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Abenteurer
Geisterpforte
Sie hatte ihn gesehen. Und zweifelsohne hatte auch er sie bemerkt. Und er hatte sich einfach so wieder umgewendet und war davon gegangen, seinen Kameraden hinterher, ohne ihr zu helfen. Kurenai wusste selbst nicht, warum sie so entrüstet über sein Verhalten war. Sie hatte ihm sein Leben gelassen und der einzige Dank, den er ihr entgegen brachte, war ein verwirrter Blick. Na, danke... Aber sie kam auch allein zurecht. Zwar schmerzten ihre Glieder höllisch und sie hätte sich über etwas Hilfe gefreut (ohne dies jemals wirklich zuzugeben), aber wenn es nun einmal nicht anders ging, musste sie sich ohne fremdes Dazutun in Richtung Geisterpforte kämpfen. Umso näher sie dieser allerdings kam, desto weniger glaubte sie, dass sie dort überhaupt hinein wollte. Kampfeslärm ertönte von innen. Merkwürdig, da - soweit sie es noch wusste - dort nur Ordinatoren und Kriegswappenträger lebten und auf den Geisterwall achteten. Von ihr aus konnten die sich gerne alle gegenseitig die Schädel einschlagen, solange der Mann, der ihr noch einen Gefallen schuldete, am Leben und wohlauf war.
Langsam wankte sie in Richtung des Turms, in dem die anderen Leute verschwunden waren, und öffnete schließlich die Tür. Ach, es brachte ja auch alles nichts... sie musste da rein, ob sie nun wollte oder nicht.
Das, was nun in ihr Blickfeld kam, war etwas, das sie gewiss nicht hatte sehen wollen. Was zur Hölle...? Die Hüter der Geistpforte bekämpften sich gegenseitig! Das konnte doch nicht... oder... ein Alptraum. In letzter Zeit war alles nur ein riesiger, böser Traum. Und bald würde sie aufwachen und in ihrem Bett zu Hause im Dorf liegen und zusammen mit dem Legionär Malukhat darüber witzeln. Genauso gut aber wusste sie, dass dem nicht so war. Malukhat war fort, und mit ihm war ihre Vergangenheit gegangen. Es gab kein Zurück mehr. Was zählte, war die Gegenwart. Und die Gegenwart bestand aus einem Haufen scheinbar wahnsinnig gewordener Wächter, die nichts besseres zu tun hatten, als sich anzuschreien und mit Fäusten zu prügeln.
Was geht denn hier vor?, fragte sich Kurenai und drückte sich noch rechtzeitig gegen eine Wand, bevor ein Ordinator sie umrennen konnte. Nervös blickte sie sich um, suchte einen Anhaltspunkt, versuchte den Mann ausfindig zu machen, der ihr einen Gefallen schuldete und gab es schließlich auf. Vielleicht würden diese Irren irgendwann das Kriegsbeil begraben und endlich wieder Frieden schließen.
"Ihr MÖRDER!", brüllte jemand von der einen Seite, packte einen Ordinatoren an den Schultern und warf ihn in Richtung einer anderen Person in indorilischer Rüstung. Eine Kettenreaktion folgte, auf die fünf am Kampf beteiligte am Boden landeten und von den anderen nur noch nieder getreten wurden. Es gab also zwei Fronten. Nur schien keiner der Beteiligten mehr wirklich zu wissen, wer nun auf wessen Seite stand. Das war unpraktisch. Irgendwann würden sie sich gewiss alle gegenseitig grün und blau geschlagen haben.
"Was bist du denn für eine?" Jemand packte sie bei den Armen und drückte sie gegen die Wand. Ein Nord mit dem wohl breitesten Kreuz, das sie jemals gesehen hatte. Wütend funkelte er sie an. "Ich hab dich hier noch nie gesehen. Willst du uns auch die Krankheit bringen? Bist du Schuld an all dem Übel?"
In solchen Momenten wünschte Kurenai sich, antworten zu können. Normalerweise war es ihr egal, dass sie stumm war, aber wenn es ihr gerade nicht so gut ging, kam sie sich vor wie ein kleines Kind, das noch nicht genau wusste, wie es irgendetwas erklären sollte. Als würde sie die Begriffe nicht kennen. Noch ein paar mehr Schläge, noch ein bisschen höherer Blutverlust und sie würde sterben. Keine schönen Aussichten.
"Dir werd ich's zeigen!", brüllte er und holte zu einem vernichtenden Faustschlag aus. Kurenai indes schloss die Augen. Sie hoffte nicht einmal, dass ihr jemand helfen würde.
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