Müde saß Malukhat an einem Tisch in der Eingangshalle des Tiber Septim Hotels. Nein, müde ist nicht das richtige Wort, dachte er und strich sich versonnen über den Schnurrbart. Viel mehr war ihm tot langweilig. Er konnte ja nicht mal schlafen! Und normalerweise schlief er wirklich gut. Nur wenn absolut gar nichts zu tun war, das machte ihn fertig. Und dieser N’wah von einem Erzmagier, Hannibal Traven, hatte ihn immer noch nicht zu einer Audienz vorgelassen.
„Das ist nur gut und richtig so“, hatte Joplaya beim Abendessen gesagt. „Wenn du ihm erzählst, Totenbeschwörung sei ein Hobby wie jedes andere auch, dann schmeißt er dich raus. Was willst du dann machen? Mannimarco huldigen?“
Da seine Tochter überzeugte Pazifistin war, hatte er es nicht für erwähnenswert gehalten, dass er darüber bereits nachgedacht hatte. Es gab mehr Pros als Kontras, doch war es letztlich an einer Sache gescheitert: Mit einem Haufen Leichen in einer Höhle verrotten? Bah. Danke, nein. Im Gegensatz zu vielen anderen Nekromantikern hatte er nämlich absolut keine Probleme damit, mit Wesen in Kontakt zu kommen, die nicht tot sind. Und Mannimarco huldigen? Huldigen? Er? Wie hatte Joplaya nur auf so einen Schwachsinn kommen können? Wenn hier jemand jemandem huldigte, dann war das wohl Mannimarco. Dass ihre Namen beide mit einem M begannen, musste ja nicht zwangsweise bedeuten, dass sie in derselben Liga spielten. Malukhat befand sich ganz klar am genau anderen Ende der Nahrungskette. Nur hatten die Leute immer Schwierigkeiten, das zu begreifen. Mannimarco war da wohl kaum eine Ausnahme. Und sich mit den ganzen Totenbeschwörern anzulegen, die unter seiner Fuchtel standen, nur um zu beweisen, dass er spielend mit dem Wurmkopf fertig wurde, das war dem Dunmer wiederum zu anstrengend.
Malukhat schüttelte energisch mit dem Kopf. Ist doch jetzt egal, ich mache das eh nicht, beschlossene Sache. Denn mal davon abgesehen, dass Schädel sich nicht gut als Kopfkissen eignen: Was würde Arwen dazu sagen? Der Erzmagier verzog das Gesicht. Das wäre ihr wohl egal, solange es mit vielen Vorteilen verbunden wäre. War es aber nicht. Ihm die Augen auskratzen oder ihn noch mal die Treppe hier im Hotel runterschmeißen würde sie wohl eher nicht, aber welche Frau will schon gerne hören, dass das Lieblingsspielzeug ihrer Kinder ein abgetrennter Arm sein wird?
Malukhat seufzte, stützte das Kinn schwer auf die Hände und ließ den Blick quer durch den Raum schweifen. Er wollte gerne glauben, dass die Sorge um Arwen ihn vom Schlafen abhielt, aber dem war nicht so. Tatsächlich machte er sich überhaupt keine Sorgen um sie. Nicht mal ansatzweise. Er wollte sie wieder sehen, also musste sie einfach lebend wieder aus der Ruine kommen. Etwas anderes war für Malukhat undenkbar. Einen zusätzlichen Bonus in Form eines überlebenden Aurel würde die Sache perfekt machen. Dann hätte er wenigstens eine anständige Prügelei!
„Kann ich noch etwas für Euch tun?“ Malukhat hatte gar nicht bemerkt, wie die Dame vom Schalter sich neben ihn gestellt hatte. Ihre Stimme klang so müde, so mürrisch, ja – so abgrundtief angekotzt von ihm, dass er nicht anders konnte, als sie anzulächeln.
„Hängt noch ein ’erhabener Erzmagier’ hinten dran, und vielleicht antworte ich Euch“, entgegnete er schlicht und blickte ihr in die Augen, die sich in gespielter Verzweiflung verdrehten.
„Kann ich noch etwas für Euch tun, werter Erzmagier?“ Malukhat wusste genau, er hatte keine Vorstellung davon, welche Bezeichnung sie statt des „Erzmagiers“ am Liebsten an den Satz angehängt hätte.
„Ihr könntet mich in den Speisesaal tragen.“
Die Imperiale sah ihn an, als hätte er ihr soeben ins Gesicht gespuckt. Und, von der Seite betrachtet, hatte er das auch. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, dann drehte sie sich um und marschierte in einem schnellen Trab davon. Malukhat blickte ihr nach. In Anbetracht der Tatsache, dass er von dem Ausflug heute mit seiner Tochter in die Wildnis noch immer die komplette daedrische Rüstung trug, wäre es sicherlich ein lustiger Anblick gewesen. Aber nicht von der Sicht des Getragenen aus.
Malukhat ließ sich zurücksinken, so dass er mit dem Rücken auf der Bank lag, und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Irgendwas musste doch einfach mal los sein. Ich bin in der Kaiserstadt, verdammt noch mal!