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Wenn schon von Rilke die Rede ist^^:
Am Kirchhof zu Königssaal
(Aula regis)
Auf schloß das Erztor der Kustode.
Du sahst vor Blüten keine Gruft.
Der Lenz verschleierte dem Tode
das Angesicht mit Blust und Duft;
da stieg wie eine Todesode
ein Trauermantel in die Luft.
Wir sahn ihn beide und wir schwiegen...
Rings feierte Mittsommerlicht,
in den Syringen summten Fliegen. -
Da lag ein Schädel vor uns dicht;
aus seinen leeren Augen stiegen
verkümmerte Vergißmeinnicht.
Der Wahnsinn
Sie muss immer sinnen: Ich bin... ich bin...
Wer bist du denn, Marie?
Eine Königin, eine Königin!
In die Kniee vor mir, in die Knie!
Sie muss immer weinen: Ich war... ich war...
Wer warst du denn, Marie?
Ein Niemandskind, ganz arm und bar,
und ich kann dir nicht sagen wie.
Und wurdest aus einem solchen Kind
eine Fürstin, vor der man kniet?
Weil die Dinge alle anders sind,
als man sie beim Betteln sieht.
So haben die Dinge dich groß gemacht,
und kannst du noch sagen wann?
Eine Nacht, eine Nacht, über eine Nacht, -
und sie sprachen mich anders an.
Ich trat in die Gasse hinaus und sieh:
die ist wie mit Saiten bespannt;
da wurde Marie Melodie, Melodie...
und tanzte von Rand zu Rand.
Die Leute schlichen so ängstlich hin,
wie hart an die Häuser gepflanzt, -
denn das darf doch nur eine Königin,
daß sie tanzt in den Gassen: tanzt!...
Wilhelm Busch hat nicht nur gute Bildergeschichten sondern IMO auch nette Gedichte geschrieben:
Unfrei
Ganz richtig, diese Welt ist nichtig.
Auch du, der in Person erscheint,
Bist ebenfalls nicht gar so wichtig,
Wie deine Eitelkeit vermeint.
Was hilft es dir, damit zu prahlen,
Daß du ein freies Menschenkind?
Muß du nicht pünktlich Steuern zahlen,
Obwohl sie dir zuwider sind?
Wärst du vielleicht auch, sozusagen,
Erhaben über Gut und Schlecht,
Trotzdem behandelt dich dein Magen
Als ganz gemeinen Futterknecht.
Lang bleibst du überhaupt nicht munter.
Das Alter kommt und zieht dich krumm
Und stößt dich rücksichtslos hinunter
Ins dunkle Sammelsurium.
Daselbst umfängt dich das Gewimmel
Der Unsichtbaren, wie zuerst,
Eh du erschienst, und nur der Himmel
Weiß, ob und wann du wiederkehrst.
Beruhigt
Zwei mal zwei gleich vier ist Wahrheit.
Schade, daß sie leicht und leer ist,
Denn ich wollte lieber Klarheit
Über das, was voll und schwer ist.
Emsig sucht ich aufzufinden,
Was im tiefsten Grunde wurzelt,
Lief umher nach allen Winden
Und bin oft dabei gepurzelt.
Endlich baut ich eine Hütte.
Still nun zwischen ihren Wänden
Sitz ich in der Welten Mitte,
Unbekümmert um die Enden.
Geändert von cloud2003 (03.12.2006 um 15:00 Uhr)