Und sehr vielen Leuten gefällt G3 nicht gut. Nehmen wir Hamster, den ehemaligen Leiter von mondgesaenge, der sich dank G3 komplett von der Gothicreihe verabschiedet hat. Warum? Weil PB gesagt hat, nicht wegen Zeitdruck sei G3 so geworden, sondern weil sie das Spiel so wollten. Das hat ihm den Rest gegeben. Mir übrigens auch - wenn eine Spieleschmiede Troikas Schicksal verdient hat, dann PB!
Oder die WoG-Moderatoren, mit denen ich noch im ICQ Kontakt habe - die allesamt G3 nach wenigen Wochen in den Schrank stellten, nicht einmal die Motivation fanden das Spiel zu beenden und sich anderen Spielen zuwendeten, wegen der massiven spielerischen Mängeln.
Oder auch jemand, der sich ganz begeistert trotz aller Warnungen G3 kaufte - und es mir nach wenigen Spielstunden auslieh, damit ich mir selbst ein Bild machen konnte, einfach weil er ziemlich total enttäuscht war (man schaue über diesen Post).
Ein ganzer Haufen von Reviews aus dem nichtdeutschen Raum, die äußerst negativ ausgefallen sind. He, das einzige Rollenspiel der letzten Jahre, das ne schlechtere Durchschnittswertung als G3 hat, ist Dungeon Lords. Und das auch nur knapp. Das sagt eigentlich schon alles.
Klaro gefällt einigen G3. Es gibt auch Leuten, denen Serious Sam oder Moorhuhn gefällt. Denen will ich das auch nicht absprechen. Denn das sind letztendlich die Spieler, die etwas damit anfangen können.
Aber als Rollenspieler kann ich nur sagen, versagt Gothic 3 auf ganzer Linie. Zudem fehlt alles, was die vorigen Teile gut gemacht hat.
Gehen wir doch mal durch:
- Keine Geschichte. Oh, ja klar, Orks haben den Kontinent besetzt, sind mit Xardas verbündet und man soll Xardas finden, der nach den Artefakten Adanos' sucht. Das ist keine Geschichte, sondern Setting. Geschichte ist, wie sich das Setting im Laufe des Spiels entwickelt. Man vergleiche es nur mal mit G1: Auch dort gab es das Setting, nämlich Gefangener wird in Minenkolonie geworfen, wo sich die Gefangenen in 3 Lagern organisiert haben und eigenen Zielen nachgehen - in Saus und Braus leben, Ausbruch durch Erz, Ausbruch durch neue Gottheit. Wiederum, das ist das Setting. Aber bei G1 kam hinzu die Geschichte, die sich um den Schläfer und um die Lager entwickelte, mit Höhepunkten, Wendungen, et cetera. So etwas fehlt bei G3 komplett. Ja, natürlich gibt es eine Geschichte. Sie läuft so ab: Xardas sagt "finde die 5 Artefakte", man gibt sie ihm (besser gesagt schmilzt sie ein), läuft ein bißchen durch den Wald und schaut sich dann eine Felswand an, während als Abspann der Held ein bißchen was erzählt, was aus den Freunden und dem Land wurde. Tolle Geschichte. Ja, das war jetzt ein heftiger Spoiler, aber der muß an dieser Stelle einmal sein. Was immer man in G3 tut in Sachen Nebenaufträgen, es hat nichts, gar nichts mit der Geschichte zu tun. Ob man die Welt von den Orks befreit oder nicht, es spielt für die Handlung keine Rolle. Setting versus Geschichte.
- Keine Atmosphäre. Was Oblivion immer gerne vorgeworfen wird, trifft voll auf G3 zu. Absolutes Baukastenprinzip. Besonders schlimm, da es hier sogar sämtliche NPCs betrifft. Da man Frauen guten Gewissens als abwesend bezeichnen kann (!!!), bliebe übrig: 4 extrem ähnliche Frisuren (Glatze, Haarkranz, Bremsstreifen und Kurzhaarschnitt) und je Region etwa 5 Gesichter, die sich auf ~1000 NPCs verteilen. Lediglich ein paar (aber nicht alle) alte Bekannten haben eigene Gesichter (wie Schrumpfkopfdiego) und dann noch König, Assassinenanführer. Und sonst? Es ist, als hätten 5 Leute die Welt mit tausenden Klonen von sich selbst bevölkert. Sehr atmosphärisch. Zudem gibt es keine Figuren mehr mit Charakter - dafür bräuchte es nämlich Dialoge, und die gibt es abseits von "mache dies!" leider nicht. NPCs sind reine Questgeber, egal ob Ork, Söldner oder sogar der verdammte König. Verdammt, selbst ein namenloser Schatten in G1 redet mehr mit einem als jede Figur in G3. Und was alleine Vatras in G2 erzählt, übertrifft wohl den Umfang der Sprachausgabe sämtlicher "4 Freunde" + Hauptquestdialoge in G3. Absolut erbärmlich. Übrigens mal als Nebeninfo: NWN2, bei dem etwa 2/3 der Dialoge unvertont sind, hat dennoch mehr Sprachausgabe als G3...
Die schöne Grafik der Welt wird durch unzählige Fehler, teils beabsichtigt und teils nicht, malträtiert. Da haben wir nen Lensflareeffekt, bei dem man kotzen könnte. Wasser wird nach einigen Metern von Wellen zu einem schwarzen Abgrund. Speedtree-Bäume outen sich selbst dank falscher Parameter als Mobiles. Gegner bestehen aus Wackelpudding, sobald man sie tötet.
Sämtliche Städte Myrtanas sehen zudem gleich aus, da überall immer wieder dieselben Häuser verwendet worden sind. An sich nicht schlimm, da immer mal wieder durch eine Besonderheit etwas Abwechslung herein kommt. Aber Auch diese kleinen Besonderheiten reichen nicht ewig - und nachdem man die sechste Stadt besucht hat, tragen diese sich ab und man will mal etwas neues sehen. Weniger wäre hier mehr gewesen. Besonders, da alle Städte zudem reine Questabholorte sind, die man einmal erledigt und dann nie wieder besucht (außer für Trainer). Von einer Stadt zur anderen Reisen, Handlungstränge über die Orte wie in G1, Oblivion, oder so ziemlich jedem anderen RPG? Fehlanzeige. Und sämtliche Städte sind nach Revolutionen eh von namenlosen Rebellen und Sklaven besetzt, die nicht einmal mit einem reden. Revolutionen sind ganz nett - so ein, zwei oder auch dreimal. Danach, da sie immer absolut gleich sind (töte die ganze Stadt), sind sie noch weniger abwechslungsreich als die Tore in Oblivion. Ah, wo wir beim Thema Aufträge wären!
- Strunzbescheuerte Aufträge, die an die Zufallsquests aus Sacred (pre Underworld) erinnern: Alle Aufträge von Gothic 3, auch wenn sie manchmal nett eingebaut sind, laufen gleich ab und sind die gleichen. Hole X. Töte Y. Folge Z. Sogar ohne Wegangabe, mit etwas Glück wird einem immerhin die Himmelsrichtung genannt - womit G3 den Thron der schlechten Wegbeschreibungen gegenüber Morrowind glanzvoll erobert, aber ich schweife ab. Das besonders schlimme an diesen Aufträgen sind zwei Sachen: 1. Natürlich ist der Grundaufbau vieler Quests in anderen Spielen ähnlich, bloß sind sie da einfach viel ausgearbeiteter. Man nehmen G1 mit dem Crawlerelixir, letztendlich auch nur "töte die Königin", aber davor ist so viel anderes. Die Forderungen des Minenvorarbeiters nach Unterstützung durch Templer. Das Sammeln und Überzeugen der Templer, das Hochlassen der Winde. In G3 sähe die Quest so aus: Königin hockt in einer Felshöhle, die aussieht wie 200 andere Felshöhlen im Reich, und man kann direkt zu ihr hinlaufen. Absolut geradlinig und einfach. Wie die Zufallsquests aus Sacred. 2. Zudem diesen die Aufträge keinem Zweck, da es keine übergeordnete Geschichte gibt. Man macht Aufträge für Punkte - Erfahrung, Gold, Ruf, aber nicht um irgend etwas zu bewegen. Sie stehen auch nicht in einer Reihe, was ebenfalls wichtig gewesen wäre. Die Vorgänger wären bei weitem nicht so berühmt geworden, wenn sämtliche Aufträge gleichzeitig offen gestanden und zu erfüllen gewesen wären. Also man gleichzeitig sich entweder um eine Lehrlingsstelle in Khorinis oder um die Drachenjagd hätte kümmern können (da kommt wieder der Punkt Geschichte ins Spiel, die es in G3 NICHT gibt. Es gibt nur ein Setting). Wär schon toll gewesen - grad aus Xardas Turm heraus, der einem nur gesagt hätte "fahr nach Irdoras", dann auf dem Weg eben die Drachen erledigt, bei den Piraten vorbeigeschaut, schließlich beim Schmied Lehrling geworden. Kontinuität. Geschichte. Die gäb es in dem Szenario nicht. Und genau so ist es in G3.
- Übrigens kann man in G3 tatsächlich schon mit Level 1 Drachen töten. Man kann mit Level 1 alles töten. Da das Kampfsystem das schlechteste ist, welches es jemals in einem RPG gab. Nein, nicht von der Steuerung her, sondern von den Folgen. Sämtliche menschlichen Gegner (wozu auch Orks gehören) können durch dieses Kampfsystem ohne Schwierigkeiten besiegt werden. Und bei den etwas gefährlicheren Tieren zählt "wer zuerst trifft, gewinnt". Ich hatte mit Level 8 Oger besiegt, Trolle mit Level 11, und warum? Weil sie mich durch das Kampfsystem nicht haben treffen können, obwohl ich im Nahkampf mit ihnen war. Scheiße ist das! Man kann die Steuerung nicht mal mit einer "Totklicksteuerung" wie in Diablo oder Neverwinter Nights vergleichen, denn da kann der Gegner zurückschlagen und tut es auch. Bei dem "Totklicken" in G3 können sie das nicht (umgekehrt man selbst aber auch nicht, wenn man selbst zuerst getroffen wird. Oder auch: Die Killerwildschweine in der Releaseversion). Da braucht man nicht mal die absolut dämliche KI ausnutzen. Beherrscht man das Kampfsystem, kann man gleich in den Gottmodus schalten. Und um das Kampfsystem zu beherrschen, muß man nur auf die rechte Maustaste drücken können. Selbst Ratten sind zu so einer Leistung in der Lage (Skinnerboxen).
- von der saumäßig schlechten KI, den unzähligen Bugs et cetera möchte ich erst gar nicht anfangen, denn das sind Dinge, die mit etwas Aufwand gepatcht werden können. Nicht aber die Konzeptfehler, von denen G3 voll ist.
Und wie kann man dem ganzen begegnen? Natürlich kann man sich alles, was fehlt - wie eine Geschichte oder Atmosphäre bei dem Angriff der KlonNPCs - vorstellen. Klar. Aber da kann man sich auch ein leeres Blatt schnappen und darauf etwas malen oder schreiben. Ist produktiver, sowas. Oder einfach pfeifend über die ganzen Schwächen hinwegsehen und irgendwelche Kniffe des Kampfsystems nutzen, die leider absolut überflüssig sind.
Andererseits kann man es auch so sehen: Wer ein gutes Rollenspiel, so wie die Vorgänger oder wie Oblivion (Vampire Bloodlines, Kotor, Baldur's Gate, Neverwinter Nights ad infinitum), haben möchte, dem kann von G3 nur abgeraten werden. Wer dagegen etwas gänzlich anderes will, das oben genannte Macken hat (die natürlich nicht für alle bedeutsam sind), der kann zugreifen. Ich habe mich beim Spielen gefühlt wie in einem MMO, nur ohne andere Leute. Keine Geschichte, Aufträge aus dem Questzufallsgenerator, langweilige NPCs aus dem Zufallsgenerator, kaumst Dialoge. Dafür kann ich nicht guten Gewissens eine Kaufempfehlung geben.