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General
Cyrodiil, Wald
Nachdem Malukhat sich notdürftig seiner Notdurft entledigt hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit einem gefesselten Dunkelelfen zu, der sich wie eine verletzte Raupe auf dem Boden krümmte. Da Kiara und Aurel mit sich selbst beschäftigt schienen, setzte der Erzmagier sich zu dem Mann auf den Boden und tätschelte väterlich dessen Kopf.
„Ganz schön miese Arbeitsbedingungen für Banditen heutzutage, nicht wahr?“
Der Bandit dankte ihm seine Bemerkung mit ein paar unverständlichen Worten, die gewiss nicht höflich waren.
Malukhat hielt sich kurz die Nase zu und pfiff durch die Zähne. Was für eine Fahne! Kein Wunder, dass aus dem Mund dieses Mannes kein ordentliches Wort kam. Der hatte mehr Alkohol intus als das durchschnittliche Bierfass.
„Sag’ mal, hast du hier vor ein paar Tagen jemanden graben sehen?“, fragte der Erzmagier im Plauderton. Er wusste, dass sein eigener Sohn ’Vergrab’ das Stöckchen’ mit ihm gespielt hatte, aber die Gesamtanzahl der Teilnehmer musste höher ausfallen. Sein Sohn hatte ihn abgelenkt, ein anderer ihm auf den Kopf geschlagen. Daved war kräftig, aber das waren Malukhat und sein Körperbau auch. Alleine hätte er ihn niemals bis hierher schleppen können. Mindestens zwei Personen waren beteiligt und Malukhat hielt es für sein gutes Recht, herauszufinden, wer ihm alles ans Leben wollte.
Der Bandit lallte eine Antwort und Malukhat rollte mit den Augen.
„Gib’ dir ein bisschen mehr Mühe, in Ordnung?“, sagte er. „Ich steh’ nicht so auf Banditen, musst du wissen, obwohl ich mal selbst einer war. Es könnte durchaus passieren, dass mein Fuß ausversehen auf dem Gesicht ausrutscht. Wenn du also nicht wissen willst, wie vorgekautes Essen aus dem Mund deiner Freunde schmeckt, solltest du ganz schnell wieder nüchtern werden.“
Malukhat lag ausgestreckt auf dem Boden, während sein Körper sein Bestes unternahm, ihn am Aufstehen zu hindern. Er kam sich vor wie eine auf den Rücken gefallene Schlammkrabbe, mit Ausnahme davon, dass er sich nicht drehte und wie wild mit den Beinen zappelte. Wenn er aber den kleinen Stein unter seinem Rücken und die lange Liste der Schmerzen, die ihn erst in diese Situation gebracht hatte, ignorierte, war ihm sogar fast gemütlich.
Ein kleiner Vogel hüpfte auf seinen Bauch und ließ sich zu einem halbherzigen Zwitscherversuch verleiten, bevor der Erzmagier ihn mit einem kurzen Zucken des Arms verscheuchte. Die Geier würden ihm noch früh genug einen Kurzbesuch abstatten.
Vage erinnerte er sich des Blicks, den Kiara Aurel zugeworfen hatte, und augenblicklich zerdrückte ein Gefühl seinen Magen, das unter dem Begriff Übelkeit einzuordnen war. Der ehemalige Soldat war ein wirrer Kleingeist und Malukhat war sicher, hätte Alexius ihn besser kennen gelernt, er hätte aufgehört, den Dunmer als verdreht zu bezeichnen. Aurel nämlich, der immer so rechtschaffen und mit einer Körperhaltung auftrat, die ’Vertrau mir’ schrie, mochte sehr gut darin sein, sich selbst zu belügen, doch das Unterbewusstsein kocht sein eigenes Süppchen. Irgendetwas stimmte mit dem Bretonen nicht. Er erinnerte Malukhat stark an eine Ayleidenfalle: Man musste nur die richtigen Knöpfe drücken. Die Aktionen dieser Knöpfe hatten mit Moral nicht viel am Hut, eher schien es eine anerzogene Grundsteinstellung zu sein, die Aurel sich so lange eingeredet hatte, bis er selbst daran glaubte.
Joplaya war – im übertragenen Sinne natürlich – einer solcher Knöpfe. Weil sie Malukhats Tochter war, wollte Aurel den Erzmagier nicht töten. Wenn der Bretone Malukhat allerdings kannte und hasste, wieso nahm er dann Rücksicht auf dessen Tochter? Und mehr noch: Wenn Aurel annahm, der Dunmer war ein schlechter Mann, wie weit konnte der Weg zur Schlussfolgerung ’Schlechter Vater’ sein? Im Grunde genommen hatte Aurel Joplaya einem Mann ausgeliefert, dem niemand – aber auch wirklich niemand – gute Vaterschaft zuerkannte. Das hatte der frühere Legionär mit Sicherheit nicht bedacht. Das war ein Schnellschuss gewesen, und für die schien er prädestiniert zu sein. Stahlkleid mit Überdruck.
Ulkiger Typ.
Unwichtiger Typ.
Malukhat hatte sich kurz nach einem wenig erfolgreichen Gespräch mit dem dunmerischen Banditen aus dem Staub gemacht, ohne Kiara oder Aurel davon zu erzählen. Es war vollkommen unnötig, sich weiterhin in ihrer Nähe aufzuhalten, und in gewisser Weise waren der Bretone und er jetzt quitt. Kein Grund, plötzlich einen auf Freundschaft zu machen. In diesem einen, schwachen Moment aber wünschte der Erzmagier, er hätte mit dem Abschied bis zur Kaiserstadt gewartet.
Malukhat hatte den Fluch von Aurel genommen, eine kostenlose Eskorte zum Tiber-Septim-Hotel hätte also drin sein müssen, ohne dass sich der Dunmer in irgendeiner Weise Schulden gemacht hätte. Stattdessen hatte er mit den Schultern gezuckt und war davon gehumpelt. Reife Leistung. Hoffentlich würde niemals jemand herausfinden, wie es ihn letztlich erwischt hat.
„Draven, du Mistvampir“, brummte er vor sich hin. Wenn Draven da gewesen wäre, hätten sich sämtliche Beteiligte dieses Dilemma sparen und sich ein paar schöne Abende machen können. Aber nein, wenn man ihn brauchte, war er nicht da. Und wenn er da war, nahm er sich viel Zeit für unterlassene Hilfeleistung.
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