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Thema: RPG: Morrowind Rollenspielthread

  1. #321

    Pelagiad - nervige Halfway Tavern

    Ninièl sah auf, als Lenne wieder zurückkam und bemerkte, dass diese verwundet war. Hatte sie nicht gesagt, sie wolle sich amüsieren? Komische Art von Amusement. Vielleicht war sie irgendwie masochistisch veranlagt, grübelte Ninièl. Leicht verrückt war sie ja eh mit ihrem Drang, alle Leute zu "erlösen", ob sie wollten oder nicht. Und nun bat sie auch noch, die Tür zu verriegeln. Ninièl seufzte. Was - bei Azura - war da wieder passiert? "Sagt Lenne", fragte sie deshalb "Eure Verwundungen und der Wunsch, die Tür zu verriegeln, stehen nicht zufällig in irgendeinem Zusammenhang, oder? Ich meine, nicht, dass Ihr mal wieder jemanden von diesem Dasein "erlösen" wolltet, dieser aber augenscheinlich nicht ganz einverstanden war mit Euren Vorstellungen. Oder habt Ihr ein Kagouti geknutscht?" Letzteres kam eindeutig spöttisch, während sie langsam zur tür ging, um diese zu verriegeln. Sie sah nicht den geringsten Grund, sich zu beeilen. Diese Dunmerin hatte mal wieder ein paar Schwierigkeiten geradezu magisch angezogen. Vielelicht wurde es eher Zeit, dass sie mal daraus lernte.

    Dennoch: erstmal schloß Ninièl die Tür, da eine unter Umständen tote Lenne nicht mehr viel würde erzählen können. "So, und nun sagt mal, was denn jetzt schon wieder passiert ist", seufzte sie dann mit absichtlich gequältem Gesichtsausdruck.

  2. #322

    Pelagiad - Halfway tavern

    "Einen Kagouti geknutscht?", Lenne runselte die Stirn, "Nein, mir scheint, wir haben da doch einen etwas unterschiedlichen Geschmack..." Dann lächelte Lenne sie zuckersüß an, während sie einen Blick in den Augen hatte, als wolle sie Niniel umbringen. "Tut mir einen Gefallen, wenn das nächste Mal ein Rothwardon in eine "Besprechung" von euch eindringt und ihr ihn mit dem Schwert bedroht... Schlagt ihm den Kopf ein..." Der Typ von vorhin hat mich, als ich draußen auf dem Flur stand, angegriffen". Lenne seufzte und fasste sich an ihre Wunde. Dann fing sie an zu fluchen "Dieser verdammte... Naja", sie wandte sich wieder an Niniel, "auf jeden Fall hat er Bekantschaft mit einer weiteren Dame machen dürfen, die auf den Flur kam... Dem Lärm nach zu urteilen, amüsierenb die beiden sich jetzt..."

  3. #323

    Pelagiad - immer noch Halfway Tavern

    "Soso, einen unterschiedlichen Geschmack haben wir?", fragte Ninièl ebenso zuckersüß zurück. "Stimmt, ich will nämlich nicht dauernd jemanden "erlösen", der das gar nciht möchte". Dann wurde sie ernst. "Wie, der Rothwardon hat Euch angegriffen? Warum? Und wer ist denn jetzt die andere Frau, mit der er sich "amüsiert", wie Ihr gerade sagtet. Scheint ja - den Geräuschen nach zu urteilen - ein recht wildes Tänzchen zu sein. Wieso hat die sich eingemischt? Kennen wir sie? Und habt Ihr selbst einen Angriff provoziert oder wie ist das passiert. Der Mann sah doch eigentlich eher recht verkatert aus und jetzt kämpft er da wild in den Gängen der Taverne herum? Sehr merkwürdig das Ganze". Nachdenklich sah sie zu Revan, doch dieser antwortete nicht, sondern starrte - in Gedanken versunken - Löcher in die Luft. Vermutlich versuchte er sich ebenfalls einen Reim auf das Geschehen zu machen.

    Darum stieß Ninièl nun Echozar in die Seite. "Steht nicht nur so nutzlos rum. Sagt etwas. Wisst Ihr hier irgendetwas Näheres?", fauchte sie den armen Dunmer an, aber irgendwie musste sie sich Luft machen. Die ganze Situation gefiel ihr gar nicht. Es wurde immer mysteriöser.

  4. #324

    Pelagiad - Halfway Tavern

    Sein Verlangen, seine Gier hielten ihn Gefangen; er war Sklave seiner Selbst geworden. Doch er fing langsam wieder an den Schmerz zu spüren. Seine Erschöpfung bat verzweifelt seinem Verstand um Hilfe. Er wollte nicht mehr...nein, er wollte mehr. Er befand sich in einem Zwiespalt. Als sich Zwei einen Körper teilten. Seine Wut schwand, sein Hass jedoch verblieb. Er hatte sich an allem und nichts genährt. Er hasste alles was um ihn herum geschah, doch hasste er auch lediglich um des Hasses Willen.
    Hass, Trauer, Schmerz waren die Auslöser seiner Wut. Wut verlieh dem Menschen ungeahnte Kräfte. Wut raubte dem Menschen den Verstand. Wut ließ den Menschen überleben. Er sehnte sich nach ihr...der Wut. Er sehnte sich danach, eins mit ihr zu sein. Er wollte die Wut selbst sein. Kein Mensch, kein Lebewesen, sondern die Verkörperung eines einzelnen Gedankens, eines Gefühls.
    Doch wollte er, nein, konnte er all das für das er bisher gelebt hatte aufs Spiel setzen, allein des Kampfes Willen? All seine Wünsche, seine Träume…ja sein Leben.
    "Ja..."
    Es war der Wille der Redguards; des Redguards. Ihr Rausch, der des eines Nords gleich kam, war die Hoffnung und der Untergang ihres Volkes zugleich. Einmal von der bittersüßen Frucht genascht und der Krieger verfiel dem Blutrausch, der selbst den Imperialen das Fürchten lehrte. War ihm das Schicksal gnädig, so versiegten der Hass und die Wut ehe sie seinen Verstand vollends vereinnahmt. Der Geschwächte Geist und Körper war somit zwar meist der Gnade seines Gegners ausgeliefert, doch falls er sich in seinem Rausch ertrank...war sein Tod unwiderruflich.
    Das Übermaß an Adrenalin, der Unkontrollierte Einsatz seiner Muskeln durch den fehlenden Schmerz...kam der Organismus einmal zur Ruhe, so konnte er sich seines Todes sicher sein. Allerdings endete das Toben des Kriegers erst dann, wenn sein Durst gestillt war und all seine Feinde sich in einer Blutlache vor ihm erstreckten oder sie vor ihm flohen und ihn seinen Wahnsinn überließen.
    Deregar hatte sich schon zu sehr auf seinen Rausch verlassen. Ihm dürstete nach mehr...mehr Lust, mehr Leidenschaft, mehr Hass, mehr Wut, mehr Blut...doch würde er sich nicht augenblicklich zurückziehen würde er sein Leben in den Händen der Götter legen.
    Er atmete schwer und laut. Sein starrer, trüber Blick lag auf dem Gesicht der Frau die sich ihn gegenüberstellte. Sie war...merkwürdig, in vielerlei Hinsicht. Und dabei sollte er es auch belassen. Eingekesselt von Wachen und Meuchelmördern, in einen engen Gang einer Taverne in einem abgelegenen Imperialen Dorf, stellte er sich einem entstellten Mischling...in diesen, zugegebenermaßen ungewöhnlichen, Umständen war sie sogar würdig...würdig den Rausch der Redguards zu erleben, würdig durch sein Schwert zu sterben...würdig ihn zu töten.
    Ein letzter Hilfeschrei durchfuhr seinen Geist. Er hatte eine hiesige Verantwortung seinem Land, seinem Volk und sich selbst zu tragen…doch war es vergebens. Im Kampf zählte lediglich die Entschlossenheit eine Waffe zu führen und diese in die Eingeweide seines Feindes zu stoßen. Mut, Ehre, Verantwortung, Furcht, Wünsche, Hoffnung Liebe, Vorsicht, Vergebung...all dies hatte nichts auf einem Schlachtfeld zu suchen.
    Sein Mund öffnete sich immer weiter, doch kamen keine Worte hervor. Sein Röcheln erzitterte unter seiner innerlichen, sowie äußerlichen Anspannung. Das Zittern übergriff seinen gesamten Körper. Jede Muskelfaser, jedes auch so kleine Haar vibrierte. Er konnte spüren wie sein Hass ihm langsam all seine Sinne nahm. Er machte ihn Blind. Nur die schweigende Frau konnte er noch vage erkennen. Doch seine Wut war verschwommen und schwach geworden. Sie wiederzuerlangen benötigte einiges an Selbstüberwindung. Doch die Furcht im Gesicht der Mischlingsfrau würde er wahrlich genießen.
    Langsam streckte er seinen linken Arm aus und setzte das bebende Schwert zum Schnitt an. Von Oberarm bis Zeigefinger durchfuhr er in einem Zug sein Fleisch und hinterließ einen leicht verzerrten, aber tiefen, Schnitt. Während sein brennendes Herz seinen Körper in Flammen aufgehen ließ und sein kochendes Blut seinen Arm überflutete wiederholte er das ganze an seinem anderen Arm und hielt schließlich sein Schwert weit über sein Haupt. Sein Blut rann ihm den Armen, den Rücken und der Brust hinunter bis es schließlich auch seine Beinlinge durchtränkte. Doch neben alle dem floss ein kleiner Fluss aus roter Flüssigkeit an der Spitze der Klinge beginnend, Griff und Knauf entlang, direkt in den weit geöffneten Mund des Redguards. Benommen vom eigenen Blut war der Blut-Rausch des Mannes nicht mehr entgegenzuwirken.
    Die Hitze verdrängte den Schmerz, der Hass den Verstand und die Wut das Leben.
    "Fear...me...Hate...me...Kill...me..."
    Seine vom Blut rot gefärbten Zähne ragten weit empor, während er sich in Kampfposition brachte. Die Elfenfrau jedoch blieb stur. Dort wo hunderttausende an Männern der verschiedensten Völker in Furcht erstarrten oder sich angewidert dessen Blick entzogen, blieb ihre Miene ausdruckslos. Es fehlte ihm leider die Einsicht in ihr Inneres und so konnte er sich nicht sicher sein, ob sie wahrlich so Gefühllos war wie sie es vorgab. Dann erstarrte er für einen Moment; die Kälte, der Hass, die Wut war aus ihm gewichen.
    "Feed meeee!"
    Mit weit aufgerissen Augen, gefletschten Zähnen und einem markerschütternden Schrei stürzte er sich blindlings auf den Elfenmischling. Wenige Meter vor ihr sprang er empor und setzte für einen Schlag von oben auf den ungeschützten Kopf an, den sie jedoch mühselig mit dem Ebenerzschwert blockte. Von seiner Wucht erfasst, zwang es sie in die Knie und sie musste zur Seite ausweichen um den Folgeschlag auszuweichen. Wieder und wieder schlug er auf sie ein, wie ein Sturm aus Klingengeschwirr. Das Holz, die Rüstung sowie das Schwert seines Kontrahenten erlitten heftigen Schaden unter dem Wütend des Söldners. Doch den entscheidenden Schlag konnte er ihr nicht zufügen. Sie war begabt, nein, mehr als nur begabt um ein zu Mensch gewordenes Monster derart furchtlos entgegenzutreten und dabei auch noch ihr Leben zu wahren.
    Der Klang von Klingengeschwirr erfüllte den Gang. Wie ein Klagelied, das den Tod einer der beiden anpries. Er ergötzte sich bei jedem erneuten aufeinander treffen der beiden Klingen an dem kleinen Funkenmeer. Sein wahnsinniges Grinsen breitete sich immer weiter über sein Gesicht aus. Er war in Ekstase. In einer Ekstase, die mit keinem anderen Gefühlshoch auch nur im Geringsten verglichen werden konnte. Wahnsinn, Leidenschaft und Lust verzerrten seinen Geist und er ging unter in einem Meer aus Flammen.
    Blut bedeckte den Boden, ihn und die Rüstung der Elfe...sein Blut. Es war unklar, wie lange er noch mit einem solchen Blutverlust durchstehen würde. Zumindest sah man es dem Wilden nicht an. Das Geplänkel hielt an. Ihm entzog sich jedwedes Zeitgefühl und so war er sich nicht sicher wie lange sie schon die Schwerter kreuzten, ehe er sie schließlich gegen eine Wand drängen konnte. Er hielt kurz Inne, gab ihr die Gelegenheit einige letzte Worte zu sprechen, doch sie schwieg. Er verstand nicht, doch würde es ihm so oder so Recht sein, solange ihr Blut an seinem Schwert kleben würde…
    Ein letztes Mal schlug er von oben herab auf den Kopf der Frau ein. Ihre Furchtlosigkeit hatte sie bis zuletzt gewahrt, ehe sie blitzschnell ihre Klinge anhob und den Hieb abblockte. Die Wucht presste sie gegen die Wand. Ein lautes Klirren und ein Meer aus Funken bedeckten den kleinen Gang. In seiner Schwerthand trug der Söldner nun mehr nur noch Schaft und Ansatz seines Schwertes. Das silberne Langschwert war im Angesicht der Ebenerzklinge zerbrochen. Der wilde und unkontrollierte Umgang mit der schlecht verarbeiteten Waffe war ihm zum Verhängnis geworden.
    Sein Feind reagierte rasch und hielt ihm erneut die Klinge an die Kehle. Es war ihm als wollte sie etwas sagen, doch sie schwieg. Sie zögerte einige Sekunden lang, tötete ihn nicht. Lange genug um die Klinge mit einem gewaltigen Hieb seines Schwertstumpfes zu Boden zu stoßen. Eine leichte Schnittwunde durchfuhr seine Kehle, die erneute Hitzewellen in seinem Körper ausweitete. Rasch sprang er zur Seite, hob die abgebrochen Klinge auf und distanzierte sich ein wenig von dem Mischling.
    Wild schnaubend und verzerrt Lächelnd stand er ihr gegenüber. Zwei Mal hatte sie es verpasst ihn zu töten. Ein drittes Mal würde er ihr nicht die Gelegenheit dafür geben. Mit dem Griff in der rechten und die Klinge in der linken Hand schritt er langsam auf sie zu.
    "Come...Come...Fight me...Fight meeee!"
    Sein Blut quoll aus seinen Wunden als er ein letztes Mal auf die Mischlingsfrau stürzte.

  5. #325

    Pelagiad - Echozars Zimmer in der Taverne

    "Steht nicht nur so nutzlos rum. Sagt etwas. Wisst Ihr hier irgendetwas Näheres?"
    Diese wie von einem Drachen gefaucht klingenden Worte sowie der nicht ganz kraftlose Stoß in seinene Seite ließen Echozar nun nach einer langen Zeit des Schweigens und Nachdenkens den Blick wieder heben und die Altmerin sowie die andere verwundete Frau an der Tür abwechselnd ansehen. Natürlich wusste er auch nichts und eigentlich sollte diese Elfe das auch wissen, immerhin saß er hier die ganze Zeit mit den anderen im Zimmer. Es interessierte ihn auch überhaupt nicht, was sich in der Taverne abspielte, vielmehr hatte er die ganze Zeit überlegt, ob er das allgemeine Chaos zur Flucht hätte nutzen können, aber dieser Abenteurer aus dem Osten, der ihm scheinbar etwas über sich verschwiegen hatte und diese Altmerin standen so zur Tür, dass er es niemals soweit geschafft hätte. Nun gut, einen Versuch wäre es wert gewesen, aber es kam ihm so vor, als hätten sie seine Geschichte geglaubt oder zogen zumindest in Erwägung, dass er die Wahrheit sagte. Ein Fluchtversuch hätte all seine Bemühungen diesbezüglich zunichte gemacht und im Kampf gegen zwei Gegner hätte er womöglich alt ausgesehen. Er betrachtete die Altmerfrau noch einmal genauer. Ja, auch sie schien Kampferfahrung zu haben, wenn ihm sein Eindruck nicht einen Streich spielte. Wahrscheinlich hatte er die beste Entscheidung getroffen, indem er einfach abwartete. Und selbst, wenn in den Worten der Elfe jede Menge Bosheit mitschwang, so interessierte sie seine Meinung zu der Sache, sah ihn also nicht unbedingt als Mörder und Verbrecher an. Aus diesem Grunde beschloss er auch, seine Antwort nicht allzu patzig zu gestalten, obwohl ihm ein ironisch gemeinter Kommentar wie: "Das sind meine Komplizen, die mich nun befreien werden." auf der Zunge lag.

    "Da ich genau so hier im Zimmer sitze wie Ihr, weiß ich auch nicht, was da draußen ist. Oder meint ihr, ich kann durch die Wände sehen?", antwortete er, während er gleich darauf darüber nachdachte, ob er sich den letzten Satz nicht hätte schenken können, da er die Frau nicht verärgern wollte. Nun ja, aufgrund des allgemeinen Chaos in der Taverne würde sie wohl (hoffentlich) nicht ihre Waffe ziehen, um sie ihm unter den Hals zu halten, unter normalen Umständen war der Dunmer sich nicht so sicher, wie sie reagiert hätte.
    "Wir sollten auf jeden Fall jetzt nicht nach draußen gehen und uns einmischen, wenn ihr mich fragt", sprach er weiter. "Behaltet aber die Tür im Auge und haltet eure Waffen bereit, dieser Redguard ist mir auf einmal recht suspekt und vielleicht ist dieses Zimmer sein Ziel, immerhin war er vorhin schon einmal da. Gestern war er sehr viel... lockerer. Ich hörte bereits, dass einige Leute von Alkohol agressiv werden, aber das einen Tag später?"
    Echozar zuckte mit der Schulter, erhob sich nun vom Bett und nahm sein Schwert Wolkenbiss fest in die rechte Hand. Er beobachtete dabei genau den anderen Dunmer und die beiden Elfendamen, aber niemand schien etwas dagegen zu haben, immerhin saßen sie nun doch alle in einem Boot... Zimmer halt.

  6. #326

    Pelagiad - Halfway Tavern

    "Oder meint ihr, ich kann durch die Wände sehen?" Als Ninièl diese Worte hörte, bedachte sie Echozar mit einem fiesen Grinsen. "Nun, dann wärt Ihr wenigstens zu etwas nutze", meinte sie. Insgeheim gestand sie sich aber ein, dass der Dunmer wohl recht hatte. Schließlich hatte er mit ihr und Revan zusammen hier festgesessen, während Lenne da draußen irgendeinen wie auch immer gearteten Todestanz entfesselt hatte. Sie seufzte und wußte nicht genau, wer hier suspekter war: Lenne oder dieser Redguard. Sie sah, wie Echozar sein Schwert in die Hand nahm und hoffte, dass er wenigstens ein guter Kämpfer war. Er wirkte irgendwie so ... so defensiv. Allerdings sah das Schwert selbst aus, als wäre es für einen erfahrenen Kämpfer gemacht. So bestand wohl Hoffnung. Lenne selbst mit ihren Verletzungen wäre jetzt sicher keine große Hilfe. Sie warf einen Blick auf Revan, welcher ebenfalls seine Waffe gezogen hatte und die Tür anstarrte.
    Dann gingen ihr Echozars Worte bezüglich des aggressiv machenden Alkohols noch einmal durch den Kopf. Der Mann hatte recht: einen Tag später davon Aggressionen zu bekommen, war mehr als unwahrscheinlich. Dieser verfleixte Rothwardon musste eine lebende Falle gewesen sein. Und hatte ihnen erfolgreich ein glänzendes Schauspiel geboten. Sie vefluchte sich selbst für ihre Gutgläubigkeit und Unachtsamkeit. Am besten wäre gewesen, sie hätte ihn gleich im Zimmer getötet. Revan hätte ihr sicherlich ohne Bedenken einen Ehrenhaften Erlass ausgestellt, den sie im Zweifel hätte vorzeigen können. Nun aber war es zu spät und sie alle saßen irgendwie in der Tinte.
    Nun starrte auch Ninièl die verriegelte Tür an und fragte sich, was als Nächstes passieren würde. Nichts Gutes jedenfalls, dessen war sie sich sicher. Es schien einfach einer jener Tage zu sein .....

  7. #327

    Pelagiad / Halfway Tavern

    Er ist wahnsinnig - die einzigen Worte, die Kurenai durch den Kopf schossen, als sie in seine entschlossenen Augen blickte, so hasserfüllt und leidenschaftlich, dass sie sich beinahe übergeben musste. Ihre Hand verkrampfte sich um den Schwertgriff. Diese harte Klinge, so wusste sie, hatte sie dem Sieg einen Schritt näher gebracht. Sie hätte ihn töten können. Nein, sie hätte ihn töten müssen, denn er war gefährlich. Noch nie in ihrem Leben hatte sie einen Mann getroffen wie ihn. Es war Abscheu, die ihr Herz bei seinem Anblick bewegte. Diese Abscheu, dieser in ihr aufflammende Hass, als sie das lädierte Schwert in ihrer rechten betrachtete, welches einst Malukhat ihr geschenkt hatte, wurden so stark, dass es an Liebe grenzte. Jedoch war sie ein Meister der Unterdrückung ihrer eigenen Gefühle. Seine Angriffe waren stark, aber unkoordiniert. Sein Verstand schien jegliche Arbeit eingestellt zu haben. Hier war sie im Vorteil. Wenn sie einen kühlen Kopf behielt, konnte sie es schaffen, den Rothwardonen durch eine schnell geplante Taktik einmal mehr dem Tode nahe zu bringen und den letzten Schlag, welcher sein Leben auf ewig beenden sollte, zielgenau auszuführen. Noch einmal kam er ihr nicht davon. Die Angst, dass Anyala sehen könnte, was sie wirklich war, hatte sich in eine dunkle Ecke ihres Unterbewusstseins zurückgezogen. Keine kurzzeitig abrufbaren Erinnerungen waren mehr vorhanden, die sie ein weiteres Mal davon abhalten konnten, ihm seines Lebens zu berauben. Vielleicht oblag es nicht ihrer Entscheidung, aber er hatte sein Leben nicht verdient. Er nahm Leben, ohne darüber nachzudenken. Das war falsch, einfach nicht richtig ? seine Art entsprach einfach nicht Kurenais verdrehter Vorstellung von Moral. Und darum musste er sterben, darum musste sie ihn töten. Ihr Atem ging schwer. Seine Angriffe abzuwehren hatte Kraft gekostet. Sie hatte nicht gewusst, wie lange sie ihnen noch hatte standhalten können.
    Nein, schoss es ihr durch den Kopf, nein, nein, nein! Ich... werde... nicht... sterben! Ich werde nicht sterben! Ich darf nicht sterben, nicht hier, nicht jetzt - nicht durch seine Hand! Sie presste die Zähne aufeinander, dass es schmerzte, kniff die Augen zusammen, als sie den seinen Angriff begleitenden Schrei hörte. Sie hatte keine Angst. Der Tod war nur eine weitere Phase des Lebens, im Endeffekt vollkommen uninteressant und unsinnig.
    Du kriegst mich nicht. Kurenai war entschlossen. Sie entspannte ihr Gesicht und hob den Kopf. Aus ihren Augen sprach keine Wut, keine Furcht, keine Verzweiflung, keine Freude an diesem grausamen Spiel. Nichts. Kein Fünkchen regte sich mehr in ihrem Herzen, falls sie ein solches im sprachgebräuchlichen Sinne überhaupt besaß. Warmes Blut rann in kleinen Rinnsalen über ihr Gesicht, ihre Hände, durchtränkte ihr Haar. Machte er so weiter, würde er sterben, ehe der Kampf durch einen Schwertstreich entschieden werden konnte. Ihr sollte es recht sein. Sein Leben - es war keinen Dreck wert. Es ihm einst geschenkt zu haben, kam damit gleich Perlen vor Säue zu werfen. Sie leckte sich über die Lippen, schmeckte das Blut und ließ es auf ihrer Zunge zergehen. Der süßliche Geruch, der dem Geschmack des Blutes gleichkam, hing bleiernschwer in der Luft.
    Mit einem Ruck riss sie sich den ohnehin in Fetzen von ihrem Körper hängen Umhang vom Leib, sodass ihre Rüstung vollends sichtbar wurde. Zum ersten Male verfluchte sie sich, dieses Eisen an sich zu tragen. Es war imposant und wirkte einschüchternd auf ihre Gegner, doch andererseits war es auch schwer. Zu schwer, als dass sie hier einen Ausgleich in Sachen Wendigkeit herausschlagen konnte. Aber es würde auch anders gehen. Sie war nicht schwach, sie konnte ihn besiegen. Und sollte er sie dennoch töten, hatte sie eben Pech gehabt.
    Die abgebrochene Klinge in der Hand ihres Feindes zuckte in Richtung ihres Kopfes. Der Schlag war so unkoordiniert, dass sie nur...
    Kurenai hob das Schwert, ließ die Klinge des Gegners an dessen Seite entlang schleifen und wich einen Schritt nach rechts aus. Glas barst, Scherben klirrten zu Boden. Sie durfte sich nicht ablenken lassen. Von oben herab führte sie einen Streich in Richtung seines Rückens, war sich sicher, ihn auf diese Weise kampfunfähig machen zu können. Wie in Zeitlupe betrachtete sie das Geschehen, wie das Ebenerzschwert in Richtung seines Rückens hinab fuhr und - der Rothwardon wirbelte herum, legte seine Hände zu beiden Seiten des Stahls und nutzte es als Schild, blockte den kraftvollen Angriff der Frau mühelos und riss das gegnerische Schwert zur Seite. Obgleich sie ihm hierdurch eine gewaltige Fläche dank fehlender Verteidigung bot, verspürte sie keine Zweifel. Eine schnelle Bewegung, ein mächtiger Schlag reichten aus, die Waffe des anderen aus dessen Händen zu schlagen und sie dumpf auf den Holzdielen aufprallen zu lassen. Einen Moment zu früh gefreut, den Bruchteil einer Sekunde unachtsam gewesen, schon stand er direkt vor ihr und rammte ihr die Faust in den Magen. Dass er hierbei die schwere Rüstung malträtierte und sich selbst weitaus größeren Schaden zufügte als ihr, interessierte ihn wohl wenig. In seiner blinden Wut schien er keinen Schmerz mehr zu verspüren.
    Kurenai verlor den Halt, landete auf dem Boden. Ihre Waffe entzog sich ihrer Reichweite, schlug irgendwo weit hinter ihr auf dem Holz liegen und harrte seiner Meisterin. Da war er bereits über ihr. Körperlicher Schmerz... nur eine Illusion, man konnte ihn sich mühelos wegdenken, doch jetzt? so sehr Kurenai auch versuchte, sich selbst keine Qual anmerken zu lassen, fühlte sich ihr Körper an, als wäre er von langen, spitzen Nadeln gespickt. Er schlug ihr ins Gesicht, immer und immer und immer wieder.
    Seine Augen sprachen Bände: Kein Mitleid, keine Reue - nur Hass. Und? Was war es noch? Es konnte nicht ausschließlich Hass sein. Das war nicht die die einzige Aussage, die sein Blick ihr gegenüber machte. Er konnte sie nicht hassen, denn er kannte sie nicht. Also, was war es? Kurenai zwang sich zu denken. Vielleicht war dies herauszufinden ihre einzige Möglichkeit, das Ruder noch einmal herumzureißen. Ein kehliges Geräusch, welches bei einem normalen Menschen wohl als Schrei zu deuten gewesen wäre, entlockte sich ihrem Hals, als ihr Hinterkopf hart auf dem Boden aufschlug. Sie spürte seinen Körper über dem ihren, sie konnte sich kaum bewegen, hatte kaum Freiraum zum Atmen. Aber sie musste denken. Denken um ihres eigenen Lebens willen, um der Strafe willen, die sie sich selbst auferlegt hatte. Wenn sie jetzt starb, war alles für die Katz?, alles Geschichte, alles so sinnlos und verquer. Was war es? Komm' schon, zeig' es mir!, schrie sie ihm in Gedanken entgegen. Denn selbst, wenn die Stumme nun den Tod finden sollte, wollte sie wissen, was dieses Monster bewegte, in einem solchen Hass auf sie loszugehen. Sie wollte nicht sterben, ohne zu wissen, was es war, von dem sie da geschunden und ausgelöscht wurde.
    Dann sah sie es. Und genau jeder Moment verschaffte ihr ein Wissen, welches sie vor dem Kampf benötigt hatte, besser gar bevor sie diese vermaledeite Stadt überhaupt betreten hatte: Sie konnte ihn nicht besiegen. Der Spiegel ihrer Hoffnung und Illusionen zerbarst in tausend Stücke, als sie sich dieser Tatsache gewahr wurde. Sie würde sterben. Ohne mit der Wimper zu zucken würde er sie nun totschlagen, und selbst wenn sie bereits tot war, würde er nicht aufhören. Er würde ihren Körper mit seinen eigenen Händen völlig entstellen, er würde seiner Wut solange freien Lauf lassen, bis von ihrem Körper nicht mal mehr übrig war, als ein lebloser Klumpen Fleisch.
    Tja, dachte sie, da habe ich wohl doch Pech gehabt? Sie akzeptierte den Tod. Hatte sie sich denn nicht wacker geschlagen? Sie hob die Hände, packte ihn an den Gelenken und gebot seinen Fäusten unter größter Anstrengung Einhalt. Das Eisen ihrer Krallen schnitt tief in seinen Fleisch, ihr Griff war fest. Lange konnte sie dies hier nicht durchhalten, schnell wollte sie ihre letzten Worte sprechen, sie lagen ihr brennend auf der Zunge wie flüssiges Metall.
    "Du tust mir Leid", schickte sie ihre Gedanken durch einen zwecksentfremdeten Beherrschungszauber direkt in sein Hirn. "Du fühlst dich gut, wenn du töten kannst. Aber es ist nicht das Töten, oder? Du willst nur Blut sehen. Deine Minderwertigkeitskomplexe sind bemerkenswert. Du fühlst dich stark und deinem Gegner überlegen, doch all jene, die du in deinem Rausch vernichtetest, belächelten dich, denn du verstehst es nicht. Du bist ein Wurm, der sich selbst auffrisst. Wie erbärmlich."

    Und sie lächelte herablassend.

  8. #328

    Halfway-Tavern Pelagiad

    Die Kampfgeräusche draußen wurden immer wilder. Was auch dort geschah, über eines war Ninièl sich im Klaren. Würde der Rothwardon gewinnen, so wäre die verriegelte Tür hier kein Hindernis für ihn. Und das kleine Zimmer würde sich mit einem Kampf füllen, für den es entschieden zu eng war, so dass die Gefahr bestand, dass sie sich höchstens alle gegenseitig verletzen würden. Erneut seufzte sie innerlich. Dann sah sie sich zu den anderen um.

    "Lenne, Ihr seid bereits verletzt und bleibt hier. Verriegelt die Tür sofort wieder, wenn wir draußen sind. Echozar, Revan, kommt. Schauen wir mal, ob unser hinterhältiger Rothwardon vielleicht von uns auch etwas auf den Schädel braucht". Ihre Stimme duldete keinerlei Widerspruch. Ninièl ging zur Tür ohne sich umzusehen, ob die anderen ihr folgen würden oder nicht, sie setzte es einfach voraus, zog blitzschnell ihr Schwert, riss die Verriegelung zurück und raste nach draußen, immer dem Schwerterklirren nach. "Verdammter Rothwardon. Menschen. Nichts als Schwierigkeiten. Und ich dachte, nur die Nord wären übel", ging ihr durch den Kopf, als sie auch schon am Ort des Geschehens ankam.

    Fast erstarrte sie bei dem Anblick. Der Rothwardon war offenbar gerade dabei, eine Frau, eine halbelfische Frau zu töten. Mit einem wilden Schrei raste sie auf ihn zu: "Halt ein, ich bin jetzt Deine Spielgefährtin", meinte sie noch spöttisch, und dann blieb dem Menschen nichts weiter übrig, als ihr blitzschnell herabsausende Klinge abzuwehren. Erneut begann in der Taverne des sonst so stillen verschlafenen Städtchens ein erbitterter Todestanz. Was der Kampfrausch des Rothwardon auf der einen Seite war, das machte Ninièls gnadenloser Hass auf alle Menschen und ihre elfische Schnelligkeit mehr als wett. Es war wie ein Duett entfesselter Mächte. Ein Schattenreigen - dazu ausersehen, einen von ihnen noch heute nach Oblivion zu schicken.

    Die Augen des Mannes wirkten tot, leer und gleichzeitig - so paradox dies klingen mochte, glühte ein stiller Triumph in ihnen. Kampf und Blut schienen sein einziger Daseinszweck zu sein. Und genau dies würde sein Verderben werden, denn Ninièls Antrieb war das Leben selbst, ihr eigenes und dass derjenigen, die sie schützen wollte. Schützen vor einem verdammten Menschen. Auch ihr Blut schien jetzt zu singen, ihr Körper und ihr Schwert waren eins. Tödliche Eleganz und Schnelligkeit, die ihr ihre Herkunft sowie jahrelange Kampferfahrung verliehen hatten, ließen sie jeden Hieb, jede Bewegung des anderen parieren.

    Einen kurzen Augenblick standen sich beide direkt Auge in Auge gegenüber, diesmal war es der Redguard, welcher abwehrte und Ninièls Schwert, das ihm fast die Kehle durchtrennt hätte. "Mensch!", zischte sie. "Verräterrischer, feiger Lump. Kurzlebiges, unzivilisiertes Gesindel". Doch ihr Gegenüber blieb stumm, nur eisige Ausdruckslosigkeit zeichnete ihn aus und eneut stieß er sie zurück. Langsam fragte Ninièl sich, wo Echozar und Revan blieben. Starrten die irgendwo Löcher in die Luft oder hatten sie etwa Angst? Der Kerl vor ihr agierte wie eine alte Dwemer-Maschine, nur ließen diese sich entschieden leichter vernichten und waren deutlich langsamer. Zeit, dass die Männer sich mal einmischten, dachte sie, während sie wiederum einen blitzschnell, von unten geführten Schwertstreich parierte und des Rothwardons eigenes Schwert in Richtung seines Kopfes schlug. Sie hatte gehofft, ihn durch die Parade zu entwaffnen, doch dieser schien ebenso mit seiner Waffe verwachsen wie sie selbst. Sollte das etwa endlos so weitergehen?

  9. #329

    Pelagiad - Halfway Tavern

    Echozar sah, wie der von der Hochelfin Revan genannte Abenteurer ihr hinterherging, sozusagen in die Höhle des Löwen. Der Waldläufer selbst zögerte jedoch. Was um Himmels Willen interessierte ihn der Kampf dort vor der Tür? Was interessierte ihn, wer sich dort den Kopf einschlug und warum sollte er denen helfen, die ihn bis eben noch verhört hatten? Auf diese Frage fand er keine Antwort, aber komischerweise kam dieses unnütze Gefühl wieder hoch, seinem eigenen leeren Leben einen Sinn verleihen zu müssen, indem er den Hilflosen beistand. Warum passierte das immer in solchen Momenten? Warum musste sein verdammtes Seelenleben immer zwischen totaler Gleichgültigkeit und aufopferungsvoller Selbstlosigkeit schweben. Warum hatte er sich nicht schon vor langer Zeit selbst von diesem Fluch, den andere Leben nannten, erlöst? Mehrere verschiedene Gefühlswallungen kamen in ihm hoch, zuletzt sogar die Erinnerung an die uralte Geschichte, welche seinen Lehrmeister das Leben kostete und ihm Schuldgefühle und Bitterkeit für die Ewigkeit brachte. Sein Griff um Wolkenbiss wurde fester und er folgte Revan nach draußen, ohne wirklich den Grund zu wissen.

    Inzwischen hatte sich Ninièl mit dem Redguard angelegt, der augenscheinlich dem Irrsinn verfallen war. Nicht anders konnte man seinen Zustand erklären, er kämpfte wild und Blut bedeckte beinahe jedes einzelne Glied seines Körpers. Was hatte diesen lustigen Trinkgesellen vom gestrigen Abend nur so verwandeln können, er wirkte wie ein grotesktes Abbild dieser Person, die gestern mit ihm eindeutig zuviel Sujamme getrunken hatte.

    Gerade wollte Echozar in den Kampf eingreifen, als ihm beinahe das Schwert aus der Hand fiel. Er sah auf dem Boden liegend die angegriffene Person, welche Lenne scheinbar in den Kampf gebracht hatte. Vor einiger Zeit war er ihr schon einmal begegnet und er hätte niemals gedacht, dieses "Gespenst" jemals wiederzusehen, vor allen Dingen nicht in einer Taverne am anderen Ende von Vvardenfell. Unfähig, sich zu bewegen, starrte er mit aufgerissenen Augen die Frau an, die einst ihr Schwert an seine Kehle gehalten hatte. Alles um ihn herum, die parierten Schwerthiebe des Kampfes und die immer noch an die verschlossene Tür hämmernden Soldaten nahm er nicht mehr wahr. Damit hatte der Dunmer einfach nicht gerechnet, das konnte doch kein Zufall sein.

  10. #330

    Pelagiad / Halfway Tavern

    Kurenai setzte sich auf und lehnte ihren schmerzenden Körper gegen eine Wand. In ihrem Blick lag Leere, doch tief in ihr drin kochte es. Sie hatte sich auf das Sterben vorbereitet, ihren eigenen Tod akzeptiert, und dann ging einfach diese Frau dazwischen und lenkte den Rothwardon von seiner eigentlich Arbeit ab: Das Erschlagen Kurenais. Das war einfach nicht fair. Ja, ihre Anschauungen mochten verrückt klingen, aber dies hier war bis eben noch ein Zweikampf zwischen vollkommen Fremden gewesen. Und nun wagten es drei eigentlich Unbeteiligte, sich einzumischen. Einer von ihnen, ein Dunmer, stand am Rande des Geschehens und betrachtete die Hochelfin, welche sich durch wendige Eleganz dem Kontrahenten gegenüber behauptete. Vorerst benötigte sie keine Hilfe, das war offensichtlich. Und noch ein weiterer Dunmer war in den Raum getreten. Kurenai kannte ihn. Er sah immer noch genauso erbärmlich aus wie damals, als sie ihn hatte entkommen lassen. Oder war er ihr unter der gezogenen Klinge hindurch entwischt? Die Stumme erinnerte sich nicht. Sie wollte es auch gar nicht, denn der Mann war ihr vollkommen egal. Mit dem rechten Daumen wischte sie sich ein wenig Blut vom Mundwinkel und betrachtete es versonnen. Sie musste vielleicht aussehen… Wie ein geschlagener Köter mit eingezogenem Schwanz. Morgen würde ihr Gesicht grün und blau gefärbt sein. Die Farbe Schwarz gefiel ihr eigentlich besser, aber wahrscheinlich würde auch dieser Ton sich zu den anderen gesellen. Eine Platzwunde am Kopf bereitete ihr höllische Kopfschmerzen, jede einzelne Extremität war leicht taub geworden. Uninteressant.
    Ihr Blick schwenkte in Richtung der Dielen, betrachtete eingehend jede einzelne Rille und Unregelmäßigkeit im Holz. Schließlich war sie bei ihrem Ebenerzschwert angelangt. Es lag vielleicht nicht direkt griffbereit, aber es sollte ebenfalls keiner großen Anstrengung bedürfen, es sich schnell zu schnappen und dem wüsten Treiben ein Ende zu bereiten. Der süße Duft des Blutes stieg ihr einmal mehr in die Nase und verursachte eine leichte Übelkeit. Es war der Geruch des Todes. Die Stumme versuchte, sich zu erheben. Ein gewaltiger Fehler. Dank der Anstrengung hatte ihr Kreislauf es scheints erstmal für rechtens empfunden, auf stur zu stellen und einige Stunden erhebliche Beschwerden hervorzurufen. Tja, da konnte man nun auch nichts dran ändern, denn sie wusste, was sie zu tun hatte. Davon hing ihr Seelenheil ab. Der Rothwardon mochte ja stark sein, aber bei seiner gegenwärtigen Lage konnte er unmöglich gegen drei gestärkte, vollkommen gesunde und – wie unschwer zu erkennen war – auch starke Gegner gewinnen. Nicht nur Kurenai war am so ziemlich am Ende ihrer Kräfte angelangt, ihm ging es nicht besser. Doch anstatt aufzugeben wie sie, trieb der Wahnsinn ihn auf dem letzten Stückchen dieses kurzen Marathonlaufs namens Leben immer weiter in Richtung Zielgerade. Nur, dass dort keine Medaille auf den Mann wartete, sondern das unweigerliche Ende seiner Existenz.

    “Wenn ein Gegner stärker ist als du… dann kämpfe. Kämpfe einfach weiter. Mehr als sterben kannst du nicht, merk’ dir das. Dein Gegner wird dir schon nicht den Kopf abreißen“, Malukhat legte einen Zeigefinger an sein Kinn und dachte kurz nach. Er runzelte die Stirn. Dann: „Na ja, er könnte schon, aber – das ist ja jetzt nicht das Thema, verdammt!“ Die kleine Kurenai betrachtete den Mann mit schief liegendem Kopf. Sie sagte: „Und wenn ein Gegner zu stark für mich ist? Ich meine, nicht einfach nur stärker, sondern so stark, dass ich mir sicher bin, dass er mich töten wird?“
    „Na, weiterkämpfen! Was dachtest du denn? Schau mal in das Buch hier“ – er reichte ihr einen einfachen, roten Einband, mit schwarzen Lettern versehen: Die Ehre des wahren Kriegers. – „Auf Seite hab’ ich vergessen steht, dass ein wahrer Krieger sich nicht unterkriegen lässt, das wäre ein Schande für sein Heimatland. Verstehst du? Du müsstest dir die Zunge raus schneiden und dich töten, um die Ehre deiner Familie wiederherzustellen. Immerhin hast du ihren Stolz beschmutzt und musst dementsprechend über dich selbst richten.“ Der hochgewachsene Dunmer verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und ließ sich mit dem Rücken auf das vom Tau bedeckte Gras fallen. Er machte einen nachdenklichen Eindruck, während er so in den wolkelosen Himmel starrte. Heute würde ein schöner Tag werden, Kurenai freute sich schon. Papa hatte versprochen, mit ihr zum See zu gehen, sollte die Sonne scheinen. Sogar Rydag und Marsheval durften hingehen, da konnte sie ja natürlich nicht fehlen! Die Vorfreude aber verebbte, als sie Malukhat zuvor gesprochene Worte vernommen hatte. Welchen Sinn hatte es, sich für sein Heimatland zu opfern, nur weil dessen Ehre dann beschmutzt würde? Und die Ehre der Familie? Was war das denn überhaupt für eine Ehre, die das Leben vieler Menschen für sich beanspruchte? Das war eine dumme Regel, die Malukhat ihr da einzuprägen versuchte. Und erklären konnte er es ja auch nicht. Es stand in dem Buch; es war nicht logisch vertretbar oder so, aber es war so. Doofes Buch.
    „Und“, begann Kurenai vorsichtig und sah den Mann von der Seite an, „was würdest du tun, wenn du einer Übermacht gegenüber stehst und weißt, dass du nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, nie, im Leben nicht, auf gar keinen Fall, vollkommen unmöglich siegen kannst?“
    Malukhat setzte sich auf und betrachtete das Mädchen eingehend. Dann tätschelte er ihm grinsend den Kopf und sagte: „Weglaufen natürlich. Ich bin doch nicht bescheuert.“
    Sie lachten, obwohl beide wussten, dass er es ernst meinte. Er sagte immer über sich selbst, er sei ein ehrloser Bastard. Und obwohl sein Mund lachte, trat ein Ausdruck in seine Augen, welcher dem Funken einer schwarzen Flamme gleich kam. Dieser Mann besaß zwar ein ausgereiftes Ego, aber keinerlei Stolz. Das, was die meisten mit letzterem verwechselten, war einfach nur seine Art, seinen eigenen Weg zu gehen.
    „Wenn du etwas wirklich willst“, sagte er plötzlich, „dann musst du alles dafür tun. Du musst dein Leben dafür aufs Spiel setzen. Und selbst, wenn du weißt, dass es falsch ist – tu immer nur das, was du vor dir selbst vertreten kannst. Was alle anderen denken, ist egal. Manche mögen dich für total durchgeknallt halten und die Männer mit der weißen Jacke beordern, aber lass’ dich davon nicht abschrecken. Glaub’ mir: Die schlimmste Sünde ist, sich selbst zu belügen.“


    Wenn du etwas wirklich willst… Kurenai erinnerte sich des Mannes mit Trauer. Wie viele Jahre vergangen waren seit ihrer letzten Begegnung vermochte sie nicht zu sagen. Er hatte ihr einiges beibringen können und ihr immer wieder gesagt, dass nur sie selbst ihr Leben bestimmen könne. Und wenn sie dies tat, indem sie sich selbst belog, triebe sie ihre eigene Seele dem Verderben entgegen. Das wollte sie nicht. Die Stumme wollte sich niemals eingestehen müssen, dass alles, wofür sie gelebt hatte, eine einzige Farce gewesen war. Sie hörte auf den Rat des alten Freundes.
    Der schmerzende Körper wirbelte herum, ergriff das Schwert und richtete sich ruckartig auf. Sie musste handeln – und zwar schnell. Mit drei Schritten war sie zwischen die Kämpfen gelangt und parierte das Schwert der Altmer. Die zerbrochene Klinge des Rothwardonen sauste an ihrem Kopf vorbei, verfehlte diesen knapp und durchschnitt das weiche Schulterfleisch. Die einzige Stelle, an der Kurenai nicht durch ihre Rüstung geschützt war. Das Metall wurde nicht tief in ihre Schulter getrieben, aufgrund der bereits vorhandenen Taubheit spürte die Frau es kaum. Der Schmerz würde erst später kommen. Mit einem Ruck riss sie Klinge der verwirrten Altmer herum und versetzte ihr einen harten Faustschlag mit ihrer stahlbekrallten Faust ins Gesicht. Derweil holte sie mit einem Fuß aus und trat dem Rothwardon mit voller Wucht in den Magen.
    Stille.
    Die beiden Kämpfenden taumelten nach hinten, die Altmer hielt sich verwundert das Gesicht. Nur die Augen des Rothwardonen blieben starr auf die Halbelfe gerichtet.
    „Du darfst noch nicht sterben“, sagte sie ihm durch ihre Gedanken, „ich will das nicht. Werde gesund und lebe das erbärmliche Leben einer Ratte. Und dann werden wir abermals kämpfen. Du willst mein Blut sehen? Dann hol es dir.“

  11. #331

    Pelagiad / Halfway Tavern

    Ninièl konnte es kaum fassen. Da war sie dieser Halbelfe zuhilfe geeilt und diese schlug nach ihr. Ja, sie wagte es tatsächlich! War die durchgedreht oder was? Am liebsten hätte sie jetzt ihr eigenes Schwert der anderen in den Rücken gerammt und so die Existenz dieses elenden undankbaren Geschöpfs beendet, nur - dann hätte sie selbst - Ninièl - erneut den Rothwardon am Hals. Ein Gedanke, der sie nicht gerade glücklich stimmte.

    Sie fragte sich, wieso die Frau so handelte und kam zu dem Schluß, dass es das menschliche Blut in ihr sein musste. Dieser Anteil eines menschlichen Geschöpfs hatte die andere wohl schlecht und verräterisch werden lassen. Und so etwas hatte sie retten wollen? Wilde, heiße Wut flammte plötzlich in ihr hoch. Dafür würde dieser menschliche Bastard bezahlen müssen. Hinterhältiges Biest. Falsche Schlange. Das wäre doch mal ein geeignetes Opfer für Lenne zum Erlösen. Sie würde ihre Rache noch bekommen. Vorerst begnügte sie sich damit, dieses Biest einfach anzustarren, in der Hoffnung, dass alleine Blicke tötten könnten. Und halbtot sah sie ja schon aus, die andere.

  12. #332

    Pelagiad - halfway tavern

    Lenne hatte Niniel "Befehl" zwar gehört, aber warum sollte sie dem folgeleisten... Stattdessen richtete sie sich im Türrahmen auf und begutachtete das rege Treiben...Niniel hatte den Rothwardon in die Ecke gedrängt, aber die andere Frau war dazwischengegangen. Niniel kochte vor Wut, das war ihr anzusehen. Aber auch das war Lenne egal. Sie sah sich die Frau genau an... sie war eine Halbelfe... Aber die Augen dieser Frau ließen Lenne einen aSchauer übern Rücken laufen. "Wovor hast du Angst", fauchte Lenne sich in Gedanken selbst an. Niniel, immernoch vor Wut kochend, sah aus, als würde sie sich jeden Moment auf diese Frau stürzen. "Niniel, kümmer dich mit Revan und Echozar um den Rothwardon...Schlagf ihn KO, Fessel ihn, was immer du willst, aber bring ihn nicht um, das ist unnötig..." Lenne sprach zwar, aber sie achtete garnicht mehr, ob ihr "Befehl" ausgeführt wurde. Die Geräusche des tobenden Rothwardon waren ihr antwort genug. Sie ging gradewegs an den anderen vorbei auf die Halbelfe zu. Diese schien nicht recht zu wissen, was sie davon halten sollte. Lenne fasste das Schwert der Elfe an, an der Klinge, wie ein Schmerz in ihrer Hand ihr symbolisierte. dann drückte sie die Klinge und schließlich auch die Frau mit sanfter Gewalt auf den Boden und gegen die Wand. "Tut mir leid", war das erste, was Lenne zu der Frau sagte, "Tut mir leid, da du meinetwegen kämpfen musstest..." Dann riss Lenne ein paar Stofffetzen aus ihrer Kleidung. Sie fing an, das Gesicht der Halbelfe damit sauberzuwischen. Dan erst verband sie mit weiteren Fetzen die Schnittwunden vorbehaltshalber... Dann hob Lenne die Maske auf. Sie schaute ihr nochmal in die Augen... "Sind das wirklich deine Augen", fragte Lenne ein wenig zittrig in der Stimme, "Oder sehe ich mich nur selbst...?" Dann aber setzte sie der Frau die Maske wieder auf. Aus irgenteinem Grund lächelte Lenne.

    In dem Moment gab die Tür, die den Korridor vom Rest des Wirtshauses trennte nach und ein paar Wachen stürmten herein. "Ihr habt mit eurer Köämpferei mehrere leichte bis shcwere Delikte begannen... Ihr seid vorerst alle festgenommen..." Lenne schaute erst verdutzt zu den Wachen, dann hoch zu den anderen. Dann wandte sie sich direkt an Niniel "Lassen wir uns das gefallen? Wir haben keine Zeit für sowas... Und die beiden..." Lenne deutete auf die Halbelfe und den Rothwardon, "nehmen wir sie einfach mit?" Lenne bekam einfach diese Augen nicht aus dem Kopf... Obwohl es wohl eher die Frage war, was Lenne in ihnen sah...

  13. #333

    Pelagiad - Halfway Tavern

    Langsam reichte es Ninièl. Die würden alle dran kommen und bezahlen für ihre Unverschämtheiten. Dieser halbmenschliche Bastard wagte es, sie zu schlagen, die halbverrückte Dunmerin drückte ihr geradezu befehlsmäßig jetzt die Verantwortung auf. Am liebsten würde sie - bis auf Revan - alle hier stehen lassen und gehen. Und jetzt auch noch die vermaledeiten Wachen. War den Menschen das "Lästig-sein" eigentlich angeboren?

    Sie bedachte Lenne mit einem bösen Blick, zog dann ihr Schwert und meinte: "Keine Zeit für irgendwas hier! Wir hauen uns den Weg frei und die beiden Chaoten da nehmen wir mit!" Diese hinterhältige Halbelfe sollte sowieso noch ihre Rache zu spüren bekommen und dieser verräterrische Rothwardon da, den könnten sie später entsorgen. "Los, schlagen wir uns durch", rief sie erbittert und stürmte auf die Wachen zu. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass auch Lenne, Revan und Echozar nun zu ihren Waffen griffen, letzterer allerdings wohl eher widerwillig. Nun ja, was scherte sie das. Er sollte gefälligst was tun hier. Dass er es auch noch mit Freude tun sollte, davon war schließlich nie die Rede gewesen.

  14. #334

    Pelagiad - Halfway Tavern

    Sie atmete nicht mehr. Sie war verstummt. Seine Seele. Sie war tot. Er hatte sie in seinem Rausch erstickt. Er hatte sich selbst das Leben, seinen Traum, genommen.
    Es wurde ihm nun klar, wie vergänglich es doch alles war. Er war einer unter vielen, nicht mehr und nicht weniger. Nichts Besonderes. Er war, wie alles andere, entbehrlich. Ein Mann wie er konnte sein Volk nicht führen.
    Wie konnte er sich auch nur im Traume eine solche Aufgabe anmaßen? So sehr er es auch liebte, sein Land und seine Leute, Liebe und Hingabe allein befreiten sie nicht. Das Schicksal zeigte ihn einst seine Grenzen auf, als es ihm in den entscheidenden Moment in den Rücken fiel. Er glaubte an das Gute in all seinen Leuten...doch er hatte sich geirrt. Es war ihm nicht bestimmt dort Erfolg zu haben, wo andere versagten. Er war unbedeutend. Und doch...Er hatte es soweit gebracht. Wie konnte er dann noch versagt haben? Wie konnte er dann noch ein Mann wie alle anderen sein? Es war nicht richtig. Es war einfach nicht richtig. Im Glauben daran gab er die Hoffnung selbst im Exil nicht auf. Doch nun würde das Schicksal seine Unnachsichtigkeit endgültig bestrafen. Sein einst so viel versprechendes Leben war verwirkt. Er hatte den Krieg gegen den Imperialen verloren. Die Schlacht, die noch immer um sich herum tobte, verloren. Den Kampf mit sich selbst verloren.
    Er erkannt nun endlich wer er war; was er war. Er war nicht zu großen Siegen und Ruhm bestimmt, sondern zu großen Niederlagen und unsäglichem Leid verdammt.
    Nur einer hatte ihn nicht im Stich gelassen. Er schlummerte seit seiner Geburt in seinem Inneren, doch fürchtete er sich vor ihm, wagte es nicht ihn zu rufen. Nun jedoch, da er des Versagens Leid geworden war, ließ er ihn erwachen…
    Der Dämon seines Volkes, seiner Selbst, hatte nicht versagt. Nein, er hatte sie zu Boden gedrängt, er war dabei sie zu töten. Er hatte nicht versagt...er hatte gesiegt! Dann sollte es eben so sein...solange er siegte, solange er nicht versagte, würde er sich ihm ergeben, dem Rausch.
    Aber weshalb...weshalb mussten sie am Ende stets so grausam zu ihn sein? Er war sich schon seit langem nicht mehr sicher, wen er für sein Leid verantwortlich machen sollte. Die Menschen selbst, die auf Erden wandelten; die Götter, die Daedra, die über sie wachten oder das Schicksal, das alles Leben lenkte. Er wusste es nicht. Doch der unsägliche Schmerz, der nicht durch Worte oder Schwerter verursacht werden konnte, den selbst sein Dämon nicht in Wut ertränken konnte, zerriss sein Herz in Stücken. Der Ursprung der Ehre und des Stolzes…das Ego.
    Sie belächelte ihn, so wie sie es damals tat. Es verfolgte ihn. Das Lächeln ihres Verrats. Das Lächeln, das sein Leben beenden sollte. Ein weiteres Mal nahm es ihn seinen Sieg. Obwohl er doch kurz davor stand ein letztes Mal den Triumph zu kosten, das Blut zu kosten, weshalb bloß...
    Seine Fäuste hatten sich immerzu weiter in ihr Gesicht gebohrt. Allerdings verloren seine Arme an Kraft. Seine Augen brannten. Er würde sie töten, er musste sie töten. Doch war es schließlich die Altmerin, die seinen Stolz beschmutze und die er zu töten trachtete, die den Todesstoß ausführte. Sie Schritt zwischen ihm und der Halbelfe und nahm ihn sein Glück mit einem einzigen Schwertstreich.
    Jedoch hatte er nicht die Gelegenheit dazu sich seinem Leid und Schmerz aufzuopfern. Glücklicherweise war sein Dämon nicht schwach, wie er selbst. Er war stark, er war unersättlich und frohlockte über das Eintreffen seines ursprünglichen Gegners. Nun konnte er womöglich doch noch seine Ehre wiederherstellen, sein Versagen wieder gut machen, ehe er in einem Meer aus Blut unterging. Vielleicht...ja vielleicht...war das Schicksal doch nicht so unbarmherzig...vielleicht würde es sein Leben mit einem letzten, triumphalen Sieg beenden. Ja, er würde Rache nehmen. Rache an denen die ihm Unrecht taten, an denen die an seinem Leid Schuld trugen. An so vielen wie nur möglich. Sein Oberkiefer bohrte sich tief in seine Unterlippe, als er versuchte die zerstörerische Macht des Leids in Hass und Wut umzuwandeln und seinen damit Rausch zu nähren. Die Flammen der Leidenschaft schmolzen die zerborstenen Teile seines Herzens erneut zu einem Ganzen zusammen. Er würde in Flammen untergehen, in der Schlacht sterben. In einer Schlacht, die er sich aussuchte, die er begann, die er bezwingen würde.
    Sein Körper glich einem blutroten Feuerball, der danach trachtete alles auseinander zunehmen, sei es lebend oder nicht. Doch seine Raserei allein reichte nicht aus um die Verteidigung der Hochelfe auf die Schnelle zu durchbrechen. Sie parierte und attackierte. Er wünschte sich seinen unversehrten Körper, mit dem er die Taverne betrat, zurück. Er wünschte sich nun ihr die Schädeldecke einzuschlagen, an Stelle der des Mischlings. Für den Mann im Blutrausch jedoch waren alle Feinde gleich. Sie waren alle des Sterbens Wert.
    Die abgebrochene Klinge wies bei jedem weiteren Aufprall der beiden Waffen neue Risse auf. Sie waren klein, weshalb er nicht auf sie achtete, allerdings würden sie den Ausgang des Kampfes bestimmen; handelte er nicht schnell. Seine Augen hatte schon lange die Schärfe verloren, die sie einst so auszeichneten. Lediglich die Gesichter, die Körper sowie die Schwerter seiner Feinde erstrahlten im Dunkeln um sich. Der Stahl bohrte sich immer tiefer in seine Handfläche; nagte an seinem Muskelfleisch. Allerdings blieb noch immer der Schmerz aus und die Wut verlieh ihm Kraft. Die Kraft, noch nicht zu fallen. Doch so stark ihn der Rausch auch machte, zu einem wahren Monster konnte selbst er nicht mutieren. Er war wie jeder andere an den Grenzen des menschlichen Daseins gebunden und so ermüdeten seine Muskeln langsam, während er sich immer weiter in den Klingensturm verlor.
    Er schlug wild mit der gebrochenen Klinge auf die Elfe ein und stach gelegentlich mit den Knauf auf sie ein. Immer und immer wieder trafen beide Waffen ins Leer oder wurden von ihres gleichen bei ihrer Aufgabe gehindert. Ein glücklicher, gezielter Treffer würde genügen. Ein einziger gut platzierter Schlag und er konnte sie in Stücke reißen...er konnte sich an ihrem Blut laben...er konnte mit gestilltem Blutdurst in Oblivion einziehen.
    Allerdings zeigte man auch Dämonen kein erbarmen. Ehe er den Sieg oder die Niederlage davontragen konnte schritt die Mischlingsfrau ein. Sie, die sie ihn belächelte, sie, die er um ein Haar tötete, sie unterbrach seinen Kampf und wahrte sein Leben...vorerst.
    Ihre Worten klangen in ihrem Kopf wieder...doch ihre Lippen blieben Stumm. Seine Klinge bohrte sich in ihr Fleisch und ihr Blut klebte an seinem Schwert...
    „Nemesis…“, war sein einziger Gedanke, als sie sich zwischen ihnen warf.
    Ehe er sich versah warf ihn ein dumpfer Schlag zurück. Es war ein ungewöhnliches Gefühl, ohne Schmerz zurückgeworfen zu werden, doch war sein Empfinden zu diesem Zeitpunkt weitaus ungewöhnlicher. Er betrachtete seine Klinge mit, vor kindlichem Entzücken, strahlenden Augen. Das Blut tropfte von der etwas stumpf gewordenen Spitze, während sich der Rest der roten Flüssigkeit der Klinge entlang seinen Weg zu der Hand des Söldners bahnte. Allein beim Anblick des Blutes zerbarst sein Inneres in einer riesigen Explosion aus Wohllust, nur um sich wenig später wieder zusammenzufinden und erneut zu zerspringen. Er hatte noch niemals etwas derartig intensives gespürt...jedoch hatte er sich auch noch niemals einen solchen verzweifelten Kampf geliefert. Ein Gefecht das zum Tode verdammt war blieb also doch nicht unbelohnt.
    Zeitgleich zu seiner Ekstase fütterte ihr Handeln ihn mit immer mehr Wut, die drohte ihn zu verschlingen. Er war derart von dem Gefühl geleitet, das es sich schon seines Bewusstseins bemächtigte. Er war verloren. Er wusste nicht mehr wer oder was er war. Sein Blut beschmierter Körper, seine tiefe Wunden und seine leeren Augen hatten für einen Moment ihren Meister, den Geist, verloren.
    Es war...perfekt.
    Leid, Hass, Wut, Leidenschaft und die daraus folgende Ekstase. Sie war vollkommen. Es spielte alles perfekt zusammen. Wie man ihm konsequent den Sieg vorbehielt und seinen Stolz und seine Ehre beschmutzte. Wie man seinen Hass entflammt hatte und wie dieser seine unermessliche Wut heraufbeschwor. Wie er sich seinen Gefühlen vollends hingab, mit einer Leidenschaft die der der Liebe trotzte und sogar deren Ekstase in den Schatten stellte. Es war alles vollkommen. Ein vollendetes Leiden, das Gegenstück der Liebe.
    Während sich die Altmerin ihrer Verwunderung hingab und die Wachen schließlich die Tür einbrachen, stand er da, still schweigend und breit grinsend. Freudentränen rannen seinen Wangen herunter. Der Wahnsinn hatte ihn verspeist. Er hatte nicht mehr die geringste Ahnung was er tat oder weshalb er es tat, nur noch die Gefühle verblieben.
    Alle hatten sie sich mehr oder weniger von ihm abgewendet. Während die einen versuchten die Barrikade der Wachen zu durchbrechen, kümmerte sich die Dunmerin Assasine um die Wunde des Mischlings.
    Er beobachtete das ganze, als wäre er weit von ihnen entfernt. Wie sie kämpften, wie sie zu Fliehen versuchten. Er sah in ihre Gesichter und ihm wurde heiß. Sein Schweiß vermischte sich mit dem Blut. Zitternd stand er da, allein, umgeben von leerer Luft. Keine einzige Leiche leistete ihm Gesellschaft, kein Toter verfluchte sein Dasein. Von einer unergründbaren Freude erfüllt hielt er sein Lächeln aufrecht und atmete er schwer. Doch konnte es den Fluss aus Tränen nicht Einhalt gebieten.
    Er lachte. Voller entzücken und Verzweiflung. Sein Leben endete hier ohne dass er etwas erreichte. Er hatte den Sieg erneut abgegeben...selbst sein Dämon hatte versagt. Er blieb allein mit einem einzigen Gefühlsrausch zurück. Er hatte verloren, ausser...
    Ein letztes Mal...war es ihm noch möglich? Alles zu entfesseln, den Tod selbst zu bezwingen, das Leben besiegen, der Menschlichkeit, der Sterblichkeit zu entgehen?
    Solange er noch eine Waffe in der Hand hielt war er nicht tot, hatte er nicht verloren. Selbst mit gebrochenem Schwert konnte man noch töten.
    Sein Lachen hielt an, während er zaghaft an den am Boden knienden Elfen vorbeilief. Sie beobachteten ihn, das konnte er spüren, hielten ihn jedoch nicht auf. Die Assasine war scheinbar zu beschäftigt sich der Wunden der Verletzten anzunehmen. Einige Meter weiter blieb er jedoch plötzlich stehen und sein Gelächter verstummte, als er sich zu den beiden umsah, den er an diesem Tage im Kampf begegnet war.
    "Remember...me..."
    Ihnen den Rücken gekehrt, grinste er nun wieder, hielt die Klinge über dem Haupt und holte tief Luft für einen womöglich letzten Kampfesschrei.
    „Time to die…!“
    Sein einst braun gefärbter Körper stürmte auf das Knäuel aus Imperialen und Elfengesocks zu. Zwar war es verlockend, doch fiel er ihnen nicht in den Rücken. Sie hatten sich ohnehin zu ihm umgewandt und bereiteten sich schon auf einen Gegenschlag vor. Doch sein Ziel war ein anderes.
    Alle in diesem engen Gang hatten die Ehre sich als Feind des Redguards zu bezeichnen, doch hatte er allein den Urfeind seines Volkes vor Augen. Die imperialen Wachen wichen im Angesicht des blutverschmierten Berserkers teils angewidert, teils angsterfüllt, zurück. Seine aufflammenden Augen zwangen ihren Mut in die Knie. Noch ehe er Zuschlug versteckten sie sich hinter ihren großen Schilden. Zu Recht.
    Kurz vor dem zu erwarteten Aufeinandertreffen der beiden Parteien erhob er sich mit einem gewaltigen Sprung in die Lüfte und überflügelte eine der Soldaten. Von oben herab stürzte er sich auf den ungeschützten Hintermann und durchstach seine Kehle, ehe er sich an dem Turmschild abstütze und sich auf den Nächsten stürzte, um sich dessen Kopf als Trophäe zu nehmen. Beide Körper sackten leblos zu Boden, während der Kopf der Wache in eine der Ecken des Ganges rollte. Mit großen Schritten ging er auf ihn zu und kehrte somit den zwei der nunmehr fünf übrig geblieben Wachen den Rücken zu. Die anderen wandten sich den Elfen zu.
    Unbehelligt kniete er sich vor dem Kopf nieder, legte den Griff des Langschwerts beiseite und entledigte ihm seines Helms. Langsam hob er ihn an den Haaren hoch und sah in das von Panik gezeichnete Gesicht des toten Soldaten. Die braunen Augen des Jünglings waren bei seinem Anblick in Furcht erstarrt. Die ganze Zeit über versteckten sich die unerfahrenen imperialen Krieger hinter ihren Schilden und scheuten sie sich ihn anzugreifen. Sie warteten förmlich darauf, dass er ihr Leben beendete. Er war völlig Deckungslos, sie hätten ihn jederzeit enthaupten können, doch hielt sie etwas davon ab. Vielleicht war es der Glanz des Wahnsinns in seinen Augen, sein surreales Erscheinungsbild oder ganz einfach die unmenschliche Aura, die ihn umgab.
    Endlich nahm einer der Wächter all seinen Mut zusammen und griff den am Boden knienden Krieger an. Er bewegte sich keinen deut, während das imperiale Schwert durch die Lüfte schwirrte und eine tiefe Wunde durch seinen Rücken zog.
    Er zuckte kurz, ehe er den Kopf beiseite lag, den Schaft wieder zur Hand nahm und sich langsam erhob. Nur knappe hatte der Stahl sein Rückrad verfehlt. Schwarzes Blut triefte aus dem tiefen Einschnitt und durchtränkte sein Hemd. Die Wache wich verängstigt zurück, verblüfft das sein Schlag nicht zu seinem Tode führte. Wahnsinnig grinsend wandte er sein Kopf zu ihnen um und schien den Mann mit seinem Blick zu paralysieren ehe er seine Klinge auch ihm durch die Kehle bohrte und kurz darauf den anderen den Griff des zerbrochenen Schwerts in das Gesicht rammte. Während der eine leblos zu Boden sackte, kämpfte der andere erbärmlich mit den Schmerzen. Das Reststück der Klinge hatte sich in das linke Auge eingegraben und sein Nasenbein gebrochen. Es steckte nun tief in dem Schädel des Soldaten. Verzweifelt versuchte er es herauszuziehen, doch hinderte ihn der unsägliche Schmerz daran sein Leben zu retten. Schreiend ging er zu Boden und zuckte wild umher, während gemeinsam mit seinem dunkelroten Blut eine weiße Flüssigkeit hervortrat.
    Die anderen Wachen waren noch immer in den Kampf mit den Elfen verwickelt und störten ihn nicht mehr weiter. Der Weg ins Freie stand ihm nun offen. Der angekratzte Stolz und die Schande einer Flucht musste er wohl oder übel mit in den Tod nehmen. Sein Herzschlag wurde immer schwächer, ihm blieb keine die Zeit mehr und er beliebte sein Grab selbst zu wählen. Doch ehe er durch die Tür trat, nahm er ein letztes Mal seine Klinge sowie den Kopf des Jünglings zur Hand und durchstach den Kopf des Toten, von einem Ohr zum anderen. Sein Herz frohlockte bei dem Anblick der kleinen Blutfontäne, doch hielt er sich nicht lange damit auf, sondern schnitt sich den Daumen an der Klingenspitze auf und fuhr dem angsterfüllten Gesicht über die Stirn. Langsam formten sich einige Buchstaben über das erbleichte Gesicht. Bald würde auch er so enden wie der kopflose Jüngling...leider nur nicht ehrenvoll im Kampf. Vorsichtig setzte er seinen blutverschmierten Daumen wieder ab und sah den Imperialen grinsend auf die Stirn.
    V-I-C-T-O-R-Y
    Mit einem Ohrenbetäubenden Schrei warf er die Klinge der Altmerin entgegen, die ihr jedoch in letzter Sekunde entging, wodurch sie unweit von ihr im Holz der Wand stecken blieb. Mit einem lautstarken Lachen verabschiedete er sich von dem verheißungsvollen Gang, der sein Grab hätte werden können. Und so rannte er die Treppen hinunter und quittierte die hölzerne Taverne, ihre Besucher mit einem Schreck zurücklassend. Er meinte sich in Sicherheit, doch sollte er rasch eines besseren belehrt werden. Ein neuer Stoßtrupp Wachen war von der Festung entsandt worden und kam ihm gerade von Links entgegen. Ohne lange zu zögern stürmte er aus der Stadt.
    Er versuchte sich krampfhaft an die Lage seines Landes zu erinnern. Es musste Südwesten sein, es musste einfach sein. So orientierte er sich rasch, ehe er vom Ausgang des kleinen Städtchens gen Südwesten weiterlief. Die Schreie der Wachen lagen ihm im Nacken, sie waren ihm dicht auf den Versen. Doch bald erreichte ihn der Lärm nicht mehr. Er bekam nur noch schwerlich Luft und der Schmerz kehrte wieder ein. Er versuchte sich an die Lieder der Frauen und die Gesänge der Männer seines Volkes zu erinnern, an den Palast seiner Familie, an seine Eltern. Er hatte sie alle nicht vergessen und er würde sie nie vergessen. Nicht einmal nach seinen Tod. Er würde solange seiner Heimat entgegenlaufen, bis ihn seine Beine den Dienst versagten. Er würde Schwimmen und Klettern. Er würde Kilometerlange Strecken hinter sich legen, Bestien die sich ihm in den Weg stellen bezwingen. Und wenn sie seine Beine verschlangen, ihn der Schmerz in den Wahnsinn trieb und gar sein Herz aufhörte zu schlagen, er würde nicht ehe Halt machen bis er schließlich wieder in den Wüsten Hammerfells angelangt war. Dort und nirgends anders sollte er sterben...

  15. #335

    Pelagiad / Halfway Tavern

    Mit ausdruckslosen Augen hatte Kurenai die Frau vor sich betrachtet, die dabei gewesen war, die Wunden der Stummen provisorisch zu verbinden. Wieso hatte sie das getan? Wieso hatte sie sich bei der Mischlingsfrau entschuldigt? Kurenai war verwirrt gewesen. Aber es hatte ihr recht sein sollen. Sie erwartete von den hier Lebenden keinerlei Logik oder dass sie nach Kurenais Moralvorstellungen handelten. Und selbst, wenn sie es sich nicht eingestand, war sie doch ein wenig dankbar über die unerwartete Freundlichkeit gewesen.
    Plötzlich ein Lachen. Kehlig, tief, verzweifelt, irrsinnig. Die Stumme hatte ihren Kopf in Richtung des Rothwardonen gewandt, ihn betrachtet, wie er in einem Meer von Blut ertrank, sich selbst frohlockend in die Hölle stürzte. Er verstand es einfach nicht. War er denn so schwach, so erbärmlich, dass er seine Seele an den Wahnsinn verkaufte? Wusste er denn nicht, dass er in diesem Lande nun dem Gesetz Sheogoraths unterworfen war? Nun, sein Pech. Kurenai würde ihn nicht aufhalten. Oh, wie armselig er doch war, nicht mehr als ein kleines Kind, das mit Blut spielte.
    Töte sie, Rothwardon, töte sie alle. Labe dich an ihrem Blut, an ihren Qualen und nähre meinen Hass auf dich. Nicht dies alles hier ist falsch – du bist falsch. Deine vollkommen verdrehten Gedanken werfen dich als Festmahl vor die Füße des Wahnsinns. Entscheidest du denn noch selbst? Existiert ein ‚du’ überhaupt noch? Nein. Mach’ nur weiter. Tu’ nur, was du zu tun gedenkst. Und schau’ nicht zurück. Ich werde kommen und dich holen…
    Die Schreie der Soldaten hatten in ihrem Kopf geklungen, selbst dann, als sie bereits erstorben. War es Trauer, die ihr Herz bewegte? Oh Lorkhan, nein, sie hatte gewusst, was es war. Eine plötzliche Erkenntnis, rein wie die Tropfen eines plötzlichen Regenschauers: Sie schenkte ihren Gefühlen eine winzige Ecke ihres Bewusstseins. Aber nicht, weil sie sie nicht unterdrücken konnte. Das war es gewiss nicht. Sie tat es mit voller Absicht. Sie wollte den Rothwardon hassen können. Als er gekämpft hatte, hatte sie sich vorsichtig ihrer schweren Rüstung entledigt. Armschienen, Beinschienen, Stiefel, Kürass – alles hatte weichen müssen. Nur die Eisenkrallen an ihren Händen hatte sie an Ort und Stelle belassen…
    Schwerlich erhob sie sich, während der Schmerz in ihren Schläfen pochte, das rote Blut nach und nach aus ihrem Körper wich. Verdammt, sie war zu langsam! Der Rothwardon hatte sich bereits durch Reihen der Soldaten gekämpft und war aus ihrer Sichtweite verschwunden. Sie musste ihm folgen, durfte seine Spur nun nicht verlieren. Dieses ungute Gefühl… woher kam es? Sie musste auf ihn Acht geben. Acht geben bis zu jenem Tag, an dem sie abermals die Klingen kreuzen und einander den Tod schenken würden.
    „Oh nein!“ Eine Stimme. Ja, die Stimme eines Mädchens. Woher kannte die Stumme sie? Dumpf klang sie in ihrem Schädel wider und eine Erinnerung bahnte sich den Weg aus ihrem Unterbewusstsein in ihren Kopf. Anyala. Halb stehend an der Wand lehnend sah Kurenai dem Kind entgegen, wie es am oberen Absatz der Treppe stand und Anstalten machte, zu der neuen ‚Freundin’ zu gelangen.
    Nein!
    Bleib’ weg!
    Das ist gefährlich, komm’ nicht näher!
    Lauf’ nach Hause, Kind, bevor es zu spät ist!
    Als ob Kurenai damit etwas erreichen konnte, streckte sie ihren rechten Arm nach dem Mädchen aus, gestützt von der Elfe, die ihr die Wunden verbunden hatte mit Fetzen ihrer eigenen Kleidung. Es war zu spät. Eine der Wachen war unachtsam gewesen. Hatte gedacht, ein neuer Angreifer wäre zu den Gegnern gestoßen. Hatte nicht darauf geachtet, dass es nur ein kleines, unachtsames Mädchen war. Hatte sich umgedreht. Hatte sein Schwert…
    Hätte Kurenai schreien können, sie hätte es getan. Der Soldat sah Anyala schockiert an, diese blickte mit verwunderten Augen zurück. Es war, als würden sie sich lange Zeit ansehen, bevor das Kind auf die Knie sank und sein lebloser Körper schließlich dumpf auf das Holz aufschlug.
    Nein!
    Nein, nein, nein, nein, nein!
    Kurenai erkannte nicht, ob das Mädchen tot war oder noch atmete. Es war ihr gleich. Sie hatte das Kind in der kurzen Zeit, da sie es kannte, in ihr Herz geschlossen. Es war der Stummen gewesen, als hätte sie in einen Spiegel gesehen, der ihr die eigene Vergangenheit zeigte. In ihren Augen war Anyala die Naivität gewesen, die zu Fleisch gewordene Reinheit. Der Soldat. Er hatte diese Reinheit beschmutzt, sie mit Blut überzogen und Kurenais Herz zu neuem Schmerz verholfen. Für einen Moment ließen die Kämpfenden ihre Schwerter sinken und betrachteten das am Boden liegende Mädchen. Als würde die Zeit den Atem anhalten. Ein kleines Rinnsal Blut bahnte sich seinen Weg durch eine Rille im Holzboden, ein weiteres folgte, verdickte den dünnen Streifen.
    „Oh Lorkhan…“ Der Soldat sank auf die Knie. Seine Hände, ja, sein ganzer Körper zitterte. Er nahm den Helm vom Kopf und das Gesicht eines jungen Mannes erschien. Er legte den Kopfschutz neben sich auf den Boden und wollte Anyala berühren, doch er schaffte es nicht. Kurenai konnte nicht glauben, was er getan hatte. Sie war doch nur ein kleines Mädchen!, wollte sie ihm entgegen schreien, wie konntest du Mistkerl das nur tun?! Als hätte er ihre Gedanken vernommen, sah er sich nach ihr um. Eine plötzliche Welle aus Hass hatte ihn erfasst und machte ihm das Atmen schwer. In seinen Augen lag diese gewisse Ungläubigkeit… er konnte es selbst nicht fassen. Aber vor Kurenais Wut würde ihn auch dies nicht schützen. Sie musste ein Bild der Verzweiflung bieten, wie sie sich vollends aufrichtete und die blitzenden Augen an jeglichem Gefühl verloren. Ein Blick aus Stein begegnete dem des jungen Mannes, vollkommene Ruhe sprach daraus. Es war eine Ruhe, die die Stumme selbst sich nicht erklären konnte. Ein in ihrem Inneren geborener Gedanke brachte sie dazu, die Gelegenheit auszunutzen.
    Ihre rechte Hand krampfte sich um das Schwert, entkrampfte sich und verkrampfte sich wieder; dann erhob sie es. Schnell wie ein Höllenhund jagte sie auf den Soldaten zu, welcher nicht einmal seine Waffe zur Hand nahm. Geradeso, als würde er den Tod als eine gerechte Strafe ansehen. Aber Kurenai reichte dies als Strafe beweiten nicht aus. Während des Laufens verstaute sie das Ebenerzschwert in der Scheide, stieß den Mann beiseite und kniete sich neben das Mädchen. Die Stumme drehte es herum und bettete es in ihren Schoß, dann legte sie ihm eine Hand an die Nase.
    Sie atmete. Anyala atmete noch! Aber der Hass war nicht verraucht. Das Kind würde nicht sterben, aber es würde nie mehr sein wie zu dem Zeitpunkt, da Kurenai es kennen gelernt. Es würde sich von Grund auf verändern, voller Angst und Wut durch sein Leben gehen. Der Schmerz und das Blut hatten die Reinheit vernichtet. Kurenai würde es dem Soldaten niemals verzeihen. Sie schenkte ihm und den Umstehenden einen letzten Blick, dann legte sie die ohnmächtige Anyala sanft auf dem Boden ab, erhob sich weiteres Mal und wandte sich zu der Altmer um. Ihre Blicke trafen sich und Kurenai spürte den Hass, der auf ihr lastete. Also wurde auch die Stumme gehasst. Ein nicht ungewohntes Gefühl.
    „He“ Ein weiterer Soldat trat auf sie zu und legte ihr die Hand auf die Schulter. Und Kurenai verspürte den heftigen Wunsch, sie ihm abzuschlagen. „Kommt nun mit uns. Ihr seht, was Euer Widerstand Euch gebracht hat. Jetzt muss Schluss sein.“
    Ehe er sich’s versah, hatte er ihre Faust im Gesicht und fiel zurück. Dies hier war nicht Kurenais Kampf, sie hatte nichts mit diesen Soldaten zu schaffen. Der junge Mann, welcher Anyala derart schwer verletzt hatte, sollte heute nicht sterben. Und wenn doch, dann nicht durch die Klinge der Stummen. Diese wandte sich von dem Geschehen ab und rannte den Gang hinunter. Von draußen hörte sie die Rufe einiger Männer. Wahrscheinlich Soldaten. Und ihr Brüllen war dem Rothwardonen gewidmet. War denn erst so wenig Zeit vergangen? Umso besser. Mit jedem weiteren Meter, den sie lief, verkrampfte sich ihr Herz. Ihre Kraft würde bald zu Ende gehen, sie schöpfte aus den letzten Reserven. Aber sie musste ihm folgen. Wenn nicht, würde er dann sterben? Sie wusste es nicht. Aber ohne ihre Erlaubnis ging da gar nichts. Sie würde schon darauf achten, dass er sein verdammtes Leben weiterführte bis zu dem Tag, an dem sie ihm ihr Schwert in den Körper rammte.

    Er rannte schnell. Wie vom Teufel besessen. Kurenai kam kaum hinterher. Die Wachen abzuschütteln war im Nachhinein nicht das Problem gewesen. Sie waren an ihre Pflicht gebunden, musste sich entscheiden entweder zwei Gefahrenquellen entkommen zu lassen oder gleich vier. Alle konnten sie nicht kriegen, dem waren auch sie sich bewusst.
    Und sie hatten sich für die vier in der Taverne entschieden. Härter war es nun, mit dem Rothwardon halbwegs Schritt zu halten oder ihn immerhin nicht aus den Augen zu verlieren. Das war es aber nicht, was sie wollte. Sie wollte ihn einholen und ihm ihre Wut spüren lassen. Bis zu seinem Lebensende würde er sie nun in seiner unmittelbaren Nähe wissen. Selbst Schuld. Während seine Kraft langsam verebbte, nahm die ihre noch einmal von neuem zu. Ein Gedanke an Anyala reichte aus, ihre Beine zum Weitermachen zu bewegen, Kraft aus jeder Faser ihres Körpers zu schöpfen.
    Sie kam ihm immer näher.
    Spürte er es denn nicht?
    Ja, da war er, direkt vor ihr. Beinahe konnte sie seinen Rücken berühren. Aber es reichte nicht aus, noch nicht ganz. Während er seine Reserven einteilte, hatte sie alles auf einmal aus ihrem Körper gezwungen. Nur, um ihn einzuholen. Jetzt hatte sie es fast geschafft. Sollte sie da die herbe Enttäuschung auf sich nehmen, alle Energie ausgeschöpft zu haben und stehen zu bleiben, während er weiter rannte? Nein, das wäre mehr, als sie ertragen konnte. Unbedacht ihrer momentanen Lage versuchte sie einen Sprung, warf sich auf ihn – und verfehlte seinen Rücken knapp. Stattdessen aber konnte sie ihre Eisenkrallen in sein linkes Bein bohren und hierdurch zu Fall bringen.
    Beide lagen sie auf dem Boden, schwer atmend, ausgelaugt, und der Mann konnte ihr direkt ins Gesicht sehen. Jeder Atemzug schmerzte in ihren Lungen wie tausend Messerstiche, das Pochen in ihre Schläfen wurde nahezu unerträglich. Mit ihrem letzten bisschen Energie schenkte sie ihm noch einen einzigen Gedanken: „Du kommst nicht davon. Egal, wie weit du läufst, ich bleibe dir auf den Fersen.“

  16. #336

    Pelagiad - Outskirts

    Das plötzlich aufkommende Brennen in seinem linken Unterschenkel erfüllte den kaputten Körper des Redguards nicht mehr mit neuer Kraft, Wut oder Hass, sondern mit Schmerz. Sein Rausch war abgeklungen und er mit Wunden und Blut übersäht. Wieso konnten sie seinen Willen einfach nicht akzeptieren? Wenn er schon nicht in den Wüstenlanden sterben durfte, dann wenigstens auf den Weg dorthin. Doch sie ließ nicht von ihm ab und kam ihm zum wiederholten Male in die Quere.
    Röchelnd unterdrückte er das Verlangen zu schreien, um damit zumindest zeitweise all den Schmerz aus seinem Körper zu verbannen. Den Hustreiz jedoch konnte er nicht bezwingen. Unmengen an Blut verließen seinen Mund und verteilten sich auf dem grünen Gras. Es war befreiend und zugleich schmerzte es. Beim wiederholten Keuchanfall übergab er sich zeitgleich und es vermischten sich Magensäure und Blut, ehe sie ans Äußere traten.
    Er wünschte sich insgeheim, das ihn jemand von dem Elend befreite und ihm den Tod schenkte...doch nicht die Mischlingsfrau. Nein, eher würde er sich sein Leben selbst nehmen, als von ihr in diesem Zustand enthauptet zu werden. Würden die Götter dieser Lande ihn in ihr Herz schließen und sein Herz zu neuer Kraft verleiten, so würde er sich einen Schwur aufbinden. Einen Schwur sie zu jagen, wo auch immer sie war und sie durch seine Klinge niederzustrecken. Doch meinte er ihren Worten Glauben schenken zu können, wodurch seine Jagd eine kurze sein würde.
    Aber all das war nichts weiter als leere Träumerei, wie so vieles in seinem Leben. Er hatte sich in seinen Rausch verloren und würde nun auch sein Leben verlieren, würde er seinen Wahnsinn nicht endlich beenden und wieder in die Realität zurückkehren. Er wagte es nur ungern, sah sie doch kein bisschen rosig aus, allerdings wollte er wenigstens versuchen sein Leben zu retten, wenn er schon nicht den Tod bekam, den er sich all die Zeit gewünscht hatte.
    Mühselig beugte er sich nach vorn und zog, unter den Schmerzen zuckend, das Metall aus seinem Fleisch. Es war eine merkwürdige Waffe...beinahe genau so merkwürdig wie die Elfenfrau selbst. Er hätte die Klingen ihr am liebsten in ihr Herz gerammt, doch wollte er nun nicht auch noch seine Ehre weiterhin beschmutzen indem er einen wehrlosen Gegner exekutierte...erst recht nicht wenn sich nichts daraus erübrigte.
    Die Halbelfe starrte ins Leere. Vielleicht hatte sie auch ihre Augen geschlossen. So gut konnten seine trüb gewordenen Augen nicht mehr unterscheiden. Er konnte nicht sagen ob sie tot oder bewusstlos war. Vielleicht war sie ja auch wach und wollte ihn in die Irre führen, um ihn wenig später von hinten den Todesstoß zu versetzen. Ja, sie war der Typ dazu.
    Zitternd richtete er sich in eine aufrechte Position auf, entledigte der Streunerin einer ihrer Klauenarmschienen und Schnitt sein zerfranstes Hemd auseinander. Sie rührte sich immer noch nicht.
    Notdürftig versuchte er seine Wunden an beiden seiner Arme und an seinem Rücken zu verbinden. Seine Wunde am Bein verarztete er mit einem Fetzen seiner braunen Stoffhose. Glücklicherweise ließ sich der Stoff sehr gut schneiden. So sollte er den Blutstrom zumindest ein wenig abschwächen. Denn wenn ihn sein Herz nicht im Stich ließ, dann würde er wohl höchstwahrscheinlich verbluten. Realistisch gesehen waren seine Chancen auf ein Überleben sehr gering. Er benötigte also schnellstmöglich die Heilkräfte der Tempelpriester oder der Kult Anhänger. Die nahegelegenste Kultstätte befand sich innerhalb der Pelagiad Festung. Doch war er keineswegs scharf darauf ins Gefängnis zu landen, auch wenn ihn Percius womöglich eine abgemilderte Strafe verschaffen konnte. Das Imperium war dafür bekannt nicht gerade nachsichtig mit denen zu sein, die ihresgleichen töten. Ein Tempel wäre somit seine erste Wahl, auch wenn er dort nicht zwangsläufig ein gern gesehener Gast war. Allerdings befand sich der nächste Tempel in Balmora und das war eindeutig zu weit für seine verkrampften Beine.
    Seufzend sank er auf die Knie. Der Aufprall seiner Wunde auf den Boden trieb ihm zusätzlich zu seinen andauernden Schmerz einen Schauer durch den ganzen Leib. Hätte er gewusst, welche Auswirkungen der Rausch auf seinen Körper haben konnte...er hätte sich ihm nicht derart bereitwillig hergegeben. Es war als würde sein Körper langsam in all seine Einzelteile zerfallen. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft, geschweige denn den Willen, zu weinen, wenngleich es seinen Schmerz lindern würde. So war er selbst mit seinem wiedererlangten Verstand zum Tode verurteilt. Er konnte sich letztlich doch nicht retten...
    Während er die letzten Sekunden und Minuten seines Lebens hinabzählte, betrachtete er die Mischlingsfrau. Zwar hatte sie die Ohren eines Menschens, doch waren ihre elfischen Züge unschwer zu erkennen, auch wenn er ihr ein paar markante Kennzeichen vorläufig aus ihrem Gesicht geprügelt hatte. Er musste bei dem Gedanken grinsen, ja gar lachen. Doch hielt seine kurzweilige Freude nicht lange an, schoss doch ein neuer Schwall aus Blut seiner Kehle hinauf und brachte ihn zum Schweigen.
    "Es waren letztendlich doch nichts weiter als leere Worte...ihre Elfen seid doch alle gleich...ihr könnt nicht mehr als große Reden schwingen."
    Verachtend spuckte er einige Meter neben ihn zu Boden und wünschte sich einen Zweikampf mit ihr herbei. Er konnte nicht anders, als andauernd zu Wünschen. Was blieb ihm auch anderes übrig, wenn er selbst zu nichts im Stande war. Sein Blutkreislauf fing nun auch endlich an zu schwanken und „beglückte“ ihn mit Schwindelanfällen. Ihm war schlecht und er hatte Schwierigkeiten sich einigermaßen auf den Knien zu halten. Seine Körpertemperatur sackte stetig in die Tiefe. Es war als ob sein Blut aus den unteren Bereichen seines Körpers schwand und sich in der Mitte zusammenzog um seinem Herzen zumindest noch eine Weile das Schlagen zu ermöglichen. Schwer atmend sackte er schlussendlich zu Boden, während sein Gleichgewichtsorgan verrückt spielte.
    Er versuchte sich auf die Elfenfrau zu konzentrieren, um sich der Übelkeit zu entledigen. Erst jetzt fiel ihm die Narbe auf, die sich ihrer Kehle entlang zog. Erst jetzt verstand er den Grund hinter ihrer Telepathie. Sie war Stumm.
    Ein zynisches Lächeln zierte sein Gesicht. Er hatte wahrlich eine Gabe dafür, sich stets mit den falschen Frauen anzulegen. Allgemein hatte er kein Glück mit dem anderen Geschlecht. All jene, mit denen er unweigerlich zu tun hatte, wünschten ihm den Tod oder überbrachten ihn ihm gleich...so wie in diesem Fall. Er war bisher noch keinem Mann begegnet, den er nicht in einen Zweikampf hätte besiegen können, doch egal welcher Frau er sich stellte, der Sieg wurde ihm kein einziges Mal gegönnt.
    "Life's such a bitch..."
    Er wusste nicht was er mit der Zeit anfangen sollte, die ihm noch verblieb. Einfach liegen bleiben wollte er nicht. Also robbte er langsam vorwärts, bis er kurz vor der Elfe lag. Deregars Arm ging langsam in die Höhe um kurze Zeit später auf den Kopf der Frau zu schnellen. Doch nicht einmal das gönnte man ihm...ehe er ihren Schädel erreichte drehte sie sich zur Seite und seine Faust landete auf einen spitzen Stein. Ein Schmerzensschrei hallte in der Umgebung wieder.
    "Verdammte scheiße! Wieso tötet ihr mich nicht gleich!?"
    Wieso schien nur stets alles gegen ihn zu spielen? Scheinbar hatte sich das Schicksal einen Spaß daraus gemacht, ihn mit dem schlimmsten Glück ganz Vvardanfells zu strafen. Der Blick der Streunerin ruhte auf ihn, doch sie schwieg. Er wartete auf ein Art Zeichen oder eine weitere Gedankennachricht...nichts.
    "I hate you so bad, it hurts..."
    Gelangweilt von dem Schmerz und dem Leid, fragte er sich ob sie ihn wohl verstand...es war unwahrscheinlich. So konnte er sich vielleicht einen letzten Spaß daraus machen, ihr allerlei Kraft-Ausdrücke an den Kopf zu werfen...zwar war das selbst für seine Verhältnisse etwas kindisch, aber er stand kurz vor seinem Tod, da war ihm das wohl noch vergönnt!
    Er hatte sich schon eine Reihe Wörter ausgelegt und öffnete seinen Mund, um seinen Hass in Worten zu fassen, doch brach er erneut in einen Husten aus Blut aus. Jedes mal fühlte es sich an als ob er seine Kehle zu erbrechen versuchte. Ein sehr merkwürdiges Gefühl...aber vor allem Schmerzhaft.
    Die Elfe schwieg immer noch. Er fragte sich, ob dies eine Art Strafe sein sollte, ihn in seiner letzten Stunde einfach zu ignorieren. Verbissen robbte er weiter nach vorn, um ihr näher zu kommen.
    "Nur noch nen bisschen...komm schon...komm her...ich beiß dir die Ohren ab, dann musste meinen Geschwafel nicht mehr zuhören..."
    Doch ehe er ihren Körper auch nur Ansatzweise nahe genug kam, entsagten ihm auch noch seine letzten Kräfte. Allein sein Mundwerk schien noch intakt.
    "Ich könnte dir natürlich auch die Zunge abbeißen...dann könnte ich mir wenigstens sicher sein, das du auch dabei drauf gehst...also komm her…komm schon…"
    Ihr Schweigen hielt an. Ihr konnte nicht einmal sehen, ob ihr Blick noch auf ihn haftete. Er war völlig bewegungsunfähig. Und in dieser Stille, die nur von ihm selbst durchbrochen wurde, verspürte er erneut die Furcht, die er eigentlich verbannt zu haben glaubte. Er wollte nun mal nicht sterben...nicht hier und nicht so...

  17. #337

    Irgendwo bei Pelagiad

    Mit leerem Kopf betrachtete Kurenai das sinnlose Ringen des Rothwardonen um sein armseliges Leben. Was war es nur, das ihn dazu bewegte, seinen Hass auf sie zu nähren, den Flammen in seinem Herzen neues Futter vorzuwerfen und ein weiteres Mal den Versuch zu starten, die Stumme zu vernichten, obgleich er längst am Ende seiner Kräfte angelangt war? Die Frau selbst bewegte sich kaum. Umso mehr sie sich bewegte, desto erschöpfter wurde ihr Körper. Ohnmächtig zu werden konnte sie sich in ihrer gegenwärtigen Lage einfach nicht leisten. Falls sie nicht einfach verblutete… wer wusste schon, was dieser Rothwardon noch an Kraftreserven aufbringen konnte? Geschweige denn, was er unter diesen Umständen dann mit ihr anstellen würde? Wie immer galt es, einen kühlen Kopf zu behalten. Bei diesen pochenden Schmerzen, welcher unter der Schädeldecke zu liegen schien, noch einen klaren Gedanken zu finden, war kein sonderlich leichtes Unterfangen, aber wenn sie hier nicht drauf gehen wollte – und das wollte sie wirklich nicht – musste sie sich an dieses kleine Gebot halten. Nach Pelagiad zurück zu kehren war völlig undenkbar. Dank dem letzten Ausraster des Rothwardonen konnten die beiden sich dort schlecht noch einmal blicken lassen. Wenn man es so betrachtete, konnten sie sich ohnehin in keine Stadt mehr trauen ohne Gefahr zu laufen, von den dortigen Wachen ums Leben gebracht zu werden. Verdammt, hätte er nicht ein wenig unauffälliger sein können? Auf diese Art und Weise hatten sie nun überall Feinde, egal wo sie hingingen. Wer war er überhaupt, dieser namenlose Mann, welcher so kopflos einen Kampf gegen sie und die Wachen ausgetragen hatte? Dieser Schatten des Wahnsinns über seinen Augen hatte seine Waffe eine tiefe Schneise in die Reihe der Gegner fahren lassen. Doch wie Kurenai ihn so beobachtete, schien er langsam zu verschwinden. Ganz verblasste er nicht, die Stumme meinte einen Hauch von Nichts in seinem Blick zu erkennen. Doch beherrschend war er nicht. Furcht? Die Frau war beinahe belustigt, als sie darüber nachdachte, dass dieser Mann dort Angst vor dem Tod haben sollte. Ein solch irrsinniger Schlächter und Angst vor dem Tod? Eine verwundete Bestie verschwendet keinen Gedanken an den Tod. Sie greift an mit doppelter Kraft, ohne zu wissen, dass sie sterben wird. Oder schlummerte tief im Inneren dieses Monstrums doch das Herz eines normalen, vielleicht gar liebevollen, freundlichen und zuvorkommenden Mannes? Sie konnte es sich nicht vorstellen. Nein, sie wollte es nicht. Er durfte keine gute Seite an sich haben. In ihrer Welt existierte er als eine rücksichtslose, erbärmliche Kreatur ohne jedwede Daseinsberechtigung. Er und sie waren der Abschaum dieser Welt. Ein schönes Paar gaben sie doch ab, diese seelisch Zerstörten, wie sie dort auf dem Boden lagen und einander noch in Gedanken bekämpften, wo ihre körperlichen Kräfte längst versiegt waren. Ist es nicht komisch?, fragte sie sich, wir spüren den Tod auf leisen Sohlen in unsere Richtung schleichen, wir Lebenden, und genau dies ist der Moment, in dem wir den krankhaften Wunsch verspüren, so viele Leben wir möglich mit uns zu reißen. Sollte dies Kurenais letzte Stunde sein, so wollte sie nicht ohne ihn gehen. Wenn sie starb, musste auch er sterben. Und wenn er starb, dann wollte sie nicht mehr leben. Er hatte ihrem Leben einen Sinn gegeben: An seiner Seite zu stehen und einen Kampf auf Leben und Tod gegen ihn auszufechten, sollte der rechte Zeitpunkt gekommen sein. Selbst dem Tod wollte sie es nicht erlauben, dieser ihrer Planung im Wege zu stehen.
    Krampfhaft presste sie die blutroten Unterzähne auf die oberen, versuchte hierdurch neue Kraft, geboren aus dem Schmerz heraus, zu finden. Wenn sie erst einmal saß, konnte sie eine weitere Pause einlegen und darüber nachdenken, wie vorzugehen war. Gleich einer schleichenden Krankheit bahnte sich die Ohnmacht ihren Weg ins Kurenais Bewusstsein. Die Umgebung wurde dunkler, weiße Pünktchen tanzten vor ihren Augen. Es dauerte nicht mehr lange und sie würde zusammen brechen. Und wenn dies geschah, dem war sie sich sicher, würde sie nie wieder erwachen.
    Komm schon… nur noch ein kleines bisschen. Beweg deinen faulen Hintern und setz dich auf. So schwer kann das doch nicht sein! Wenn du jetzt nicht handelst, werdet ihr beide sterben. Du bist eine Niete. Mach endlich. Oder willst du lieber tatenlos hier herum liegen und verrecken? Das passt zu einem feigen Mischlingsweib wie dir. Versteckst dich hinter einer Maske der Rechtschaffenheit und weißt doch selbst, was für ein verdorbenes Biest du bist. Hast du die Augen der Elfe gesehen, die deine Wunden versorgte? Sie hat das wahre Gesicht hinter dieser Fassade gesehen. Und der Rothwardon auch. Sie alle hassen dich für das, was du bist. Nein, sie hassen dich einfach nur dafür, dass du überhaupt existierst. Eine ekelerregende Kreatur wie dich dürfte es nicht geben. Und alle wissen das und trachten dir nach dem Leben. Schon mal darüber nachgedacht, dass deine Schönheit nicht der Spiegel deiner Seele ist? Schau tief in dich hinein und du wirst ein altersschwaches, nicht lebensfähiges Etwas sehen, entstellt und verkrüppelt. Ja, das bist du!
    Die Stumme stachelte sich selbst an. Sie brachte ihren Geist dazu, all die hässlichen Gedanken, die sie über sich selbst hegte, in ihr Bewusstsein zu spucken. Sie hasste sich, sie hasste ihr verdammtes Leben.
    Aber sie konnte jetzt nicht einfach sterben. Nein, sie durfte nicht sterben. Sollte denn ihr Leben auf diese Weise und gar so schnell ein Ende finden? Nur schwerlich und unter größten Anstrengungen schaffte sie es, sich aufzusetzen, kreuzte schließlich, als sie es geschafft hatte, die Beine übereinander und schlang die Arme um ihren Körper. Die Person, die sich dort befand, war nicht mehr als ein Häufchen Elend, ein Schatten ihrer selbst. Langsam klang das Stechen in ihren Gliedern ab und sie nahm sich die Zeit, den Rothwardon etwas genauer zu betrachten. Seine muskulösen Arme waren mit Stofffetzen abgebunden. Im Endeffekt hatte der Idiot sich selbst die schlimmsten Wunden zugefügt. Sie lehnte sich an seinen liegenden Körper und bettete bewusst ihren rechten Ellenbogen auf die Fleischwunde an seinem Rücken. Er sollte ruhig noch ein wenig leiden. Nicht sterben, aber das Quälen ließ sie sich nicht nehmen.
    „Ich sagte dir doch“, schickte sie ihm ihre Gedanken, „dass du mich nicht einfach los wirst. Tritt’ und schlag’ mich ruhig, das macht mir nichts aus. Ich bin’s gewohnt. Aber umbringen wirst du mich nicht. Das wär selbst für dich etwas hinterhältig, was?“ Ein kurzweiliges Lächeln zuckte über ihre Lippen, gefolgt von einem weiteren, kleinen Rinnsal Blut aus ihrem rechten Mundwinkel. Lange würde sie es nicht mehr machen. „Lass’ uns doch mal überlegen, wie wir das hier schaffen können. Ich bin fix und fertig. Wir werden sterben, weißt du?“ Er antwortete nicht, bewegte sich nicht. Doch… Als Kurenai seine rechte Hand betrachtete, zuckte diese gefährlich als wolle er erneut seine Kräfte sammeln. Seine wirklich letzten, unwiderherstellbaren Reserven. Oder irrte sie? Kleiner Dreckskerl. Merkst du denn nicht, wann es vorbei ist? Überleg’ lieber mal, in was für einer Situation du dich befindest. Ich könnte dir mein Schwert in den Rücken rammen und dein Leben beenden. Du würdest einsam sterben in dieser Wildnis und niemand würde sich deiner erinnern. Wäre dir das wirklich lieber? Tse… wieder dieses flüchtige Lächeln. Vergänglich wie das kurze Aufblühen einer zarten, schwarzen Knospe. Genauso schnell wie beim ersten Mal war es bereits wieder erloschen. An seine Stelle trat Wut. Sie brauchte sie, die Wut. Nein, nicht die Wut an sich – sie brauchte ihre Gefühle. Immer hatte sie sie versteckt aus Angst, in sich selbst das zu sehen, was sie war. Doch sie waren wichtig geworden. Wie sollte eine gefühllose Puppe hassen können? Und hassen musste sie, wenn ihr Leben weiterhin einen Sinn behalten sollte. Ansonsten wäre ihr das eigene Leben egal. Ansonsten wäre ihr das seine egal. Irgendwie musste sie es schaffen, sich selbst wie auch den Rothwardonen zum nächstgelegenen Tempel zu schaffen. Almsivi Intervention… ein einfacher Zauber. Er frisst kaum Mana und bringt einen an das gewünschte Ziel. Ob sie ihn auch überlebte, war eine völlig andere Frage. Aber wenn sie erstmal beim Tempel waren… Noch konnte die Kunde, dass der Rothwardon gar so viele imperiale Soldaten in den Tod geschickt hatte, nicht weit gereicht sein. Noch hatten sie eine fünfzig zu fünfzig Chance, lebend dort anzukommen und nicht gleich getötet zu werden. Noch… konnte sie die Kraft aufbringen, gleich zwei Personen zum Tempel zu teleportieren?
    Darüber nachzudenken hatte sie nun keine Zeit.
    „Zum nächsten Tempel?“, fragte sie ihn, wusste aber gleich, dass sie keine Antwort erhalten würde. Worte zu denken war einfacher als sie auszusprechen. Und es sparte Kraft. „Ich sehe dein Schweigen einfach mal als ein Ja an. Etwas Besseres fällt mir nämlich eh nicht ein.“ Sie tätschelte ihm den Rücken, dieses Mal nicht die Wunde. Es reichte einfach. Noch ein wenig mehr Erniedrigung und er würde sich wahrscheinlich genötigt fühlen, ihr zu zeigen, wie man einen Menschen das Fürchten lehrte.
    Die Gedanken der Frau konzentrierten sich auf eine einzige Sache – den Zauber zu formen. Formeln konnte man erdenken, man brauchte keine Stimme, um sie zu sprechen. Das war ihr großes Glück. Wäre es anders gewesen, hätte sie zum ersten Mal ihre Entscheidung bereut, sich selbst die Stimme genommen zu haben.
    Du stirbst mir nicht so einfach davon, darauf kannst du wetten, waren ihre letzten hasserfüllten Gedanken, bevor sie den Zauber wirkte und die beiden Gestalten in gleißendem Licht erstrahlten.
    Zurück blieb nur der seichte Wind, welcher über noch warmes Blut auf dem Erdboden strich.

  18. #338

    Balmora - Tempel

    Sein körperlicher Schmerz war es nicht, der ihn innerlich aufrieb auch der Schmerz der Niederlage, des Versagens, war es nicht. Es war das Verlangen trotz dieser Schande sein Leben weiterführen zu wollen. Die Angst ließ ihn nicht mehr los. Er wollte leben. Wenn er weiterlebte konnte er Rache nehmen, alles besser machen, wieder gut machen.
    Ja, das konnte er womöglich. Seine Schuld durch das Blut seiner Schuldiger und das seinige tilgen. Er würde kein erbarmen zeigen, niemals mehr. Er würde...
    Allerdings genügte ein Einfaches "würde" nicht. Er fragte sich viel mehr was er tun "sollte". Er wusste was er tun wollte, doch war es auch das, was er tun sollte? Er war sich nicht mehr so sicher, wie er es einst immer war. Seine Selbstverachtung wuchs in diesen Zeiten der Zweifel. Er verfluchte sich dafür, keine Entscheidung treffen zu können. Er wünschte sich einen alten, weisen Berater herbei, der ihm einfach sagte was er zu tun hatte.
    Leben oder Sterben.
    Letztendlich hatte er durch seine Unentschlossenheit eine Entscheidung durch die Hand der Elfe herbei gebracht. Er schwieg, wehrte sich nicht, ließ seine Peinigerin ihm das Leben retten. Er hatte keine Wahl...
    Wieder konnte er sich seinen Taten, seinem Handeln, nicht stellen. Er suchte Ausflüchte in seiner Hilflosigkeit. Er hätte sich ehrenvoll das Leben nehmen können. Die Zunge hätte er sich abbeißen können...wie viele mutige Krieger vor ihm. Wieso musste er sich nur Fürchten, wieso konnte er diesem unnützen Gefühl nicht einfach abschwören? Es war doch nicht so schwer...seine Überlebenschancen waren doch sowieso gering, auch mit Hilfe eines Priesters. Er würde ohnehin sterben...irgendwann. Also weshalb, weshalb konnte er sein Leben nicht einfach ehrenvoll beenden?
    Hell gleißendes Licht umgab ihn. Sein Zögern war für die Halbelfe Antwort genug. Die Magie umhüllte ihn. Das unnatürliche Spiel mit den Elementen, die Fähigkeit der Teleportation. Es nährte immer noch seine Furcht. Schon damals und nun auch an diesem Tag. Es gab nicht viele Magieadepten aus seinem Volk. Selbst war er nur wenigen von ihnen begegnet. Zu mehr als die Magie eines magischen Gegenstandes zu nutzen, reichten seine magischen Kenntnisse nicht. Er fürchtete sich vor ihr...der Magie. Fürchtete sich vor dem, dass er nicht kannte. Fürchtete sich vor dem Tod.
    Ein einziges Blinzeln genügte und man hatte ihn aus den Weidenebenen in einen Tempelvorhof gerissen. Der braune Sand vermischte sich langsam mit seinem Blut und gelangte in einige seiner kleineren Wunden. Er sehnte ihn herbei, den Gott des Todes, wer auch immer er war, wie auch immer er hieß.
    Ihn war zu lachen zu Mute. So lange er lachte, musste er sich nicht stets in seinem Selbstmitleid ertränken. Solange er lachte entschwanden seine Gedanken. Solange er lachte, konnte er all dem Leid entfliehen. Doch nicht einmal dazu war er mehr imstande. Er schwieg, lag blutend auf den warmen Steinen, in einen scheinbar niemals endenden Kampf zwischen Leben und Tod.
    Sein Selbsterhaltungstrieb zwängte ihm trotz allem seinen Willen auf. Nun war er schon so kurz vor der einzigen Chance, deren sich die Götter erbarmt hatten. Er sollte zwar einen hohen Preis für seine Rettung zahlen, doch konnte er ihn so zumindest später zurückzahlen. Er würde als Bastard unter den Kriegern wandeln, bis er sich letztendlich mit ihnen wieder gut stellte. Bis dahin...ja, bis dahin..."sollte" er für seine Niederlage leiden.
    Seine Augen fixierten die Tür der Tempelanlage. Es war nicht weit. Gerade einmal ein paar Meter. Doch selbst diese kleinste aller Hürden sollte für ihn ein unüberwindbares Hindernis darstellen. Die kleine hölzerne Tür, kein Tor, zwar dick beschlagen, doch nicht hoch, trennte Sieg von Niederlage, Leben von Tod. Er befand sich unweigerlich auf der falschen, auf der Verlierer Seite. Er rollte seinen Kopf zur Seite. Das Mischlingsweib saß gebeugt an seiner Seite. Allein ihr Anblick, ihr ach so schöner Anblick, entflammte sein Tod geglaubtes Herz und tauchte es aufs neu in Hass. Sie trug an allem Schuld. Sie war es, die es zu bezwingen galt; nicht den Tod. Er würde seine Rache nehmen für das was Geschehen. Und am Tag ihres Todes durch sein Schwert würde er ein einziges Mal sein menschliches Wesen vergessen und sie wortwörtlich in Stücke reißen.
    "Move...Move...Move...Move...Move...Move...Move..."
    Seine Muskeln waren erschlafft, an einigen Stellen sogar zerrissen. Sein kleines Mantra war vergebens. Nichts auf der Welt konnte seinen Körper mehr zum aufstehen bewegen...wirklich...nichts.
    Sein Leib bebte, erzitterte unter den Willen seines Geistes. Sein Blut wies die Kälte ab und begann erneut an zu köcheln. Sein Gesicht verzerrte sich zu einem unmenschlichen Ausdruck aus Pein und Hass. Nein, in diesem Moment war er kein Mensch mehr. Er hatte all das Böse in der Seele des Menschen heraufbeschworen und war zu dem geworden, den alle Wesen zugleich fürchteten. Ein Berserker. Ein Dämon im menschlichen Leib, der nicht zwischen gut und böse, Freund und Feind, zu unterscheiden wusste. Eine Existenz die sich dem Verstehen selbst der weisesten Magier entzog.
    Das Blut spross aus seinen Wunden, als würde es sein Körper mit allen Mitteln abstoßen wollen. Aus hunderten vereinzelten kleinen Wunden, sowie den wenigen großen Verletzungen schoss ein Strahl aus roter Flüssigkeit und verwandelten den Redguard in einen lebenden Springbrunnen. Es war als ob es über ihn hereinfiel, als ob es auf ihn herab regnete, jedes bisschen Körperfläche rot färbte und den Sand hinwegschwemmte. Zitternd stieß er sich mithilfe seiner Arme vom Boden ab. Er ging auf in dem Meer aus Flammen.
    War es sein Lachen, sein breites Grinsen, das ihn vor dem Schmerz bewahrte?
    War es sein Hass, seine Wut, die ihn die Grenzen des menschlichen Daseins zu überschreiten ermöglichte?
    War es die Furcht, die ihn dazu trieb?
    Er erkannte weder schwarz noch weiß, nur grau. Das Ziel, das er sich zuvor in den Verstand gebrannt hatte, die Tür, sie war das Grau. Allein die Zerstörung der Tür gab seinem Dasein einen Sinn, machte ihm Freude, ließ ihn leben. Nur die Tür konnte sein Augenlicht erhellen. Es war alles und nichts.
    Seine milchig trüb gewordenen Augen konnten ihren Blick nicht mehr davon abwenden. Eine neue Flut aus schwarzem Blut wich aus seinem linken Unterschenkel, als er sich endlich aufrichtete. Es floss in strömen, ließ ihn als eine vage Fantasie, eine surreale Begebenheit dastehen. Es war nicht möglich, nicht auf dieser Welt, und doch tat er es. Es raubte dem Verstand den letzten Nerv. Er befand das Gesehen als Lüge. Doch das Auge log nicht.
    Seine zerschlissenen Muskeln spannten sich. Er lief. Langsam. Schritt für Schritt. Mit jedem weiteren verkürzte er sein Leben um Jahre. Unter unsäglichen Schmerzen. Dem Überleben entgegen. Der Vergebung, der Buße entgegen.
    Der bebende Leib flehte, flehte seinen Schmerz zu lindern, ihn ihm zu nehmen. Er sehnte gegen den Willen seines Meisters den Tod herbei. Und er litt. Es schien als ob ihm der Schmerz die Kraft, den Willen, gab noch mehr Schmerz auf ihn heraufzubeschwören. Er war erblindet. Konnte nicht mehr sein Leid erkennen. Konnte nicht mehr sich selbst erkennen. Nur die Tür war ihm noch sichtbar, vor der er nun stand. Sie musste entfernt, zerstört, werden. Sie musste verschwinden. Sie war die letzte Hürde. Aus dieser verzweifelten Überzeugung heraus hatte er die Kraft geschöpft, ihn zu wecken. Und so würde er ihm gehorchen...vorerst. Er würde die Pforte niederreißen, auf das sie den Weg zu dem Meer aus Blut ebnete, das er so sehr begehrte.
    Das Grün seiner Augen war nun gänzlich verschwunden. Seine Augäpfel hatten sich verdreht, sahen nun die schwarze Leere im Inneren ihres Herrn. Das Weiß seiner Zähne war verwaschen, vergessen. Schwarzes Rot bedeckte ihre einst so glanzvolle Farbe. Sein herzhaftes Lächeln hatte sich dem verzerrten Grinsen, das drohte seine Mundwinkel zu zerbersten, ergeben, als er jede einzelne Muskelfaser seiner Arme anspannte, ob gerissen oder lediglich erschöpft. Der Schmerz nährte seine Rage, seine Rage seine Kraft. Fäuste schnallten nach vorne, hieben auf ein und dieselbe Stelle ein. Das Holz erzitterte unter den Hass seiner Fäuste. Es wich zurück, versuchte Schutz, Rettung, in den heiligen Hallen zu finden; doch vergebens.
    Das Knacken seiner Fäuste, seine gebrochenen Fingerknöchel, erfüllte ihn mit Stolz, mit Leidenschaft. Unaufhörlich lud er seinen Leib weitere Schmerzen auf. Doch das Holz gab nach. Es fürchtete ihn. Selbst Wesen ohne Geist, ohne Seele, ohne Leben fürchteten seine Präsenz. Denn er war die Furcht selbst. Aus ihr geboren, in ihr lebend und mit ihr sterbend.
    Ein weiterer Schlag seines rechten Arms. Er gab nach. Der Körper ertrug den Schmerz nicht länger und ein lautes, markerschütterndes Knacken ertönte, als seine Elle nach unten abknickte und ihn somit nutzlos machte. Nicht einmal ein winzig kleines Zucken, kein Zögern, folgte auf das Versagen seiner Knochen. Sein Linker Arm schlug einfach weiter auf sie ein, bis auch er dem Widerstand des stabilen Holzes zum Opfer fiel. Den ausgekugelten Arm konnte er nun auch nicht mehr gebrauchen. Stimmen drangen an sein Ohr. Wütend, verängstigt, verwundert und drohend. Er verstand sie nicht. Sie waren unwichtig für ihn. Allein das Holz war es, das sein Blut in Wallung brachte.
    Blind vor Eifer nahm er Schulter und Kopf zur Hilfe. Die Verankerungen des Gebildes gerieten aus den Fugen, bebten bei jedem erneuten Aufschlag des halbtoten Leibs. Sie spürten seinen Hass.
    Das kalte Eisen gefror. Das warme Holz gefror. Der Tempel gefror. Der Sand gefror. Der Mensch gefror. Als ein letzter Schlag seiner Schädeldecke die Tür zu fall brachte und die Sicht auf die versammelte, kampfbereite, Priesterschaft ermöglichte. Entsetzt wichen sie zurück, als sie in das Gesicht des Berserkers sahen. Er hatte seine Aufgabe erfüllt.
    "Wir sehen uns..."
    Das Blut floss seinen schlaffen Armen herab, als die Zeit drohte stillzustehen. Für den Bruchteil einer Sekunde blieb sein Herz stehen und er sah sein Reich. Doch er dürstete nach mehr und sein brennendes Blut schuf das Herz aufs Neue.
    Er spürte den Schmerz, sah wie er langsam auf die Knie sackte und nach vorn auf das Holz stieß. Sein Blut bahnte sich in seine Rinnen. Sie wurden eins.
    Und so begann sein neues Leben mit seinem Fall. Dem Fall des Berserkers.

  19. #339

    Balmora / Tempel

    "Du bist so schön!
    So wunder, wunderschön.
    Dein Gesicht, dein Körper.
    Oh, wunderschöne Kurenai.
    Dein rotbraunes Haar, welches bei jedem Strahl des Sonnenscheins rot zu schimmern beginnt, dass man meinen könnte, es sei das Feuer selbst.
    Deine sanften Augen - wie die glatte Oberfläche eines Sees, auf dem sich die Monde in klaren Sommernächten verheißungsvoll spiegeln.
    Deine zarte Haut, so hell und blass, dass man meinen könnte, sie sei die Reinheit selbst.
    Du bist Ursprung, Quell der Schönheit.
    Und dann?
    Ja, dann erwachst du aus diesem schönen Traum. Grausam nicht? Zuerst umgarnt von feinen, zuckersüßen Worten? und nun schaust du in den Spiegel.

    Du bist das hässlichste Wesen dieser Welt."


    Dunkelheit. Sie war davon umhüllt. Nur diese Stimme, ihre eigene, hallte an ihren Schädelwänden wider. Sie mochte weinen, schreien, zusammen brechen am Sternenhimmel ihres Lebens. Und doch? doch, erkannte sie ein Licht vor sich. Ein schmaler Spalt, kaum mehr als einen Faden breit. Und sie selbst war diejenige, die sich aus der Finsternis hinein in ein kaltes Licht riss.
    Kurenai öffnete die Augen. Um sich herum hörte sie Geräusche, leise Bewegungen, geflüsterte Worte. Geradeso, als schlichen Menschen hier umher mit der Vorsicht, einen Schlafenden nicht zu wecken. Es dauerte, bis sie merkte, dass sie die Person war, auf die Rücksicht genommen wurde. Obwohl sich ihre Augen noch nicht an die Helligkeit gewöhnt hatten, versuchte sie sich aufzurichten, um Sekunden später von einer Hand sanft, aber bestimmt zurück in die Kissen gedrückt zu werden.
    ?Ihr seid schwer verletzt. Bis Eure Wunden vollends geheilt und Eure Kräfte wiederhergestellt sind, wird es noch ein, zwei Tage dauern. Also bleibt liegen und ruht Euch aus.? Eine Männerstimme. Kurenai blinzelte in das Licht hinein. Dunkle Konturen zeichneten sich vor ihrem Auge ab, langsam erkannte sie die Umgebung. Zwar noch verschwommen, aber immerhin. Ein Mann saß auf einem Holzstuhl an ihrem Bett und lächelte freundlich. Kurenai erwiderte es nicht. Wo war sie? Erst einmal musste sie sich sammeln, ihre Erinnerungen zusammen tragen und all diese Daten, die man gemeinhin als eine Lebensgeschichte bezeichnete, zu einem Bild zusammen fügen. Sie öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch kein Laut verließ ihre Kehle. Wo bin ich? Der Mann - ein Imperialer, wie auf den dritten, vierten oder auch fünften Blick zu erkennen war - meinte die ihr auf den Lippen liegenden Worte verstanden zu haben und füllte einen Becher mit Wasser aus einer eisernen Karaffe auf dem niedrigen Nachttisch. Bereits als er ihr half, sich aufzusetzen und das Kissen in ihrem Rücken zurecht zu zupfen, merkte sie, dass Widerstand nichts brachte. Dass sie allerdings nicht einmal den Kopf richtig zu schütteln vermochte, hatte sie nicht erwartet. Er setzte ihr den Becher an die Lippen und verabreichte ihr die klare Flüssigkeit in kleinen, ertragbaren Schüben. Durst war nun wirklich das letzte, was sie hatte. Aber wie dagegen angehen?
    "Natürlich, Ihr seid durstig. Und selbst wenn Ihr es einmal nicht seid, so rate ich Euch, in nächster Zeit ein wenig mehr zu trinken. Das würde Euch durchaus gut tun, so blass, wie Ihr seid. Als hätte man Euch mit Kreide angemalt. Ihr wart bereits auf dem Weg in die nächste Welt, als wir Euch fanden. Die letzten Stunden waren ein reines Ringen um Euer Leben. Aber nun scheint es Euch wieder halbwegs gut zu gehen. Jedenfalls werdet seid Ihr außer Lebensgefahr."
    Wo bin ich? Egal, wie sehr sie auch über diese Frage sann, sie vermochte sie sich selbst nicht zu beantworten. Die einzige griffbereite Person zur Beantwortung saß direkt neben der Stummen am Rand des Bettes, flößte ihr Wasser ein, hielt sich für so gebildet, erwartete Dankbarkeit und hatte in Wirklichkeit nicht den Hauch einer Ahnung. Sie hätte ihn gern einen Idioten genannt, doch erschien selbst ihr eine solche Anmaßung in dieser Situation etwas unangebracht. Immerhin hatte er ihr das Leben gerettet. Er und noch ein paar andere. Diese würde sie vielleicht noch kennen lernen, vielleicht auch nicht. Kurenai hoffte auf letzteres. Sich zu bedanken war nicht unbedingt eine ihrer besonderen Stärken. Der Imperiale nahm ihr den Becher von den Lippen und stellte ihn auf dem Nachttisch ab. Das Geräusch, eigentlich leise und dumpf, schmerzte in ihrem Kopf und jeder Schluck Wasser, den sie genommen hatte, brannte in ihrer Kehle wie reiner Alkohol. Sie fühlte sich wie gerädert. Nicht eines ihrer Körperteile wollte ihr den Gefallen tun, sich bei der kleinsten Bewegung mal nicht unangenehm bemerkbar zu machen. Als wäre sie von einer Klippe gefallen, hätte sich dabei sämtliche Gliedmaßen verrenkt und wäre mit dem Kopf auf einem harten Stein aufgeprallt. Die Schmerzen durften ähnlich sein, wenn man dezent außer Acht ließ, dass sie einen solchen Sturz wohl eher nicht überlebt hätte. Aber nicht nur ihre körperlichen Beschwerden ließen die junge Frau sich wundern. Insbesondere ihr Gesicht machte ihr sorgen, so taub und leblos es sich anfühlte. Mit der rechten Hand strich sie vorsichtig darüber, doch statt der sich üblicherweise dort befindlichen Haut ertastete sie eine härtere, raue Materie. Verband. Natürlich. So, wie der Rothwardon sie zugerichtet hatte, war es abzusehen gewesen, dass man ihren Kopf voll und ganz in "Seide" hüllen würde. Aber auch ihre Arme waren verbunden, ihr Hals und ganz besonders ihre Schulter. Letzterer Verband lag besonders straff an ihrem Körper an. Den dazugehörigen Arm anheben? Ein Ding der Unmöglichkeit. Vorsichtig begann sie nun, da sie genug vom Nachdenken über die erst kürzlich passierten Geschehnisse hatte, den Raum in Augenschein zu nehmen. Er war klein und spärlich eingerichtet. Das gesamte Mobiliar ließ sich in Bett, Nachttisch und Stuhl zusammen fassen. Den Eimer, der neben ihrem Bett stand ? zu welchen Zwecken, das wollte sie nicht einmal wissen ? zählte sie nicht dazu. Der Verschönerung des Zimmers hatte wohl ein Wandteppich mit einer Magier-Stickerei dienen sollen. Weit gefehlt: Er machte die ganze Angelegenheit nur noch schlimmer. Direkt gegenüber dem Bett befand sich die Tür, daneben gleich dieser Wandbehang. Eine schöne Arbeit, keine Frage, aber fühlte Kurenai sich durch den abgebildeten Magier angestarrt. Oh ja, er blickte ihr entgegen, als wollte er ihr etwas vermitteln. Was es war, konnte sie nicht sagen, aber es war unangenehm. Wahrscheinlich die Methode der Templer, ihre ungebetenen halbtoten Gäste schnellstmöglich wieder raus zu ekeln, da die Bezahlung ihrer Dienste in keinem Vergleich zu ihren Ausgaben stand.
    "Interessiert es Euch nicht?", fragte der Imperiale und sah sie misstrauisch an. Kurenai wandte ihm nur den Kopf zu. Sie verspürte keinen Drang zur Nachfrage. Er würde ihr ja eh sagen, was sie angeblich nicht interessierte.
    "Ihr wollt gar nicht wissen, wo sich Euer Begleiter befindet und wie es ihm geht? Auch er ist noch recht angeschlagen, wohl noch schlimmer als Ihr. Er hat eine Menge Blut verloren. Er hätte tot sein können, aber scheinbar interessiert Euch das herzlich wenig."
    Nein, es interessierte sie sogar brennend, aber aussprechen hätte sie dies - wenn überhaupt sie es gewollt hätte - ohnehin nicht. Wäre er einer ihrer Retter gewesen, so hätte ihm die breite, gezackte Narbe an ihrem Hals auffallen müssen, wodurch ihm schließlich klar geworden wäre, dass sie keine Stimmbänder besaß, um sie auch zu benutzen.
    "Ich werde Euch nachher zu ihm bringen - wenn Ihr brav seid und ein wenig schlaft." Er zwinkerte ihr zu und erhob sich. Für seinen letzten Ausspruch hätte sie ihm gern ins Gesicht geschlagen. Nun, irgendwann würde sie das sicherlich nachholen, falls sie es der Nebensächlichkeit wegen nicht völlig vergaß. Die Tür quietschte, als er sie öffnete. Auch, als er sie wieder schloss. Alles war still in dem Raum. Nur die gedämpften Gespräche aus dem Raum hinter der Tür waren zu vernehmen. Kurenai ließ sich zurücksinken und genoss diesen Moment der vollkommenen Einsamkeit, die Ruhe, die dieses Bett verhieß. Der Schlaf schrie förmlich nach ihr, zog ihr Bewusstsein sanft in kleinen Stücken hinab in einen schwarzen Schlund aus Alpträumen. Ein Lächeln bahnte sich seinen Weg auf ihre Lippen. Ja, selbst wenn sie wusste, was sie vom Schlaf zu erwarten hatte, es drängte sie, die Augen zu schließen und sich ihm zu überlassen.

    Wie viel Zeit war vergangen? Minuten, Stunden, Tage, Monate? Kurenai hatte nicht das Gefühl, lange geruht zu haben, als ihr Körper mit denselben Schmerzen ein weiteres Mal in die Realität zurückkehrte. Sie hatte einen tiefen, traumlosen Schlaf durchlebt. Unbedingt besser fühlte sie sich dadurch nicht, aber ihr Körper schien es ihr und ihrem Unterbewusstsein zu danken. Einige Minuten lag sie mit noch geschlossenen Augen da, döste vor sich hin und genoss die Stille.
    Dann quietschte die Tür. Sie öffnete eines ihrer Lider. Wieder dieser Imperiale. Wenn er sie nun fragte, ob sie auch schön brav im Bett geblieben war, würde sie vom Glauben abfallen, jeglichen guten Geist begraben und sich wie eine Wilde auf ihn stürzen. Es wäre mehr, als sie im Moment ertragen konnte.
    "Ah, Ihr seid wach. Meint Ihr, dass Ihr aufstehen könnt? Dann führe ich Euch zu Eurem Begleiter. Er schläft noch. Bei seinem Blutverlust wird es wohl auch noch eine Weile dauern, bevor er aufwacht."
    Vorsichtig half er ihr beim Aufstehen. Kurenai mochte ja über ihn denken, was sie wollte, sie war auf ihrem Weg nach Morrowind schon schlimmeren Heilern als ihm begegnet. Männer und Frauen mit den Händen eines Fuhrknechts; talentiert, aber anderen Heiler nicht unbedingt vorzuziehen. Jede Bewegung schmerzte in ihren Gliedern, aber Kurenai war gewillt, sich zu erheben und zu gehen. Sie musste den Rothwardonen sehen. Sie musste sich vergewissern, dass er lebte. Der Imperiale legte ihr helfend einen Arm um die Hüften, ließ sie sich auf ihn stützen und trug sie mehr durch den Raum als dass er sie selbst gehen ließ. Sie war krank, schwach und dem fremden Willen ihrer "Gönner" unterworfen. Tolles Gefühl... Sie hatten nicht weit zu gehen. Der Rothwardon lag gleich im Nebenzimmer. Dennoch dauerte es eine Weile, bis sie dort ankamen und der Imperiale sich für einen Moment zurück zog, um Kurenai mit dem Mann, den er allem Anschein nach für einen Kampfgefährten der Stummen hielt, ein wenig allein zu lassen. Als er gegangen war, erhob sie sich von dem Stuhl und hievte sich hinüber zum Bett, ließ sich auf dem Rand nieder und betastete seinen Hals, spürte einen schwachen Puls. Ein Glück, er lebte. Traurig, aber wahr: Sie wünschte dem Rothwardonen den Tod, aber da sie ihre letzte Energie aufgebracht hatte, ihn hierher zu bringen, erfüllte es sie mit Erleichterung, dass ihre Anstrengungen etwas gebracht hatten. Aktiv hassen konnte sie ihn später immer noch. Durch die Ohnmacht und das Erwachen in einer fremden Umgebung waren ihre Gefühle für eine gewisse Zeit wieder mehr oder weniger auf Eis gelegt. Besonders stark zum Ausdruck kommen konnte sie jedenfalls nicht. Gut für den Glatzkopf, der da schlafend in dem Bette lag, denn ansonsten hätte sie ihm noch eine Ohrfeige zu seinen zusätzlichen Gebrechen verpasst.
    Er sah grauenvoll aus. Das, was da vor ihr lag, ging nicht mehr als das durch, was man allgemein hin einen Menschen nannte. Ein Knäuel teils rötlicher Verbände traf in Sachen Optik eher zu. An seinen Armen lagen hölzerne Schienen, umwickelt von straffen Streckverbänden. Hatte er sich etwas gebrochen? Nein, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, waren seine Arme noch ziemlich gut intakt gewesen. Er musste sich die Brüche nach der Teleportation zugefügt haben, als sie ohnmächtig gewesen. Aber was im Namen Lorkhans hatte da bitteschön noch passieren können? Der Zauber hatte sie direkt vor die Türe des nächsten Tempels geführt. Nun, sie erwartete gar keine logische Antwort auf diese Frage, geschweige denn, dass sie sie sich selbst zu beantworten jemals fähig sein würde. Vorsichtig strich sie über seine freie Brust, wohl das einzige Fleckchen seines Körpers, welches nicht von weißem Verband bedeckt war. Ihre rechte Hand vollführte eine gerade Linie, die Stumme bewegte ihre Finger ruhig und bedächtig, betrachtete abwesend, was sie tat und gelangte schließlich bis an seinen Hals. Vorsichtig strich sie ihm über den Nacken, über den gesamten Hals. Dann legte sie ihre Finger darum und drückte mit sanfter Gewalt zu. Die Versuchung, ihn im Schlaf zu morden, war überwältigend. Er wirkte unschuldig wie ein kleines Kind, das Blut an seinen Händen sollte für einen Moment überdeckt sein vom gleißend hellen Licht der Reinheit. Ihn in seinem einzigen, wirklich verletzlichen Moment zu vernichten, hätte doch etwas für sich, oder? Vielleicht würde er gar nicht merken, wie sein Traum langsam verblasste und sein Blickfeld sich mit den Feuern Oblivions füllte. Er würde es nicht verstehen, nicht wissen, dass er soeben gestorben war. Sie musste nur zudrücken, fest und unbarmherzig, dann?
    Seufzend zog Kurenai ihre Hand weg und ließ sie zusammen mit der anderen in ihren Schoß sinken. Das war einfach eine dumme Idee. Erst retten und kurz darauf hinterrücks erledigen, nur um von den Templern wenig später aufgrund dieses Mordes ebenfalls schmerzlos und schnell hingerichtet zu werden. Es war nicht wirklich das, was sie unter produktiver Zukunftsplanung verstand. Kurenai riskierte einen zweiten Blick in sein Gesicht. Es war weniger schlimm zugerichtet als das ihre, aber das Fleisch um sein rechtes Auge zeigte eine leichte Schwellung. Noch ein, zwei Tage, solange mussten sie wohl miteinander auskommen, ohne sich gegenseitig an die Kehle zu gehen. Vielleicht würden sie es schaffen, vielleicht auch nicht. Wenn nicht würde sie zwar beide sterben, aber wenn es erst einmal soweit kommen sollte, dürfte diese Gewissheit ihnen auch keine Schranke sein.

    Der Rothwardon öffnete die Augen und sah ihr mit einem Ausdruck der Verwunderung ins Gesicht.

  20. #340

    Balmora - Tempel

    Wenn ein Leben in Dunkel getaucht, aus Furcht hinein in die Ungewissheit geboren und das Licht der Welt nur am Tage seines Todes zu Gesicht bekommt, so ist es des wahren Leidens mächtig. Es leidet anders, länger, intensiver als der Rest seiner Artgenossen. Es ist ein konstanter Schmerz in seiner Brust, der ihn Tag ein, Tag aus begleitet. Ein Schmerz der ihn in den Wahnsinn treiben würde, wüsste es von dem Guten, der Güte der Welt. Doch wie ein naives kleines Kind versteckt es sich hinter seiner kleiner Weltanschauung, driftet nur selten orientierungslos von der Schwärze ab.
    Erblindet von seinen ungezügelten Emotionen, geleitet von den Hass auf seine Schöpfer und gestärkt von dem zerstörerischsten aller Elemente, das sie alle in sich tragen...vom Nichts. In verzerrter Gestalt und mit geplagtem Geist wandelt der Dämon zwischen Oblivion und Tamriel. Einzig und allein in den Herzen und Gedanken der Götter und ihrer Schützlinge zugleich Ruhe findend.

    Seine Träume waren kurz und leer. Er erwachte desöfteren von dem Schmerz getrieben, nur um wenig später wieder in einen Zustand der Ohnmacht zu verfallen. Er ging ihm tief unter die Haut, bis hin zu den Knochen, die in kleine Teile zerbrochen, zersplittert waren.
    "Warum?"
    Auch wenn er sie sich stets aufs Neue fragte, so wusste er keine auch nur annähernd befriedigende Antwort auf seine Frage. Wo er war? Lediglich seine vagen Erinnerungen ermöglichten ihn eine Vermutung aufzustellen. Die versammelte Priesterschar, war das letzte das er zu Gesicht bekam, ehe er in das Dunkel tauchte. So hatte man ihn also in einen Tempel gebracht...Angesichts seiner Verletzungen keine unkluge Entscheidung. Doch wer?
    Alles war so verschwommen, entartet. Das Brennen, das seinen ganzen Körper zum Aufschreien zwang, war ihm dabei auch nicht gerade sonderlich hilfreich. Er konnte sich auf kaum etwas anderes Konzentrieren als den Schmerz, das Leid, das sein Herz sowie sein Körper füllten. Sie wussten mehr als er, hatten alles aus erster Hand miterlebt und trugen deutliche Narben davon. Doch sie kannten nur eine Sprache, nur ein Wort, nur einen mahnenden Gedanken, den er ihn deutlich spüren ließ. Als ob sie ihm all das Leid zurückzahlen wollten.
    Die Zeit verstrich. Er fand länger Schlaf, nur noch selten war er unsanft geweckt worden. Er bekam endlich wieder Gelegenheit nachzudenken, in seinen Erinnerungen zu kramen. Alles war so lückenhaft, von der Dunkelheit in Fetzen zerrissen, als ob ihn jemand sein Gedächtnis hatte nehmen wollen. Etwas war in einer Taverne passiert...er hatte gekämpft, wild gekämpft, wilder als er es je für möglich gehalten hatte...gegen wen und weshalb wusste er nicht mehr. Schließlich floh er blutüberströmt...er floh! Man verfolgte ihn...man erwischte ihn...und…nichts. Nur noch sein Fall zu Boden und die aufgebrachten, sowie erschrockenen Gesichter der Tempel Priester zierten seine Erinnerungen. Es war alles so unvollständig...hatte er etwa getrunken? Nein, zu so etwas war nicht einmal der Alkohol fähig. Er verstand nicht, nur der dumpfe Schmerz blieb als Relikt seiner und womöglich der Handlungen anderer übrig.
    Erneut schloss er die Augen, wollte nicht mehr darüber nachdenken. Er wusste, dass man ihn mit seinen Erinnerungen zwar auch ein schmerzliches Erlebnis seines Lebenswegs genommen hatte, doch plagte ihn seine Ungewissheit mehr als es die Wahrheit je hätte tun können. Er wünschte sie beide hinfort, die Gewissheit sowie die Ungewissheit. Schlaf würde sie in die Dunkelheit tauchen, dort wo nichts von Bedeutung war.
    Es war das erste Mal das er seit seinem Bett Aufenthalt einen Traum hatte. Er lag im heißen Sand seiner Heimatwüsten. Einsam, allein und zum Sterben verdammt. Er hungerte und durstete und es war keine Rettung in Sicht. Er versuchte seine wertvollsten Erinnerungen mit nach Oblivion zu nehmen, indem er nach ihnen in seinem Gedächtnis kramte und sie sich vor Augen hielt. Sie zauberten ihm ein letztes laues Lächeln aufs Gesicht, ehe er sich dem Tod überließ. Dieser kam auf leisen Pfoten, seine Schritte versanken in dem See aus Sand. Er war weder Mensch noch Tier, obwohl er seine Sprache sprach und das Aussehen eines Bluthundes, wie sie es zu Hauff an Adelshöfen gab, besaß. Sein schwarzes Fell, seine kleinen aber weiten Augenschlitze, seine abwechselnd rot-grünen Pupillen, seine messerscharfen Fangzähne und seine lange rote Zunge, die ihm weit aus dem Maul ragte; alles fixierte einzig und allein ihn. Er sprach nicht in Worten, sondern in Gedanken zu ihm. Es schmerzte, mehr als der Durst und der Magenschmerz. Als würde sich sein Wille in den Kopf des Redguards bohren.
    Seine Gedanken waren wirr, unvollständig und unverständlich. Nichtsdestotrotz verstand er. Sein Wille lebte in dem Menschen weiter. Er bot ihm das Leben, er bot ihm sein Leben. Er bot ihm Kraft, er bot ihm seine Kraft. Und er bot ihm einen Traum, er bot ihm seinen Traum. Alles für was es sich zu Leben lohnte, alles nachdem man im Leben trachtete und das Leben gar selbst würden wieder sein sein, dort draußen in der Einöde, die sein Grab hätte werden sollen. Allein ein einziges Wort, ein einzelner Gedanke, der Wille sich seiner Anzunehmen, sein Dasein gemeinsam mit ihm zu fristen, genügte und er stand vor einem Neuanfang.
    Er willigte ein.
    Ein Stich durchfuhr sein Herz, während er plötzlich die Augen öffnete und in ein von weißem Verbandszeug verhüllten Gesicht sah. Es war eine Frau. Sie war ein Mensch, doch irgendwie auch anders. Sie war verletzt, man hatte ihre Wunden verpflegt. Einzig und allein ihre Augen schienen von dem körperlichen Elend befreit zu sein.
    Wer bist du?
    Er erkannte sie, oder viel mehr sein Hass erkannte sie wieder. Er flammte allein bei einem einzigen Blickkontakt wieder auf und breitete sich wie ein Lauffeuer über seinen gesamten Körper aus.
    Was machst du hier?
    Er wollte sich an die Kehle, an die Brust fassen und sich vergewissern das nicht vielleicht ein Dolch in einen der beiden Bereiche steckte. Doch seine Arme, ja jede Faser seines Körpers war so leb- und kraftlos. Lediglich sein rechtes Bein und den dazugehörigen Fuß konnte er ein wenig heben, allerdings resultierte dies nur wieder in unnötigen Schmerz. Weshalb er jedoch in ihrer Nähe um sein Leben fürchtete, weshalb sie ihm nicht das Leben nahm, weshalb er das überhaupt annahm, wusste er nicht. Er versuchte sich zu erinnern. Er versuchte in den Feuern der Wut und des Schmerzes die Erinnerung an den vergangenen Tag wiederzufinden.

    Was willst du?
    Mich töten.
    Das willst du.
    Was will ich?
    Dicht töten.
    Das will ich.
    Dein Leben nehmen.
    Das werde ich.
    Dein Name, deine Gestalt, dein Gesicht, deine Identität...sie interessieren mich nicht. Allein dein Tod hat Bedeutung für mich. Allein der Kampf mit dir hat Bedeutung für mich. Ich erkenne dich nicht als Lebewesen, sondern als Feind wieder. Nemesis.


    Die Lücken füllten sich. Sie war das Schwarz das seine Erinnerungen trübten. Sie war der Grund. Ihre Existenz allein diente ihrem Tod durch seine Klinge. Sie war Grund genug sein Leben wegzuwerfen um das ihre zu nehmen. Denn das war der Weg des Kriegers, ja der seinige. Lediglich das Bestehen, das Übertrumpfen derer, die gegen ihn bestanden, ihn übertrumpften, machte sein Leben lebenswert. Das war seine Freiheit. Die Freiheit, die er seinem gesamten Volk wünschte.
    Langsam öffnete er seinen Mund. Er war trocken geworden. Seine taube Zunge fuhr die Innenseite seiner Zähne entlang. Als er schließlich sprach erklang seine Stimme heißer und leise; erbärmlich und schwach.
    "Noch einmal so eine gute Gelegenheit mich zu töten wirst du dein Leben lang nicht mehr bekommen. Töte mich jetzt und rette dein Leben oder stirb später im Kampf durch meine Klinge. Du hast die Wahl."

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