Kurenai blickte genervt hin und her, als die beiden Personen sich ’unterhielten’ und war noch beunruhigter, als Tarador, sich plötzlich voll und ganz auf die andere Elfe konzentrierte und versuchte, den Kopf der Mischlingsfrau mit weißem Leinen zu umwickeln. Als er den Mund bereits verdeckte, klopfte Kurenai ihm auf die Schulter und blickte ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
„Oh, ja. Äh, tut mir Leid, K...“ Er war anscheinend immer ein wenig... durcheinander. Wenigstens entwickelte er den wohl unwichtigsten Teil ihres Körpers wieder von dem Verband. „Wollt Ihr mir Euren Namen denn nicht sagen?“, fügte er noch hinzu, als er sich der Platzwunde über ihrem Auge zuwandte. Puh... Kurenai antwortete nicht. Wer hatte auch irgendetwas anderes erwartet? Die Elfe dort, die sich selbst versorgte, hatte bei ihrer Kontaktaufnahme mit Kurenai wahrscheinlich an Unfreundlichkeit des Mischlings geglaubt, aber Tarador... sollte eigentlich um ihre Lage wissen. Immerhin hatte er sie schon einmal versorgt, nachdem sie ihm das Leben gerettet hatte. „Oh ja“, meinte er letztlich dann auch. „Äh, okay. Hatte ich ganz vergessen, tut mir Leid... Hier trifft man nicht oft Leute, die... hm... na ja. Was soll’s.“ Ja, was soll’s...
Als er mit Kurenais Verarztung fertig war, bat er Lenne, noch ein wenig bei Kurenai zu bleiben, dass dies der Grund gewesen sei, warum er sie gebeten hatte, mitzukommen, denn er musste zu den anderen Tempelpriestern und versuchen, die Situation zu entschärfen; und alleine lassen hatte er sie nicht wollen, vielleicht kam irgendein überreizter Wachposten hier an und war absolut nicht einverstanden mit der Anwesenheit einer weiteren Kranken. Als er gegangen war, schloss Kurenai die Augen und dachte nach. Es würde doch nichts ausmachen, der Frau mit dem schönen, weißen Haar zu offenbaren, dass sie stumm war. Der Rothwardon, seines Zeichens Oberhaupt der Kriegergilde, hatte es immerhin auch sehr schnell heraus bekommen. Außerdem war es wohl unvorteilhaft, wenn irgendwer davon ausging, dass sie sprechen konnte. Vorsichtig legte sie Lenne die Hand auf die Schulter, damit diese ihr die volle Aufmerksamkeit schenkte. Die Elfe drehte ihr den Kopf zu und sah sie mit einem leichten Hauch von Erwartung an. Tarador hatte Kurenai ihrer Rüstung entledigt, also musste sie nur noch den Hemdkragen etwas herunter ziehen, um die breiten, gezackten Narben zu offenbaren, die sie sich selbst zugefügt hatte, damals, als...
Der Mischling formte ein magisches Wort in Gedanken.
„Stumm...“ Es würde nur mehr ein Flüstern im Kopf der anderen sein. Aber ihrem Blick nach zu urteilen, hatte sie verstanden. Und da es unhöflich war, sich nicht vorzustellen, wenn jemand anderes einem den Namen genannt hatte, versuchte sie unter größter Kraftaufbringung, der anderen das Wort „Kurenai“ zu senden und zeigte dabei auf sich selbst. Die einzige Art der Kommunikationsmöglichkeit, kraftfressend, nervenraubend. Manchmal dachte sie, sie hätte sich die Stimmbänder nicht rausschneiden sollen, doch dann... sie hatte ein solch umständliches, einsames Leben schlichtweg verdient, daran gab es nichts zu deuteln. Jetzt jedenfalls musste sie erst einmal gesund werden. Tarador würde ihr schon ein paar Heiltränke verabreichen und sie würde in ein, zwei Tagen wieder fit sein. Das war es jedenfalls, was sie von ihm erwartete; dass er sie mit Heiltränken bis oben hin abfüllte, damit sie schon bald wieder auf den Beinen war. Wie wahrscheinlich der Rothwardon, um den sie sich noch zu kümmern hatte. Das elende Dreckstück musste sterben, koste es, was es wolle. Und wenn sie dabei ihr eigenes Leben verlieren sollte, das war es allemal Wert, ihn nach Oblivion zu schicken.
Dann musste sie nicht allein dorthin reisen...