Die vier Jahrhunderte als Verbrecher hatten Malukhat eines klargemacht: Wenn man nicht merkte, dass man beobachtet wurde, hatte man ein großes Problem. Ja, wirklich, ein verdammt großes. Ein tödliches, um das mal genauer zu definieren. Dementsprechend stellten sich seine Nackenhaare auf, als er bemerkte, dass jemand Interesse an dieser kleinen Gruppe fand und diesem Interesse in Form genauer Beobachtung Ausdruck verlieh. Weiter ernst nahm er es trotzdem nicht, er vergaß es einfach und das Gefühl, beobachtet zu werden, schwand mit der Erinnerung daran. Er wandte sich der Gruppe zu und schenkte jedem der Anwesenden einen ernsten Blick.
„Wir brechen gleich auf. Ich wollte eigentlich noch auf jemanden warten, aber die hat wohl verschlafen oder den Weg nicht gefunden.“ Er zuckte mit den Schultern. „Es steht jawohl fest, wer die Gruppe anführt.“ Der Erzmagier pflanzte sich zu voller Größe auf. Natürlich würde er die kleine Gemeinschaft anführen, die anderen waren mit Sicherheit nicht in der Lage dazu. Das mussten sie einsehen, auch wenn es wahrscheinlich einige Bearbeitungszeit in Anspruch nehmen würde. Der Bretone jedenfalls sah aus, als war das einzige, was Malukhat anführte, seine ganz persönliche Abschussliste. Mal ehrlich, der Kerl hatte ein entschieden ernstes Problem mit seiner Einstellung.
„Ihr werdet die Gruppe nicht anführen“, bestimmte Octavo. „Ich habe diesen Herrn hier, Aurel Germain, angeheuert, um ein Auge auf die Damen und Herren zu werfen. Nicht, dass ich euch misstrauen würde, aber… ihr wisst ja, wie das so ist.“ Er warf seinen Worten ein gönnerhaftes Lächeln hinterher. Freundlichkeit soll ja angebliches vieles klären können. Tja, falsch gedacht. Der Erzmagier war nämlich absolut nicht damit einverstanden, auf den zweiten Platz verwiesen worden zu sein. So ist das also, ging es ihm durch den Kopf. Der Bretone war nur ein Kindermädchen, dass den ihm unterstellten kleinen Ungeheuern den Kopf waschen sollte, wenn sie auch nur auf die Idee kamen, Papas Brieftasche auszuräumen. Warum tat er sich das eigentlich an, fragte Malukhat sich. Nur wegen diesem blöden Ayleiden-Artefakt? Brauchte er so ein Zeug denn? Er hatte schon so viele Dinge bei sich herumliegen, da brauchte es gewiss keinen weiteren Staubfänger. Der Dunmer zeigte ein grimmiges Gesicht.
„Tja, wenn schon nicht für sie, für wen dann?“, fragte er sich selbst, und zwar so laut, dass die anderen drei synchron jeweils eine Augenbraue hochzogen. Malukhat achtete gar nicht weiter darauf. „Ich soll mich also dieser Stahlschüssel da unterordnen, habe ich das richtig verstanden?“
Aurel öffnete den Mund zu einer heftigen Erwiderung, doch Octavo kam ihm zuvor: „Ich hätte es ein wenig anders ausgedrückt, aber: Ja.“ Und da war es wieder, dieses über alles erhabene Lächeln. Mal schauen, dachte Malukhat, ob du noch immer so grinst, wenn ich dein Haus mit einem Feuerzauber umgestaltet habe. Aber, na ja, Herr Selbstgefällig hatte die Dinge klargestellt und dem Babysitter die Führung überlassen. Der Dunmer tröstete sich mit dem Gedanken, es Aurel bereuen zu lassen, den Auftrag angenommen zu haben. Letztlich würde sich eh zeigen, dass Malukhat der Beste hier war, denn er würde das Artefakt in die Finger kriegen. Nein, besser… er würde es so aussehen lassen, als war Aurel der Dieb. Das war doch mal ein handfester Plan.
Aus den Augenwinkeln gestattete Malukhat sich nun, da er die Sache richtig geklärt hatte, einen Blick auf die Dunmer. Hübsch war sie, das musste er ihr lassen. Aber konnte sie wirklich eine Hilfe sein? Der erste Eindruck ist ja bekanntlich von größter Wichtigkeit, und sie hatte ihm einfach nur bewiesen, dass sie gut darin war, andere umzustoßen. Okay, das könnte vielleicht tatsächlich helfen…
„Ich weiß zwar nicht, wie viele sich noch melden werden, aber Ihr habt in einer Sache recht, Herr…“, sagte Octavo und schenkte dem Erzmagier einen nach einer Antwort heischenden Blick. Wie üblich hob dieser die Brauen und starrte den Kaiserlichen an, als wollte er durch Kraft der Gedanken Löcher in dessen Kopf bohren.
„Wer ich bin, solltet Ihr eigentlich wissen. Ich bin Erz…“ Als er seinen Fehler erkannte, biss er sich auf die Zunge. „… miel.“
„Bitte?“
„Erzmiel. Das ist mein Name.“
„Noch nie von Euch gehört. So einen merkwürdigen Namen hätte ich mir sicher gemerkt.“ Toller Spruch. Echt. Brachte Malukhat glatt zum Überlegen, wie er ihm den in Form von Zerstörungszaubern unterschiedlichen Magicka-Aufwands wieder zurückgeben konnte. Er knirschte mit den Zähnen. „Aber so heiße ich halt.“
Octavo winkte ab und kam endlich zum eigentlichen Thema: „Wie ihr ja alle wissen solltet, bin ich auf der Suche nach einem Ayleiden-Artefakt. Dieses Artefakt ist eine Ayleiden-Statue, aber eine ganz besondere. Sie befindet sich im Herzen einer großen Ruine. Ihr solltet diese Aufgabe nicht auf die leichte Schulter nehmen, immerhin bezahle ich gutes Geld dafür, dass ihr mir das Artefakt beschafft.