Zitat von Froschvampir
Okay, ich erzähle das nicht gerne, aber ich war wegen den Zwängen mal ein Jahr in einer psychiatrischen Klinik, ist noch gar nicht so lange her.
...
Willkommen im Club!
Ich habe gemerkt, dass man am besten damit umgehen kann, wenn man es einfach jedem, den man kennenlernt, schnellstmöglich erzählt. Weil bei engerem Kontakt kommt es irgendwann sowieso raus.
Jedenfalls bin ich ein offiziell diagnostizierter Neurotiker, war eine Zeit lang als Schizophren abgestempelt worden. Während allerdings das zweite mit Medikamenten, mit denen man mich vollgepumpt hat (gegen die ich wiederum Medikamente nehmen musste) hätte nachlassen sollen, blieb das erste bestehen.
Eine halbe Ewigkeit haben sie mich in der Psychiatrie 'festgehalten' und mein bester Freund folgte mir wenig später.
Es war eine triste, apokalyptische Episode meines Lebens und nur durch aktives und hemmungsloses Verdrängen werde ich wirklich damit fertig. Ich habe mich kategorisch aufgeschlitzt. Ich habe im selben Zimmer mit einem beinahe-Mörder gewohnt; ich kann von mir behaupten, ich habe die Abgründe menschlichen Lebens hautnah erlebt und gesehen. Diese Eindrücke kann man nicht verarbeiten, die muss man sofort verdrängen.
Nichtsdestotrotz; ich habe es geschafft, aus der Psychiatrie zu kommen und trotz eines ganzen verpassten Semesters habe ich mit meiner Wunschnote abgeschlossen (das soll mir gefälligst mal einer nachmachen). Ich habe mich dann aber bewusst gegen meinen vorgehabten Weg entschlossen, um einen Neuanfang zu bekommen. Ich will hier niemanden mit meiner Geschichte nerven, sie würde noch lange weitergehen...
Weder die Psychiatrie, noch die folgende Therapie und erst recht nicht das Zyprexa, Risperdal, Ritalin und die Beruhigungsmittel konnten mich 'heilen'. Ich selbst habe es geschafft. Durch Jesus.
...hehe...
Natürlich nicht durch Jesus.
Trotz meines Austritts aus der Dunkelheit sind die zwanghaften Gedanken und Impulse noch da, ich bin immernoch eher soziophob und scheu; Berührungen fremder Menschen werfen mich völlig aus der Bahn... aber ich bin glücklich. Ich bin jetzt Mister Brightside, weil ich auf die helle Seite übergegangen bin.
Froschvampir hat die zwei wichtigsten Aspekte angesprochen, die für mich von existenzieller Bedeutung sind und es auch gewesen sind auf dem Weg zu meinem neuen Ich:
Man muss sich dem Problem stellen
Nur dadurch kann man etwas bewirken. Sonst wird man nur immer tiefer eingesogen. Medikamente sind längerfristig keine Lösung. Diese ganzen Medikamente; ich hätte so gerne darauf verzichtet. Ich habe 10 Kilo zugenommen, wurde impotent (
) und nachdem ich sowieso schon kaum mehr Antrieb verspürt hatte, bin ich auf Risperdal nur noch rumgeschlichen oder habe geschlafen.
Jeden Abend um 8:15 habe ich mir ein Beruhigungsmittel gegen die innere Anspannung (die wirklich zum erst-recht-Verrücktwerden war) holen müssen, damit ich dann um 09:00 eingeschlafen bin. Am nächsten Tag bin ich um 11:00 zum Mittagessen aufgestanden, habe mich danach wieder hingelegt...
Man sollte den Ärzten nicht zuviel Fähigkeit zusprechen
Ich weiss nicht, wie es bei dir, Froschvampir, war, aber ich ging in die Psychiatrie mit der Vorstellung, dass die Ärzte mir jetzt ein Zaubermittel geben und ich dann geheilt nach Hause gehen kann.
Aber nichts dergleichen! Die Ärzte können gar nichts; die haben mich nur permanent noch mehr runtergedrückt, weil ich in keines ihrer Schemata gepasst habe. >
Die Therapie im Anschluss habe ich auch schon lange abgebrochen, weil ich einfach nicht das Gefühl hatte, dass es mir irgendetwas gebracht hat, eine Stunde in der Woche von meinen Gefühlen nach dem Aufstehen o.ä. zu sprechen.
Was genau meine letztendliche Diagnose war, sage ich nur ungern... meist beschränke ich mich auf eine Neurose, aber wenn man es genau nimmt, wurde bei mir eine Art Münchhausen-Syndrom diagnostiziert. Das krasse ist, dass ich Depressionen hatte; ich hatte Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Aber ich hatte sie einfach nicht aufgrund einer Fehlfunktion im Gehirn, sondern um Anerkennung zu erhalten... Ich schäme mich heute noch dafür, aber ich denke, wenn du einsehen musst, was tatsächlich im tiefsten deiner Seele vorgeht oder vorgegangen ist, fühlst du dich automatisch nicht sehr wohl.
Darüber zu schreiben lässt mich ausgeprägt zittern.