Erinnert ihr euch an die Szene, wo Irdr losfliegt und Scharneim durch dessen Augen sieht, wie ein Hinterhalt ausgehoben wird? Damals noch von Elementarmagi? Mir erschien die Szene ziemlich, na ja, blöd.
Warum? Wie ihr wißt (ahem), so wie der Roman weitergeht, tauchen diese Magi in absehbarer Zeit nicht mehr auf. Zudem war das sehr schlecht geschrieben. Also komplett neu abgefaßt. Nun sieht es so aus:
Alle vier Gefährten setzten sich an die Wand und starrten über das Ödland, welches sie durchquert hatten. Der zur Nacht hin aufkommende Südwind wurde durch den Kaldberg umgelenkt, strömte aus dem Osten und roch salzig. Damit störte er Scharneims Erinnerung an die Jahre im Kloster. Marak und Nirimwé deckten sich zu und schliefen bald ein, die anderen beiden hielten Wache. Nach wenigen Stunden fiel Danain auf, Scharneims Gesicht sprach von Anstrengungen beim Blicken in weite Ferne, doch seine Augen waren geschlossen.
»Was siehst du?« fragte ihn Danain und durchbrach damit die Stille um sie.
»Ich sehe, was der Drache sieht, wenn er es mich sehen läßt. Gleiches gilt für alle anderen Sinne.« antwortete Scharneim, als würde er mit einem Schulkind reden. »Mein Vertrauter hat eine Straße entdeckt, folgte ihr bis zum Berg. Eine Wolke liegt auf dem Weg, wie Nebel, bloß dichter und größer. Blitz und Donner rumoren in ihr. Er traut sich nicht, näher heran zu fliegen. Felssplitter fliegen heraus, manche glühend, andere ziehen einen Schweif aus Reif hinter sich her.«
»Ein paar amoklaufende Magier.« Danain seufzte. »Wenn die einmal, nur ein einziges mal die Zerstörung wegräumen müßten, die sie hinterlassen. Schau mich bloß nicht so an! Ich erinnere mich noch an deinen Feuerball im Moor.«
»Keine Zauberei.« murmelte Scharneim. »Durch mein Wissen würde Irdr sie erkennen. Er weiß, wie sich Magie anfühlt. Er spürt etwas anderes.«
»Der Drache heißt also Irdr.« notierte Danain gedanklich. »Was fühlt er denn?«
»Stell dir ein Gewitter mit Hagel vor, das an einem sonnigen Julinachmittag aufzieht.« antwortete Scharneim. »Ungefähr so. Es endet.«
»Was endet? Die Vorstellung?« fragte der Waldläufer.
»So kann man es ausdrücken. Und jetzt bitte, laß mich einen Moment auf den Drachen konzentrieren. Über die Entfernung etwas zu sehen, ist so schon schwer genug!« brummte der Halbelf und verfiel Stille. Für einen Moment schien es, als wäre Scharneim sitzend eingeschlafen. Er blinzelte nicht, atmete flach, während sein Haupt sich senkte. »Der Nebel lichtet sich.« flüsterte der Magier, brauchte Atemzüge für jedes Wort. »Zwei Gestalten, beide schwarz. Ein roter Vogel kommt angeflogen, setzt sich auf eine Schulter. Die beiden lesen einen Zettel. Hinter ihnen brennen, oh Himmel!«
Scharneim stockte, zuckte zusammen, beugte sich vornüber und würgte. Gleichzeitig umfaßte er seine Knie, zog sie an sich heran. »Körper.« flüsterte der Halbelf. »Ich habe sie zuerst für Holz gehalten.«
Er preßte die Augenlider aufeinander und schüttelte den Kopf. Dann starrte Scharneim erneut durch den Erdboden. »Der Vogel mustert meinen Vertrauten.« rief der Halbelf. »Irdr, hau ab da! Was ist das? Danain, hol mir Pergament, Feder und Tinte! Schnell!«
Kaum hielt der Waldläufer ihm die Papiere hin, schrieb Scharneim eine ganze Kaskade an Zeichen auf, die Danain nie zuvor gesehen hatte. »Die haben den Brief einem Körper abgenommen.« murmelte Scharneim. »Jetzt trennen sie sich. Einer ist, äh, beide sind verschwunden?!«
Marak und Nirimwé waren erwacht, Donner und jenes Gefühl eines Gewitters war bis zu ihnen durchgedrungen. Danain hatte ein kurzes Aufleuchten am Berg gesehen. Nirimwé schluckte.
»Das muß auf dem Weg gewesen sein, den ich zur Strerburg genommen habe.« sagte sie. »Die Straße, die neben der Verbindung zu Krajhaden im Osten am meisten genutzt wird. Fast alle Wanderer und Händler benutzen sie, wir auch, wenn ihr nicht den Küstenpaß gewählt hättet!«
Marak schrie auf, als er auf den Zettel von Scharneim schaute. Lautfolgen verließen seinen Mund, die keinen Sinn ergaben. Und mit den Händen gestikulierte er in der Luft, als wollte er Innereien von den Ärmeln abschütteln. Er faßte sich an den Kopf, riß sich ein Büschel aus. Erst dann beruhigte er sich. »Ich kenne diese Schrift.« keuchte der Paladin. »Bitte, sagt mir, daß sie hier ganz gewöhnlich ist! In meiner Heimat sprechen sie nur noch wenige, eine Geheimsprache, die allein von -, -, bestimmten Geistlichen und unseren alten Feinden zum Hohn benutzt wird. Das kann nicht sein, das darf nicht sein!«
»Ich kenne sie nicht.« sagte Danain. »Wenn es sie hier gibt, dann auch nur sehr, sehr selten. Was steht dort?«
»Was geht hier bloß vor?« fragte Marak, sichtlich erblaßt. »Soweit ich es verstehe und entziffere, steht da. Äh, da ist ein ganz übler Akzent drin. Soll ich den mitlesen? Korrigieren?«
»Was für ein Akzent?« fragte Danain.
»Eine Art Hofsprache, unter Adelslyrikern üblich.« entgegnete Marak. »Diverse Wörter sind in geschwollene Formen gezwängt worden, ›wolleth‹ und so. Dazu dieses ›Ge-Euch-e‹, statt einfach ›du‹ zu schreiben.«
»Laß es raus.« antwortete Nirimwé. »Von geschwollener Sprache wird mir schlecht. Das ist etwas für Schriftgelehrte, nicht Frauen der Tat.« »Irgend etwas verheimlicht ihr beiden uns.« sagte Marak und seufzte. »In Ordnung, soweit ich es verstehe, steht dort:
Diener Kareth,
eines der großen Fünf ist wieder aufgetaucht, das spüre ich. Finde den Schwertträger, und führe ihn in die Dunkelheit, und dann zu mir. Töte ihn nicht, denk an den Bann. Sollte er Begleitung haben, mach mit ihnen, was du willst. Er findet sich im Osten, wohl in Krajs Ländern.
Nun bist du auf dich allein gestellt. Erfüll deine Aufgabe, und werde reich belohnt. Scheitere, und sterbe den endgültigen Tod.
D.
Hinzufügung: Meidet die Allan und die Elneran Ra'uth, wecke nichts. Auch umgehe die Magi, egal was kommt!
Ein Hinterhalt! Sie waren hinter uns her, hinter mir! Und sie wollten das Schwert!«