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Thema: Endlosgeschichte

Baum-Darstellung

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  1. #14
    Aresha'arim musterte Lira'Nacshie Maranda nochmals. "Geht es Euch eigentlich nur um den Schlüssel, oder ist der Tod Eures Wächters ebenfalls eine Eurer Bedingungen?"
    "Meine Liebe, es liegt mir eigentlich mehr am Schlüssel. Nur bedenkt doch, dass der Wächter Euch wiedererkennen könnte... Oder plagt Euch Euer Gewissen, jemanden zu töten? Ich bitte Euch! Es wäre nicht das erste mal, das Ihr einem Menschen das Leben nehmt!"
    Diese Worte klangen hart. Und irgendetwas in Areshas Innern widerstrebte diesem Handel... Sie würde sich mit dem Blut eines Unschuldigen beflecken müssen.
    "Oh, und das hier ist mein Wächter."
    Langsam entstand in der Luft das Bild eines Mannes, dessen Züge sich Aresha einprägte.
    "Er ist nicht immer hier im Tempel, daher solltest du es bei der nächsten Gelegenheit versuchen."
    Aresha nickte zaghaft. "Bringt mich zurück", sagte sie entschlossen.
    Mit einem Kopfnicken rief sie Elion herbei, welcher Aresha zurück in den Tempel des Ordens begleitete.
    Als er verschwunden war, spührte sie einen dumpfen Schmerz in ihrem Kopf und eine ihr bis zu diesem Zeitpunkt unbekannte Traurigkeit bemächtigte sich ihres Geistes. Etwas, ausserhalb dieser Mauern, war geschehen. Und sie konnte es fühlen.
    Langsam erhob sie sich und verließ den mosaikgeschmückten Raum. Als sie den obersten Absatz der Treppen erreicht hatte, wurde der Engel von einer Priesterin empfangen. Diese führte sie wieder in das Saktuarium zurück.
    "Geht es Euch gut?" fragte die junge Frau vorsichtig und sichtlich besorgt. "Ihr seht genau so blass und verstört aus wie die anderen..."
    Aresha blickte sie fragend an.
    "Nun, auch die anderen Engel scheinen plötzlich von etwas bedrückt zu sein."
    Aresha schüttelte nur den Kopf. "Es ist nichts. Mir geht es gut!"
    "Wie ihr meint."
    Im Sanktuarium angekommen bedankte sie sich kurz bei der Priesterin und eilte schnell zu ihresgleichen. Sie und die übrigen Engel versuchten sich den kurzen Schmerz und die Traurigkeit zu erklären.
    Ein hochgewachsener Engel erinnerte sich schließlich. Es war ein ihm nur allzu vertrautes Gefühl: Der Schmerz, wenn ein Halbengel starb.
    Aber von ihnen ist doch keiner gestorben, wandte ein anderer Engel ein. Dann muss es eben ausserhalb dieser Mauern noch weitere Engel und Halbengel geben, entgegnete ein Dritter.
    "Ist doch seltsam", meinte der hochgewachsene Engel, "wenn es noch weitere Engel gibt, wieso haben sie uns dann nicht hier begrüßt? Wieso sind sie nicht hier und warum hat der Orden sie bisher noch nicht erwähnt?"
    Für Aresha war dies ein Beweis, das hier etwas nicht stimmte. Somit schien Lira'Nacshie Maranda zumindest bezüglich der unklaren Beweggründe des Ordens die Wahrheit gesagt zu haben.
    Unsicherheit und Zweifel machten sich unter den Engeln breit. Aresha jedoch überzeugte sie, sich ruhig zu verhalten, aber auf der Hut zu sein.
    "Und was wirst DU indes tun, kleine Schwester?" fragte der hochgewachsene Engel.
    "Ich werde sehen, was ich erfahren kann. Ich will sicher gehen, dass wir nur unserer Göttin dienen, und nicht irgend einer anderen Macht, egal welche Gründe sie hat."
    Zwei Tage waren seit ihrem Treffen mit Lira vergangen. Dank der Hinweise von Lira wurde immer offensichtlicher, dass Hiob und einige seiner Mitpriester versuchten, Einfluss auf die Engel zu nehmen, indem sie immer wieder die gleichen Geschichte wiederholten: Die Engel und Narea seien von ihren Verbündeten an die Dämonen verraten worden und dass es Zeit wird, sich an den Schuldigen zu rächen. Zu Aresha waren die Schuldigen aber weniger alte Dämonen, sondern mehr die Bewohner in den reichsten Gebieten der hiesigen Ebene sowie viele alte und angesehene Tempelanlagen.
    Eines nachts vernahm Aresha im Schlaf ein ein zartes Wispern:"Er ist hier...Koralis ist hier im Tempel...Folge dem Nebel...Er wird Dich führen und verbergen..."
    Um ihre Lagerstatt waberten die ersten Nebelschwaden auf, denen Aresha folgte, während sie vollständig vom Nebel eingehüllt wurde. Barfus schlich sie im wispernden Nebel durch die dunklen Hallen des Tempels. Schließlich gelangte sie in einen riesigen Saal. Die runde, halbkugelfürmige Decke sah aus wie der Sternenhimmel. Überall spärliches Glitzern kalten Lichtes. Wände und Boden waren mit dunklen Steintafeln ausgelegt, so dass man nicht genau sagen konnte, wo die Decke anfing und wo sie endete.
    In der Mitte sass gedankenversunken Koralis und starrte nach oben.
    "Gehe ich recht in der Annahme, dass Ihr gekommen seid, mich zu töten?"
    Erzürnt säuselte der Nebel als er sich zerteilte und Aresha sichtbar wurde.
    "Alle Achtung, Priester!"
    "Nur bin ich ein wenig gespannt, wie Ihr es mit leeren Händen schaffen wollt, mich zu töten", senierte der Priester nachdenklich, die Augen immer noch an die Decke geheftet.
    Mit einen Lächeln formte Aresha ihre Hand zu einer Faust, als darin ein Ball astraler Energie zu leuchten begann.
    "Nun bin ich beeindruckt, kleiner Engel", sagte Koralis, als er sich langsam erhob.
    "Machen wir es schnell. Sie ist an Eurem Tod interessiert und ich werde es jetzt zu Ende bringen", flüsterte Aresha leise. Für jemanden, der gleich sterben sollte, war dieser Priester außerordentlich ruhig.
    Koralis hob seine linke Hand und bewegte seinen Zeigefinger.
    "Hm, hm, hm, nicht sie, er befiehlt meinen Tod!"
    "Wovon sprecht Ihr?" fragte Aresha sichtlich verwirrt.
    "Nun, nicht Narea befiehlt meinen Tod. Ich denke, er, Hiob wird Euch davon überzeugt haben, dass ich ein Verräter an ihm, unserer Göttin und somit auch an Euch bin. Und als Beweis Eurer Loyalität sollt ihr mich nun aus dem Weg schaffen, damit nicht noch mehr "Verrat und Rebellion" hier im Orden stattfindet. Stimmt das soweit?"
    "Er erwähnte so etwas in der Art", gab Aresha schlagfertig zurück und biss sich auf die Unterlippe. Eigentlich war der Auftrag doch recht einfach. Wieso zögerte sie jetzt? Welche Intrigen liefen hier sonst noch ab? Vielleicht wäre es doch nützlich, mit diesem Priester ein wenig zu plaudern, bevor er starb... Wenn er überhaupt starb. Denn irgendwie kam er ihr seltsam vertraut vor... Und seine Ruhe war auch nicht unbedingt ermutigend.

    Geändert von Silence (21.09.2003 um 00:01 Uhr)

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