Zitat
Kein Grün, kein Blatt, kein Strauch schmückten dieses Land, geformt vom Krieg und dessen Opfer. Meterdick und unendlich weit häuften sich die Knochen auf verderbtem Land.
Und so standen sie auf den Knochenhügeln, ihre Blicke gewandt auf die Ebenen der ruhelos Toten.
„ Männer , Soldaten eures Kaisers… ,“ so sprach der General, trotz seines blanken Knochenleibs noch immer mit Pickelhaube , Monokel und Zirbelbart sich hier zeigend.
„ Männer ..,“ so fing er mit strengen Blick noch einmal an,“ ..diese Hügeln..,“ und so stieß er nun sein Säbel in die Knochen , die den Boden formten ,“ …diese Hügeln hier und dort auch in der Ferne werden belagert vom Feinde , dem Franzosen…“
„ Wir wissen es, Herr General. So ist doch schon seit hundert Jahr,“ klapperte einer seiner Männer und schob sich den Stahlhelm in den kahlen Nacken.
„ Ja genau ….so ist es wohl. Jeden Tag , seit Hundert Jahr schlagen wir die gleiche Schlacht, erschießen wir die gleichen Leiber , Knochenleiber so wie wir. Dem Tot so nah und doch so fern,“ so meinte ein dritter dieses Heerverbunds.
„ SCHWEIGT ihr Narren, es sind Franzosen ..egal ob Lebend oder Totenreich, es sind und bleiben Feinde deren Knochen wir brechen und dessen Schädel wir spalten. So sei es bis in alle Ewigkeit,“ schrie der mit der Pickelhaube und dem Zirbelbart.
„ Doch welchen Sinn hat diese Schlacht, wenn es gibt weder Gewinner noch Verlierer. Unsere Schüsse aus den Karabiner treffen jene Knochen der Franzosen , die genauso sind wir, nur mit größter Müh und treffen sie, so lassen sie zwar Knochen splittern , doch zu töten vermag es Tote nicht,“ hallte es wieder , aus den Reihen.
„ Ja so ist es , schaut mich an ..,“ so sprach ein jener aus der Mitte , welcher zwar ein halbes Dutzend Löcher in sein Schädel zählen konnte , doch noch froh und munter auf seine Knochenbeine stand,“ …ja schaut mich an , in jeder Schlacht , die wir Tag für Tag und Woch für Woch hier schlagen müssen schießt mir der gleiche dumme feindlich Narr in diesen meinen hohlen Kopf .“ So schwang er sein kahlen Totenhaupt im Kreise und ließ die Kugel darin fröhlich klimpern.
„ Ruhe ihr Taugenichtse, würdet ihr aus vollen Willen siegen wollen, so würde nicht einmal ein Staubkorn vom Franzosenknochenleib noch über sein. Pulver, so sag ich euch kann sich weder neu zusammenfügen, sich noch ergänzen mit des Fremden Gliedern,“ schrie so gleich der General aus vollem Zorn.
„ So glaubt uns doch, Herr General , nichts anderes versuchen wir , doch fehlen uns die Mittel hier in dieser Welt. Weit ab von der der Lebenden besitzen wir nur das was wir auch hatten als wir starben. Karabiner , Bajonette und Granaten, die zwar Knochen splittern und weit fliegen lassen , doch sie zu Staub verwandeln vermag es ihnen nicht,“ meinte jener , der schon als erster sein Wort erhob.
„ Ausreden , nichts als Ausreden von feigen Knochenpack. Ihr werdet spuren, so sag ich euch oder ICH bin es der eure Knochen fliegen lässt, bei Kaiser und bei Königreich,“ drohte der Zirbelbart , seine Augenhöhlen zur boshaften Drohung spitz verformt.
Er, der General, wohl der einzigste hier an dieser Stelle dessen Kampfesmut selbst nach hundert Jahr in dieser Knochenform noch nicht vergangen war zog sein Säbel aus dem Boden und erhob ihn von sich auf die Weite richtend,“ ATTACKE …und wehe einer ziert sich , der wird bereuen je gestorben zu sein!“
Und so geschah es wie schon seit ewig Zeit, mit gleichen Folgen und gleichem End.
Schüsse pfiffen durch die Knochenleiber, ohne sie jedoch zu stoppen.
Skelette prallten aufeinander, Beine und auch Arme flogen, Köpfe wohl auch hier und dort. Bajonette und auch Messer glitten ohne Schad und Last zwischen der Toten kahle Rippen.
Explosionen von Granaten ließen Leiber fast schon fröhlich und mit jubeln durch die Lüfte fliegen und des einen oder anderen Schädel wurde schnell behände von dem Feinde abgepflückt und in die Ferne weit geworfen, damit dessen Leib gar Ziellos übers Felde taumelt.
Schon lange war der Ernst verflogen, schon lange auch der Hass und so machte man sich ein Jux und auch ein Spaß aus solchen Dingen hier auf diesen Feldern.
Nur die Generäle , von beider Seite einer, ärgerten sich jedes mal aufs Neue, wie Disziplinlos und auch Chaotisch diese Kämpfe liefen, kein Verlierer und vor allem kein Gewinner konnte je ermittelt werden , außer an der Zeit, die die Soldaten brauchten um ihre Knochen wieder einzusammeln. Dabei wurde nur selten darauf geachtet ob dies Bein oder jener Arm wirklich dessen eigen oder ob es einst gar ein Teil des Feindes selber war.
So war es schon lang nicht mehr erkennbar wie viel von der Armee , die man täglich neu der anderen entgegen schickte wirklich noch die eigene war und wieviel Teile , die einst zu einem selbst gehörten schon morgen einem Fremden war , der diese nutzte um ein selber in die Knie zu zwingen. Man mochte es kaum glauben, doch fast schon täglich änderten sich so die Seiten von denen man aus kämpfe. Noch heute war man prozentual an den Knochen, die man besaß deutsch und schon morgen besaß man mehr der Franzosen als einem lieb war und musste gar die Seiten wechseln und so war es oft auch anders rum.
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