Einige Tage des Wanderns hatten Kurenai ihrem Ziel – die Geisterpforte – bereits näher gebracht. Sie freute sich darüber, so gut vorangekommen zu sein, doch inzwischen war sie langsamer geworden. Die Verletzungen, die Deregar ihr zugefügt hatte, nagten an ihren Kräften. Sie musste sich anstrengen, um dem Weg folgen zu können und durch Unsichtbarkeits-Zauber halbwegs ungesehen zu bleiben. Hier tummelten sich einige Kreaturen, mit denen sie in ihrer momentanen Lage nichts zu tun haben wollte. Und mit manchen wollte sie auch gar nicht in Berührung kommen, egal ob sie nun topfit oder halbtot war.
Umso erfreuter war sie natürlich, als sie – auf einen Stock gebeugt, den sie am Wegesrand gefunden hatte – endlich das Schimmern eines Teilstücks des Geisterwalles vor sich ausmachen konnte. Ein blasses Lächeln huschte über ihre Lippen, sie stützte ihren Körper auf die provisorische Gehhilfe und legte noch einen Zahn zu. Bis… wie vom Donner gerührt blieb sie stehen. Das… das konnte doch nicht sein. Zufall? Warum musste der Zufall dann gerade zu ihr immer so… gemein sein? Die Stumme hatte gehofft, hier her kommen und sich heilen lassen zu können. Nicht, irgendwelche Leute zu treffen, auf die sie bereits einmal gestoßen war und deren Gegenwart ihr nur Probleme bereitet hatte. Sie sah die schöne altmerische Kriegerin, die ihr zur Seite gesprungen war, als Deregar sie zu Boden geschmettert hatte. Sie sah den Dunmer, dessen Weg den ihren auf Dagon Fel gekreuzt hatte. Sie sah die Elfe mit dem wunderschönen, hellen Haar. Und natürlich den ernst drein blickenden Dunmer, den sie in keine Kategorie einzuordnen vermochte.
Das konnte doch alles nicht wahr sein. Irgendwas machte sie falsch. Und trotz ihrer Verwirrung musste sie an Malukhat denken, welcher auch immer in irgendwelche Situationen geraten war, die ihm bestimmt nicht gefallen hatten. Sie musste schmunzeln, als sie sich erinnerte, wie er sich darüber aufgeregt hatte, als auf einer Feier bei den Apfelplantagen gerade ihm ein Apfel auf den Kopf gefallen war, obwohl bestimmt hundert Menschen ebenfalls diese Frucht hätten abkriegen können.
Ein stechender Schmerz in ihrer Hüfte ließ sie zusammen zucken. Na herrlich. So würde sie also den anderen begegnen müssen. Und ihr Gesicht sah erstmal aus… Die Schwellung am Auge, die sie sich aufgeschnitten hatte, um die sich dort gesammelte Flüssigkeit ablaufen zu lassen, war immer noch rot und der Schnitt verkrustet von trockenem Blut. Das andere Auge und ihre rechte Wange wiesen blaue Blessuren auf, die Lippen waren aufgesprungen. Alles in allem bot sie ein jämmerliches Bild. Und so fühlte sie sich auch, als sie ihr Gewicht auf den Stock verlagerte und langsam weiter ging.
Der eine Dunmer, den sie bei Dagon Fel kennen gelernt hatte, schien sie irgendwie bemerkt zu haben, denn er blickte zurück in ihre Richtung. Sie achtete nicht darauf sondern wankte weiter. Richtung Geisterpforte. Und die Geräusche, die von dort kamen, gefielen ihr überhaupt nicht…