Eingehend dachte Malukhat über eine Antwort nach. Generell war es so, dass die Aschländer gerade aufgrund ihrer Primitivität die Besten Hüter ihrer ach so heiligen Geheimnisse waren. Sie schlossen die Zivilisation aus ihrer recht klein gewordenen Welt aus, duldeten keine dem Fortschritt angepassten Besucher. Man konnte ihre Lager betreten, ob man es jedoch wieder verlassen würde war schlichtweg eine Frage des eigenen Benehmens und den Fragen, die man stellte. Zu viele Fragen bedeuteten zu viele Probleme. Und war erst eine Person dieser Art als Besucher an ihren Herdfeuern, so war gewiss, dass weitere folgen würden. Nur weinige waren jemals von den Aschlandstämmen als Freund in ihre Reihen aufgenommen worden, die nicht unter ihnen geboren worden und bei ihnen aufgewachsen waren. Diesen Status als Zivilisierter zu erlangen war geradezu unmöglich! Und insbesondere war es unmöglich für Malukhat. Er genoss eine gewisse Bekanntheit bei den Stämmen, leider allerdings keine allzu gute. Als Hitzkopf auf der Suche nach Antworten war er bei ihnen bekannt. Und gaben sie tatsächlich Antworten, dann waren es meist Gegenfragen oder sie waren derart tiefsinnig, dass man sich in Folge darauf Stunden, Tage, Wochen lang Gedanken darüber machte und auf bestimmt fünfzig verschiedene Übersetzungen der Worte kam. In solchen Momenten war man dann ungefähr genauso weit wie vorher.
„Ich denke“, begann er mit an das Kinn gelegtem Daumen, „dass die Aschländer uns keinerlei Antworten geben werden. Nicht mehr nach dieser Begegnung der dritten Art, die ich eben gehabt habe. Die Ältesten der Aschländer dürften sich noch zu gut an mich erinnern, sie vergessen nicht so schnell, Elfen eben. Damals als Kind bin ich von einem Lager zum anderen gereist, um ein paar Antworten zu bekommen, habe aber nichts erfahren außer Verleugnung. Beschließen die obersten Mitglieder, der Ashkan und die weise Frau zusammen mit dem Gulakhan, dass über ein bestimmtes Thema vollkommen geschwiegen werden soll, so kann man sich gewiss sein, dass sich jeder daran halten wird. Scheinbar ist die Verwehrung sämtlicher Antworten auf meine Fragen welcher Art auch immer beschlossen worden, und somit auf ewig gültig. Eine Aufhebung dieses Verbotes ist eher unwahrscheinlich.“
Aber mit Euch, Draven… werden sie auch niemals reden, dachte er in sich hinein, vermied es aber, sein Wissen zu äußern, da sich der Erzmagister in dieser Hinsicht auf seinen gesunden Menschenverstand verlassen musste. Als der Dunmer in die Augen seines Gegenübers sah, so ernst und nachdenklich, musste er seufzen.
„Nun, es gibt einen Weg, um die Aschländer davon zu überzeugen, dass sie uns besser doch die Antworten geben, die wir von ihnen verlangen, allerdings können wir uns selbst unter diesen Umständen nicht sicher sein, dass sie auf uns eingehen“, sprach er weiter, „Wir müssen nur ein gutes Argument, ein alles sagendes Druckmittel in unseren Händen halten. Doch wüsste ich nicht, wie wir dies beschaffen sollten. Würden wir einen anderen Aschländer als Geisel nehmen, würde er lieber sterben als dass aufgrund seiner Unfähigkeit mit ansehen zu müssen, wie ein Verbot gebrochen wurde.“
Es war eine vollkommen ausweglose Situation. Noch hatten sie keinerlei Anhaltspunkte, was das Lager der Vampire anging. Sie wusste nur, dass der betreffende Vampir, der Zareg angefallen hatte, ’Lestat’ heißen musste. Das war es dann auch schon. Keine besondere Fülle in dieser Hinsicht, das stimmte. Wieso gingen dem Erzmagier nur plötzlich die Worte „ohne Zukunft“ und „hoffnungslos“ durch den Kopf?
„Ah!“, sagte er dann mit weit aufgerissenen Augen und schlug mit der rechten Faust in seine linke Handfläche ein. Draven hob seinen Blick zu ihm und bedachte den Mann mit einem erwartungsvollen Blick. „Wir haben Zareg ganz vergessen! Der liegt jetzt einsam und allein in seinem stillen Kämmerlein und…“
Malukahts Augen weiteten sich nun noch mehr. Wow… Das war ja genial gewesen. Also, ein großer Dichter war er ja nicht, aber… ’allein’ und ’Kämmerlein’… das reimte sich ja! Und das ganz ausversehen! Es war ihm plötzlich durch den Kopf gegangen, er hatte es gesagt und daraus war ein perfekter Reim entstanden! Boah… Er war noch genialer, als er es sich hätte jemals träumen können. Super, wie er das immer alles so hinbog, dass eine eigentlich negative Tatsache so poetisch und tiefsinnig klang. Er war halt einzigartig, einen wie ihn würde es nie wieder geben. Sollte er sich vielleicht einmal mit diesem Perversling von Crassius Curio unterhalten und ein neues Theaterstück aufziehen? Eines, in dem es um drei Männer ging, die sich in grüne Tarntuniken gekleidet mit Kinderpfeilen beschossen und Krieg spielten?
Ach ja… Da war ja noch was gewesen… Zareg, genau. Das armselige, einsame Persönchen, welches total geschwächt auf seinem Zimmer lag. Unter Umständen hatte der Vampir Lestat sich ja irgendwo in der Taverne versteckt, als er gemerkt hatte, dass der Telvanni-Meister hingegen jeder Erwartung noch lebte, und wollte sein Werk nun vollenden. Sicher konnte man sich in solchen Zeiten niemals sein, alles hatte seine Gefahren, Vor- und Nachteile.
„Lasst uns zu Zareg gehen, damit ich mir über seinen Zustand ein Bild machen kann, dann sollten wir uns langsam mal in Richtung der Ebenen begeben, in denen die Aschländer wohnen. Ich meine, versuchen kann man’s ja mal, Fragen kostet ja nichts.“