Auweia. Schenkte man Drakos' Schilderungen Glauben, erwartete die kleine Gruppe im Innern der Kammer ein wahres Battaillon an Daedra. Das war wohl die Erklärung dafür, dass sie ohne nennenswerte Probleme bis kurz vor die Sigil-Kammer, dem Herzen des Turmes, gelangten. Nun ja, nennenswert war relativ, aber Karrod hatte mit etwas mehr Schwierigkeiten gerechnet, wo doch die Sigil-Kammer den Schlussstein, oder wie die Gelehrten den Klunker zu nennen pflegten, beherbergte und ohne diesen die Verbindung Oblivions mit Tamriel gekappt wurde. Wobei, vielleicht sollte er mit solchen Bemerkungen noch etwas zuwarten, schliesslich musste er sein muskulöses Bretonenkörperchen erst noch heil durch dieses ganze Inferno manövrieren... ob sie vielleicht nicht besser kehrt machen sollten? Schliesslich bestand eine realistische Chance, dass sie bei dem Versuch ihr Leben liessen. Das Tor zu schliessen, war zwar edel, den Bewohnern Tamriels gegenüber, wenn sie aber scheiterten und einem Rudel Clannfears als Lunch dienten, war niemandem geholfen.
Jedoch... hiesse das nicht, den Daedra den Rücken zu kehren? Sich einzugestehen, dass man mit der Situation überfordert war? Gar aufzugeben? Nein, sowas kam überhaupt nicht in Frage! In dieser Hinsicht war Karrod stur. Er war halt ein Krieger und ein Haudrauf, und als solcher ging man schliesslich nicht gerne Kompromisse ein! Jawollja. Ausserdem schien Kamahl interessiert an dem zu sein, was sich hinter der Türe, vor der angeblich ein Daedroth rumlungerte, verbarg. Er sagte etwas von einer goldenen Heiligen. Eine goldene Heilige? Er hatte bereits von diesen Geschöpfen gelesen... er erinnerte sich vage an eine Erzählung aus einem Buch über exotische Kreaturen. Er selbst hatte noch nie eine zu Gesicht gekriegt. Also ein Grund mehr, dort reinzugehen - Horizonterweiterung et cetera.
Als sie die Situation kurz besprochen hatten, packte Drakos sein Schwert und stürmte in die Kammer. Ganz schön mutig, dachte sich Karrod mit einem Stirnrunzeln, wenn nicht sogar leichtsinnig. An ihrer Taktik mussten sie noch etwas rumfeilen - auch wenn er zugeben musste, dass sie mit ihrer Reinstürm-und-alles-was-sich-bewegt-zusammenhau-Methode bis jetzt gar nicht schlecht gefahren waren. War zu hoffen, dass der Plan auch dieses Mal aufging... Karrod schluckte, sprach einige kurze Krieger-Gebetsphrasen und stürmte den anderen nach.
Als Karrod die Kammer erblickte, machte er unwillkürlich halt. Klar, Herzen des Turmes und so weiter, das musste ja etwas besonderes sein, man wollte seine Gäste ja schliesslich beeindrucken, aber was sich ihm da darbot, versetzte ihn ordentlich in Erstaunen. Besonders die gleissend helle Flamme, nicht weit unter der Decke, auf dem oberen der zwei Balkone, zog seine Aufmerksamkeit auf sich, in deren Mitte er einen runden, schwarzen Körper auszumachen glaubte. Das musste wohl der besagte Stein sein, mit dem sich angeblich das Tor schliessen lies.
Viel Zeit zum Staunen blieb ihm jedoch nicht; jede Menge Daedra warteten darauf, ihn zu zerreissen. Drakos und Kamahl schienen sich um den Teil auf dem ersten Balkon zu kümmern, inklusive den Atronarchen, die die Treppen verwehrten. Blieben ihm und Asharr die Kreaturen am Boden der Kammer. Nicht übel, je ein Dremora und ein Clannfear für sie beide und im Anschluss ein Bogenschütze, dem sie abschliessend zusammen den Schädel einschlagen durften.

"Na dann... gutes Gelingen, Asharr! Solltet Ihr in Schwierigkeiten geraten, habt keine Hemmungen, mich um Hilfe zu bitten", sagte Karrod seinem orkischen Gefährten, bevor er sich mit vor die Brust gehaltenem Schild und gezücktem Schwert seiner "Hälfte" entgegenwarf. Klang irgendwie lustiger, als es gemeint war, dachte sich Karrod. Hoffentlich begannen seine Gefährten nicht, ihn für kauzig zu halten - schliesslich war die gegenwärtige Situation alles andere als eine Alltägliche.
Dies waren seine letzten Gedanken, bevor der Kampf ihn endgültig in seinen Bann zog. Jetzt gab es nur noch den Clannfear und den Dremora vor ihm, alles andere wurde unwichtig. Er vertraute darauf, dass seine Gefährten die anderen Kreaturen abzuwehren wussten und um den Bogenschützen machte er sich keine Gedanken: solange seine Daedra-Kumpel in der Schussbahn standen, konnte er nicht viel mehr machen als das Kampfgeschehen zu verfolgen.

Der Clannfear war irgendwie lästig. Da hatte er nun seinen Schwertkämpfer, aber das Biest störte ein wenig, da er dem Dremora so nicht seine volle Aufmerksamkeit widmen konnte, was die Situation etwas aussichtlos machte. Er musste sich etwas einfallen lassen. Ob vielleicht...? Nein, das war eine dämliche Idee. Wobei...wenn er es sich recht überlegte, war es definitiv einen Versuch wert! Er griff nach den Resten des Trockenfleisches, das er sich am Tag zuvor im Marktviertel gekauft hatte. Dass Clannfears Fleischfresser sind, war nicht schwer zu erraten, sonst hätten sie wohl nicht derart grosses Interesse an ihm und Tiere waren ja für gewöhnlich, und er hoffte, bei ihren Geschwistern daedrischer Natur war das nicht anders, ausserordentlich verfressen. Karrod nahm deshalb alles Fleisch, das er noch hatte, aus seiner Tasche und warf es über den Kopf des Tieres. Und tatsächlich! Es funktionierte! Das Tier verlor das Interesse an ihm und kehrte sich um, dem verlockenden Geruch des Fleisches folgend, was Karrod zu einem grimmigen Lächeln verleitete. Nun konnte er sich voll und ganz um den Dremora kümmern.

Der Daedra-Krieger verzog keine Miene. Er führte eine ausserordentlich lange, einhändige Klinge, jedoch keinen Schild. Na ja, wer braucht schon einen Schild, wenn er in einer kompletten Daedra-Rüstung steckt... Lediglich der Helm fehlte, wodurch Karrod sein bedrohliches Gesicht sehen konnte. Ihn schauderte. Er wusste im Moment nicht recht, was ihm lieber war - das düstere, dämonisch anmutende Gesicht seines Gegners oder die ebenfalls bedrohlich wirkende Fratze eines Daedra-Helmes... aber was studierte er solch nichtigen Dingen nach, es gab einen Kampf zu gewinnen!
Karrod zögerte nicht lange und stürzte sich auf den Dremora. Dieser parierte die Serie von Schlägen, die Karrod auf ihn prasseln liess jedoch mit unerwarteter Heftigkeit und liess seinerseits einige heftige Schläge auf Karrod hinunterfahren, welche er mit seinem Schildarm auffing, in dem sich darauf eine leichte Taubheit breitmachte. Er durfte den Kerl auf keinen Fall unterschätzen. Er wusste nicht, wie es um die Hierarchie der Dremora beschaffen war, hatte es hier aber definitiv mit einem ranghöheren Exemplar zu tun. Man musste sich schon sehr sicher fühlen, wenn man freiwillig auf einen Schild verzichtete...
Nach einigen aggressiven Ausfällen des Dremoras geriet Karrod langsam aber sicher in Bedrängnis und ein leiser Anflug von Angst machte sich bemerkbar. Da hatte er nun seinen Schwertkämpfer, und zwar ein mehr als ebenbürtiges Exemplar. Doch so leicht liess er sich doch nicht unterkriegen... oder? Karrod gab die Defensive auf, wurde ausfällig, täuschte da ein Schlag an, versuchte dort einen Treffer zu landen. Dann passierte es: Der Dremora schlug mit der Faust nach seinem Gesicht und als Karrod am linken Rand seines Sichtbereichs die Klinge auf ihn zufliegen sah, war es schon zu spät - er versuchte noch, den Schlag, der auf seine linke Seite zielte, mit dem Schild abzufangen, doch die Klinge fuhr ihm fast ungebremst etwas oberhalb der Hüfte in den Körper. Er hörte Glas splittern und spürte plötzlich einen stechenden Schmerz in der Seite. Er flog in hohem Bogen zur Seite, überschlug sich einmal und blieb benommen liegen.

Schmerz. Der Geruch von warmem Blut. Den bitteren Geschmack der Niederlage fast förmlich auf der Zunge.
Er drehte sich auf den Rücken, sah den Dremora mit einer überheblichen, siegesbewussten Grimasse auf ihn zukommen, das Schwert zum finalen Schlag erhoben. Sollte sein Leben so enden? Er hatte doch noch so viel vor... die Welt war noch voller Herausforderungen, ungelösten Questen, gefährlichen Höhlen und mit Schätzen vollgestopften Ruinen... und vielleicht hätte er ja mal eine Familie gegründet, wer weiss...
Nein. So sollte es nicht enden. Er war zu höherem berufen, als dass er sich hier, in einem stacheligen Turm irgendwo im Ödland Oblivions von einem einfachen Dremora abstechen lassen würde! Das Schwert, das er noch immer in der Hand hatte (die Regel aller Regeln im Zweikampf: lass nie, nie, nie deine Waffe fallen, egal wie gross die das Verlangen, nach der Wunde zu greifen oder vor lauter Angst die Beine in die Hand zu nehmen und davon zu laufen auch sein mochte - wie oft hatte er diesen Satz von seinem Vater gehört?) und bäumte sich unter Aufbietung all seiner Kräften auf, sprang auf die weichen Beine und stürzte sich mit der Klinge und einem animalischen Brüllen in den Daedra, dem er, von der plötzlichen Regung des Bretonen überrascht, die Klinge bis zum Heft in den Körper stiess. Grimmig blickte Karrod dem Dremora in die Augen, während dessen verwunderte Miene einem bösartigen Zähnefletschen wich. Zusammen sanken sie in tödlicher Umarmung auf die Knie - der Daedra, den das Leben nun endgültig verliess und Karrod, fast besinnungslos vor Schmerz. Wieder drehte sich ihm alles und dieses Mal liess er seinen Körper gewähren: er klappte ohnmächtig zusammen.