"Nein, es ist absolut nicht unüblich - es kommt sogar sehr häufig vor", entgegnete Malukhat und betrachtete die geradezu von Bissen durchsiebten Dunmer, der vor Draven auf dem Tisch lag. Auch jene Male hatten größtenteils Wundbrand angesetzt, bei manchen waren es nur blasse, rötliche Flecken, bei anderen - den wahrscheinlich älteren - weit ausgebreitete, infektiös rote Kreise.
"Ehrlich gesagt glaube ich nicht daran, dass der Dunmer an Blutverlust gestorben ist. Draven, Ihr seht doch, dass der Mann unter extremen Wundbrand gelitten hat. Damals, in den früheren Kriegen, hatten einfache Krieger die Klingen ihrer Schwerter eine Nacht lang vor der Schlacht in Jauche liegen lassen. Am nächsten Morgen hatten sie sie herausgeholt und die Klingen mit Tüchern gesäubert. Natürlich waren sie dementsprechend stumpfer, allerdings sorgten die Krankheitserreger bei dem Feind selbst bei den kleinsten Kratzern für verheerende Folgen. Die gegnerischen Soldaten wurden krank, andere Soldaten mussten sich um sie kümmern. Krieger, die Verwundete und Kranke pflegen, können nicht kämpfen, was für einen erheblichen Verlust an der Front sorgt. Der Wundbrand zieht sich durch den gesamten Körper, er ist eine schleichende Krankheit, die den Körper schwächt, beginnt, die Extremitäten lähmt und schließlich auch die Zunge, wodurch das arme Opfer nicht einmal mehr sprechen kann. Eine ähnlich infektiöse Wirkung haben auch die Bisse von Vampiren, jedenfalls wenn sie in der Blutbank liegen. Die Umgebung ist kalt und feucht, in etwa wie hier in diesem Raum, Bakterien liegen in der Luft, alleine schon der Umstände ihrer gedrungenen, zusammen gepferchten Umgebung wegen. Die Opfer sterben also eher noch an Wundbrand als an Blutverlust, falls sie nicht einfach von den Vampiren getötet werden, da ihr Blut durch die Krankheit ungenießbar wird."
So viel also zu den Erklärung. Allerdings... Malukhat hatte den Faden verloren, worum genau ging es hier eigentlich noch gleich? Er war so ins Reden vertieft gewesen, dass er nun gar keine Ahnung mehr hatte, was das alles überhaupt zu bedeuten hatte. Was hatte Draven ihn gleich noch einmal gefragt? Hm... Ach, egal. Ihm würde schon irgendeine passende Antwort einfallen. Er musste nur eben irgendwas intelligentes sagen. Hatte ja eben auch geklappt, nur war seine intelligente Ausführung ein wenig langwierig gewesen, was bei einem Mann wie ihm nun einmal zur Folge hatte, dass er immer vergaß, worum es ging. Sie hatten über Vampire gesprochen... Ähm, schon klar, dieser Gedanke sollte sich jawohl erübrigen. Dann waren da noch... Ja, was war denn da gewesen...
"Ah! Genau!" Malukhat schnippte mit den Fingern. "Blutbanken! Darüber wollte Draven was wissen!"
Das Kopschütteln aller... Na ja... Fast aller Beteiligten einfach mal geflissentlich übersehend sprach der Erzmagier weiter: "Blutbanken sind sehr beliebt bei Vampiren. Wenn man es direkt umschreiben möchte, kann man einfach nur sagen, dass die Vampire in die Blutbanken gehen wie wir in ein Handelshaus."
Malukhat zuckte mit den Schultern. Er hatte seinen Teil der Arbeit geleistet, Draven alles erzählt, was er bis dahin wusste, und war einigermaßen stolz auf sein mit der Zeit angesammeltes Wissen. Doch dem Weisen muss man seine Weisheit erst entreißen, ging es ihm schlagartig durch den Kopf. So sei nicht nur seine Leidenschaft zum Wissen gedankt, sondern auch Draven, denn er hatte es ihm abverlangt.
Aber - hey! Das würde er dem Erzmagister wohl niemals sagen können. Nein, es auch nicht wollen.
Mit einer kurzen Handbewegung ließ er das Leinentuch wieder bis über den Kopf der Dunmer-Leiche sinken.
"Wir sollten uns nun um die Fundorte kümmern, Erzmagister. Meint Ihr nicht auch, dass wir nun genug Zeit hier unten zugebracht haben?" Er dachte kurz nach. Draven würde schon wissen, was er tat, allerdings kam es dem Erzmagier schon fast so vor, als wolle der Bretone diese Leichenhalle schnellstmöglich wieder verlassen. Normalerweise hätte Malukhat ein solches Verhalten als Schwäche abgetan, aber Draven war nicht schwach, keinesfalls, also wollte er ihm den Gefallen tun, das Aufbrechen von sich aus anzubieten, um den Mann nicht in unnötige Verlegenheit zu bringen.