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Kämpfer
Also hier zu könnte ich ziehmlich - und an sich erstaunlich - viel schreiben. Aber ich versuchs kurz zu halten.
Rein inhaltlich finde ich die Geschichte ganz gut. Die Thematik ist recht interessant und hat viel Spannungspotential, was du teilweise auch ausnutzt. Das ganze ist leider etwas vorhersehbar und irgendwie einfach gehalten, es gibt zu wenige Details und es passiert zu wenig, was nicht direkt an den Ausbruch gekoppelt ist. Ich hätte mir einfach mehr Tiefe gewünscht. Vielleicht Gespräche mit anderen Frauen. Gerade das Innere eines Menschen in solch einer Situation ist interessant, doch du lässt die wenigen Charaktere sehr eindimensional bleiben.
Stilistisch ist die Geschichte wie Müsli - ein Mischmasch von allem. Der Stil ist größtenteils solide, keine Formulierung ist wirklich verpatzt, jedoch fühlen sich die Worte nur als Mittel zum Zweck an, irgendwie den Inhalt rüberzubringen. Die Worte stelle ich mir in diesem Text vor als kleine, gelangweilte Sklaven, die das tun was sie sollen, aber das nicht besonders elegant oder interessiert. Du musst versuchen sie *bewusst* zu verwenden, um auch Botschaften zwischen den Zweilen zu hinterlassen.
Was ich sagen will: Du reduzierst die Sprache auf ein Minimum ihrer Möglichkeiten, der reinen Informationsübermittlung. Und damit nimmst du dir selbst stilistisch jeglichen Wind aus den Segeln. Worte können mehr als Dinge benennen.
Was aber stilistisch wirklich der größte Nervtöter ist: Andauernd beginnen Sätze mit "Ich". Lies mal den Text durch und schau mal selbst..sowas ist der absolute Stilkiller. Die einzige Abwechslung besteht in anderen Pronomen oder Artikeln: Sie, Er, Es, Das, Ein, Eine. Oh mein Gott, es gibt nun doch wirklich soo viele Möglichkeiten, elegant einen Satz einzuleiten. *Darauf* solltest du bei deiner nächsten Geschichte am meisten achten.
Dann noch eine Sache zum allgemeinen Sprachniveau, also die Sprachebene, in der Erzähler und Figuren reden. Die ist hier nämlich recht inkonsistent, variiert also unsinnigerweise an einigen Stellen. Das ist, als würde Shakespeare zwischen archaischem Englisch und Gossensprache wechseln. So extrem ist es bei dir natürlich nicht, aber hier einige Stellen, die einfach nicht zum Rest passen oder sich einfach doof anhören:
"dann ist das Licht vorbei" - Oha?
"Der Peitschenmann" - Seeehr doofe Bezeichnung für nen Mann mit ner Peitsche..
"steht vor mich hin" - Bestimmt nur ein Vertipper
"er schnuppert wie ein Pferd" - Soll das ein Vergleich sein oder meinst du einfach dass er stinkt wie ein Pferd? Bei ersterem: Für ein Vergleich sehr unklug, wie sieht denn so ein typisches Pferd aus, wenn es riecht?
"völlig fertig" und "fettes Arschloch"
- Die Protagonistin erzählt ansonsten recht ruhig, teilweise fast poetisch oder bildhaft. Soetwas würde die Frau aus *dieser* Geschichte nie sagen, weil es einfach eine ganz andere Spracheben ist, als die, in der sie ihre Geschichte erzählt.
Was du aber gut gemacht hast, war - obgleich ich denke, dass du das gar nicht bemerkt hast - erst in der Mitte zu erwähnen, dass der Prot eine Frau ist. Ehrlich, ich bin von Anfang an von einem Mann ausgegangen, einen Soldaten in nem Kriegsgefangenenlager oder so. War für mich ein angenehmer Twist.
Gegen Ende hin kommt auch noch etwas feines: Der Perspektivwechsel im letzten Absatz zu einem anscheinend auktorialen Erzähler, der also über den Dingen steht und nicht als Person im Text vorkommt. Ist wirklich eine gute stilistische Idee und bringt Abwechslung. ABER - und leider gibt es wie du siehst zu viele abers - du hälst das wiedermal nicht konsequent durch. Mitten in diesem Absatz wechselst du wieder die Perspektive grundlos zur Frau. Einfach so, ohne Überleitung. Und zwar genau hier:
"Doch diese zielt mit einem grosskalibrigen MG auf ihn, ein Lächeln im Gesicht."
[PerspectiveChangeToFirstPerson]
"Er will etwas sagen, doch ich lasse ihn nicht."
Dabei hätte der Abschluss so schön sein können...aber du kannst es ja noch nacheditieren oder so, falls du dem Kritikpunkt zustimmst.
Fazit:
Ja, eine recht solide Geschichte - inhaltlich sowieso, stilistisch leider leider nur Mittelmaß. Ich glaube ich habe erst wenige oder keine von deinen anderen Texten gelesen, aber dieser zeigt mir - trotz aller Kritik - dass du auf einem guten Weg bist. Du solltest dir einfach nur mehr Gedanken machen, *wie* du etwas präsentieren willst.
Ach ja und anscheinend ist die Kritik doch etwas länger geworden. Hoffentlich bringt sie dir was.
Freu mich schon auf deine nächste Geschichte 
Neo
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