Echozar sah sich um in der großen Stadt, die er nun aufsuchte, nachdem er sich für einige Zeit durch die Wildnis geschlagen hatte, immer noch vor eventuellen Verfolgern flüchtend. Es gefiel dem Dunmer eigentlich gar nicht, diese Stadt durchqueren zu müssen, aber er brauchte auch wieder ein paar lebensnotwendige Vorräte und im Grunde genommen war es doch wirklich so, dass man in einer Großstadt wie Balmora manchmal sogar unauffälliger war als in einem kleinen Dorf. Trotzdem fühlte er sich in letzterem sicherer, weil er alles im Überblick hatte und deshalb der Meinung war, schneller auf Bedrohungen für sich reagieren zu können. Deshalb war sein nächstes Ziel auch Pelagiad, immerhin war ihm diese Gegend auch bestens bekannt. Dort nämlich hatte sein wirkliches Leben geendet, auch wenn diese Gegend damals noch etwas anders ausgesehen hatte, so wurde er jedes Mal von Erinnerungen überhäuft, wenn er in ihre Nähe kam. Erinnerungen an seinen toten Lehrmeister und die Frau, die ihn getötet und Echozar dafür benutzt hatte. Kurz schüttelte der Dunkelelf den Kopf, welcher wieder unter der Kapuze seines dunkelgrünen Umhangs größtenteils verborgen war, um sich von den wiederkehrenden Erinnerungen lösen zu können und sah sich um. Er befand sich nun auf dem Marktplatz der großen Stadt, einige Passanten liefen umher und sogar einige kleinere Stände waren aufgebaut, obwohl der große Markt wohl erst in ein paar Tagen wieder stattfinden würde. Echozar fühlte sich von allen Seiten beobachtet, aber er wusste, dass es wohl eher eine Paranoia war und dies gar nicht sein konnte. Natürlich würde auch hier von dem Mord gesprochen werden, sicherlich auf ganz Vvardenfell bereits, aber dies war ein Hlaalu-Bezirk, um genau zu sein sogar der Hauptsitz des Fürstenhauses auf Vvardenfell, und deshalb schien es hier sehr viel ruhiger zu sein als in Ald’ruhn. Allerdings brodelte es sicherlich unter der Fassade, denn eines der vielen Gerüchte um den Mord, die Echozar in einer Taverne aufgeschnappt hatte, war, dass das Fürstenhaus Hlaalu auch etwas mit der Ermordung des hohen Redorans zu tun haben könnte. Wenn dem so war, würde nun alles mögliche für die Verschleierung getan werden und wenn dem nicht so war, dann würde man alles tun, um die Unschuld des Hauses zu beweisen. Aber davon bekamen die Durchschnittsbürger in Balmora sicherlich nicht allzu viel mit. Sie kümmerten sich um ihr tägliches Leben und Echozar wollte so tun, als sei er einer von ihnen.
Die ganzen Gerüchte über den Mord kamen dem Waldläufer nur zugute, besser als wenn überall auf der ganzen Insel Handzettel mit seinem Gesicht verteilt würden. Aber wer garantierte ihm, dass es nicht noch so weit kommen würde? Es war sehr wahrscheinlich, dass es nur noch eine Zeitfrage war, bis es hieß, dass ein Dunmer – der ihm nicht nur zufällig bis auf die kleinste Kleinigkeit glich – den Mord begangen hatte. Zum Glück gab es viele Dunmer auf Vvardenfell, war Morrowind doch die Heimat dieses Volkes, aber fühlte er sich deshalb jetzt besser? Wohl nicht.
Kühle Luft fegte über den Marktplatz, der Himmel war blau und nur von einigen Wolken durchzogen. Echozar beschloss, sich noch eben so unauffällig wie möglich auf dem kleinen Markt umzusehen, ein paar Besorgungen zu machen und dann nach Pelagiad aufzubrechen. Womöglich würde er dem psychischen Zusammenbruch wieder näher denn je sein, aber im Moment hatte er schlichtweg andere Probleme. Er wollte nicht gerichtet werden für einen Mord, den er nicht begangen hatte. Ok, sein Leben war ihm nicht wirklich viel wert, aber so sollte es dennoch nicht enden. Und Pelagiad war als vorläufiger Unterschlupf gut geeignet, denn diese kleine Stadt, im kaiserlichen Stile gehalten, war weder über Schlickschreiter noch über eine Magiergilde erreichbar. Außer der Möglichkeit, mit einem Divine Intervention zum Fort Pelagiad teleportiert zu werden, konnte man dieses abgelegene Städchen nur zu Fuß erreichen. Aufmerksam sah Echozar sich um in Balmora, die Hand immer an den Knauf von „Drachenbiss“ gelegt, sich dennoch darum bemühend, diese Geste zufällig wirkend zu lassen und möglichst unbeteiligt zu schauen. Ob er schon gesucht wurde? Oder hatte er noch Zeit? Er wusste es nicht, aber er musste bald weiterziehen, möglichst weit weg von Ald’ruhn.