Was denn so freundlich heute?, fragte sich der Erzmagier und begann, sich ernsthaft Sorgen um den geistigen Zustand seines Begleiters zu machen. Er hatte doch sonst immer so ein freches Mundwerk… Tja, wahrscheinlich hatte Draven erkannt, dass Malukhat nun eben doch der Bessere, Gutaussehendere, Begabtere und eh viel Tollere von beiden war. Was der Telvanni wohl tat, wenn er ihm den Befehl: „Mach Männchen“ gab? Schade, dass für dieses kleine Experiment keine Zeit blieb. Mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht und einem von sich selbst gestreichelten Ego legte er die Hand an die Klinke zur Magiergilde, wollte sich elegant zur Tür hindrehen und hindurch schreiten. Insgesamt gesehen wäre, das auch gar kein Problem gewesen, wenn nur – domp… die Tür nicht abgeschlossen gewesen wäre. Toll. Da stand Malukhat nun direkt vor dem Holz und kam sich vor, als hätte er das wortwörtliche Brett vorm Kopf.
„Draven… wehe Ihr lacht… ich warne Euch. Das ist kein Spaß“, grummelte der hochgewachsene Dunmer mit leicht angeknackster Würde und ging einen Schritt zurück, um sich die Stirn zu reiben. Warum war nur diese dämliche Tür zugeschlossen? Langsam wurde er echt sauer. Nach ein paar weiteren Schritten von der Magiergilde weg, stürzte er darauf zu und warf seinen Körper mit voller Wucht dagegen. Vergeblich. Er wiederholte dies, versuchte den Weg allein durch Gewalt aufzubekommen. Seine Schulter schmerzte, aber das machte nichts. Die Tür würde sich ihm schon noch öffnen… Ein letztes Mal trat er zurück, wollte gerade los sprinten, als…
„Malukhat?“
„Was ist?!“
„Öffnungszauber.“ Das war das einzige, was Draven sagte. Schlicht und ergreifend ‚Öffnungszauber’. Öffnungszauber? „Kommt schon, Draven. Das ist nicht der Moment für billige Scherze. Wenn Ihr wen beklauen wollt, dann diesen Tempelfreak. Der hat ja scheinbar genug, als dass er es vermissen würde.“
Draven schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. Was hatte Malukhat denn nun schon wieder falsches gesagt? Und was, verdammt noch mal, wollte er mit diesem dämlichen Öffnungszauber nun aussagen? Dies und alles weitere erfahrt Ihr in der nächsten Folge, wenn es wieder einmal heißt: Der Erzmagier und die Suche nach seinem Hirn.

„Öffnungszauber!“, rief der Dunmer plötzlich und schnippte mit den Fingern seiner rechten Hand. Natürlich! Dann brauchte er sich nicht noch mehr Schmerzen zuzufügen, als er ohnehin schon hatte. Dass er nicht gleich darauf gekommen war? Okay, manchmal war er vielleicht etwas langsam, aber im Endeffekt hatte er bis jetzt noch alles kapiert. „Wieso steht Ihr so dumm rum? Ihr hätte ja auch ruhig mal einen Ton sagen können. Öffnungszauber! Immer muss ich alles selber machen!“
Der Mann vollführte die notwendigen Handbewegungen und ging im Kopf eine kurze Formel durch. Seine Hände wurden getaucht in ein sanftes, weißes Licht, welches sich schließlich zu einem kleinen Ball verformte und blitzschnell Richtung Türschloss sauste. Ein kurzes Knacken verriet den beiden, dass der Zauber seine Wirkung getan hatte. Nun aber los, dachte sich Malukhat. Dass die einfach so die Tür abschlossen und niemand rein ließen, das war jawohl… Musste sich jetzt etwa selbst er, der große, erhabene Erzmagier, anmelden, bevor er diese mehr als heiligen Hallen betrat? Wutentbrannt riss er die Holztür auf, wollte in den Raum stürmen und brüllte dabei: „Was geht hier v –“ weiter kam er nicht. Mochte an dem Feuerzauber liegen, dem auszuweichen ihm und seinen Reflexen im Moment einfach wichtiger erschien. Die Kugel zerbarst an der Steinwand hinter der Tür und verwandelte sich in kleine, leuchtende Kügelchen, die langsam gen Erdboden schwebten.
„Oh je…“, vernahm der Dunmer nun eine Stimme und sah in das Gesicht einer jungen Bretonin. „Das… das tut mir Leid… Ich… Wir… dachten, Ihr wäret ein… Vampir oder Randalist…“
„Bitte?! Vampir? Randalist?“, entfuhr es dem Erzmagier. „Wenn Ihr Eure Türen verschlossen haltet und mich nicht davon in Kenntnis setzt, ist es eine Sache der Logik anzunehmen, dass ich irgendwie versuchen werde, rein zu kommen, wenn ich… na, wenn die Tür halt nicht aufgeht, verdammt.“
Mit einer wilden Glut in den Augen suchte er den Raum nach Skink-im-Schatten ab, einem Argonier in meist einfacher, brauner Robe. Wie gesagt, Argonier. Die verstanden einfach nichts von Mode. Das musste aber eigentlich kein Mitglied der Magiergilde, solange Malukhat wusste, dass er sich auf es verlassen konnte. Da erblickte er den anderen Mann auch schon. Okay, die Robe war nicht braun sondern grasgrün. Hm… nein, eher noch ein bisschen dunkelgrün. Aber so ein leichter Braunton war doch auch enthalten… matschig grün!, entschied Malukhat und trat auf den anderen zu, während Draven in den Raum hinein trat und die Tür hinter sich schloss.
„Entschuldigt, Erzmagier“, zischte Skink auf die für die argonische Rasse typische Weise. „Wir nicht wussten, dass Ihr kommt. Ansonsten hätten Tür nicht verschlossen gehalten.“
„Is’ mir klar. Ich will jetzt auch nicht streiten. Ist mir, um ganz ehrlich zu sein, zu doof. Die Prüfungen sind bereits vorbei, nehme ich an?“
Skink nickte einfach nur. Er spürte, dass mit dem Erzmagier was nicht stimmte und dass dieser eine äußerst schlechte Laune an den Tag legte. Nun, spüren musste man da auch nicht viel in Anbetracht der Tatsache, dass der Dunmer jetzt keine einstündige Predigt über das ungerechtfertigte Verschließen von Türen hielt. Normalerweise hätte er es sicherlich getan. Auf Skink wirkte der Erzmagier ein wenig Ernst. Nein, das war auch wieder falsch. Nicht ernst, sondern einfach mal ernst zu nehmend. Es war fast so, als hätte die Magiergilde in diesem einen Moment den Erzmagier, den sie unbedingt brauchte. Wie lange dieser Zustand allerdings anhalten würde, lag in den Sternen. Aber selbst aus diesen meinte Skink bereits lesen zu können: Nicht lange. Einfach nicht gegen an reden, dann ging wenigstens dieser Tag schnell vorbei.
„Nehmen wir mal an, dass ich zu dieser Feier nicht kommen kann, bei der die neuen Ränge offiziell bekannt gegeben werden… dann wäre doch Ranis Atrys die nächst liegende, die diese Aufgabe für mich übernehmen würde?“
Wieder nickte der Argonier. Bloß nichts sagen, was den Erzmagier verärgerte. Unter Umständen würde sein Wesen dann noch ein bissen länger so ernst bleiben. Hoffnungen… die Ranis Atrys eh zu Nichte machen würde. Sie und Erzmagier kamen sich doch alle Nase lang in die Haare und Skink durfte sich die etlichen Beschimpfungen der Gildenvorsteherin Balmoras anhören.
„Aha“, meinte Malukhat und kratzte sich versonnen am Kinn. „Ich kann leider diesmal wirklich nicht an dieser Feierlichkeit teilnehmen. Aber der alten Schachtel werde ich die Ehre, das für mich zu machen, bestimmt nicht erweisen! Das wäre ja noch schöner! Macht Ihr das mal, Skink. Ich werde dieser Zicke gleich selbst Bescheid geben, immerhin ist Balmora mein Ziel und das meines Begleiters. Wir wollen eben eine andere Rüstung für mich besorgen und…“ Hör auf, schalt er sich in Gedanken. Er kam wieder einmal ins Reden, quasselte sich um Kopf und Kragen und wusste letztlich doch, dass er die Zeit nicht hatte. Der Erzmagister und er mussten langsam mal in die Hufe kommen. Er gab Draven mit einem Handwink zu verstehen, dass er ihm zur Gildenführerin folgen sollte. Dieser kam auch bereitwillig, aber wohl ein wenig genervt, herbei.
Und ehe sie sich versahen, hatte die Gildenführerin sie bereits nach Balmora teleportiert.

Tja, und hier standen sie nun, in dieser kleinen, abgezweigten Ecke im Nebenraum, und die balmorsche Gildenführerin und die khajiitische Kämmerin sahen die Männer erwartungsvoll an. Minuten verstrichen, und die beiden warteten immer noch auf eine Reaktion. Aber Malukhat konnte jetzt nicht reagieren. Er dachte nach. Er dachte angestrengt nach. Dann öffnete er den Mund, machte eine weit schweifende Bewegung mit seinem Arm, klappte den Mund wieder zu und legte Daumen und Zeigefinger ans Kinn. Das Spiel wiederholte sich drei Mal, bis Malukhat dann doch einige Worte loswurde: „Sagt mal Draven…“ Pause. Dann: „Hier in der Magiergilde Balmoras herrscht ein reger Verkehr. Von hier und dort kommen die Leute und benutzen die Teleporter. Wie kommt es eigentlich, dass es nie einen Stau gibt?“
Der Ehrlichkeit halber: Der Erzmagier wollte das wirklich gern wissen. Nur leider interessierte das die wild herein stürmende Ranis Atrys nicht im Geringsten.
„Wo habt Ihr solange gesteckt?“ knurrte sie den Mann an und schien drauf und dran, ihn vom Teleporter-Plateau zu zerren. „Ihr hättet bei den Prüfungen zugegen sein müssen! Ist Euch klar, wie wir jetzt wohl dastehen? Euch kann doch nicht alles so vollkommen egal sein! Ihr wart auf Vampirjagd, was? Na, habt Ihr welche erwischt? Na?“
Anstatt einen verbalen Gegenschlag zu leisten, grummelte er irgendwas von wegen „nervige Kuh“, verließ die kleine Teleporter-Ecke und schob sich an der verhassten Gildenvorsteherin dezent vorbei. Draven folgte ihm nicht. Wozu auch…