Der warme Wüstenwind blies ihm direkt ins Gesicht, als er das Ratsgebäude Redorans verlas. Er war festlich gekleidet, keine Rüstung, keine Waffe war zu sehen. Sein teures Hemd sowie seine Pluderhose, welches er speziell für den heutigen Anlass gekauft hatte, wurden von dem Sandsturm hin und her geweht. Sein Schuhwerk, das war klar, würde diesen Tag nicht mehr überleben. Der Sand, der Wind und die Unebenheiten im Boden, wie sie in diesem Teil Vvardenfells üblich waren, nahmen seine Schuhe regelrecht auseinander.
"Ich hätte mir eben doch lieber Stiefel kaufen sollen...", murmelte er sich vorwurfsvoll selbst zu, während er seinen Schal gekonnt, wie einen Schleier, über sein Gesicht wickelte, bis nur noch seine Glassgrünen Augen hervorschauten.
Er war ein Redguard. Ein Outlander. Doch war er dennoch unter einigen der Dunmer angesehen, denn er war nicht nur ein hervorragender Kämpfer mit seinem Langschwert "Ragnorack", sondern auch noch der Guildmaster der Fighters Guild in Vvardenfells. Allerdings gab es noch viel mehr an diesem Mann, was ein normaler Bürger Morrowinds allerdings wahrscheinlich niemals erfahren würde...
Prestige hin oder her, er war immer noch ein Outlander. Sodass ihn die meisten Dunmer in Ald’ruhn aus den Weg gingen oder ihn stets mit wachsamen Augen beobachteten. Daran hatte er sich allerdings schon gewöhnt und auch das raue Klima Ald'ruhns war nichts mehr Sonderbares für den Mann gewesen.
So ging er, den immer schlimmer werdenden Sturm gar nicht beachtend, die Händlerposten vor der Ratshalle ab, grüßte seine, zum größten Teil erkauften, Händler Freunde und trottete dann weiter.
Doch obwohl er diesen Vorgang schon abertausende Male hinter sich hatte, fühlte es sich am heutigen Tag anders an. Er fühlte sich erhabener, leichtfüßiger und wichtiger. Auch die n'wah Flüche, die er von früher zu genüge kannte, verstummten. Erst jetzt wurde im Klar, was für einen Veränderung der Eintritt in eins der großen Häuser auf sein Ansehen in Morrowind hatte.
Er war nun Redoran Retainer. Der unterste aller Ränge und doch war er nun ein um einiges besser angesehener Bürger Morrowinds, als die Jahre zuvor. Ein Grinsen fuhr ihm über die Lippen und denen, dem sein Blick begegnete, taten es ihm gleich.
Er war heilfroh über die vielen Aufträge des Hauses Redoran, die meist er aufgetragen bekommen hatte, während seiner Karriere in der Fighters Guild. Der Redguard konnte so Bekanntschaften in den höheren Kreisen des Adel Ald'ruhns machen. Ohne diese hätte er, auch wenn er die Ratsmitglieder zu Tode bestochen hätte, es niemals ins Haus der Tempeltreuen geschafft. Ihm überkam, trotz seiner eigenen Adelsabstammung, ein gewisser Stolz zu dem Kreis der Redoraner zu gehören.
Sein permanentes Lächeln verstummte erst, als er vor einem der vielen ungewöhnlich aussehenden Gebäude der Wüstenstadt stand und ihn ein Wachmann grüßte.
Schnell hatte er einen ernsten Blick aufgesetzt, nahm eine mehr angemessene Haltung für einen Anführer an, nickte dem Mann zu und ging zur Tür.
Deregar Ragnar, Guildmaster der Fighters Guild, war zu seinen Untertanen zurückgekehrt...

Das Knacken der Tür wurde nur von dem tobenden Wind übertönt, der sogleich die Gelegenheit nutzte, um ein bisschen Wüstensand in das sonst so sauber Gilden Gebäude zu wehen.
"Sir, welcome back, sir!"
Ein junger Journeymann stand nun vor dem Wohlgekleideten Mann. Es war ein Redguard, so wie er selbst und auch er kam aus Hammerfell, so wie er.
"Hör auf zu schleimen! Wir sind hier, so Leid es mir auch tut, in einer Imperialen Provinz, also sprech gefälligst Tamrielisch! Und lass das mit dem Sir!"
"Jawohl Guildmaster!"
Auch das Rascheln, welches er durch Abnahme seines Schals verursachte, konnte sein Seufzen nicht verbergen. Vielleicht hätte er diesem kleinen Bengel in einen der Daedric Schreinen der Bittercoast Region nicht das Leben retten sollen, dann hätte er wenigstens jetzt seine Ruhe gehabt...
"Und, gibts was neues?"
Der von Ragnar selbst ernannte Sekretär der Ald'ruhn Fighters Guild und Rechte Hand Percius Mercius', der Rechten Hand Deregars' selbst, nickte heftig.
"Steward Mercius möchte euch, sobald ihr bereit seid, sprechen. Es ist ein wichtiger Auftrag von Balmora eingegangen..."
Der Guildmaster dachte einen Moment nach, setzte dann aber ein Lächeln auf, dankte seinem Schützling und ging die Treppen hinunter.
Es war alles beim alten. Die spärlichen Tische, die Trainingsplätze, die Schlafplätze. Alles war noch genauso wie als er angefangen hatte. Eins jedoch fehlte. Ein etwas älterer Mann, der nichtsdestotrotz sogar ihm im Kampf Konkurenz machen konnte. Percius, der sonst immer im Vorraum der Treppe herumlungerte, war nicht aufzufinden. Das war durchaus ungewöhnlich, liebte er es doch stets den Journeymen und Apprentices beim trainieren zuzuschauen.
"Dann werd ich mich wohl fertig machen...mal wieder ein bisschen Arbeiten gehen. Die ganzen förmlichen Bankets mit den Redoraner haben zwar auch was, werden aber auf Dauer langweilig."
Mit diesen Gedanken ging er eine weitere Treppe hoch und in sein örtliches Gästezimmer, wo er seine, stets säuberlich polierte, Ebony Rüstung aufbewahrte. Einige Zeit des mühseligen Anziehen seiner Rüstung später, holte er sein Langschwert "Ragnorack" unter seinem Kissen hervor. Er musste sich schon eingestehen, dass er sich ohne das Stück Stahl in seiner Nähe meist unwohl fühlte. Sodass er gleich einige Schwünge mit dem Todesbringer hervorbringen musste, bevor er es in die Scheide steckte.
Er überprüfte noch ein letztes Mal den Sitz seiner Rüstung, schulterte dann sein Schild auf und klemmte seinen Helm unter den Arm.
Während er die Treppen hinabstieg, überlegte er sich, vielleicht einen der Journeymen zu seinen Leibeigenen Knappen zu "befördern". Dann hätte er wenigstens nicht mehr soviel Arbeit mit dem Anlegen seiner Rüstung und müsste nicht immer alles selbst schleppen. Allerdings verwarf er diese Idee wieder, als er an den Redguard dachte, der ihn vor gerade Mal einer halben Stunde begrüßt hatte...
Kaum war er unten angelangt begrüßte ihn auch schon eine ihm wohlbekannte Stimme.
"Guildmaster."
Als Ragnar aufschaute sah er das strahlende Gesicht eines Bretonen, dem Mann dem er es verdankte erneut den Platz eines Anführers einnehmen zu dürfen. Es war Percius Mercius, vor 2 Generationen selbst Guildmaster und nun Rechte Hand Deregars.
Percius! Du sollst mich doch nicht so nennen! Wir beide wissen, dass du wohl der fähigere Anführer dieses Haufens Söldner bist...also nenn mich gefälligst beim Namen. Das ist ein Befehl!"
Die beiden Freunde mussten breit grinsen.
"Na auch egal. Sag, Percius, was hat es auf sich mit diesem Auftrag aus Balmora?"
"Wie immer gut informiert wie ich sehe. Es geht um den immer heißer werdenden Hexenkessel zwischen der Diebes Gilde und der Comonna Tong. Sugar Lips Habassi befürchtet einer der Tongs habe ein Writ auf sie ausgesetzt. Wir sollen dem auf den Grund gehen und gegebenenfalls den Morag Tong, sowie den Comonna Tong zu seinen Vorfahren schicken..."
"War ja klar, dass die gleich wieder zu uns rennen. Können die ihren Gildenkonflikt nicht endlich selber lösen? Aber solang sie gut bezahlen soll es uns Recht sein." "Das tun sie..."
"Nun denn, ich werd dann mal in Balmora nach dem Rechten sehen. Macht es dir was aus wenn ich deinen Sekretär mitnehme? Etwas frische Luft wird ihm gut tun."
"Mach ruhig, dann wirds hier wenigstens mal wieder ein bisschen ruhiger."
Der Söldner nickte und verabschiedete sich von Percius. Ohne weitere Umwege ging er erneut die Treppen hoch, wo er sogleich den Redguard hinter der Rezeption stehen sah.
"Journeymann, wir gehen!"
Als der junge Söldner das hörte konnte man ein leichtes Funkeln in seinen Augen erkennen. Es war kaum ein paar Sekunden verstrichen, da stand er auch schon Reisefertig, fast vollständig mit Redoran Rüstungsteilen bedeckt, nur die linke Armschien war aus Stahl gefertigt und mit einem leicht verzauberten Silberschwert, hinter seinem Vorgesetzten.
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließen die beiden den Schutz des Gilden Gebäudes und traten hinaus in den immer noch währenden Sandsturm. Mit dem Arm vor dem Gesicht kämpften sich die beiden den Weg zum Slit Strider durch die umher wirbelnden Massen an Sand frei.
Der Dunmer Reiseagent grüßte Ragnar nur mit einem kurzen Nicken, worauf dieser mit einem kurzen "Balmora." antwortete. Wenige Augenblicke später saßen die Männer auch schon in dem riesigen Insekt und waren auf den Weg in die Flussstadt Balmora.