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Die Sprachausgabe ist wirklich brilliant und sehr vielseitig. Eintönig wird es nur dann, wenn man dem Konzept vom PB nicht folgen möchte, dass ein mehrmaliges Aufsuchen der Lokalitäten in der Regel (gibt da denn doch einige Ausnahmen) nicht erforderlich ist.
Grml... darum geht es, darum und um nichts anderes:
Zitat Zitat von Majed Beitrag anzeigen
das Gespräch mit Rhobar, wo auch die letzte Illusion der per "geistigem PlugIn" eingefügten Story kaputt ging.
"Hi ich bin Rhobar! Finde heraus was Xardas macht! Tschüß!"
Nicht die Qualität der Sprachausgabe ist mies, sondern die Qualität der Gespräche. Die ist mies. Damit meine ich nicht mal, daß 95% der Bevölkerung nichts sagt. Nein. Sondern die vorhandenen "Gespräche" sind einfach ein Witz. "Ich bin X, du machst jetzt Y!"
Eine ganz ganz ganz ganz ganz große Ausnahme ist dann mal "Ich bin X, war vor dem Krieg Y, du machst jetzt Z!"
Ein oder zweimal im Spiel findet sich sogar "Ich bin X, der Hintergrund meiner Tätigkeit / der Stadt ist Y, du machst jetzt Z!"
Toll.
Für qualitative Gespräche braucht man eine Quantität an Sprachausgabe. Die ist einfach nicht da. Was bringen mir die besten Sprecher, wenn sie nur Ramsch brabbeln? Nichts. Und in Gothic 3 wird nur Ramsch gebrabbelt. Das ist das, was Majed mit
Zitat Zitat von Majed Beitrag anzeigen
das Gespräch mit Rhobar, wo auch die letzte Illusion der per "geistigem PlugIn" eingefügten Story kaputt ging.
meinte.
Der Dragon Unpacker kann die Archive von Gothic 3 entpacken. Per Wavelab kann man die Dateien in andere Formate / Bitraten umwandeln. Nur mal als Vergleich:
- nur 20% mehr Sprachausgabe im Vergleich zu Gothic 1, welches vom Umfang 10x kleiner war.
- fünfmal weniger Sprachausgabe als in Oblivion, obwohl dort der Held stumm ist.
- nur 80% der Sprachausgabe von Neverwinter Nights 2. Obwohl dort der Held stumm ist, und ein Großteil der Dialoge unvertont sind.
- ungefähr soviel Sprachausgabe wie in Dungeon Lords, obwohl dort nur um die 30 Figuren überhaupt Sprechrollen haben. Auch dort gehört der Held nicht dazu.

Mir kommt hier eine Aussage aus dem Herrn der Ringe ins Gedächtnis: "Wie Butter, gestrichen auf zu viel Brot".
So gut die gute Butter äh Sprachausgabe auch sein mag, sie ist einfach zu wenig, wodurch die Brote total trocken äh die Dialoge total dürftig werden. Sprachausgabe ist kein Selbstzweck. Sind die Dialoge nicht gut, nützt der beste Sprecher nichts.

Selbst Oblivion mit seiner Tonne mehr an Sprachausgabe kritisiere ich deutlich für die zu knappen Dialoge. Die Gespräche in Gothic 1 zum Beispiel paßten, mit ihnen wirkten die Figuren echt und glaubwürdig. Nicht wegen der Sprecher (Sprachausgabe ist mir ziemlich egal, sonst hätte ich nie PS:T gespielt), sondern weil der Inhalt einfach stimmte. Ich nahm den NPCs ihre Rollen ab, sie wirkten lebendig und echt.
In Oblivion kamen mir viele Charaktere schon so vor nach dem Motto "Ich habe leider nicht mehr zu sagen, weil alles auf eine normale DVD passen sollte!".
In Gothic 3 entsteht auf mich der Eindruck, es nicht mit glaubhaften Figuren zu tun zu haben, sondern mit Questabholmaschinen. Warum? Zu wenig Dialoge. Dialoge in Gothic sind nun, anders als in NWN2 z.B., mit der Quantität der Sprachausgabe verknüpft. Heißt: Quantität der Sprachausgabe ist eine notwendige Bedingung für eine Qualität der Dialoge. Qualität der Sprachausgabe, so gut sie auch sein mag, spielt da keine Rolle.

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Man kann sich drüber streiten, ob man eine übereinanderliegende Welt haben möchte, die sich kapitelweise erneuert oder aber ob man diesen Weg geht.
Kapitel sind unnützes Blendwerk.

(Ja, sie sind zum Kult erhoben worden. Und ja, sie sind insbesondere in der geschriebenen Literatur hilfreich. Dennoch sind sie nur Blendwerk. Illustration eines uralten Prinzips. Eines Prinzips namens Geschichte. Geschichten brauchen keine Kapitel. Jeder, der etwas anderes behauptet, wird von mir mit Pratchettbüchern gesteinigt.)

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Hm, wenn ich deine und meine Betrachtungsweise mal beschreiben darf
Wir sind ein freies Land. Äh, Forum .

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Du hingegen hinterfragst alles und immer wieder aufs neue. Zugegebener Maßen bewundere ich ein bisschen deine Rangehensweise.
Danke für das Lob. Aber nein wirklich, das stimmt nicht. Mir gefallen ja auch Dungeon Siege 2 oder Sacred oder Silverfall oder die OC von NWN 1.

Bei Gothic 3 war das Problem, daß das Spiel mir regelmäßig Vorschlaghammer ins Gesicht haute, die ich wirklich nicht übersehen konnte. Einfach weil sie zu schmerzhaft waren. Und danach mein Gesicht wie Zwiebelmet aussah.

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Denke auch, dass vieles daher rührt, dass Du dich auch mit den ganzen Hintergründen durch deine Moddertätigkeit beschäftigst.
Nein, ich bin nicht der große Modder. Klaro, ich kenne mich aufgrund meiner Biographie mehr mit dem technischen Hintergrund aus. Aber das ist nicht das entscheidende.

Was ich immer möchte, ist in irgendeine Weise unterhalten werden. Wie Sisyphos Steine hochrollen, nur um sie herunterrollen zu sehen, mag ich nicht. Die Art der Unterhaltung ist dabei nicht so wichtig. Das können die Bücher in Morrowind genauso wie die Dialoge in PS:T oder die Rätsel in Monkey Island oder die Kämpfe in Dungeon Lords sein. Wichtig ist in erster Linie irgendeine Qualität des Spiels, die mich am spielen hält. Das ist für ein solides Spiel notwendig.

Für ein richtig gutes, a la Baldur's Gate 2, Gothic 1, et cetera muß da aber noch mehr bei. Dort muß das Spiel nicht nur Unterhaltung, sondern auch Erlebnis sein. Ein Erlebnis, welches mich in das Spiel zieht, die Zeit vergessen läßt - ja mehr noch, mich Monate oder Jahre später noch an das Spiel nostalgisch zurückdenken lassen.

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Meine Vorgehensweise ist die, dass das was ich an Phantasie selbst mit ins Spiel bringen kann und dem was die Welt mir bietet in eins übergeht.
Nur wenn ich dabei gestört werde, kannst Du dir sicher sein, dass so ein Spiel bei mir kein Erfolg haben wird.
Oh, mir geht es da durchaus ähnlich. Ich bin sogar ziemlich störungsresistent beziehungsweise -tolerant. Bloß wie sollte das bitte bei Gothic 3 funktionieren? Ich zitiere einfach mal aus jenem im Vorpost angedeuteten Review die Zusammenfassung meiner Spielzeit:Ich habe mir die Mühe gemacht, alles zu markieren, was mich EXTREM gestört hat. Ja, ich weiß, daß einer dieser Faktoren per Patch notdürftig ausgebessert wurde (Motto Schlagloch mit Kieseln füllen, statt Straße neu zu teeren). Und hey, ich habe in diesem kurzen Abriß noch nicht mal die technischen Katastrophen oder die ganzen Gameplayamokläufe wie die Flut unnützer Kisten erwähnt. Sollte ich vielleicht noch machen. Worauf es mir jedenfalls ankommt: In Gothic 3 gibt es einfach viel zu viel, was mich massiv aus dem Spiel reißt.

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Bei Punkt 1 sprichst Du wahrscheinlich die Truhen an?!? Dadurch, dass man frei wählen kann, welche Wege man geht, ist es natürlich schwierig, nicht zu früh an Superitems ranzukommen.
Nein. Ich spreche von einem viel übergreifenderen Problem.
Mit "kompletter Umbau des Gegenstandsverteilungssystems" spreche ich das Problem an, daß in Gothic 3 diesbezüglich nichts stimmt. Das in seiner Gesamtheit beste Schwert bekommt man mit Level 3 nachgeschmissen. Die Gegend zu erkunden lohnt sich nur, wenn man die Landschaft genießen will - Hoffnung, etwas vernünftiges zu finden, braucht man sich nicht zu machen.

Ein Spiel sollte Anreize geben, die Welt zu erkunden. Sei es wie in Gothic 2, wo man in versteckten Höhlen von gefährlichen Monstern bewachte Schätze fand. Oder wie in Oblivion, wo die "Boßkisten" immer nützliches magisches Zeug boten (und ja, ich bin mir bewußt, daß 95% der Obliviondungeonbasher keine Ahnung von diesen Kisten haben). Ja selbst Plattenrüstungen droppende Fliegenschwärme sind imho dem absoluten Nichts vorzuziehen, das in Gothic 3 herrscht. Die Welt ist schön, aber inhaltsleer. Und ja, schon für ein solides Spiel halte ich das für ein Problem. Schöne Landschaften finde ich auch so, dafür brauche ich kein Spiel zu kaufen.

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abwechslungsreiche Welt
Abwechslungsreiche Welt? Bitte? Die Welt in Gothic 3 ist in allen Belangen (NPC-Design, Stadtdesign, Auftragsdesign) etwa so abwechslungsreich wie die Sprachausgabe in Oblivion. Nein, weniger noch. Nur um mal bei den Rüstungen zu bleiben: Gothic 1 hat in einer zehnmal kleineren Welt mal eben das doppelte an Rüstungen zu bieten. Das heißt in Relation zum Umfang mal eben 2000% mehr Rüstungen.

Und ja, ich halte Neutexturierungen für einen billigen, nicht akzeptablen Trick. Vergleichen wir mal die Miliz- und Söldnerrüstungen aus Gothic 2: Sie sehen völlig unterschiedlich aus. Dort sieht man vollkommen den Unterschied. Die Abwechslung. Gothic 3 hingegen: Dasselbe in rot und blau (und grau).

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unterscheiden sich dennoch ohne weiteres
Sie unterscheiden sich bis auf die Farbe gar nicht. Im Vergleich zu den Vorgängern ein riesiger Rückschritt. Ungefähr derselbe wie von Glühbirnen zurück zu brennenden Talgkerzen.

In Gothic 1 zum Beispiel: Da gab es die schwere Gardistenrüstung, die schwere Söldnerrüstung und die schwere Templerrüstung. Rüstungen, die nicht die geringste Ähnlichkeit miteinander hatten. Sie drückten unterschiedliche Zwecke, ja gar "Subkulturen" aus. Genauso in Gothic 2 mit dem Unterschied der Miliz- versus Söldnerrüstungen. In Gothic 3 hingegen tragen alle dasselbe, habens nur anders angemalt.

Solide Spiele leben nun von Abwechslung. Da darf sowas nicht sein.

Und jetzt seien wir doch auch mal ehrlich: Es wäre doch der Atmosphäre äußerst zuträglich, wenn da Unterschiede wären! Die Orksöldner zum Beispiel orkisch angehauchte Rüstungen trügen. Meinetwegen auch aus allen möglichen Krempel zusammengeflickte Rüstungen, mit eine Patchwork-Charme.
Die Rebellen hingegen Rüstungen trügen, die mehr an (je nach Status) Wächter- oder Soldaten- oder Prunkrüstungen erinnerten. Weniger zusammengeflickt wie die Söldnerrüstungen, dafür verschlissener, vielleicht an manchen Stellen ausgebessert, aber mit klareren Formen und offiziellerem Aussehen.
Die Banditen schließlich überwiegend auf die Sachen setzten, welche die Natur bietet. Leder- und Felle, Crawlerplatten, Bambusstengel, sowas eben.
Schon hätte man drei unterschiedliche Stile, die zur Identität und zur Atmosphäre beitragen.

Anders ausgedrückt: Zeige ich dir ein Graustufenbild von einer G1- oder G2-Rüstung, wirst du sofort sagen können, welche das ist.

Bei Gothic 3 ist genau das unmöglich.

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Du hast in einem Thread sehr schön dargestellt, dass nicht unbedingt die Methode ausschlaggebend ist, sondern dass, was man daraus macht.
Nö. Der Thread richtete sich gegen die Behauptung, Oblivions Landschaft hätte keine Highlights und sei überall gleich. Was sie nicht ist. Weil sie unterschiedlich ist. Genauso sind ja auch die Landschaften in G3 unterschiedlich, und das ist auch gut so. Bloß sind da eben viele andere Sachen (alleine die gräßlichen NPCs) nicht unterschiedlich.

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Vergleich mit Dungeon Siege 2???? Nö, nun wirklich nicht.
DS2 bietet ein funktionierendes Kampfsystem, eine Geschichte, NPCs mit (ein bißchen) Charakter, funktionierendes Lootsystem, abwechslungsreiche Gegenstände - das sind alles Sachen, die ich in Gothic 3 vermisse.

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Da dürftest Du bei den Quest etwas falsch gemacht haben. (Ok, sollte dennoch so nicht passieren.) Aber wenn Du die Quest in der richtigen Reihenfolge löst, wirst Du dein blaues Wunder erleben.
Keine Ahnung. Durchgespielt habe ich es als Magier, wo es eh keine Probleme gab. Danach habe ich, einfach um mich zu vergewissern, daß es wirklich so unglaublich zensiert war, mit einem frisch geschlüpften Level 1 - Char nacheinander Xardas, Zuben und Rhobar umgelegt. Wo genau das auftrat.

Wobei ich vor der Manaregeneration dasselbe Kampfverhalten schon in unzähligen Banditenhöhlen und bei Befreiungen von Städten gesehen habe. Es kämpfte immer nur ein Gegner, der Rest schaut zu.

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Die Geschichte zum Spiel ist laut PB genauso groß, wie bei den Vorgängern. Dummerweise verteilt sie sich zu sehr auf die Welt. So glaube ich war PB-Ralf seine Aussage dazu.
Er ist Art Director, da darf man so einen Unsinn verzeihen. Ansonsten würde ich den Verantwortlichen dringend empfehlen, ihn zu feuern, weil er absolut keine Ahnung hat. Jetzt ernsthaft: Wer für die Geschichte in Gothic 3 verantwortlich ist, gehört ausgepeitscht. Und wer dann noch behauptet, sie sei so groß wie bei den Vorgängern, sollte dringend über seine berufliche Zukunft nachdenken.

Ich schreibe das jetzt auch ein bißchen aus der Perspektive eine Autors, also nicht wundern, wenn ich etwas esoterisch klinge.

Eine Geschichte kann direkt oder wendungsreich sein. Verbreitet ist die Vorstellung, direkte Geschichten wären "einfacher". Sie sind es nicht. Was in wendungsreichen Geschichten die Wendepunkte sind, sind in direkten Geschichten Handlungspunkte. Praktisch dasselbe, etwas anderer Inhalt, etwas andere Funktion, aber beide bringen die Geschichte voran. Zudem gibt es noch etwas wie eine Handlungsumgebung.

Nehmen wir drei Spielbeispiele:
- Gothic 1: Wendungsreiche Geschichte. Zwar hat man immer ein übergeordnetes Ziel (aus dem Gefängnis ausbrechen), aber der Weg dahin schwankt stark. Handlungspunkt 1: Aufnahme in ein Lager als Lebenssicherung. Handlungspunkt 2: Beschwörung des Schläfers. Wendepunkt 1: Beschwörung schlägt fehl. Handlungspunkt 3: Fokussteine suchen. Handlungspunkt 4: Magier vereinen. Wendungspunkt 2: Magier tot, altes Lager tickt aus. Handlungspunkt 5: Mine befreien. Handlungspunkt 6: Dreizehnten Magier suchen. Wendungspunkt 3: Dreizehnter Magier hält bisherigen Plan für Quark, schickt Held auf neuen Kurs. Handlungspunkt 7: Orkschamanen aufsuchen. Handlungspunkt 8: Zugang zum Schläfertempel. Handlungspunkt 9: Aufladen von Uriziel. Endpunkt: Besiegen des Schläfers.
- Gothic 2: Direkte Geschichte. Auch hier übergeordnetes Ziel (Drachen töten), Weg dahin ohne große Überraschungen. Handlungspunkt 1: Aufnahme in Fraktion. Handlungspunkt 2: Minental besuchen. Handlungspunkt 3: Nachrichten einholen. Handlungspunkt 4: Auge wiederauftreiben. Handlungspunkt 5: Schmied aus Gefängnis befreien. Handlungspunkt 6: Auge wiederaufladen. Handlungspunkt 7: Drachenjagd. Handlungspunkt 8: gildenspezifischer Auftrag. Handlungspunkt 9: Mannschaft zum Endgebiet zusammenstellen. Endpunkt Kampf gegen letzten Drachen.

An dieser Stelle wenden viele ein, in Gothic 2 gäbe es ja auch Wendepunkte (zum Beispiel das Auge wiederbeschaffen, den Schmied befreien). Aber anders als in wirkliche Wendepunkten findet kein Richtungswechsel statt. Es sind Hindernisse, die der Protagonist überwinden muß. Trotzdem hat er immernoch denselben Zielweg, der bloß schwieriger geworden ist. Bei den Wendepunkten in Gothic 1 hingegen findet eine völlige Neuorientierung statt (Fokussteine statt Schläferbeschwörung. Schläferhatz statt Erzexplosion). Das eine ist nicht notwendigerweise besser oder schlechter als das andere. Baldur's Gate 2 zum Beispiel hat eine völlig direkte Geschichte. Es gibt Schwierigkeiten auf dem Weg, und Ergänzungen. Aber keinen Wendepunkt. (ich hab gesagt, es wird esoterisch )

Vielleicht entsteht jetzt der Eindruck, die Handlungs- und Wendepunkte wären mit Aufträgen verknüpft. Nein, sind sie nicht zwangsläufig!
- Planescape Torment: Anders als in den oberen beiden Beispielen liegt hier ein Großteil der Hauptgeschichte neben den Aufträgen, in der Welt. Ich habe oft von Spielern gelesen, die am Ende völlig verwirrt waren und allen ernstes in Foren fragten, ob der Transzendente mit der Sterblichkeit des Namenlosen die Welt beherrschen wollte. Und warum man drei Ausgaben des eigenen Charakters getroffen hat. Ich finde sowas immer sehr lustig. Hier wurden die Aufträge stur nach Vorschrift erfüllt, aber nicht die sich drumherum erblühende Geschichte verfolgten. So waren sie ahnungslos, wen sie repräsentierten, gegen was sie antraten. Hier haben wir abseits von den Aufträgen Handlungs- und Wendepunkte (die mir zu zahlreich zum aufführen sind. Was abseits der Aufträge in PS:T vorgeht ist meiner Meinung nach die komplexeste Geschichte, welche je in einem Rollenspiel erzählt wurde).

Schauen wir jetzt, nach diesen drei kleinen Ausflügen, schauen wir uns Gothic 3 an!
- Gothic 3: Anders als in den beiden Vorgängern gibt es kein übergeordnetes Ziel. Handlungspunkt 1: Xardas finden. Handlungspunkt 2: Artefakte finden. Endpunkt: Entscheidung, wie mit Artefakten verfahren wird.
Haben wir bei Gothic 1 neun Handlungspunkte und drei Wendepunkte, so bleiben bei Gothic 2 noch neun Handlungspunkte. Bei Gothic 3 hingegen nur zwei Handlungspunkte.

Ich wage zu behaupten, daß 12 beziehungsweise 9 deutlich mehr als 2 sind. Soweit traue ich meinen mathematischen Kenntnissen noch.

Bitte wieder beachten, daß Handlungspunkte nicht mit Aufträgen identisch sind. Sie sind Abschnitte der Geschichte. Die Aufnahmeaufträge sind keine einzelnen Handlungspunkte.

Nehmen wir Herr der Ringe als Beispiel: Auch dort finden sich verschiedene Handlungspunkte in einer übergeordneten direkten Geschichte. Die sind aber nicht mit den Kapiteln identisch. Mir tun die Finger weh, daher führe ich das nicht weiter aus, ok?

Wieder zu Gothic 3: Nun könnte man sagen, es wäre wie Planescape Torment, und die Geschichte läge neben der Geschichte. Das problematische dabei ist aber, daß das schlicht nicht stimmt. Das würde Verbindungen voraussetzen. In Planescape dient alles dazu, herauszufinden, wer man ist, wie man wurde, was man ist. Und dieses Wissen mündet im Kampf mit dem Transzendenten.
Anderes Beispiel ist Knights of the Old Republic 2. Auch dort liegt die Geschichte neben der Geschichte, weswegen viele Spieler verwirrt wurden. Im Laufe der Geschichte, so man aufpaßt, lernt man viel über die Macht, über den Verbannten, über das Sithtriumvirat. Was allerdings niemals (oder nur in Ausnahmen) die Form von Aufträgen annahm. Alles, was man auf dieser Reise lernt, findet seinen Höhepunkt in der Konfrontation mit dem Jedirat und dem Sithtriumvirat.
Auch Morrowind funktioniert nach diesem System. Viele Hintergründe über Nerevar und damit den Nerevarine erschließen sich, genauso wie die Hintergründe über das Tribunal oder Dagoth Ur, erst recht über Tamriel, erst aus der überreichen Literatur. Ich glaube, 99% der Morrowindspieler wußten nicht wirklich, was sie in dem Spiel eigentlich taten. Oder wer Nerevar ermordet hat.
In diesen Fällen, und in allen anderen Fällen steht ein direkter Zusammenhang zwischen den Erkundungen und dem Ergebnis der Geschichte. Der Namenlose (PS:T) lernt, was ihn unsterblich machte - und weiß somit, gegen wen er im Endkampf antritt, und was es mit den Inkarnationen auf sich hat. Der Verbannte (Kotor2) lernt, wieso das Sithtriumvirat nicht besiegt werden konnte - und warum er deren kritische Schwäche ist.
In Gothic 3 findet sich nichts dergleichen. Selbst wenn man die ganze Welt erkundet, alle Aufträge erfüllt - nichts erhellt auf dem Weg dabei das, was da kommen wird. Das ist der Unterschied - es ist unwichtig. Genau wie die Nebenaufträge in Baldur's Gate 2 unwichtig waren - wie gesagt, ich sage nicht, daß das schlecht sei. Ich sage nur, daß diese Form der Erzählung nicht in Gothic 3 angewendet wurde.

Damit bleibt: Gothic 1 [zwölf] > Gothic 2 [neun] > Gothic 3 [zwei]

Die Behauptung, Gothic 3 hätte soviel Geschichte wie die Vorgänger ist somit Käse. Umfang ist nicht gleich Handlung. Nur weil man sich eine epische Geschichte ausdenkt, wird sie nicht automatisch umfangreich. Die Ideen mögen ähnliche Dimensionen gehabt haben. Das Ergebnis ist aber... kleiner.

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Hintergründe aufzusaugen
Bitte, die Frage jetzt ist kein Scherz. Ehrlich nicht. Auch wenn das, was ich jetzt schreibe, sehr hart klingen wird. Ich hab das Spiel im Rahmen des Tests über 50 Stunden lang ertragen, und würde daher wirklich gerne wissen: Wo ist das möglich?
Ich meine, Bücher können es nicht sein, die gibt es nicht. Dialoge können es auch nicht sein, denn die gehen quasi nie über Aufträge hinaus - und wenn, dann sind es ungenaue Einsatzaussagen. Aufträge können es auch nicht sein, weil die vom Sacred Zufallsgenerator erzeugt wurden.
Wo kann ich also Hintergründe aufsaugen? Ich habe dazu nicht die geringste Möglichkeit gefunden. Und ja, das hat mich enorm frustriert .

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selbst interaktiv die Handlung mit aufzubauen
Ironie: Jenes mysteriöse G3-Review endet damit, daß ich Gothic 3 mit einem leeren Buch und einem auslaufenden Füller vergleiche.

Wenn ich eine Handlung aufbauen will, schreibe ich an einem Roman weiter, oder kritzel eine Kurzgeschichte zusammen. Oder bastel irgend etwas für irgendein Spiel.

Um auf Trackmania zurückzukommen: Der Editor da ist absolute Weltklasse! Dennoch mußten da am Anfang Strecken bei sein, und waren es auch, denn der Entwickler konnte nicht vom Käufer erwarten, sich alles selbst zu bauen. Bezüglich Geschichte setzt G3 meiner Ansicht nach aber genau das voraus - für sowas habe ich notepad.exe und brauche kein Geld auszugeben.

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G3 ist ein klasse Spiel.
Zum Glück sehe nicht nur ich das anders.

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entsprechendes Spielgefühl ohne überflüssige Korsetts das ist, was die Zukunft der RPGs bringen wird.
Tatsächlich hoffe ich darauf auch. Bloß denke ich, daß Gothic 3 diesbezüglich der völlig falsche Ansatz ist. Einer, der imho begraben und zum Sperrgebiet erklärt gehört, auf das nimmermehr ein Entwickler den von PB eingeschlagenen Pfaden folgt.

Nicht, weil die Richtung falsch ist - sondern weil der Ansatz insofern problematisch ist, weil er genau das nicht möglich macht. Die Welt hätte dynamisch statt statisch sein müssen. Konsequenzen außer ein paar Zahlenwerte hätten Ergebnis der Spielerhandlung sein müssen. Die Geschichte hätte entweder viel tiefer in der Welt sein müssen - oder komplett entfernt gehört, dafür aus der Welt einen Sandkasten gemacht gehört nach dem Motto "forme du die Zukunft bei Setting X" - samt dargestellten Folgen und sich daraus ergebender Handlung (was G3 durch die statische Welt eben NICHT möglich macht - jede durch den Spieler erzeugte "Handlung" existiert nur in dessen Gedanken. Selbst Jagged Alliance 2 formt viel mehr die Geschichte anhand der Spielerhandlungen als Gothic 3). Am ehesten kam dem bisher Daggerfall entgegen. Was man aus den sich daraus ergebenden Ideen machen könnte - eine Menge. Und es wäre großartig.

Um auf das Buchgleichnis zurückzukommen: In Gothic 3 bleiben die Seiten leer. Ein Spiel, welches diesen Ansatz korrekt verfolgt, würde entsprechend der Spielerhandlungen die Seiten füllen.