Gelangweilt hockte Erzmagier Malukhat in der Magiergilde Balmoras herum, beschäftigte sich zeitweilig damit, Ranis Atrys in den Wahnsinn zu treiben, widmete sich den dunklen Künsten der Totenbeschwörung, machte einen kleinen Abstecher nach Suran ins Haus der irdischen Freuden, ärgerte die Rüstungsschmiede, legte sich in Gramfest mit einem nervigen Bosmer an, reiste zurück nach Balmora und setzte sich irgendwo in der Magiergilde auf einen Stuhl, um den Inhalt des absolut interessanten und lesenswerten Buches „Ngasta! Ngasta! Kvakis!“ (oder so) aufzusaugen wie ein wissbegieriger Schwamm.
Doch es half alles nichts.
Ihm war langweilig. Einfach langweilig. Irgendwas musste es doch zu tun geben. Wenn er Ranis Atrys fragte, ob es noch irgendetwas zu tun gäbe, lachte sie nur abfällig und meinte, er sei der Erzmagier und gewiss nicht die Person, der sie Befehle erteilen würde. Malukhat nahm das geflissentlich hin, wenn auch ihm nicht bewusst war, dass Ranis – um einen Prozess wegen Mordes an dem Erzmagier Vvardenfells zu vermeiden – sich von ihm fernhielt, so gut es eben ging.
Und dann geschah es! Erleuchtung, Eingebung, eine Nachricht durch einen Boten, der sagte, dass sich in den Ashlands Drachen befanden? Egal. Jedenfalls befanden sich in den Ashlands Drachen. Und da der Dunmer sonst nichts zu tun hatte, dachte er sich, diese könne er ja mal mächtig aufmischen. Er nahm sein Bloody Shine zur Hand verließ in hochherrschaftlicher Geste die Magiergilde, klemmte seine Finger in der Tür ein und machte sich mit leicht angeknackster Würde in Richtung der Ashlands auf.

Mit in die Seiten gestemmten Armen betrachtete Malukhat die vor ihm liegende Kleinstadt. Pelagiad. Wie war er denn hierher gekommen? Ja, klar. Seine Füße hatten ihn hergetragen. Vielleicht war es Zufall, vielleicht Schicksal, am wahrscheinlichsten aber immer noch sein vollkommen verdrehter Orientierungssinn. Na ja, wenn er schon mal hier war… nein, nein… einfach weiter gehen. Irgendwann würde er schon ankommen.
Nach wenigen Minuten bereits erkannte er ein Feuer am Wegesrand brennen, daneben standen zwei merkwürdige Erscheinungsbilder Marke Dunmer mit wildem Afro-Look.
„Klar“, sagte Malukhat leise zu sich selbst und versteckte sich hinter einem Baum. „Das sind Banditen. Banditen stehen immer gut sichtbar am Wegesrand und haben ein Feuer entzündet“ – und dabei war es diesen wohl vollkommen egal, dass die Sonne schien, der Erzmagier in seiner Dämonen-Rüstung schwitzte und es helllichter Tag war. Ein Lagerfeuer musste wohl einfach sein. Gehört so zum Feeling eines Banditen. Malukhat atmete einmal tief ein und wieder aus. Einfach rüber gehen, sich angreifen lassen, freuen. Mehr musste er gar nicht tun. Und so tat er es auch. Er ging zu den Männern hin. Welch eine Überraschung, als der eine bei seinem Anblick zu stottern begann und sich förmlich für all die guten Taten bedankte, die der Erzmagier, seines Zeichens Nerevarine, begangen hatte. Bei dem zweiten Typen sah das nicht anders aus. Auch dieser war total freundlich und zuvorkommend. Es hätte Malukhat nicht gewundert, wäre er aufgefordert worden, sich mit den beiden an das Feuer zu setzen und Marshmallows zu rösten. Eine der Männer schaute er sich genauer an, dabei legte er Zeigefinger und Daumen unter das Kinn. Welche eine volle, regenbogenfarbene Haarpracht! Ein normaler Bandit konnte sich das Färbemittel wohl kaum leisten.
„Wa…“ – der Dunmer konnte sich nur knapp unter einem plötzlich ausgeführten Schwerthieb hindurch ducken. „Stirb!“, brüllte der Kunterbunte und schlug ein weiteres Mal mit seinem Schwert zu. Der andere starrte einfach nur mit einem Blick in Richtung des Angreifers, der so viel aussagte, wie: „Aha.“ Mehr nicht. Malukhat zog sein verzaubertes, daedrisches Dai-Katana und parierte die Waffe des anderen. Dieser hatte ihm eine genügende Angriffsfläche geboten und der nächste Hieb beendete den Kampf so abrupt, wie er begonnen worden war.
Vor Wut schnaubend richtete der Erzmagier den Zeigfinger auf den anderen Banditen und brüllte: „Was soll der Mist? Du jetzt nicht auch noch, oder was?!“
Der Mann sah ihn an. Ja, er betrachtete ihn einfach nur gleichgültig, verzog keine Miene, stand so da, sagte kein Wort.
Und nach so zirka drei Minuten schien er sich seines Berufes bewusst zu werden und griff ebenfalls an. Nach dem, was seinem Kumpanen geschehen war, hätte er es besser lassen sollen. Und so langen nun beide Männer ausgeknockt neben dem knisternden Lagerfeuer.
Okay, gehen wir man weiter, dachte sich der Nerevarine. Irgendwo muss ich ja mal ankommen.

Mist… Er hatte sich verlaufen. Richtig echt verlaufen. Anhaltspunkte suchen! Wenn er etwas sah, was ihm bekannt vorkam, dann konnte er sich daran orientieren. Der hochgewachsene Dunmer blieb stehen und blickte sich um. Steine. Und Bäume. Und Pflanzen. Gras. Moos. Zusammenfassend: Landschaft. Und irgendwie war alles in seiner Umgebung Landschaft. Na ja, wenigstens befand er sich immer noch auf einem Weg. Wenn er erstmal in irgendeiner Stadt war, dann konnte er sich immer noch Sorgen darüber machen, wie er wieder zurückkam. Glücklicherweise aber blieb ihm weiteres Umherirren erspart, denn am Wegesrand erkannte er eine Frau. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor… war die nicht vor drei Wochen auch schon da gewesen? Genau an diesem Ort? Egal. Hingehen, nach Weg fragen.
Doch gerade, als er näher an die Frau herantreten wollte, erkannte er weiter hinten, dort, wo sich der Weg gabelte, eine weitere Gestalt mit einem weiten Umhang stehen. Jetzt war der Erzmagier aber verwirrt… Also. Entweder er sprach die Frau an – die ja nun wirklich zweifelhaft war, denn wer bleibt schon mehrere Wochen an ein und demselben Platz stehen? – oder diese Gestalt da hinten in den dunklen Klamotten und dem schwarzen Umhang. Grr… die Frau würde bestimmt irgendwas von ihm wollen. Genau wie letztens, wo er den Weg hatte wissen wollen und die Frau meinte: „Klar. Ich sag’ Euch gern, wo Ihr lang müsst, aber könntet Ihr mir zuvor noch einen Gefallen tun? Mein Ring ist mir in diesen Tümpel dort gefallen und ich mag nun nicht rein, weil ich Tänzerin bin und heute noch einen Auftritt habe und mich darum nicht schmutzig machen möchte.“ – „Klar, meine Dame“, hatte Malukhat geantwortet, „ich helfe doch gern einer Frau in Not“ und war in den Tümpel gehüpft. Der Gedanke, dass das Ausziehen seiner Rüstung von schnellerem Erfolg bei der Auffindung des Ringes gekrönt gewesen wäre, war ihm erst gekommen, als er bereits bis über beide Ohren im Morast gesteckt hatte. Und Dunkel war es auch noch gewesen. Nicht, dass er sich im Dunkeln fürchtete, es war nur so… Doch, verdammt – er hatte gewaltigen Schiss gehabt. Was hätte er schon mit seinem Schwert gegen eine Spinne ausrichten können? Na ja, jedenfalls hatte er den Ring gefunden, war wieder an die Oberfläche gekommen und hatte sofort ein Schwert ums Haupt gewirbelt bekommen. „Keine gute Tat bleibt ungestraft“ oder so hatte es geheißen. Haha. Wirklich witzig. Von zwei Frauen ausgetrickst. Und da war wieder dieser Nachteil gewesen, seine Rüstung nicht ausgezogen zu haben. Vielleicht wären die beiden Angreiferinnen bei seinem vollbematschten Anblick in Unterhose vor Lachen tot umgefallen. Aus dieser Erfahrung aber hatte der Dunmer gelernt – wenn man Frauen nach dem Weg fragte, dann sagte sie nicht: „Ich könnte Euch den Weg zeigen“ und dann, wenn man schließlich zu Hause war, zwinkernd: „Kann ich noch auf einen Kaffee mit reinkommen?“ – nein, die sagten immer sowas wie: „Ich verrate Euch den Weg, wenn Ihr mir einen Gefallen tut, damit ich Euch anschließend hinterrücks abstechen kann.“
Die Gestalt an der Weggabelung war da weitaus vertrauenswürdiger – von der Größe her wahrscheinlich ein Mann. Und wenn nicht, dann eben ein Mannsweib. Solche sollten jawohl auch nicht schwer zu handhaben sein. Mit weit ausschweifenden Schritten versuchte er, sich direkt an der Frau am Wegesrand vorbei zu schleichen, welche ihn natürlich mit großen Pack-Guar-Augen ansah. Aber nein, er war kalt wie Eis. Kurzum: Er winkte ihr zu, kniff die Augen zusammen und ging noch etwas schneller.
Als Malukhat bei der Gestalt im Umhang ankam – diese stand zwar mit dem Rücken zu ihm, aber sie war unverkennbar männlich –, wollte er dieser auf die Schulter tippen. Genau in diesem Moment machte die Person ein paar Schritte nach vorn und ging ein Stück.
„Ehm… hallo?“, meinte Malukhat und tapste dem Mann hinterher. „Huhu?“ Er lief direkt vor ihm her, doch der Mann ließ keine Regung erkennen. Sein Gesicht war verborgen unter einer Kapuze. Okay, einfach hinterher rennen. Vielleicht hatte er ja hellseherische Fähigkeiten und wusste, dass Malukhat sich heute verlaufen und ihn nach dem Weg fragen würde, weshalb er – weil der im Umhang nun mal ein netter Dunmer war – sich an die Gabelung gestellt hatte und Malukhat nun quer durch die Pampa führte. Der Erzmagier zuckte nur mit den Schultern. Ihm sollte es recht sein.
Auf einmal erkannte er etwas im Gebüsch und blieb stehen. Natürlich ging der Typ im Umhang weiter, aber Malukhat hatte kaum einen Blick dafür. So einen kleinen Höllenhund hatte er ja noch nie im Leben gesehen! Wie niedlich! Der Mann bückte sich, betrachtete das scheue Tier eingehend, lächelte und machte „Putt-puttputtputtputt“, damit das Vieh endlich mal näher kam. Und das tat es dann auch. Jedoch nur, um Malukhat mal gehörig in den Arm zu beißen.
Das Teil hatte sich verkeilt. Da konnte der Erzmagier machen, was er wollte. Schütteln, rütteln, draufschlagen – nichts half Trotzig ließ sich der winzige Höllenhund hin und her schütteln, wobei seine Fänge sich nur noch tiefer in das Fleisch des Mannes bohrten. Als es diesem endlich gelang, die Kreatur abzuschütteln und ihr einen schnellen sowie schmerzlosen Todesstoß zu verpassen, stand noch so ein Tier vor ihm.
„Häh?“, fragte sich Malukhat und kratzte sich am Hinterkopf. „Dublin-Bug?“
Und da war ja noch einer! Und noch einer! Und noch einer… und… noch einer... und noch sehr viel mehr. Doch der Dunmer war erleichtert – kein Dublin-Bug. Nur ein Rudel wild gewordener Miniatur-Höllenhunde, die allesamt bereit waren, sich an seinen Körperteilen zu vergreifen, sich fest in sein Fleisch zu verkeilen und – oh oh… Weglaufen, Malukhat, weglaufen. Na komm schon, ein Bein vor das andere, nur schneller als sonst. Hallo! Hirn an Extremitäten! Hirn an Extremitäten! Nichts rührte sich. Windungen schüttelnd gab das Hirn sich geschlagen und stellte erstmal frustriert seine Arbeit ein.
Dann schlugen die Viecher los und Malukhat kam endlich zur Besinnung. Mit dem Schwert viel auszurichten durfte schwierig werden, also zückte er seinen selbst verzauberten Ring und schickte einen Mini Höllenhund nach dem anderen nach Oblivion. Erschöpft ließ er sich zu Boden sinken und betrachtete seinen verletzten Arm.
Da ging der Mann im Umhang hinter ihm lang, in Richtung Weggabelung. Sofort war der Dunmer wieder auf den Beinen und rannte dem anderen hinterher. Das war aber nett, dass der wieder zurückgekommen war, um ihn zu holen. Da er ja aber weiterging, schien er sich verlaufen zu haben. Kann ja jedem mal passieren.
Tatsache: Zurück zur Weggabelung, dort fünf Minuten stehen, anschließend zu einer Höhle, wieder zur Weggabelung, dann um einen Fels herum und dann – ja, dann merkte der mit dem Umhang endlich, dass er ein Vampir war und griff Malukhat an. Glück musste der Dunmer haben… Auch diesen Herrn hatte Malukhat nach einigen Minuten des Kampfes niedergestreckt, seines Geldes bestohlen und den Umhang mitgehen lassen.

Ende vom Lied: Zurück nach Balmora. In die Magiergilde. Ranis Atrys ärgern, Totenbeschwörer spielen, komische Bücher lesen – sich langweilen!

P.S.: Falls er den Weg dorthin finden sollte…



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