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General
Cyrodiil, Clavcius Viles Schrein & ganz woanders
„Er schafft das“, sagte Malukhat. „Er ist zwar ein Soldat, aber er schafft das.“
„Du hast ihm auch einen guten Grund genannt, warum er sich zur Eile treiben sollte“, spöttelte Alexius. Von der freundschaftlichen Atmosphäre war nicht mehr viel übrig geblieben. Der Kaiserliche war ein schlechter Verlierer und Malukhat hatte ihm soeben eine harte und endgültige Niederlage beigebracht. Das heißt, er nahm an, dass er es gewesen war, der den Gedanken dieser Frau irgendwie in Aurels Geist formte, ohne es überhaupt zu merken. Immerhin ging es hier um seinen höchsteigenen hochrangigen Hintern.
„Ich glaube, du hast ihm schon gereicht“, erwiderte der Erzmagier und warf ein Bein über eine Lehne des Throns. „Mir reichst du schließlich auch. Du nervst.“
Alexius Varra blickte zu ihm auf. „Du nervst mich auch. Du und dein langes Leben, ihr zwei habt mich schon immer genervt, aber gewaltig. Du warst mit deinen bald hundert Jahren ein Jungspund, dessen beste Jahre gerade erst angefangen hatten. Dagegen war ich ein altersschwacher, alter Sack, der schon sehr bald an seiner eigenen Sabber ersticken würde.“
„Ach, da ist aber jemand neidisch“, schnaubte Malukhat. „Du liefst rum, tötetest Leute, wenn nur ihre Nasen dir nicht in den Kram passten –“
„Das tust du auch.“
„Lass mich ausreden. Du brachtest also all diese Leute um, nur weil du neidisch auf mich warst? Du bist noch bescheuerter, als ich dachte, Varra, ehrlich. Du bist wahnsinnig geworden und gestorben, bevor du deine (zugegeben geisteskranken) Ziele erreichen konntest, aber ich bin so alt, ich habe gar keine Ziele. Das Leben lohnt sich eigentlich gar nicht mehr.“
„Und trotzdem weigerst du dich zu sterben“, stellte Alexius mit hochgezogenen Augenbrauen fest. „Erkennst du denn Widersinn deiner eigenen Aussage oder muss ich nachhelfen?“
Malukhat zuckte die Achseln. „Reiner Selbsterhaltungstrieb.“
Alexius lachte hohl. „Du bist ein merkwürdiger Kerl, Malukhat, warst du schon immer. Du bist so verdreht, dass ich mit dem Müll, den du manchmal redest, leben kann.“
Der Erzmagier hielt es für unnötig, Varra auf seinen toten Zustand hinzuweisen, also ließ er es.
„Der Herr!“
Malukhat zuckte zusammen, als tausend Geisterstimmen diese beiden Worte laut hervor stießen. Ihre Stimmen klangen ängstlich, zweifelnd, ja, fast wie Kinder, die Angst hatten von ihrem Vater geprügelt zu werden. Leise wiederholten sie die Worte, sagten sie immer wieder auf wie ein Mantra, doch nicht mehr gleichzeitig sondern einzeln. Auf diese Weise kamen viele Laute unterschiedlicher Tonhöhe zustande, die in den hellhörigen Ohren des Dunmers wie das Kreischen einer Säge auf morschen Knochen klangen.
Varras Blick verdüsterte sich merklich. Er starrte auf einen am Boden liegenden Stein, als war er der Inbegriff alles Schlechten, all seiner Niederlagen und Fehler. Als wollte er ihn mit seinem Blick in tausend Stücke zerreißen. Aber, so wusste Malukhat, wenn er das wirklich gewollt hätte, dann wäre ihm das auch gelungen.
Die Stimmen wurden lauter und lauter; kreischend, jaulend, heulend. Für Malukhat war es eine einmalige Erfahrung zu sehen, wie über tausend seelisch und vormals auch körperlich verstümmelte Geister auf die Knie fielen, weinten und bettelten.
„Alexius!“, brüllte Malukhat und sein Ruf ging in dem Lärm unter. „Alexius! Was geschieht hier!“
Er war sich sicher, dass der Kaiserliche seine Worte durchaus verstanden hatte, hielt es aber allem Anschein nach nicht für nötig, eine Erklärung abzugeben.
„Varra, du –“
„– Arsch!“ Er griff nach vorne, bekam Metall zu fassen und zerrte es mit aller Kraft zu sich heran. „Was, beim Oblivion, denkst du dir eigentlich, du Dreckschwein?“
Erst jetzt spürte er, wie schwach sich seine Arme anfühlten, und ließ los. Er öffnete die Augen und sah das verdutzte Gesicht Aurels vor sich.
„Ging nicht an dich“, sagte er mit brüchiger Stimme und ließ sich in den Sarg zurücksinken. Er fühlte sich furchtbar. Ja, er meinte sogar, dass es ihm so furchtbar in seinem Leben noch gegangen war. Trotzdem viel ihm positiv auf, dass er sich nicht eingesaut hatte. Er wusste nun zwar nicht, was er als erstes tun sollte – Notdurft, essen, ausruhen, umziehen –, aber befand es für ein großes Plus, Notdurft an die Liste anhängen zu können.
Ich stinke wie eine ganze Guarherde, dachte er. Seine Glieder schmerzten, doch er verzog keine Miene, als Aurel ihm aus seinem Sarg heraushalf.
Als er nun neben seiner Grabstätte auf dem Boden saß, rieb er mit den Händen seine Schläfen. Die Schmerzen würde er überstehen. Er lebte.
Seine ersten Gedanken aber kreisten nicht um Aurel, Kiara oder die Krone. Sein gesamter väterlicher Beschützerinstinkt richtete sich auf Joplaya.
„Was ist mit Joplaya?“, fragte er also in der ersten Verwirrtheit. „Geht es ihr gut?“
Bevor jedoch irgendjemand zu einer Antwort ansetzen konnte, schüttelte Malukhat den Kopf und beantwortete sich die Frage selbst: „Ach, natürlich geht es ihr gut.“
Der Erzmagier blickte zu Aurel auf. „Na, nun gib’ er mir schon die Krone!“
Kiara kramte in ihrem Gepäck und reichte dem Dunmer das Ayleiden-Artefakt. Dieser nahm es in beide Händen und war sich sicher, es in seinem derzeitigen Zustand nicht mal zum Knacken bringen zu können. Zu seiner Überraschung ließ die Krone sich brechen wie ein morscher Ast. Schon hielt er beide Hälften in der Hand.
Aurel und Kiara sahen ihn erwartungsvoll an, während Alexius’ Lachen in seinem Hinterkopf explodierte. Es war ein freudloses, grimmiges und irres Lachen. Das gefiel dem Erzmagier überhaupt nicht.
Er erhob sich langsam und unter Schmerzen. „Clavicus’ Schrein, ja? Immerhin war er kreativ. Lasst uns jetzt nordöstlich in Richtung der Kaiserstadt gehen. Das heißt, nachdem ich mal für mächtige Erzmagier war.“
Aurel und Kiara sahen ihn noch immer an, als erwarteten sie, dass nach Zerbrechen der Krone noch mehr kam. Vielleicht die Geister, die schreiend und ächzend zum Vorschein kamen und gen Himmel schwebten. Zusätzlich ein rotes Licht, das die Krone umgibt. Oder ein gewaltiges Erdbeben! Alle möglichen Special Effects. Aber mehr als gar nichts.
„Es ist vorbei“, sagte Malukhat noch mal mit Nachdruck. „Die Krone ist kaputt, der Fluch ist gebrochen, die Seelen wo auch immer. Jetzt steht hier nicht so herum und bestückt die Luft mit Löchern. Ich will spätestens den kommenden Morgen wieder in der Kaiserstadt sein. Diese Teile hier“ – er hielt die Stücke der Krone in die Luft – „behalte übrigens ich.“
Er ignorierte seinen Schmerz und das würde er den ganzen Weg über tun. Er wusste, dass er es schaffen würde. Vielleicht auch, um sich selbst zu beweisen, dass er wahrhaftig noch am Leben war und dass selbst das Alter noch nicht derart weit fortgeschritten war. Er betastete seinen Schädel: Glatt. Schade.
Sie haben das Lachen nicht gehört, ging es ihm plötzlich durch den Kopf. Ein beunruhigender Gedanke.
Geändert von Katan (28.04.2007 um 11:14 Uhr)
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