Ich saß gerade gemütlich auf einer Bank in einem Park und trank eine Flasche Milch, als mir auffiel, dass irgendetwas an dem Hundehaufen, welcher natürlich mitten auf dem Gehweg lag, komisch aussah. Okay, Sie fragen sich jetzt wahrscheinlich, ob ich pervers bin, weil mir so etwas auffällt - ist ja auch eine durchaus berechtigte Frage - aber nein, das bin ich nicht und bin ich zu keiner Zeit meines Lebens gewesen. Jedenfalls nicht in dieser Hinsicht. Wie auch immer, ich schweife von der eigentlichen Geschichte ab.
Der Haufen Scheiße glitzerte jedenfalls auf eine merkwürdige Art und Weise. Die ersten zwei, drei Minuten versuchte ich das zu ignorieren, aber es blendete mich einfach zu stark. Ich stand von der Bank auf, stellte meine Flasche Milch auf die Bank und trat einen Schritt an den kleinen Freund heran. Erkennen was genau mich so blendete konnte ich allerdings immer noch nicht. Nachdem ich mich umgesehen hatte, ob auch wirklich niemand im Park mich sehen konnte, legte ich mich flach auf meinen Bauch, direkt neben den Kackhaufen, um ihn genauer inspizieren zu können. Aus dieser Nähe erkannte man neben einigen fröhlich summenden Fliegen auch unverdautes Zeug, wie beispielsweise den abgekauten Arm einer Barbiepuppe – ich nehme zumindest an, dass der einmal zu einer gehört hatte – und etwas, das wie ein Kondom aussah. Was diese beiden Gegenstände im Haufen zu suchen hatten, kann ich Ihnen jedoch nicht sagen. Ich war mir inzwischen nur nicht mehr so sicher, ob dieser Haufen wirklich aus dem Arsch eines Hundes kam – aber egal, diesen Gedankengang will ich, um absolut ehrlich zu sein, gar nicht weiterspinnen.
Was es war, das da so vor sich hinfunkelte, konnte ich aber selbst aus dieser Nähe noch nicht sagen. Es steckte einfach zu tief drin in der Scheiße. Ich dachte eine Runde nach. „Was genau erhoffst du dir eigentlich dabei, hier im Dreck zu liegen und herauszufinden, was da in dem Haufen steckt? Selbst wenn es ’n Euro sein sollte – was unwahrscheinlich ist, denn wie sollte der da hingekommen sein? – ist es immer noch am wahrscheinlichsten, dass das Kaugummipapier ist – auch wenn es hier quasi genau so unwahrscheinlich ist wie mit dem Euro… und selbst wenn es ein Euro ist, dafür wäre es doch nicht wert voll in einen Haufen Scheiße zu fassen!“ Direkt als ich diesen Gedankengang beendet hatte, fiel mir auf, dass mich das Nachdenken auch nicht weitergebracht hatte. Wie immer halt. Bin halt mehr so der Bauch-Mensch.
„Was soll’s?“
Während ich das so dachte, steckten meine Finger auch schon mittendrin in dem, was vor einigen Stunden noch in irgendeinem Arsch darauf gewartet hatte, hinausgepresst zu werden. Was ich fand sah so in etwa aus wie eine Murmel, nur viel heller. So als ob darin eine Leuchtdiode stecken würde. Ich säuberte das Ding kurz, indem ich es an meinem Mantel rieb, und dann geschah es.
Mit einem Mal wurde die kleine Kugel kochend heiß, auf so unvorstellbare Art und Weise, dass ich sie fallen ließ. Den Boden erreichte sie aber nich. So ungefähr auf Kniehöhe blieb sie einfach in der Luft stehen. Da einem so was nicht alle Tage passiert, hab’ ich natürlich erstmal ’nen kleinen Sprung nach hinten ausgeführt. Sah sicher nicht sonderlich elegant aus, aber außer mir war ja sowieso niemand im Park.
Das Licht in der Kugel war mittlerweile erloschen und es schien als ob ihr so was wie Tentakeln wuchsen. Schwarz, lang und eklig. In diesem Moment wurde mir das ganze zu unheimlich, also entschied ich mich dazu, mich erstmal wieder auf die Bank zu setzen und einen Schluck Milch zu trinken, um das Spektakel besser beobachten zu können. Plötzlich gab es einen lauten Knall und eine Druckwelle schleuderte die Bank, meine Milchflasche und mich meterweit durch die Luft. Als ich wieder aufgestanden war, beobachtete ich die Kugel, welche inzwischen größer war als ein Fußball und heller strahlte als die Sonne, und einen alten Mann, der aus ihr herauskletterte. Und dann spuckte der Ball – oder wie auch immer man dieses schwarz leuchtende Gebilde in der Luft auch bezeichnen wollte – den Alten einfach aus, sodass er recht unsanft auf dem Boden landete.
„ZRAATSCH!“ So ungefähr kann man das Geräusch beschreiben, das ertönte, als der Ball sich selbst fraß und einfach so verschwand, als wäre nichts gewesen. Danach kam der Alte auf mich zu, was mich störte, da er hässlich war und humpelte. Am liebsten hätte ich ihn angeschrieen und gefragt, wieso er sich nicht mal die paar Haare, die er noch hatte, einfach mal wäscht oder sich nicht-bepisste Hosen anzieht. Aber in dem Moment, als ich das grade tun wollte, sprach er durch seinen gigantischen, versifften Schnauzer zu mir folgende Worte:
„Hallo, mein Junge!“
Ich war verständlicherweise total verblüfft und antwortete erstmal gar nichts. War aber auch gar nicht nötig, denn der Alte sprach direkt weiter.
„Mein Name ist Bob – was eigentlich nicht mal von Interesse ist. Du fragst dich sicher, was das war, das du gerade beobachtet hast und wieso ich nun hier bin.“
„Hm!“ – zu mehr war mein Kopf in dem Moment nicht im Stande gewesen.
„Ich bin der Tod. Du hast mich heraufbeschworen, als du die Dimensionspforte zur Hölle geöffnet hast, die seit Jahrtausenden durch die Welt wandert.“
„Äh. Ja. Damit komm ich grade nicht klar“ waren meine Worte, „lass uns erstmal eine rauchen.“ Ich zündete mir eine an und reichte dem Alten auch eine, der sich darüber zu freuen schien, jedenfalls grinste er und sagte „Nett von dir!“
Ich blickte mich kurz um und sah die Milchflasche auf dem Gras liegen, hob sie auf und schmetterte sie gegen einen Baum, sodass sie zerbrach und ich von Bob nur einen verwunderten Blick erntete. Danach stürmte ich auf ihn zu und stieß ihm das, was von der Flasche noch übrig war, direkt in die Halsschlagader, worauf eine schwarze Blutfontäne sicher fünf Meter weit durch die Luft spritzte, sich danach um Bob schling und sich wie ein Tornado bewegend einfach hinfort flog.
Ich zuckte kurz mit den Schultern, rauchte noch eben meine Zigarette auf und machte mich auf den Heimweg.