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Die kalte Jahreszeit brach herein. Die Bäume verloren ihre bunten Kleider und wurden kahl.
Karin nutzte den Herbst, um einen geeigneten Psychologen für Teresa zu finden. Doch ein Vorstellungsgespräch wich dem anderen. Eine innere Stimme sagte ihr, dass irgendwann jemand kommen musste, dem sie vertrauen konnte. Sie wollte einen einfachen Menschen, der sich wirklich um seine Patienten kümmert. Mit Herzblut seine Arbeit verrichtet. Oder noch besser, es gar nicht als Arbeit betrachtet
Die meisten erfüllten dieses Kriterium nicht. Sie saßen im Anzug da und aus ihrem Mund kamen nicht gefühlsvolle Worte, sondern pädagogisch korrekte Sätze, die aus einem Lehrbuch gestammt haben könnten. Doch eine Person war anders. Rebecca Irvine.
Sie trug einen hellblauen Pullover und einen schwarzen Rock. Ihre Haare waren nach hinten gebunden und wurden durch einen lila Haargummi davon abgehalten, nach vorne zu fallen.
Ihre Erscheinung war erfrischend anders. Doch sie wirkte nervös.
Noch bevor Karin sie etwas fragen konnte, erkundigte sich Rebecca um Teresas Gesundheitszustand. Das hat bis jetzt noch niemand getan. „Entschuldigen sie, ich wollte nicht gleich fragen, ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Rebecca.“. Sie reichten sich die Hände und Karin merkte, wie die Hände der jungen Frau zitterten. Sie war sichtlich nervös und knabberte während ihrer Unterhaltung ständig an den Fingernägeln. Für viele Menschen ein Grund, Bewerber abzulehnen. Sie war 25 Jahre alt und gerade mit dem Studium fertig geworden. Außer ein paar Praktikumsstunden, hatte sie keinerlei Berufserfahrung. Hier wurde also nicht nur um die freie Stelle gehandelt, sondern auch um Rebeccas Zukunft.
Endlich erwachte die innere Stimme, auf die Karin lange wartete. Ja. Sie hatte ein gutes Gefühl. Nach einem halbstündigen Gespräch, welches überwiegend von Teresa handelte, bekam Rebecca die Zusage. Ihr Gesicht strahlte eine Freude aus, die beinahe ansteckend wirkte.
Der erste Dezember, war gleichzeitig Rebeccas erster Arbeitstag. Von Teresas Zimmer aus, hatte man einen herrlichen Ausblick in den Garten des Spitals. Das Mädchen saß vor dem Fenster und beobachtete, wie sich der Schnee vom Geäst der Bäume löste und auf den Boden rieselte. Rebecca legte ihre Hände auf Teresas Schulter. Karin vermutete, dass sie zusammenzucken würde. Dem war jedoch nicht so. Das Mädchen drehte sich um und sah Rebecca in die Augen. Schwarz und Blau trafen aufeinander. Sie lächelten.
Das erste Förderprogramm sollte sein, Frau Hamlinton zum Sprechen zu ermutigen.
Karin holte ein Kartenspiel, auf dem verschiedene Gegenstände abgebildet waren.
Rebecca nahm eine Karte und hielt es Teresa vor das Gesicht. Ein rotes Auto war abgebildet.
„Auto. A…u….t…o“. Das Mädchen öffnete den Mund, jedoch lösten sich nur ein paar Wortfetzen, welche sich wie das Gebrabbel eines Kleinkindes anhörten. Es war nicht viel, aber der Versuch zählte.
Rebecca vermutete, dass Teresas geistiger Zustand normal, das Sprachzentrum jedoch geschädigt ist. Ob die Kopfverletzungen, oder ein traumatisches Erlebnis als Ursache in Frage kommen, war zu dem Zeitpunkt noch unklar.
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Ich drehte mich um. Meine Wohnung war jetzt so weit entfernt, dass ich das Gebäude kaum mehr erkennen konnte. Aber ich spürte, dass es der richtige Weg war. Endlich konnte ich mich wieder frei bewegen. Ich entschloss spontan, einkaufen zu gehen. Vor ein paar Monaten, war dieser Gedanke noch unvorstellbar. Ich ließ mir alle Lebensmittel von einer Firma liefern, oder bat meine Nachbarn um Hilfe. Die rollten meistens nur mit den Augen, halfen mir jedoch trotzdem. Das Getratsche ignorierte ich. Hinter geschlossenen Türen, gab es sicher nur das eine Thema. „Der Schriftsteller von unten, ja genau der. Der verliert langsam den Verstand. Dieser Kerl sperrt sich nur noch in seiner Wohnung ein!“.
Achtundneunzig. Neunundneunzig. Hundert! Ich klammerte mich an die Straßenlaterne und blickte wieder zurück. Ich spürte die Blicke der Passanten, die mich zu durchbohren schienen.
Aber ich kam mir auch verrückt vor. Die Zeit der Isolation nagte noch an mir. Ich entwickelte merkwürdige Phobien. Dazu gehörte auch, dass ich mich jede Hundert Meter umdrehte. Idiotisch? Ja. Das war es, jedoch gab es mir ein Gefühl der Sicherheit.
Nach einer halben Stunde erreichte ich den Mega Markt. Ein typisch amerikanisches Geschäft.
Es bestand aus drei Stockwerken. Im Erdgeschoss gab es Lebensmittel und Kleidung, im Obergeschoss Möbel und Textilien und in der Mitte war die Elektroabteilung. Hier arbeitete meine Frau. Es war eine schöne Arbeit und in der Mittagspause fuhr sie immer nach Hause, um mir und Teresa das Mittagessen zu kochen. Ich verdrängte die Erinnerungen und ging in das Lebensmittelgeschäft. Nervös blickte ich mich um. Zu viele Leute. Ich musste immer aufpassen, dass ich niemanden anrempelte. Ich füllte meinen Einkaufswagen mit Tiefkühlpizza, Gemüse und dem wichtigsten Getränk um ordentliche Ideen zu sammeln. Bier!
An der Fleischabteilung musste ich etwas warten, bis ich bedient wurde.
„Wie darf ich ihnen helfen?“, fragte der Fleischhauer. Er war wirklich freundlich.
Auch wenn seine weiße Schürze, voller Blut war. Er wirkte recht ungepflegt und seine Haare waren schmierig. Ein recht hässlicher Zeitgenosse, möchte man meinen. Aber ich war niemand, der Menschen nach Äußerlichkeiten bewertet.
„10 Pfund Rinderhack bitte“, erwiderte ich. Ebenfalls lächelnd.
Ich packte das Fleisch in den Einkaufswagen und stellte mich zur Kasse. Ich war total eingepfercht. Sowohl vor mir, als auch hinter mir bildete sich eine Menschenschlange.
Ich fing zu schwitzen an. Kleine Perlen lösten sich von meiner Stirn und tropften auf den Boden. Es war unangenehm heiß. Ich hatte das Gefühl, als würden mich die anderen Menschen beobachten. Ich musste raus! So schnell wie möglich raus. Nur noch zwei Leute vor mir. Macht schneller! Beeilt euch! Ich stieg von einem Fuß auf den anderen, wie eine dicke Frau auf einem Heimtrainer. Na endlich. Ich bezahlte bei der Kassiererin, ich sah sie nicht einmal an, und rannte los. Vermutlich hielten mich alle für einen Ladendieb. Der Ausgang! Ich rannte so schnell die Straße runter, wie ich nur konnte. Meine Beine waren taub und manchmal hatte ich das Gefühl, als würde ich ins schwanken geraten. Nur noch ein paar Meter. Ich stürmte die Treppe nach oben, riss die Haustür auf und schlug sie hinter mir zu, dass ein Donnern durch das Treppenhaus hallte. Ich hatte es geschafft.
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Rebecca stand in Teresas Zimmer, welches vollkommen leer war. Nur das Geräusch der Äste, die gegen die Fensterscheibe schlugen war zu hören. Vermutlich ging Karin mit ihr am Gang spazieren. Gerade als sie nachsehen wollte, betrat Karin das Zimmer. Sie gähnte laut. „Guten Morgen Becky. Sie sahen sich einen Moment fragend an. Teresa war verschwunden.
Sie begannen, dass Mädchen im ganzen Spital zu suchen. Teresa war weder im Spielzimmer, noch im Fernsehraum. Sogar das Bad und die Toiletten im oberen Stockwerk wurden durchsucht. Sie war wie verschwunden.
Man überlegte bereits ob es nicht ratsamer wäre, die Polizei zu rufen. Karin wollte gerade ihr Handy aus Teresas Zimmer holen, als sie ein leises stöhnen hörte. Es war so leise, dass man es kaum wahrnahm. Der Kleiderkasten? Karin öffnete die kleinen Schranktüren, deren Scharniere laut quietschten. Teresa lag zusammengekauert zwischen den Kleidern und war in ihrer Wolldecke eingewickelt. Sie schien wie im Tiefschlaf. Erst nachdem Karin kräftig an ihr rüttelte, öffnete sie die Augen für einen kurzen Moment. Dann verdunkelte sich die Umgebung wieder für das Mädchen.
Erst nach zwei Tagen, wachte sie wieder auf. Irgendetwas schien gewaltsam an ihrer Energie zu zerren.
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Haha. Geschafft! Ich verhandle gerade mit einem Buchverlag über meine Werke. Die Chancen stehen gut, dass sie veröffentlicht werden. Nun wird sich alles ändern. Ich habe wieder eine Zukunft
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