Das Verhör

Sie weiß, warum sie heute vorgeladen?
Kurz: Sie soll sein Herz gebrochen haben.
Was hat sie zu ihrer Verteidigung zu sagen?
Sie schweigt.

Sie hat mir die Fragen zu nennen
auf Antworten, die wir kennen!
Von vorn: Ihr ließt sein Herz für euch brennen?
Sie schweigt.

Und noch viel mehr: Ihr ließt euch lieben.
Er gab euch alles, was ihr ihm nahmt.
Er gab euch alles, ihr ihm einen Sinn.
Genug. Bis ihr den Sinn ihm wieder nahmt.

Gesteht: Habt ihr ein falsches Spiel getrieben?
Nein, sagt sie, das sei die Liebe. Dann ist's hin!





In vino vanitas

Mein Freund, mein Freund, komm einen Schritt näher, tritt schon heran,
ich will dir etwas anvertrauen; wenn ich es heimlich niederschriebe,
ich wäre nachts nicht mehr sicher, bekäme im Dunkeln tödliche Hiebe.
Wahre Stillschweigen, mein Freund. Nimm noch einen Schluck. Dann

will ich das Geheimnis lüften: Die besten zieht es in ihren Bann.
Es umschlingen dich samtweiche, nach Rosen duftende Triebe...
Wovon ich spreche? Kennst du nicht die Liebe? O die Liebe.
Trink, mein Freund. Sie ist etwas, wogegen man sich nicht wehren kann.

Nimm dich vor ihr in Acht, sie kommt nachts über einen,
packt dich mit hart- zartem Griff an den nackten Beinen.
Sie macht mit dir was sie will und schon bist du abhanden.

Pass auf: Die einzige Chance; versuche dich zu recken,
mein Freund, und stoße deinen Dolch kräftig in ihr Becken.
Sauf aus und lache nicht so laut. Hast du mich verstanden?