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Krieger
Die Kutsche raste mit Höchstgeschwindigkeit übers Land, unaufhaltsam der Stadt entgegen. Die Mäuler der Pferde waren von weißem Schaum überzogen und ihre Leiber glänzten rot im fliehenden Licht der untergehenden Sonne. Blutrot. Ein Omen?
Prinzessin Ileanna saß im Inneren, hauptsächlich darum bemüht einen halbwegs bequemen Platz in dem holpernden Gefährt zu finden.
Die Kaputze des grauen Kleides, welches ihr von den Rebellen gegeben worden war, verdeckte ihre Gesichtszüge und ließ sie von außen wie einen unscheinbaren, fremden Gast erscheinen.
Es war die Absicht der Rebellen gewesen, sie möglichst unauffällig bis zum Schloß zu eskortieren, denn Stillschweigen war die wichtigste Überlebenschance der Wiederständler. Ein großer Rummel um eine wiederkehrende Prinzessin konnte sich niemand von ihnen leisten. Zumindest noch nicht.
Ileanna selber war sich noch immer nicht sicher was sie von all dem zu halten hatte. Die Rebellen konnten nicht ernsthaft davon ausgehen, dass sie irgendetwas in den Männern bewegen oder gar verändern konnte, die seit so vielen Jahren das Reich mit eiserner Hand regierten.
Aber natürlich war es keine Frage gewesen, ob sie das Angebot annehmen sollte oder nicht. Gameus war ihr in dieser Hinsicht relativ egal.
Nachdem man sie in das neue Zimmer geführt, ihr ein heisses Bad gegönnt, sie mit Zofen umsorgt und ihr besseres Essen serviert hatte, als vermutlich die Anführer der Rebellen selber bekamen, hatte sie den Entschluß gefasst, das Angebot anzunehmen. Wie genau sie nun vorgehen sollte, war ihr noch nicht ganz klar, aber sie hatte ein Schreiben von dem Mann bekommen, der ihr auch das Angebot gemacht hatte, welches sie an die beiden, zur Zeit, mächtigsten Männer des Reiches weitergeben sollte. Vermutlich eine Forderung bezüglich des Gefangene Königs.
Ileanna hatte sogar zunächst mit dem Gedanken gespielt, das Siegel des Briefes zu öffnen um sich einen Überblick zu schaffen und vielleicht so schneller, ohne größere Umstände, an den Thron zu kommen, hatte den Gedanken dann aber wieder verworfen.
Wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte, so konnte sie selber Klartext mit Dante darüber reden.
Ihr Herz bebte bei dem Gedanken daran, ihn bald wiederzusehen.
Sie hatte von einer der jungen Zofen erfahren, dass er sich wohl wieder im Schloß befand. Geschickt hatte sie dem Kind sowohl Respekt als auch Vertrauen eingepflößt und so einige Neuigkeiten, die sich scheinbar wirklich schnell herumsprachen, erfahren.
Im Anschluß an ihre geruhsamen Stunden hatte der Fremde sie erneut zu sich führen lassen und sie nach ihrer Antwort gefragt.
Ihr werdet im Verborgenen reisen. Eine Kutsche wird euch bis vor die Tore der Stadt bringen und ab da werdet ihr euch vermutlich zu erkennen geben müssen, denn ich gehe davon ausm, dass sie die Stadt gut bewachen um unser Eindringen zu verhindern.
Aber ihr werdet euch schon zu helfen wissen. Und da hatte er wieder gelacht, was Ileanna immer noch zu verwirren mochte. Auf der einen Seite war er freundlich und behandelte sie mit aller Höflichkeit, auf der anderen drohte er ihr - und wie er auf den Gedanken kam ihr vertrauen zu können, bleib ihr ganz schleierhaft. Vielleicht waren die Rebellen wirklich so verzweifelt, dass ihnen wenig anderes übrig blieb.
Ihr werdet dafür sorgen, dass sowohl der Henker, als auch der Richter diesen Brief zu lesen bekommen und wir erwarten in drei Tagen eine Antwort von euch, Prinzessin, oder zumindest einem anderen Boten. Solltet ihr euch nicht melden, oder unseren Vorschlag ablehnen, so wird euer König am nächsten Morgen von jedem Burgfenster aus zu sehen sein und ich meine von jedem !! Ein Teil hier - ein Teil da und jeder wird ihn als Gameus den I. erkennen !!
Und nun geht.
Sie waren auf ihrem Weg nicht aufgehalten worden. Der Kutscher gehörte vermutlich ebenso zu den Rebellen, aber er hatte kein Wort mit ihr gewechselt und Ileanna konnte sich nicht sicher sein. Die Stunden flogen dahin und der Wagen jagte ohne Pause.
An einem kleinen Hof hielten sie kurz an um die Pferde zu wechseln, doch auch hier wagte es niemand einen genauen Blick ins Innere der Kutsche zu werfen. Es lief einfacher als die Prinzessin es erwartet hätte.
Und dann nach vielen Stunden errreichten sie endlich die Hauptstadt .
Auf den Stadtmauern standen die Bogenschützen der Rebellen bereit und das Stadttor selber war mittlerweile hinab gelassen worden, diesmal nicht um jemanden am Eindringen zu hindern, sondern um die Gefahr aus dem Rücken zu bannen. Mindestens acht Wachen, in Rüstungen, befanden sich am Eingang und kontrollierten jeden der sich in der Nähe befand.
Der Kutscher zügelte die erschöpften Pferde und zwei der Wachen traten an die Kutsche heran.
"Wer seid ihr und was ist euer Begehr in der Stadt? Habt ihr es nicht gehört, hier herrscht Ausnahmezustand und eigentlich darf niemand hinein, also was wollt ihr?"
Der Kutscher machte sich nicht die Mühe, lange Erklärungen abzugeben, sondern überreichte dem Mann mit den Worten :
"Meine Fracht werdet ihr sicher hineinlassen, sie kommt von Hannes persöhnlich... " einen versiegelten Brief.
Die Gesichter der Wachen verdunkelten sich, ehe einer der beiden, nach Überfliegen des Inhalts, nach hinten ging und einen Blick ins Innere des Wagens warf.
In diesem Moment legte Ileanna ihr Kaputze ab und das Erschrecken auf dem Gesicht des Mannes gab ihr Genugtuung.
"Mylady," flüsterte er erschrocken und aus den Augenwinklen sah sie wie auch der andere Wachmann zusammenzuckte beim Nennen ihres Namens.
Ileanna lächelte süß.
"Wieso läßt Der Anführer eine so wichtige Beute frei?" hörte die Prinzessin den anderen fragen.
"Bemüht euch nicht mit Fragen, Wachmann," wies der Kutscher die Männer an.
"Öffnet einfach das Tor und lasst uns passieren"
Die Wache erblaßte zusehends und beeilte sich die Kutsche, mit ihrer wichtigen Fracht, passieren zu lassen.
Die Stadt schien fast verlassen, die Nacht war noch nicht vollständig angebrochen, aber in den Strassen und Gassen zeigte sich kaum eine Seele. Die meisten Häuser hatten die Fensterläden geschlossen und die Szenerie wirkte, als habe jemand eine Ausgangssperre verhängt. Das Kingdom befand sich im Zustand einer Geisterstadt; im äußeren Ring hatten die Rebellen alles verschanzt was einen Zugang hätte bieten können und im Inneren der Schloßmauern herrschte gespenstische Stille und keine der königlichen Wachen zeigte sich auf den Mauern - die gesamte Stadt hielt den Atem an.
Der Hufschlag der Pferde klang laut in der gedämpften Stille, als sie sich ihren Weg bahnten.
Erst einige hundert Meter vor dem nächsten Tor, was zum Schloß selber führte, entließ Ileanna den Kutscher mir Worten : " Ihr könnt umkehren, denn euch eure Füße auf den Boden des Schlosses setzen zu lassen, erscheint mir doch etwas viel des Guten."
Die Kutsche wendete, Prinzessin Ileanna drehte sich dem Schloß zu, in Gedanken über die kommenden Ereignisse fast versunken, und unaufmerksam für ihre Umgebung. Gemächlichen Schrittes ging sie dahin und in den Schatten der Gassen folgten ihr neugierige Augen mit jedem Schritt.
Geändert von Aya Silberfuchs (06.01.2007 um 18:30 Uhr)
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