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Evil Mastermind
Ethan Knight
Blut... Der rote Quell des Lebens, auf den wir Vampire angewiesen sind, um unsere eigene schöne Form zu bewahren und nicht zu einem hässlichen Monster zu mutieren, welches unsere wahre Natur nicht weiter zu verbergen vermag. Zudem führt Blutmangel dazu, dass das Tier, dieser parasitäre Dämon in uns, leichter die Kontrolle über den Körper erhält und man in sogenannte Raserei gerät. Ich werde niemals vergessen, wie ich meine Zähne das erste Mal in den Hals einer Sterblichen stieß und mich von ihrem Blut ernährte. Mein Meister erklärte mir in dieser ersten Nacht alles Mögliche über das für uns so lebenswichtige Elixier, unter anderem auch, dass das erste Mal Bluttrinken auf Ewigkeiten unerreicht bleiben wird. Und ich bin mir inzwischen sicher, er hatte damit Recht. Immer noch erfüllt mich das Trinken von Blut mit einem Glücksgefühl, wie es für Sterbliche nicht zu erahnen ist, aber niemals war der Genuss so groß wie bei dieser überteuerten •••• in der ersten Nacht nach meiner Verwandlung. Den Großteil verbrachten wir mit Reden und Erklärungen seinerseits, wobei ich ihn für seine Geduld bewunderte. Jermaine nahm sich alle Zeit für mich und ich nahm auch alles Wissen begierig in mich auf, aber trotzdem schwieg ich viel, war gelegentlich abwesend und hing eigenen Gedanken nach, während ich in anderen Momenten einfach nur alle neuen Eindrücke mit meinen Sinnen erfassen wollte – Vampire sehen die Welt mit anderen Augen als Sterbliche - und mich euphorisch fühlte. Ich fragte mich, ob alle neuen Kainskinder sich so fühlten oder ob es immer unterschiedlich ausfiel. Die behutsamen Reaktionen meines Meisters ließen eventuell darauf schließen, dass ich nicht sein erstes Kind war, jedoch wollte ich zunächst noch nicht danach fragen. Er war nett, aber ich kannte ihn nicht wirklich und ein wenig Skepsis hatte sich im bisherigen Leben immer als recht nützlich erwiesen. Zudem hatte er sich nicht einmal darum geschert, ob ich überhaupt Teil dieser Welt der Dunkelheit werden wollte, sondern mich ohne mir eine Wahl zu lassen gegen meinen Willen genommen. Sah er mich vielleicht nur als eine Art Spielzeug oder gar Experiment an? War er ein Egoist, der sich immer das nahm, was er wollte? Ich war mir sicher, dass ich trotz seiner momentanen Nettigkeit vorsichtig sein musste. Aber verscherzen durfte ich es mir auch nicht mit ihm, sonst wäre ich des Todes. Wie sollte ich überleben, wo ich doch nur einen Bruchteil der Grundregeln kannte? Die Verhältnisse waren klar, er war mein Erschaffer und ich sein Schüler. Und trotz aller Skepsis wollte ich ein guter Schüler sein, denn mein Wissensdurst über die Geschichte der Kainiten war sehr groß.
Mit Freunden und Familie hatte ich keine Probleme, viele Personen waren das sowieso nicht und keiner von ihnen wohnte in L.A. Ich war hierher gezogen, weil ich einfach nur weg wollte. Im Grunde genommen hatte ich sogar schon darüber nachgedacht, meinem Leben selbst ein Ende zu setzen, denn mein gepflegtes und schönes Äußeres täuschte über die Tatsache hinweg, dass mein Seelenleben zerrüttet war. Dennoch zog ich einen Neuanfang in Santa Monica dem schnellen Ableben vor, doch das hatte sich ja nun erledigt, dank Jermaine Clayton. Ja, er tat es ohne meinen Willen und mein Einverständnis, aber ich sah es nicht als Fluch an, sondern als einen Neubeginn für mich. Und dafür war ich Clayton dankbar, was ich ihm darin zeigte, dass ich meinen eigenen Trotz, den er sicherlich schon in meinen Augen hatte funkeln sehen, so gut es ging im Zaume hielt. Und er hatte Recht, er würde den Kopf bei den Oberen der Camarilla für meine Fehler hinhalten müssen, also war alles nur gerecht. Vielleicht könnten wir sogar richtige Gefährten werden, sobald ich alles gelernt hätte, denn selbst wenn man gerade erst unsterblich geworden ist, so wird einem schnell klar, dass es eine grausame Vorstellung ist, diese Unsterblichkeit allein verbringen zu müssen. Als Vampir kann man sich zwar unerkannt unter die Sethskinder mischen, wenn man nicht grad ein Nosferatu ist, aber niemals wieder ein richtiger Teil ihrer Gesellschaft sein. Immer noch dachte ich über die sechs Traditionen nach und verinnerlichte ihren Sinn, der mir durchaus einleuchtete, zumindest soweit ich ihn erfasste, als mir das ungeduldige Gesicht meines Erschaffers auffiel.
„Entschuldigung, was hattest du gesagt?“, fragte ich zögerlich.
„Musst du andauernd abwesend sein?“, meinte er zu mir, jedoch ohne genervten Gesichtsausdruck und mit ruhiger Stimme. „Na ja, nicht so schlimm, das war zu erwarten. Lass uns den Rest der Nacht nicht mit noch mehr Gerede verplempern, sonst raucht dir noch das Gehirn weg. Lass uns ins Asylum gehen und uns unter die Sterblichen mischen. Das lenkt dich ein wenig ab.“
Er packte mich an der Schulter und schob mich langsam vorwärts in Richtung des Eingangs zum Asylum. Dem Ort, wo ich ihm zum ersten Mal begegnete. Warme Luft schlug uns entgegen und es roch nach Schweiß und Alkohol, als wir eintraten. Die Scheinwerferanlage warf bunte Lichter umher und überall tanzten und amüsierten sich Sterbliche ohne zu ahnen, dass sich zwei Kreaturen der Finsternis unter sie gemischt hatten. Ich muss zugeben, dass es mir ein sehr überlegenes Gefühl gab, dennoch rief ich mir gleich wieder die von Jermaine erklärten Grundsätze der Maskerade in den Sinn. Ich durfte mein übernatürliches Wesen nicht preisgeben, sondern musste mich wie ein Sterblicher verhalten.
„Geh Tanzen, wirke nicht so verspannt und amüsier dich etwas“, sagte Jermaine zu mir und ich tat wie mir geheißen. Die Musik mit dem pulsierenden Bass strömte durch meinen Körper, als wäre sie ein Teil von mir, noch niemals hatte ich so gefühlt bisher. Die Bewegungen schienen von ganz allein zu kommen, ich brauchte mich überhaupt nicht darauf konzentrieren. Und anscheinend tanzte ich gut und wirkte zudem höchst attraktiv auf die weiblichen Besucher des Asylums, denn innerhalb kürzester Zeit tanzten drei von ihnen um mich herum, eine hübscher als die andere, und mich überkam ein Lustgefühl, als ich auf ihre Hälse blickte. Dort, wo sich die Schlagadern abzeichneten, durch die das Lebenselixier unserer Art strömte und welches nur auf mich zu warten schien.
Mein Meister – eigentlich stehe ich nicht auf so unterwürfige Begriffe, aber das war er nun mal – begab sich zum Tresen und beobachtete mich, während der hässliche dicke Barmann hinter ihm den Tresen wischte. Dieses Unleben schien wirklich seinen Reiz zu haben und damals dachte ich noch nicht daran, dass es vielleicht auch irgendwann schmerzhaft sein könnte, die Sonne niemals wieder mit eigenen Augen aufgehen zu sehen. Ich dachte nur an die Nächte voller Musik... und Blut. Diese ganzen Eindrücke verwirrten meine Sinne so sehr, dass ich einen weiteren Vampir nicht bemerkte, welcher mich ebenfalls beobachtete. Eine bleiche Schönheit mit blutroten Lippen, düster geschminkten Augen und blonden Haaren, gekleidet in eine weiße Bluse und einen kurzen karierten Rock. Ich bemerkte sie erst, als ich wieder bei meinem Erschaffer am Tresen stand und sie schnurstracks auf uns zukam.
„Was sehe ich da? Ein neues Spielzeug für mich? Zu nett von dir, Jermaine“, hauchte sie spielerisch und war für unsere übernatürlichen Ohren trotz der lauten Musik gut hörbar.
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