Langsam gewöhnten sich die Augen des Dunkelelfen wieder an die Helligkeit der Aussenwelt. In Wahrheit hatten sich aber nur die Farben geändert, vom dunkelbraun der Ruine zum Wüstenrot des roten Berges. Doch während die Dwemerfestung eine gewisse Faszination an sich hatte, war der Berg einfach nur unangenehm. Die ganze Umgebung hier stank nach Schwefel und Tod.. Vor dem Eingang stand eine riesige Armbrust, mit der sich die Dwemer gegen Angreifer, damals die Chimer, zur Wehr setzten.

Warum war das damals so ausgegangen, fragte sich Revan. Warum nur konnten die beiden Völker nicht den Frieden wahren, welcher sich beim Einfall der barbarischen Nord über Resdayn gelegt hatte? Die Chimer und Dwemer hätten auf ihre Kriegsführer hören sollen, vor allem auf den weisen Nerevar des Hauses Indoril. Der einzige noch lebendige Nachkomme dieses Fürstenhauses, elpede, tat immerhin etwas, um die damalige Freiheit der Völker Resdayns wieder zu erlangen. Das war es, was den Grossmeister der Morag Tong schliesslich dazu gebracht hatte, selbst etwas zu unternehmen.

Aber was war eigentlich sein Ziel? Was würde er tun, wenn er den Seelenhammer gefunden hatte? Revan wusste keine Antwort auf diese Frage. Zum Führen des Hammers und der Seelenklinge war das dritte Artefakt, der Seelenschutz vonnöten. Diesen Hammer zu verwenden kam also nicht in Frage, jedenfalls nicht, bevor der sagenumwobene Handschuh gefunden wurde. Aber selbst wenn man alle drei Artefakte Kagrenacs zusammen hatte, was sollte man tun? Dagoth Ur töten? Einen Gott töten? Immerhin wäre es so möglich Resdayn die innere Sicherheit zurückzugeben. Was aber dann? Das Kaiserreich würde immer noch die herrschende Macht auf dem Dunkelelfenkontinent sein, ohne wenn und aber. Vielleicht konnte man der Bevölkerung so aber zeigen, dass ein Sieg, egal welcher Art, möglich war.

Auf einmal schien Revan sein Vorhaben absolut sinnlos. Wozu riskierte er hier sein Leben? Dies tat er nämlich eindeutig, hatte er nur durch Zufall den Kampf mit einem Aschenvampir vermeiden können. Wären elpedes Jungs nicht schon da gewesen, hätte der Grossmeister den Kampf austragen müssen. Moment mal.. sooo gefährlich konnte der Vampir nicht sein, wenn nur ein Toter dort gelegen hatte. Doch gleichzeitig erinnerte er sich an die Blutspuren, die aussahen, als ob einige Personen tot herumgeschleift wurden. Die Dunmer wollte ihre toten Kameraden nicht dort lassen und sie unter Umständen zu grausamen Kreaturen gedeihen lassen, also hat man sie mitgenommen.

Nach dieser Erfahrung schien es unwahrscheinlich, dass die Truppe einen weiteren Kampf gegen einen Aschenvampir riskiert hätten. Höchstwahrscheinlich gab es also einen weiteren dieser üblen Genossen, der in der Ruine Vemynal wartete, Revans Ziel.

War es nötig, sich in eine solche Gefahr zu begeben, nur um ein Artefakt zu bergen, was ihm sowieso nichts nützte? Eigentlich nicht, dachte sich der Grossmeister, und geleitet von dieser Eingabe begann er mit dem Abstieg, den Berg hinab.

Er war so völlig in Gedanken versunken, dass ihm überhaupt nicht auffiel, wohin ihn seine Schritte trugen. Erst als mit einem tiefen Grunzen ein seltsames, über und über mit Tentakeln versehenes Biest auflauerte, schreckte der Dunmer auf. Das musste ein sogenannter erleuchteter Schläfer sein. Sofort flitzte ihm das Flammenschwert in die Hände und fuhr mit einem lauten Zischen nach vorne. Kurz bevor es den Gegner treffen konnte, schlug dieser seine Tentakel nach dem Schwert. Ob der Schärfe und des aufflammendenden Feuers wurden die Tentakel entweder verbrannt oder abgeschnitten. Das Schwert schnitt nach vorne in den Körper des Gegners und liess diesen zusammenzucken. Schnell erledigte Revan den Rest des Geschöpfes, das anschliessend mit einem Lichtblitz zu Boden fiel... oder auch nicht. Es war nur noch ein Häufchen Asche zu sehen, das übrig blieb. Der Grossmeister schüttelte den Kopf, was er überhaupt sehr oft tat, und blickte geradeaus. Vor ihm ragten Türme aus Metall aus dem Boden.. Eine Dwemerruine, Vemynal.

Sein Unterbewusstsein hatte ihn hierher getragen.. Revan erkannte, das er gar nicht weggehen wollte, dass er diese Sache mit dem Hammer durchziehen wollte.

Er setzte sich auf ein Rohr, derer es zahlreiche gab in der Umgebung einer Dwemerruine und dachte nach.

Er dachte an Jarlaxle, an Draven und seine Freunde innerhalb der Assasinengilde. Er war zweifellos einer der mächtigsten Bewohner dieses Kontinents. Und dies war er nicht nur ob seines Berufes, sondern auch aufgrund seiner Fähigkeiten: Ein begnadeter Kämpfer mit zwei Krummsäbeln, einer sagenhaften Wendigkeit und Schnelligkeit, und ausserdem mit einem grossen Repetoir von mächtigen Zaubern.

War er also nicht dazu verpflichtet, etwas zu tun? Viele konnten wegen ihrer beschränkten Kampfkraft nichts tun, auch wenn sie es gerne täten. Ihm, fehlte diese Kraft aber genauso wenig wie der Willen, etwas zu verändern. Nur schien ihm dieses Vorhaben so sinnlos, da kein Ergebnis herbeigeführt werden könnte, das ihn befriedigen könnte.

Nein! Er schlug sich auf das mit einer daedrischen Beinschiene bedecktes Knie. Nein! rief er noch mal.

Ich kann nicht weiter in Vivec, oder unter Vivec sitzen, ohne etwas zu tun. Ich kann nicht immer hoffen, dass der tote Kriegsfürst Nerevar zurückkommt und uns alle vom Joch des Kaiserreichs befreit. Ich muss selbst etwas tun, um dieses Ziel zu erreichen! Für ein freies und friedliches Resdayn!

Die Motivation war zurückgekehrt. Der redoranische Ratsherr trat mutig in die Ruine Vemynal ein. Sollte hier ein Aschenvampir lauern, würde er ihn niederstrecken, wie er es schon bei dem anderen gemacht hatte – nun gut, damals hatte ihm der Zufall etwas geholfen, konnte er den Vampir doch mit Hilfe eines Tricks in die nahe Lavagrube schubsen. Ob diese Gegebenheit wieder existierte in dieser Ruine, wagte Revan zu bezweifeln.
Schon nach dem Öffnen des Tores schlug ihm ein fauliger Gestank entgegen, es roch nach Tod. Hier war nichts so ruhig wie in Odrosal, nein hier war ein Bewohner. Ein unsagbar böses Geschöpf, man konnte es förmlich spüren. Revan hatte diese grauenvolle Atmosphäre bisher nur einmal in seinem Leben erfasst, genau damals in Kagrenacs Bibliothek – beim anderen Aschenvampir.

Etwas positives konnte er dieser Tatsache ja entnehmen: Wenn der Seelenhammer hier zu finden war, dann war er eindeutig noch da, sonst wäre der Vampir tot.

Ohne zu zögern begab sich der Redoraner tiefer in die Ruine hinein. Zwei Flammenatronarche fielen nach kurzem Kampf dem Krummsäbel Eistod zum Opfer, der die beiden Feuergeschöpfe der Finsternis mit ihrer grössten Angst konfrontierte – dem Eis.

In einem kleinen Seitenraum fand Revan einen toten Körper liegen, an den sich eine wunderschöne Glasvulkanrüstung schmiegte. Vor dem Toten, es war ein Dunkelelf, stand ein seltsam anmutendes Kreuz, auf welchem die gesamte Habe des Toten befand. Ein wunderbares Schwert lag neben dem Toten, was eindeutig auf die Identität eines Helden schliessen liess.

Keineswegs entmutigt machte sich der Grossmeister weiter voran und steig immer tiefer ins Erdinnere. Mehrere Monster versuchten ihn erfolglos aufzuhalten, bis er vor einer grossen Tür stand, eindeutig die Tür zu dem Vampir, sofern sich der Dunmer nicht täuschte. Im Raum, wo er sich jetzt befand, lagen zahlreiche Leichen, offenbar alles Opfer des Vampirs hinter der Tür.

Er überprüfte seinen Besitz, um bestens auf einen allfälligen Kampf vorbereitet zu sein. Seine Krummsäbel hingen jederzeit gut erreichbar an seiner Hüfte, das Flammenschwert sicher auf dem Rücken. Sein wertvolles Amulett, welches er vom ehemaligen Erzmagier Trebonius (von dessen Tod der ansonsten bestens informierte Dunkelelf noch nichts erfahren hatte) erhalten hatte, legte er sich um den Hals, um es bei Bedarf verzögerungsfrei einzusetzen. Seine wertvollsten Ringe streifte er sich über die Finger, darunter auch sein Lebensring für dessen Herstellung er eine mächtige Summe hatte hinblättern müssen, der aber jeder einzelne Drake wert war. Der Ring, welcher er dem letzten Aschenvampir abgenommen hatte, wandte er nun an und spürte sofort, wie seine Resistenz gegen alle Elementarzauber um ein vielfaches gestärkt wurde.

Gerade, als Revan ein letztes Mal tief durchschnaufen wollte, drang eine tiefe, unangenehme Stimme durch die schwere Tür.Wollt Ihr nicht langsam eintreten, Fremder?Revan öffnete die Tür, die zu seinem Erstaunen leicht war, wie eine Feder und trat in den Raum. Ganz am Ende des langen Zimmer sass auf einem Stuhl eine Kreatur, monströser, als jede Andere, die der Grossmeister je gesehen hatte.. Und er hatte eine Menge gesehen. Der andere Aschenvampir erinnerte im Vergleich mehr an ein Püppchen, wenn man diesen hier betrachtete.

Der Aschenvampir war gut drei Fuss grösser als der Grossmeister und hätte selbst einem Altmer locker auf den Kopf spucken können. Des weiteren hatte der Vampir leuchtend rote Augen, die weniger Augen, als viel mehr glänzende Höhlen glichen. Kräftige, muskelbepackte Arme und Beine, fielen sofort auf. Eine seltsame Frisur bedeckte das Haupt dieses furchterregenden Gegners. Die einzelnen Finger des Aschenvampirs, bewegten sich unablässig auf und ab, als wollten sie ihr Opfer sofort zerfleischen.

Auf einmal stiegen Zweifel in Revan hoch, ob er nicht doch hätte heimkehren sollen. Dieser Gegner war riesengross, kräftig und sicherlich auch magiebewandert. Doch es gab kein Zurück, der Aschenvampir würde ihn nicht gehen lassen.

Was lässt Euch die Frechheit besitzen, die Ruhe von Dagoth Venym zu stören? Der Aschenvampir legte viel Kraft in seine Stimme und liess den Grossmeister noch kleiner erscheinen. Dagoth Venym! Diese Aschenvampire mussten die Beraterschar des verrückten Gottes Dagoth Ur sein..

Es kamen schon viele deiner Art, Dunmer, ich habe sie alle gefoltert und getötet.. Doch sehne ich mich nach Konversation. Weshalb seid Ihr hier?Diese eindeutige Lüge traf den Grossmeister. Was für eine gemeine Art, einen Todgeweihten auf seinen Untergang vorzubereiten. Der Grossmeister fühlte, wie sich seine Hoffnung zu verabschieden begann. Dagoth Venym hatte sicherlich vor, ihm Angst einzujagen. Doch Revan liess sich nicht einschüchtern. Er riss sich zusammen, um seine Stimme nicht brechen zu lassen.