Entgegen meiner Aussage habe ich mir das Album nun doch angehört Meine Rezension gibt's vorab hier mal: Als Linkin Park im Jahre 2003 mit "Meteora" der Öffentlichkeit den Nachfolger zum extrem erfolgreichen Debüt "Hybrid Theory" (2000) präsentierten, waren die Meinungen wie schon beim Erstling gespalten; die Fans waren entzückt, die Hasser hatten wieder neues Futter bekommen und die Kritiker stritten sich, ob eine konsequente Fortsetzung des Stils wirklich das Gelbe vom Ei sei. Die Songs und der Sound von "Meteora" war dem von "Hybrid Theory" zum verwechseln ähnlich - in einigen Internetforen fingen die Fans an, die neuen Songs mit den Alten zu vergleichen und nach möglichen "Part 2"s zu suchen. Mit "Minutes To Midnight" kommt 4 Jahre nach "Meteora" das heiß ersehnte neue Album der 6 Jungs aus Kalifornien auf den Markt. Und schon im Vorfelde gab es viele Gerüchte und Spekulationen um dieses Album: die Band hatte einige Veränderungen angekündigt, der Sound der ersten beiden Alben würde nicht mehr auf dem neuen Album zu finden sein, es wäre Schluss mit Nu Metal. Und sozusagen als Untermauerung dieser Aussage, tat man sich für "Minutes To Midnight" mit Rick Rubin zusammen, der schon mit Musikern wie Red Hot Chili Peppers, Beastie Boys oder auch mit den mittlerweile aufgelösten System Of A Down zusammengearbeitet hat. Das Ergebnis dieser Konstellation liegt nun endlich vor und wird - soviel sei schon mal gesagt - definitiv gewöhnungsbedürftig für die Fans sein. Nach dem eher nichtssagenden instrumental gehaltenen Intro "Wake" startet die Band mit "Given Up" erstmal wieder in typischer Manier durch: ein cooles Riff trifft auf den LP-Groove und vermischt sich mit Chesters intensiven Gesang zu einem straighten Rocksong. Fans der ersten Stunde werden hier schon merken, dass der Biss der alten Tage ein wenig fehlt, ebenso wird hier die erste kleine Premiere gefeiert: Chester flucht in einem Song (wenn auch nur kurz mit einem lautstarken "Fucking"). Im Kontrast dazu gibt es mit der melancholisch gehaltenen Alternative-Nummer "Leave Out All The Rest" einen Song auf die Ohren, der in dieser Form auch gut von den lostprophets oder Hoobastank stammen könnte. Gewöhnungsbedürftig, aber klingt gut. Und wer sich bis hierhin gefragt hat, wo eigentlich Mike Shinoda abgeblieben ist - der auf den ersten Alben schon längst seine Einsätze hatte -, der wird bei "Bleed It Out" fündig, wenn auch nur im Intro. Denn hier rappt Mike zu einem coolen Lick, das einen melodischen, wieder etwas Linkin Park-typischeren Song einläutet, wenn auch hier wieder der Biss der alten Tage fehlt. Dafür gibt es als Entschädigung am Ende ein kleines Solo serviert. Auch was feines. Bei "Shadow Of The Day" wird dann zur nächsten Premiere geladen: Linkin Park knacken die 3 Minuten-Marke und haben einen Song geschrieben, der sogar fast 5 Minuten umfasst, in denen man einen ruhigen Song mit relativ viel Phathos in Gesang und Melodie, sowie einige Querverweise auf die neueren U2 oder Hoobastank zu hören bekommt. Die Single "What I've done" wurde bereits Anfang April auf die Öffentlichkeit losgelassen und hat sich entsprechend schnell in das Kleinhirn gebrannt mit seiner eingängigen Melodie, dem recht simpel gehaltenen Refrain und seinem Alternative-Rock Flair. Freunde der Aliteration werden beim Songtitel "Hands Held High" sicherlich jubilieren, musikalisch stellt dieses Stück einen recht simplen Rapsong dar, der eher zu Fort Minor gepasst hätte und der wohl den schwächsten Refrain in der Geschichte von Linkin Park aufweist. Doch für diese Enttäuschung gibt es mit "No More Sorrow" eine amtliche Entschuldigung: Linkin Park lassen die Metal-Sau frei durch die Gegend laufen und sie den Garten umpflügen. Das wohl härteste Riffing der Band bisher in einem stampfenden Midtempo-Song, der gegen Ende sogar einen metalcoreartigen Breakdown spendiert bekommen hat. In meinen Augen der absolut stärkste Song des Albums! Als Kontrastprogramm dazu gibt es mit "Valentine's Day" die am Titel abzulesende Ballade, die eher ruhig vor sich hin dudelt, bevor sie gegen Ende ein wenig mehr aus dem Quark kommt. An sich aber nichts Besonderes. Umso besonderer ist dafür aber "In Between", das mit einem Cello aus der Dose und Mikes Gesang eine Art von Chill-Out Flair verbreitet. Sowas gab es vorher noch nicht bei Linkin Park und ist definitiv eines der gelungenen Experimente. Und Freunde des Songvergleiches könnten jetzt bei "In Pieces" das zweite "Breaking The Habbit" gefunden haben, bei dem man sogar deutlich Joseph Hahn hinter den Turntables hört, bevor es am Ende noch ein kleines Gitarrensolo setzt. Den Abschluss dieses stilistisch eher am Alternative-Rock orientierten Album bildet das 6 Minuten lange "The Little Things Give You Away", bei dem man sich eigentlich eher wünscht, Chester würde mit dem Singen aufhören. So weinerlich wie in einigen Parts der Strophen hat er noch nie geklungen und auch der Song an sich kann sich nicht im Geringsten mit den Rausschmeißern im Stile von "Pushing Me Away" oder "Numb" messen. Dafür klingt dieser Song zu sehr nach der typischen Alternative-Rock Ballade. Linkin Park haben definitiv nicht gelogen, als die ankündigten, bei diesem Album einiges anders zu machen, als bei den Alben davor. Der Weg weg vom Nu Metal hin zum Alternative-Rock und dem Rock der Marke U2 mag für die Fans ein wenig plötzlich kommen, aber wenn man diesen Punkt mal außen vor lässt und das Album als einzelnes betrachtet, kommt man zu dem Schluss, dass "Minutes To Midnight" kein schlechtes Album ist. Zwar wird das Rad hier nicht gänzlich neu erfunden, aber das, was Linkin Park hier machen, kann sich über weite Strecken gut hören lassen, da sind auch die paar Ausfälle verschmerzbar. Natürlich wird ein neues Album immer mit seinen Vorgängern gemessen und in diesem Vergleich verliert "Minutes To Midnight" in so gut wie allen Punkten, dafür fehlt es den Songs aber auch an dem Biss und der Härte und vor allem an dem Nu Metal-Charakter der alten Tage. Dennoch können die Songs als Einzelnes gut neben den alten Großtaten bestehen und die härteren, straighteren Stücke werden live sicherlich genau so gut zünden.
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