischen Hintergründe der Spielwelt zweirangig. Außerdem - das ist vielleicht sogar noch wichtiger - bringen die Hintergründe nur dann was, wenn sie dem Spieler vermittelt werden. Es ist mMn vergebene Mühe sich die komplexesten Hintergründe auszudenken und sie dann im Spiel nicht zu erzählen.
Macht es denn so einen großen Unterschied, ob man sich nun an historische Hintergründe anlehnt oder sich selber etwas ausdenkt? Du sagst ja schon selber, dass es nicht nötig ist, sich penibel an die historischen Fakten zu halten. Damit schränkt man sich sowohl beim Geschichtenerzählen, als auch beim Gameplay zu stark ein. Man nimmt also stattdessen bestimmte Zeitepochen oder Ereignisse unserer Welt und reichert sie mit fiktionalen Elementen an. Nur beeinflusst das nicht schon die Glaubwürdigkeit, von der du gesprochen hast? Magie und Dämonen gab es in unserer Welt vermutlich nicht und wenn sich die alten Ägypter mit Erich-von-Däniken-Aliens herumschlagen müssen, widerspricht das auch ein wenig den Tatsachen.
...
Natürlich macht es etwas aus, da die Wahl des Spielhintergrundes Einfluss darauf hat, was der Spielfigur überhaupt für Möglichkeiten offenstehen. Gameplay und Rahmenhandlung sollten halt zueinander passen.
Wenn ich meine, dass man sich nicht zwanghaft penibel an historische Fakten halten muss, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass man es keinesfalls soll. Ein gut recherchiertes Spiel kann sehr wohl großen Reiz gerade dadurch ausüben, dass es immer wieder Aha- und Oho-Effekte auslöst. Der Arbeitsaufwand für derartige Spiele ist aber ebenso hoch wie der für gut ausgetüftelte Fantasywelten.
Magie ist, wie schon in einer Vorpost angesprochen, natürlich ein Thema, mit dem man zwingend den engeren Rahmen historischer Spielhintergründe verlässt. Na und? Ist doch nicht verboten. Dennoch kann man auch ohne Magie auskommen, ohne liebgewordene Gameplay-Elemente wie insbesondere das herkömmliche Kampfsystem über den Haufen zu werfen. Man nennt es einfach nicht mehr zaubern, sondern Spezialattacken. (Mal ehrlich: Die Wirkungsweise der Kämpfer-Skills und der Zaubersprüche sind ohnehin meist gleich, sie heißen nur anders und gehorchen ihren traditionellen Animationswegen.) Alles, was man dann tun muss, ist im Vocabulary den Begriff MP (Magiepunkte) gegen EP (Energiepunkte o.ä.) auszutauschen. Die Möglichkeiten des Kampfsystems bleiben so erhalten und man kann trotzdem eine historische Welt ohne Glaubwürdigkeitsprobleme beackern. Und, das ist eben der Punkt, kann auf eine Vorteile zurückgreifen, die so eine Welt bietet.
Wenn man das nicht möchte, muss man das ja nicht.
Zitat
Eine weitere Frage allgemeinerer Natur ist inwieweit Hintergründe überhaupt für ein Spiel wichtig sind.
...
Wie schon gesagt: Der Hintergrund hat wesentlichen Einfluss auf die Spielweise. Zudem beziehe ich mich hier ausschließlich auf Rollenspiele, damit auf eine Art von Spielen, die eben Geschichten erzählen. Für Jump'n Runs und Actionkeilereien mag anderes gelten, aber das zieht den Thread ins uferlose. Und schließlich: Bestimmte Hintergrundszenarien schließen bestimmte Gegenstände, Monster, Örtlichkeiten ein und andere selbstverständlich aus. Wer unbedingt ein Spiel mit Wikingern machen möchte, ist an einen bestimmten Hintergrund gebunden. Und wer unbedingt ein Spiel in einem Drachenberg ansiedeln möchte, kommt an einem na was wohl nicht vorbei. Entsprechend sollte man sich schon über den konzeptionellen Rahmen seines Spieles wenigstens insoweit Gedanken gemacht haben, dass man weiß, was man eigentlich wo, mit wem, wann, warum erzählen will, sprich: Dem Ganzen auch einen Hintergrund geben.
Ich glaube, wir beide reden von unterschiedlichen Dingen. Für mich sind die Hintergründe die kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Eigenarten der Welt, aber was du beschreibst klingt jetzt mehr wie das Szenario. Auf ein historisches Szenario zurückzugreifen, ist für mich eine geringere Einschränkung, als wenn es historische Hintergründe sind. Bei dem Szenario könnte man ja nur sagen: Blütezeit der Kelten, Wild-West, Europa im 19. Jahrhundert usw. und der Rest liegt völlig in der Hand des Entwicklers. Mit der Magie meinte ich nicht mal das KS, das ist ja sowieso immer eine Abstraktion von der Realität, sondern die Spielwelt selber. Ich könnte kein Spiel machen, in dem es keine übernatürlichen Komponenten gibt.
Ich gebe dir aber Recht dabei, dass Standard-Fantasy-Szenarien in der Makercommunity etwas ausgelutscht sind.
Wenn ich es mir recht überlege, würd ich mein nächstes Spiel auch gern wie "Detectivus Scitus" machen...
"Szenario" und "Hintergründe" ist im Verhältnis das gleiche wie Verallgemeinerung zu Einzelfall. Und das trifft in Spielen immer aufeinander. Ein historisches Szenario anzulegen, bei dem man komplett auf historische Einzefälle verzichtet, ist mMn arm und verspielt eine Menge potential. Einen speziellen Einzelfall herauszupicken und den beiher zu erwähnen, ist nun wirklich nicht die ultimative Recherchierarbeit.
Zudem: Man baut Monate bis Jahre an einem vollständigen Spiel und will dann nicht maximal paar Wochen für Faktensammeln opfern? Management ist sowieso sehr wichtig. Dabei bekommt man sicherlich einige gute Ideen und den meisten hier fehlen diese ja, wie des Öfteren selbst beklagt wird. Für Alleskönner und Profibastler ist sowieso keine Einschränkung eng genug und keine Welt zu groß...
Das sehe ich anders. Wenn ich z.B. ein Spiel in der Western-Zeit machen will, dann ist mir das völlig egal wie die damals tatsächlich gelebt haben. Hauptsache die Städte sehen so aus wie man es aus Western kennt, es gibt viele Revolverhelden und irgendjemand zieht einen Sarg mit Maschinengewehr drin hinter sich her. Natürlich müssen auch Magie und Monster vorkommen. Historische Fakten sind da der künstlerischen Freiheit nur im Weg.
Für mich sind die Hintergründe die kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Eigenarten der Welt, aber was du beschreibst klingt jetzt mehr wie das Szenario. Auf ein historisches Szenario zurückzugreifen, ist für mich eine geringere Einschränkung, als wenn es historische Hintergründe sind. Bei dem Szenario könnte man ja nur sagen: Blütezeit der Kelten, Wild-West, Europa im 19. Jahrhundert usw. und der Rest liegt völlig in der Hand des Entwicklers.
...
Szenario und Hintergrund kann man einfach als Synonyme verwenden; Du machst es ja selbst. Was heißt denn "Szenario WildWest"? Geringe staatliche Durchdringung, vorwiegend Landwirtschaft, teilweise Edelmetallabbau, häufige Eigentums- und Grenzkonflikte, kulturelles Gefälle zwischen Neusiedlern und Ureinwohnern, wiederkehrende geographische Muster, zeit- und ortsgebundene Kleidung, ...
Ich führe das jetzt mal nicht weiter aus, ich denke, es ist klar, was ich meine: Szenarien sind mit ihren jeweiligen Hintergrunden verwoben, Das kann man zwar in einer Diskussion wieder aufrippeln, aber die wäre eher akademischer Natur. Sobald Deine Cowboys zaubern können und der Saloon von einem niederen Dämon aus den Schwefelhöllen geführt wird, ist es natürlich kein Histörchen mehr. Aber dann machst Du halt kein Geschichtsspiel und Du kannst Dich vom Wild-West-Szenario soweit lösen, wie Du möchtest.
Nur ist es dann halt kein WildWest mehr, sondern irgendein Stilmix.
@ CapSeb
Zitat
Man baut Monate bis Jahre an einem vollständigen Spiel und will dann nicht maximal paar Wochen für Faktensammeln opfern? Management ist sowieso sehr wichtig. Dabei bekommt man sicherlich einige gute Ideen und den meisten hier fehlen diese ja, wie des Öfteren selbst beklagt wird.
...
Genau. Gerade das Ideensammeln wird doch durch so eine Recherche ungemein vereinfacht. Man stößt auf eine interessante Begebenheit und kann sich dann daran machen, die im Maker umzusetzen. (Das wäre vielleicht auch einmal eine gute Contestidee: Varusschlacht oder Mondlandung in einem Mappingwettbewerb) Und Spielhintergünde liefert die Geschichte ja auch zahlreich ab, so dass eine recht abwechslungsreiche Auswahl bereitsteht.
Nur: Das sind alles Gründe, die dafür sprechen. Trotzdem gibt es solche Spiele kaum. Was schreckt die Entwickler ab? Recherchearbeit? Angst, die Fantasie zu sehr zu gängeln? Oder müssen immer und zwanghaft irgendwelche Dämonen im Spiel sein? Das wäre dann aber kein Ruf nach Fantasie sondern eher nach inhaltlicher Uniformität...
Sobald Deine Cowboys zaubern können und der Saloon von einem niederen Dämon aus den Schwefelhöllen geführt wird, ist es natürlich kein Histörchen mehr. Aber dann machst Du halt kein Geschichtsspiel und Du kannst Dich vom Wild-West-Szenario soweit lösen, wie Du möchtest.
Nur ist es dann halt kein WildWest mehr, sondern irgendein Stilmix.
...
Interessante Idee
Aber dann wird es mit sicherheit ein humorvolles Chaos-Spiel, denn speziell bei diesem Szenario ist das Gefälle zwischen Realität und "Es-kann-nicht-sein-was-nicht-sein-darf" zu groß. Was aber auch lustig klingt, weil es einfach mal ne neue Idee ist. Und suchen wir hier nicht gerade genau das? Neue Ideen? real Troll's Vorschlag war ja, sich an historischen Gegebenheiten zu orientieren und historisch korrekte Spiele zu machen. Warum aber nicht beides mischen? Im Kino haben wir davon gerade auch genug, sozusagen Hochkonjunktur. Ich erinnere an Pan's Labyrinth und Die Brücke nach Therabitia oder gar das schon etwas ältere Narnia.
Wer weiß, vielleicht macht's ja die Mischung ;-)
Zitat von real Troll
Genau. Gerade das Ideensammeln wird doch durch so eine Recherche ungemein vereinfacht. Man stößt auf eine interessante Begebenheit und kann sich dann daran machen, die im Maker umzusetzen.
...
Bei mir läuft das immer genau umgekehrt. Ich habe eine Idee und recherchiere dann, wie sie sich umsetzen lassen könnte, bzw. was an Fakten noch nötig ist, damit die Handlung nicht zu unglaubwürdig erscheint. Das mit dem Contest ist eine gute Idee
Zitat von real Troll
Was schreckt die Entwickler ab? Recherchearbeit? Angst, die Fantasie zu sehr zu gängeln?
...
Ungenügende Auswahl an grafischem Material^^
Da ich viel zu unbegabt bin, um sowas (hauptsächlich eben ChipSets und zugrhörige Objekte-CharSets) selbst zu machen, muss ich mich immer auf andere verlassen. Aber der Markt ist mit "realistischeren" Grafiken nicht so gut besetzt. Insofern würde ich dann länger an dem Grafik-Kram sitzen, als am eigentlichen Spiel, was bei mir heißt, dass mindestens 3 Jahre bis zur Demo vergehen. Und bei einer so langen Zeit ist auch nicht ausgeschlossen, dass mir irgendwann die Lust ausgeht.
Übrigens, ist euch schonmal aufgefallen, dass diese Diskussion noch keine ein- oder zweizeiligen Beiträge á la "Find ich auch." oder "Historische Spielhintergründe sind doof" bekommen hat? 8)
Historische Hintergründe sind auf Dauer langweilig und erhöhen den Spielspaß eher selten.
Zitat von MysticT
Übrigens, ist euch schonmal aufgefallen, dass diese Diskussion noch keine ein- oder zweizeiligen Beiträge á la "Find ich auch." oder "Historische Spielhintergründe sind doof" bekommen hat?
Historische Hintergründe sind auf Dauer langweilig und erhöhen den Spielspaß eher selten.
...
Na ja ... Spaß machen sie wenn man Allgemeinwissen zur jeweiligen Thematik hat ... Also bei UID gibt es so viele Quellen etc. die in irgend einer Art verwurschtelt werden ...
Den Spaß daran versteht man natürlich nur, wenn einem die Quellen auch bekannt sind ...
@real Troll
Na ganz benutze ich sie eben nicht als Synonym. Das Szenario ist für mich eine gröbere Sicht, die vieles ausblendet. Teilweise finden sich beim Szenario natürlich Elemente aus den Hintergründen, aber nur aus einer vereinfachten Sicht. Beim Wild-West-Beispiel gibt das Szenario vor allem die Grafik vor. Die Art, wie die Leute gekleidet sind, wie die Städte aussehen und was für eine Technik vorherrscht. Klar, streng genommen sind das auch Hintergründe, aber nichts was einem bei der Wahl der Geschichte besonders einschränkt. Würde man sich aber nun an die historischen Tatsachen halten wollen, dann könnte man z.B. keine Dampfpanzer einbauen oder die Revolverhelden müssten ihre Waffen über Hüfthöhe tragen und nicht in tiefsitzenden Holstern.
Ich denke, ein Spiel bleibt auch dann ein Wild-West-Spiel, wenn es sich nicht exakt an unsere Wild-West-Zeit hält. Es gibt ja genug Geschichten, die z.B. in unserem Mittelalter angesiedelt sind und trotzdem übernatürliche Elemente besitzen. Aber diese Geschichten erheben auch nicht den Anspruch historisch korrekt zu sein.
Zitat
Das sind alles Gründe, die dafür sprechen. Trotzdem gibt es solche Spiele kaum. Was schreckt die Entwickler ab? Recherchearbeit? Angst, die Fantasie zu sehr zu gängeln?
...
Bei mir ist es so, dass ich die Spielwelt so gestalten will, wie es mir in den Sinn kommt. Sich an historische Fakten zu halten, wäre mir eine zu große Einschränkung. Außerdem bin ich ein Freund der High-Fantasy. Ein KS, bei dem man als Technik nur unterschiedliche Waffen einsetzen kann, ist mir zu wenig. Es müssen schon die ultimativen Super-Nova-Weltzerstörungs-Techniken sein. Ähnlich sieht's mit den Gegnern aus. Nur Menschen und normale Tiere sind für meinen Geschmack zu eintönig.
Dieser Meinung bin ich auch. Ich denke, solche historische Hintergründe sind zu eintönig und einschränkend. Man sollte Fantasy mit Real verbinden um ein gutes Game zu *erhalten*.