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Schwertmeister
Gildenkriege
Ein pochender Schmerz ließ Vince wieder zu sich kommen. Er lag in einer dunklen Seitengasse. In der Gosse.
Im Mund hatte er den Geschmack von Blut und sein linkes Auge war stark angeschwollen.
Langsam und mit schmerzverzerrten Gesicht zog er sich an der Wand nach oben und hielt kurz inne. Schließlich wandte sich wankend auf den Ausgang der Gasse zu, wo das Tageslicht hell in die Dunkelheit hineinstrahlte.
Als er auf der belebten Strasse war, bemerkte er sofort, dass er beobaschtet wurde. Er drehte sich schnell weg, zog die Kapuze seines Umhanges tiefer ins Gesicht und begab sich hastig in die Außenbezirke der Stadt.
Hinter einer Ecke machte erplötzlich halt, fuhr leise die versteckten Klauen in seinen Armschienen aus und wartete auf seinen vermeintlichen Verfolger.
Als dieser um die Ecke kam, sprang Vince hervor und versuchte dem Verfolger die Klingen an den Hals zu setzen.
Trotz seiner Größe erwies dieser sich als sehr behende. Er fing Vince ab und umklammerte seinen Oberkörper, so dass Vince sich nicht mehr rühren konnte.
"Na, na, Du willst mich wohl noch vor den Grauen ins Jenseits befördern, was Kumpel?"
Vince riss die Augen auf und grinste dann erleichtert - sein Verfolger war Kiesel. Er entspannte sich sichtlich.
"Wo sind die anderen? Schon weg?" begann er.
"Nein, sie haben sich im "Seedrachen" versammelt", flüsterte Kiesel.
"Können wir ihnen trauen?"
"Man kann keinem trauen. Wir sind Diebe und Mörder, Kumpel!" Ein leichter Vorwurf lag in der Stimme des Diebes.
Vince verdrehte die Augen und stöhnte. "Du weißt schon was ich meine."
"Jaja, ich denke man kann ihnen trauen, vor allem sind sie ziemlich wütend über die Sache, wie die Graugilde mit uns imgeht."
Ein Gedanke formte sich langsam in Vince. Aber um diesen in die Tat umsetzen zu können würde er die anderen Diebe von Orbitalia benötigen.
"Lass' uns zum "Seedrachen" aufbrechen. Ich will mit den Männern sprechen", flüsterte er daher rasch.
In dem versteckten Hinterraum des Gasthauses hatten sich mit Vince und Kiesel die letzten dreiundzwanzig Mitglieder der Gilde von Teleron versammelt.
"Leute, ich mach es kurz, denn wir haben nicht viel Zeit!"
Er ließ eine erwartungsvolle Pause, dass auch die letzten im Raum ihm ihre Aufmerksamkeit schenkten.
"Wir haben etwa eine Woche, um uns entweder aus dem Staub zu machen, oder den Grauen eine Lektion zu erteilen, die sie nicht so schnell vergessen werden!"
Vince sah den Ärger und die Wut in ihren Augen. Ihm war klar, dass ein Teil davon ihm galten.
"Warum sollen wir auf dich hören? Außerdem haben wir bei weiten nicht mehr genug Männer, um es mit ihnen aufzunehmen..."
Ein boshaftes Lachen spielte um Vince' Mundwinkel. "Glücklicherweise unterschätzen sie uns. Ich habe einen Plan. Auch wir können ... äußerst subtil vorgehen!
Mich interessieren vor allem zwei Fragen:
Haben wir in letzter Zeit einen neuen geheimen Stützpunkt erworben und kennen wir die Verräter?"
Kiesel und die anderen dachten kurz nach.
Danach antwortete er: "Also, das sollte kein Problem darstellen. Ich weiß, wer sie sind!"
Ein sehniger Meuchelmörder meldete sich zu Wort: "Wir haben kürzlich an der Stadtmauer eine alte Schmiede mit Lagerräumen und Keller unter Vertrag genommen..."
Gelächter erscholl.
"...und der Schmied mit seiner Familie lebt auch noch."
Vince entspannte sich leicht. "Sehr gut!
Hagro, Du nimmst die Hälfte der Leute und baust das Gebäude zu einem Stützpunkt aus, der einfach zu verteidigen ist. Kiesel, du nimmst dir die Attentäter und Meuchler, und schaltest alle Verräter aus, die von der Schmiede wissen könnten. Und dreht es so, das der Verdacht nicht auf uns fällt..."
"Aber ich weiß gar nicht, wer davon wissen könnte," entgegnete Kiesel.
"Dann töte sie alle," entgegnete Vince scharf.
Die Männer wirkten skeptisch. Vince seufzte. Er verstand, dass er sie wohl überzeugen musste, ihm zu vertrauen.
"Wir haben vielleicht eine Woche, unseren Standort geheim zu halten und unsere Verbindungen zu nutzen, bevor die Graugilde die Stadt komplett übernimmt. Sie haben vielleicht die Kontrolle auf der Strasse, Verbindungen zu den wirklich M;ächtigen hier in der Stadt haben sie aber noch nicht. Das verschafft uns ein wenig Zeit, um andere zu finden, die die Drecksarbeit für uns erledigen..."
Kiesel unterstützte Vince:
"So unverständlich mir seine Pläne auch sein mögen, die beiden ersten Schritte müssen wir so oder so machen, wenn wir hier in Orbitalia bleiben wollen. Daher ist das in meinen Augen in Ordnung."
Zustimmendes Murmeln machte sich breit.
"Gut, dann an die Arbeit. Seit vorsichtiger als sonst, denn diesmal geht es um mehr als nur um euer Leben..." schloss Vince das Treffen.
Lautlos huschten die Reste der Gilde von Teleron ins Dunkel der Nacht.
Kiesel gab Vince einen kräftigen Schlag auf die Schulter: "Und was machst Du jetzt?"
"Ich gehe zu Eileen..."
Kiesel klappte die Kinnlade herunter: "Meinst du nicht wir haben jetzt besseres zu tun als...?"
"Es ist geschäftlich", beteuerte Vince.
"So kann man es auch nennen...!"
Vince warf Kiesel einen mißmutigen Blick zu. Der zwinkerte ihm nur zu.
"Ach und Vince: Wasch' dich besser. Du stinkst, als kämst Du gerade aus der Gosse!"
Nach Mitternacht erreichte Vince den Salon der Comtessa von Rotschild, einer niederen Adligen, die mit der finanziellen Unterstützung der Gilde von Teleron die feine Gesellschaft von Orbitalia mit Diensten aller Art versorgte.
Die Adlige kam sofort aufgeregt auf ihn zu und bat ihn in ihren persönlichen Salon.
"Ich hörte, Jaylal sei tot und noch andere beunruhigende Gerüchte. Vince, was geht hier eigentlich vor" fragte sie besorgt.
"Was immer ihr gehört habt, Comtessa, es ist schlimmer. Es gibt zur Zeit mächtige Probleme mit einer anderen Gilde. Verhaltet ihr euch am besten unauffällig. Ich werde ein paar Männer zu eurem Schutz schicken. Kann ich Eileen sprechen?"
Die Adlige nickte und hielt die Hand auf. Wortlos gab ihr Vince einige Münzern.
"Ich wußte schon, warum ich euch das Geschäft anvertraute....", murmelte er mit einem schiefen Grinsen.
"Geschäft ist Geschäft und jeder, der hier etwas will, muss zahlen. Ohne Ausnahme", entgegnete die Adlige kurz angebunden.
In der ersten Etage trat Vince in eines der luxuriösen Zimmer ein. Es war in einem angenehmen dunklen rot gehalten. Die Wände waren mit schweren Teppichen behangen und der Boden schien mit feinstem Samt ausgelegt zu sein....
Sofort fiel ein Schatten über ihn her mit einem langen: "Viiiince! " und bedeckte sein Gesicht mit Küssen.
Mühsam hielt sich Vince die junge Frau vom Hals.
"Ich freue mich auch, dich wiederzusehen, Eileen, aber ich wollte mit dir eigentlich nur reden..."
"Vince sag doch einfach, dass..." Als sie sein ernstes Gesicht sah, verstummte sie. "Du bist nicht hier, um eine Nacht zu verbringen, oder?"
Der Assassine schüttelte nur mit dem Kopf.
"Was ist es dann, was Du von mir willst", fragte sie, als sie sich einen Umhang umlegte.
"Besuchst Du noch ab und zu den alten Grafen von Tiefenstein?"
"Ja, fast jede Woche. Für sein Alter ist er..."
"Ja, schon verstanden. Wie geht es ihm, wie lange wird er es noch machen?" Vince neugierige Augen bohrten sich direkt in ihr Gesicht.
Sie wich seinem Blick aus und betrachtete den Boden, als sie sprach.
"Er hat es mit dem Herzen, und ich muß aufpassen, dass ich es bei unseren Besuchen nicht übertreibe... aber auch so wird er nicht mehr lange leben".
"Magst Du ihn?" Die Frage kam unerwartet und Eileen blickte ihn erschrocken an.
"Bei der Göttin, nein, er ist ein alter Lustknochen, behandelt mich wie das letzte und zahlt schlecht..."
"Könntest Du bei deinem nächsten Besuch nicht ein wenig übertreiben?"
Eileen riß die Augen auf. "Du meinst..." Vince nickte nur. Ihr Gesicht wurde hart. "Ich bin nicht so rücksichtslos wie du Vince... 2000, wenn ich es für dich erledige."
Vince grinste:"Du bist noch schlimmer als ich, Eileen, glaub' mir. Aber abgemacht. Ich muß hier noch ein wenig Schreibkram erledigen. Stört dich das?"
"Du hast die ganze Nacht bezahlt. Aber willst Du wirklich nicht? Ich meine, ich habe auch meinen Berufsstolz!" Schmollend verzog sie ihren Mund.
Verblüfft über ihre Direktheit schüttelte Vince nur den Kopf und begann am Eichentisch hastig, Papiere zu bekritzeln.
Im Morgengrauen verlies er das Zimmer und gab Eileen einen Kuss auf die Stirn: "Du bekommst eine Nachricht von mir. Pass' auf dich auf"
Rasch verschwand er aus der Hintertür...
Der Baron Harold von Trotia hatte einen unruhigen Schlaf und wachte bei einem ungewöhnlichen Geräusch auf. Er spähte im Zimmer umher, konnte im dämmrigen Licht seines Gemaches aber kaum etwas erkennen. Doch Moment, der Vorhang am Fenster wurde vom Wind bewegt. Hatte er das Fenster nicht am Vorabend geschlossen? Plötzlich wurde er einem Schatten an der Wand gewahr und zog panisch an der Kordel für seine Leibdiener. Doch die fiel lose von oben herab.
Als er laut nach der Wache rief, begann der Schatten zu sprechen:
"Endlich seit ihr wach, Exzellenz. Spart euch das Geschrei. Eure Männer schlafen tief und fest. Außerdem will ich euch nicht umbringen. Es geht vielmehr um ein Geschäft...!"
Die Gestalt trat langsam aus dem Schatten an der Wand hervor.
Der Baron richtete sich auf und verengte die Augen. "Ihr seid Vince... der Assassine, nicht war?"
Vince verbeugte sich spöttisch. "Zu euren Diensten."
"Was wollt ihr von mir? Ich habe meine Dienste an Jaylal schon abgegolten"
Vince drehte sich zu ihm. "Die Frage ist doch eher: Was wollt ihr?"
"Ich verstehe nicht..." Der Baron verfolgte die Schritte des nächtlichen Eindringlings mit den Augen.
"Wolltet ihr nicht Magistrat in dieser Stadt werden?" begann Vince unerwartet.
"Nun ja, das ist allgemein bekannt. Und ich werde es auch bald..." Ein gewisser Stolz schwang in der Antwort mit.
"Ah, ihr spielt auf das schwache Herz des Barons von Tiefenstein an!" konterte Vince spitz.
Harold biss sich auf die Lippen. Er hätte seinen Mund halten sollen.
"Was wäre, wenn ihr schon nächste Woche Magistrat werden würdet, weil der Graf von Tiefenstein tragischerweise verschieden ist?" stellte Vince nachdenklich in den Raum.
Die Überraschung stand dem Baron ins Gesicht geschrieben. jedoch fing er sich rasch und entspante sich.
"Ich wüßte nicht, warum mich das interesieren sollte. Ich habe es nicht so eilig!" log er.
"Ach so. Ich dachte nur, ihr würdet dem Erzherzog, der in zwei Wochen in Orbitalia eintreffen wird, gern als Magistrat begrüssen. Immerhin wollt ihr doch an den Hof des Königs..."
Vince spührte, wie der Ehrgeiz des jungen Barons hinter dessen Augen glänzte, aber ein letzter Skrupel ihn zurückhielt. Er mußte es ihm also nur noch schmackhaft genug machen.
"Nehmen wir mal an, der Graf stirbt nächste Woch an einem überanstrengten Herzen, ohne vergiftet worden zu sein, ohne eine Bestechung von Dienern und Leibärzten, völlig natürlich. Wer würde euch verdächtigen? Und nehmen wir mal an, ihr könntet den Erzherzog als der Mann gegenüber auftreten, der Orbitalia von der Korruption und dem Verbrechen befreit hat. Würde das nicht eurem Ansinnen einen Schub geben? Ach ja: und angenommen, ihr würdet wieder in Besitz eures Familienerbstückes kommen, das die Gilde von Teleron euren Ahnen vor dreihundert Jahren gestohlen haben... Meint ihr nicht, ihr würdet mit all diesen Begebenheiten besser dastehen, als wenn ihr noch jahre darauf wartet, dass der Graf verstirbt?"
Harold von Trotia überlegte. Es war ein wahrhaft verlockendes Angfebot und er wäre töricht, wenn er diese Chance nicht beim Schopfe packen würde. Dennoch blioeb er auf der Hut.
"Es heißt, niemand kommt auch nur in die Nähe des Grafen..."
"Ihr könnt mir glauben, dass ich über die Mittel und Wege dafür verfüge..." versicherte Vince.
"Und der andere Punkt... gehe ich recht in der Annahme, dass ihr euch mit Jaylal überworfen habt?" Misstrauische Blicke trafen Vince.
"Ihr begreift schnell. So könnte man es auch sagen..."meinte Vince gedehnt.
"Und ihr lasst dafür die ganze Gilde von Teleron büßen?" Der Baron pfiff leise.
Vince nickte nur stumm. Innerlich frohlockte er. Der Baron hatte angebissen.
"Wie kommt das eigentlich, nur so aus Neugier", fragte von Trotía fast beiläufig.
"Jaylal hat neue Leute in die Gilde gebracht und hat vieler meiner getreuen Männer ausgelöscht. Das geht jetzt schon seit Tagen so und auch heute Nacht dürften wieder einige der letzten sterben..."
"Das erklärt die vielen Tote in letzter Zeit," senierte der Baron.
"Rache also. Aber was erwartet ihr von mir?"
"200 000 Goldstücke in Edelsteinen und freies Geleit für mich!"
"Ihr seit ein wenig unverfroren in eurer Forderung, Vince!"
"Nicht, wenn ihr die Namen der korrupten Adligen, Stadtdiener, Stadtwachen, sämtliche Verstecke der Gilde von Teleron und den Standort des Liliendolches erfahrt..." entgegnete Vince genüsslich.
Der Baron hob eine Augenbraue:
"Warum macht ihr mir dieses Angebot?"
"Ich weiß, dass ihr Ambitionen habt und Gelegenheiten beim Schopfe packt. Euer Ehrgefühl ist weithin bekannt, ebenso, wie euer Gerechtigkeitssinn. Außerdem," fügte Vince hinzu," ist Eure Garde die verläßlichste in der Stadt. Wir konnten keinen von ihnen bestechen..."
Man sah förmlich den Stolz in der Haltung des Barons.
"Was die Bezahlung betrifft, so hab ich leider..."
"... nur die Hälfte davon in der Schatulle unter Eurem Bett. Ich nehme das gern als Anzahlung."
Der Baron knirschte mit den Zähnen, dann schlug er jedoch ein und übergab dem Assassinen aus der Schatulle einen kleinen Beutel mit den kostbarsten Edelsteinen. Als er sich umdrehte, nachdem er die Schatulle unter dem Bett versteckt hatte, war Vince verschwunden. Nur der Vorhang am Fenster bewegte sich mit dem Morgenwind.
Auf dem Tisch lagen, mit dem Siegelring des Barons beschwert, viele Zettel, auf denen Namen und Skizzen von Gebäuden zu erkennen waren. Aufmerksam arbeitete der Baron die Dokumente durch und sein Gesicht verdunkelte sich immer mehr, als er erkannte, wie tief Orbitalia eigentlich mit den Machenschaften der Gilde verstrickt war. Als die Sonne aufging, war der Baron schon beim Kommandanten seiner Garde...
Am Morgen traf Vince in der Schmiede an der Stadtmauer ein.
Der Schmied arbeitete schon fleißig und nickte Vince nur zu, als dieser eintrat.
Hagro hatte schon hervorragende Arbeit geleistet. Die Fluchtwege waren fertig: einer über die Stadtmauer und einer durch die Kanalisation. Sie waren gerade damit beschäfdtigt, falsche Wände und Böden in den Räumen der Schmiede einzuziehen.
Im Keller ruhte sich Kiesel mit seinen Meuchlern vom nächtlichen Zug aus.
Er berichtete, dass alles soweit glatt gelaufewn war und man die Verräter entweder erwürgt oder aus Fenstern geworfen hatte. Auch bei einer Tavernenschlägerei sei unglücklicherweise ein Verräter umngekommen. Allerdings würden sie noch eine weitere Nacht brauchen, um die restlichen Opfer aufzuspühren.
Vince fühlte sich unglaublich müde und schwer.
"Eileen?" fragte Kiesel mit einem wissenden Grinsen.
"Von Trotia...", gab Vince mühsam zurück.
"Der Baron? Warum" Kiesel war mehr als überrascht.
"Der Feind deines Feindes ist oftmals recht nützlich." Vince sah, dass Kiesel ihm nicht so recht folgen konnte. Daher fügte er hinzu:" Er macht die Drecksarbeit für uns!. Ach ja, schick ein paar Männer zur Comtessa von Rotschild und lass sie sie beschützen. Die Dame und ihr Salon sind zur Zeit sehr nützlich. Und gib einen von ihnen hier dass für Eileen mit." Er drückte ihm einen kleinen Sack in die Hand.
Kiesel und die Männer murrten. Um die gedrückte Stimmung aufzuhellen, warf Vince den Beutel mit Edelsteien in die Runde. Sie und seine Leute waren der Neuanfang der Gilde von Teleron.
Hagro, Kiesel und Vince vereinbarten, dass die Männer erst mal ruhig blieben, die Schmiede ausbauten und den Salon überwachten. Vince konnte nicht sagen, wann der Baron von Trotia zuschlagen würde, nur das es schnell und hart gehen würde. Vince hatte dem Baron fast alles aufgeschrieben. Nur die allerwichtigsten Beziehungen offenbarte er nicht. Denn die würden der Gilde in Zukunft sicher noch gute Dienste leisten.
Die nächste Nacht verlief, bis auf das Ableben einiger zwielichtiger Gestalten, sehr ruhig. Offensichtlich hatte die Graugilde noch nichts von den Schmiede erfahren.
Vince hatte angefangen, mit einigen Leuten die Vorgänge in der Stadt zu überwachen. Er hatte sehr schnell begriffen, dass das jetztige Überleben nur gesichert werden konnte, wenn man über die Vorgänge in der Stadt Bescheid wußte. So entging es ihm nicht, dass der Baron von Trotia heimlich Truppen in die Stadt geschmuggelt hatte.
Drei Tage später fingen dann die großen Säuberungsaktionen der Garde des Barones an. Er hatte anscheinend alles genau geplant und so wurden nicht nur Verdächtige, sondern auch Beweise sichergestellt. Am nächsten Tag waren fast alle Gildenverstecke ausgeräuchert und die verbleibenden wurden in schweren Strassenschlachten von den Truppen des Barons belagert. Außerdem machte das lang erwartete Ableben des Grafen von Tiefenstein die Runde. Er war wohl über Nacht an einer Überanstrengung des Herzens gestorben.
Harold von Trotia sah gerade die Dokumente des tagsüber abgelaufenen Kampfes durch, als er plötzlich aufschreckte.
"Guten Abend, eure Exzellenz. Ich beglückwünsche euch zu eurem Erfolg," tönte eine Stimme aus der Dunkelheit.
Baron von Trotia drehte sich mit säuerlichem Gesicht um.
"Ihr habt mich betrogen, Vince! Ihr habt mich und meine Männer in einen Gildenkrieg hineingezogen."
"Ich denke nicht. Ihr habt alles das bekommen, was ich euch versprochen habe. Jaylal ist tot, die Diebesgilde... nun gut, die Graugilde, aber das kümmert keinen, ist zerschlagen und fast vertrieben, ihr habt den Liliendolch und seid Magistrat..."
"Ich haben 157 Männer verloren und der restliche Magistrat fordert eine Erklärung über all die festgenommenen Adligen..."
"Ich sehe, Magistrat, ihr habt alles im Griff," entgegnete Vince kalt. "Habt ihr den Führer der Graugilde festsetzen können?"
"Ich vermute ja, er ist im Verließ!"
"Um ganz sicher zu gehen, darf ich ihn sehen?" fragte Vince nur kurz.
Der Baron führte Vince stumm über einen geheimen Gang hinunter in das Verließ seiner Residenz.
Der Mann, der sich Vince als Anführer der Graugilde vorgestellt hatte, saß blutüberströmt und gefesselt auf einem Stuhl. Um ihn herum standen Folterbänke, Feuerkessel und andere Vorrichtungen, die Vince nie gesehen hatte. Der Raum war stickig und heiß, erfüllt von den Schreien und Stöhnen der gequälten Gefangenen. Die Füsse des Anführers steckten in einer Vorrichtung, die Vince unter dem Namen "Spanische Stiefel" bekannt waren. Der Mann würde nie wieder laufen können...
"Nun ja das ist er, Magistrat. Der Anführer der Gilde", meinte Vince nach kurzer Betrachtung des Gefangenen.
"Was sollte mich eigentlich abhalten, euch neben ihn zu setzen, Vince" fragte der berechnende Baron. Vince blieb ruhig und drehte sich langsam um.
"Um ehrlich zu sein, habe ich damit eigentlich gerechnet, Baron", sagte er mit eisiger Stime.
"Aber es gibt da einige Fakten, die euch davon abhalten, nicht wahr?"
"Welche mögen das wohl sein", fragte der Baron selbstsicher.
"Zu allererst euer Wort in unserer Abmachung, dann das Angebot, dass ich euch in Ruhe lasse wenn ihr mich in Ruhe lasst..."
"Ich lasse mir nicht drohen!" gab Harold erbost zurück.
"...und zuletzt der Punkt, dass es sicher sehr schade wäre, wenn man dem eintreffenenden Erzherzog zwar von euch als Volkshelden und Retter der Stadt berichten könnte, er euch aber in der Kirche an eurem Grab besuchen müßte. Ich lass mich auch nicht bedrohen, Baron, denn ich habe auch noch meine Möglichkeiten. Und unglücklicherweise wisst ihr nicht, wie sie aussehen, da ihr sie mir selbst mit euren Edelsteinen ermöglicht habt. Und nun steht zu eurem Wort!"
Wutschnaubend führte der Baron Vince zurück in sein Arbeitszimmer, wo er ihm den Rest der Edelsteine aushändigte.
So schnell wie möglich verließ Vince das Anwesen des frischgebackenen Magistrat und verschwand in den Mengen auf den Strassen. Der Spion des Barons, welcher ihm heimlich folgen wollte, mußte so unverrichteter Dinge wieder zurückkehren.
Geändert von Silence (11.06.2003 um 20:56 Uhr)
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