Hallo Leute,
wie habt ihr den gestrigen Tag verbracht, wo der Sturm über Deutschland fegte? Konntet ihr euch sicher in euren Wohnungen bleiben? Mußtet ihr durch das Unwetter? Saßt ihr irgendwo fest? Gab es Sturmschäden bei euch? Wie hat eure Stadt die Nacht überstanden?
Ich fange mal an: Wie einige wissen, pendle ich durch halb NRW. Zum Glück* fiel die letzte Veranstaltung bei uns an der Uni aus, wodurch ich eher abhauen konnte. Soweit, so gut. Erst überlegte ich: Zug um 16:27 bis Hamm nehmen, dort umsteigen und nach Dortmund fahren - oder den Direktzug um 17:00 Uhr Richtung Dortmund nehmen?
Normalerweise nehme ich den Direktzug, denn mit der Bummelbahn samt Umsteigen bin ich keine Minute eher zuhause. Wiederum zum Glück** entschied ich mich gegen meine Gewohnheiten für die Bummelbahn. So kam ich bis nach Hamm.
Und dort blieb ich. Als ich im Anschlußzug saß, kam die Durchsage, daß der gesamte Zugverkehr in NRW aufgrund des Unwetters eingestellt wurde. Toll. Schaffner gefragt. Er meinte, das wäre erstmal für 60 Minuten, dann würde die nächste Entscheidung getroffen. Und wir mögen doch bitte alle den Zug verlassen. Draußen direkt die nächsten Durchsagen: "Runter von den Bahnsteigen, ab in die Tunnel und in die Bahnhofshalle!"
Okay. Dort herrschte Chaos. Menschenmengen vor den Servicepoint. Alle drängten sich in die beheizten Geschäfte. Die Bahnmitarbeiter konnten auch nur raten, wie es weitergeht. Aussage "zu 70% werden heute keine Züge mehr fahren".
Stunden vergingen. Zugleich hatte ich noch privat einige Sorgen, weil ich manche Leute nicht erreichte, die ich eigentlich hätte erreichen müssen (laaange Geschichte). Zudem hab ich Dragonlady angerufen, ob sie wen mit einem Auto kennen würde. Nun ja. Ich glaube, die einzige Person mit Auto steckte in einem Dorf fest, welches dank gesperrter Straßen komplett von der Außenwelt abgeschnitten war. Quarantäne einmal anders. Auch alle anderen, die ich telefonisch erreichte, sahen sich außerstande, mich auf dem Bahnhof zu erreichen. Zum Beispiel, weil ein Baum auf ihre Garage gefallen war.
Im Bahnhof wurde die Unruhe größer. Nach etwa 2 Stunden begann die Bahn, Hotelzimmer zu vermitteln (ohne die Kosten zu übernehmen, soweit ich das mitbekam). Fahrgäste bildeten Fahrgemeinschaften. Irgendwer hatte es sogar geschafft, einen Privatbus nach Soest zu organisieren. Leider nicht meine Richtung.
Noch mehr Zeit verging. Ich saß äußerst unbequem an einer Wand mit Delle (dank der mir heute der Rücken schmerzt) in der unbeheizten Bahnhofshalle (die Geschäfte waren mittlerweile zu). DRK und das THW huschten umher. Endlich wurden Sitzgelegenheiten aufgebaut, und Decken verteilt. Frage bei dem Servicepoint ergab, daß Notunterkünfte organisiert würden. An dem Tag würde kein Zug mehr fahren, und morgen? Erst müßten die Schäden begutachtet werden.
Zu dem Zeitpunkt war es kurz nach 20 Uhr, ich schon seit Stunden auf dem Bahnhof, und bin an dem Tag ja schon um 4:20 aufgestanden. Also völlig kaputt. Saß in einer Rotkreuzdecke gehüllt an einem Tisch und versuchte zu lesen. Prüfungsliteratur. Trockener Stoff. Ich hatte in den bisherigen knapp 4 Stunden Bahnhof satte 12 Seiten geschafft (inklusive Inhaltsangabe und [übersprungener!] Einleitung). Warum? War nicht so schwer die Texte, sondern ich so nervös, et cetera.
Dann, irgendwann, die Durchsage: Noch drei Plätze im Taxi Richtung Hagen frei! Noch jemand wollte nach Hagen, zum Glück***! Ich sofort zum Servicepoint. Leider hatte ich nur 10€ dabei, und die Fahrt sollte 20€ kosten. Aber zum Glück**** hat mir der Organisator der Taxifahrt die weiteren 10€ vorgestreckt.
Als wir den Bahnhof verließen, fegte mich erstmal beinahe eine Böe um. Eine riesige Stoffahne (mindestens 10x20 Meter) flatterte durch die Luft. Und unser Taxi fuhr mit einem anderen Fahrgast weg.
Zum Glück***** kam direkt ein neues Taxi, dessen Fahrer uns dann nach Hagen brachte.
Aber die Fahrt war der ultimative Horrortrip. Überall lagen Bäume auf den Straßen, Satellitenschüsseln wurden über die Bahn geweht, Dachziegel zerplatzten auf den Gehwegen. Es war etwa 21 Uhr. Das Wetter schien sich beruhigt zu haben, nun kamen aber die schlimmsten Böen. Der Taxifahrer hielt sich auf der Autobahn rechts. Warum? Weil links Bäume standen. Immer wieder knallten welche auf die Straße, teils nur Zentimeter von uns entfernt. Gerade noch rechtzeitig konnte der Fahrer einem Cabriodach ausweichen. Entlang der ganzen Straße gab es Unfälle. Autos, die von der Straße heruntergeweht worden waren.
Tatsächlich mußten zwei meiner Mitfahrer (ich saß hinten in der Mitte) immer zu den Seiten herausschauen, damit sie den Fahrer vor neuen Böen warnen konnten - wobei dieser dann gegensteuerte. Wir fuhren Schlangenlinien, denn bei den starken Böen drängte der Wind das vollbeladene Taxi stark zur Seite weg. Unvorbereitet so eine Böe abzubekommen? Dann wär man plötzlich auf einer anderen Spur gewesen (die mit den Bäumen drauf), oder in der Leitplanke. Wenn die Leitplanke überhaupt noch da war.
Zum Glück (****** bis ******************** (circa)) traf uns nichts!
Eine Mitreisende mußte in denselben Stadtteil wie ich. Da das Taxi nur bis zum Hauptbahnhof fuhr, holten sie da Verwandte ab - und nahmen mich zum Glück********************* mit. Unterwegs klärte sich zum Glück********************** auch auf, was mit den sich nicht meldenden Personen war - alles in Ordnung, bloß zeitweise in einem anderen Gebäude wegen vom Sturm beschädigter Tür eingeschlossen. Übrigens lustiges Detail unterwegs: Um den Bahnhof herum kloppten sich drei Jugendliche. Kam eine Windböe, und alle lagen zugleich am Boden. Schließlich war ich dann zum Glück*********************** gegen 22 Uhr zuhause.
Die Taxifahrt ganz besonders war dabei wirklich was für Leute mit einer Selbstmordneigung. Achterbahnen und Bungee Jumping schön und gut, aber die Fahrt hat einem mehr Adrenalin verpaßt. Da war die Gefahr nämlich sehr real! Schonmal plötzlich als Hindernis einen umgestürzten Kleintransporter gehabt? Nur Zentimenter neben einem nen Baum einschlagen sehen? Kraß!
Hagen hats übrigens auch ziemlich erwischt. Überall umgestürzte Bäume. Viele Dachziegel hats erwischt. Ein Haus mit Schieferplatten wurde vom Sturm "entkleidet". Aufräumarbeiten gehen weiter. Und ich? Ich habe gerade meine Schulden beglichen, dabei auch mal beim Bahnhof nachgesehen. Immer noch fuhren keine Züge von den beiden Städten aus, von denen ich hätte nachhause kommen können.
Ich habe oben ja mein Glück gezählt. Ich kann es kaum glauben, das hier schreiben zu können. Und fürchte nun, mein gesamtes Glück für dieses Jahr verbraucht zu haben ;_;.
Und wie war eure Sturmnacht?