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Sadrith Mora / Taverne
Malukhats schwarzer Umhang war durchnässt, lange, strähnige Tropfen lösten sich aus dem Stoff und ließen bei jedem seiner Schritte ein leises, kaum vernehmliches Trommelsolo auf dem Boden erklingen.
Er hatte es bereits von draußen hören können, die gedämpften Gespräche, die gedrungen in der Luft gelegen hatten, doch als die drei Gefährten die Taverne betreten hatten, waren sie verstummt. Aller Augen harrten nun auf ihnen, so voller Hoffnung und doch so resignierend ob der unsichtbaren Bedrohung. Unsichtbar fürwahr, denn niemand, der ausgezogen war der Bedrohung ein Ende zu setzen, war zurückgekehrt.
Und die Toten reden nicht.
Dieses bedrückte, angsterfüllte Schweigen, welches den gesamten Raum erfüllte, ihn in all seinem Ausmaß vollkommen einzunehmen schien.
Sie versuchen den Anschein von Normalität zu erwecken, dachte Malukhat bitter. Doch wollte und konnte es ihnen unter diesen Umständen nicht gelingen. Diese verdammte Stille... Sie würde ihn noch den letzten Nerv rauben. Wie ein bleierner Umhang legte sie sich auf seinen Körper, zwang ihn hernieder gleich zweier kräftiger Hände, die mit festem Griff seine Schultern umkrallten. Als lag all die Last Vvardenfells nun auf seinen Schultern.
Die Hände zu Fäusten geballt machte er einen weiteren Schritt in den Raum hinein. Die Unterhaltung mit Meister Neloth hatte ihn ermüdet und ein schier unerschöpflicher Hunger nagte an ihm. Er hatte keine Zeit für Mitleid, die hatte er noch nie gehabt.
Mitleid ist etwas für Schwächlinge!, hatte ihm sein Vater eingebläut, ein überzeugter Anhänger der abtrünnigen Priester. Bis zu seinem Tode war er ein gebrochener alter Mann gewesen, das wusste der Erzmagier. Ebenso wusste er, dass jener Mann nun auf ihn hinabstarrte, mit einem höhnischen Lächeln auf den Lippen gegenüber dieser Laune der Natur, die er gezeugt hatte.
Malukhat machte auf dem Absatz kehrt, er hatte keine Lust auf diese gedämpfte Stimmung, doch statt die Taverne zu verlassen, ging er in den Eingangsbereich und öffnete die Tür. Ein Schwall vom Regen rein gewaschener Luft drang in den Raum, ließ die Anwesenden frösteln. Erst einmal den Umhang auswringen, bevor er die Räumlichkeiten noch mehr verdreckte, als er es ohnehin schon getan hatte.
Nein, kein Mitleid. Nicht von ihm. Niemals wieder sollte jenes überwältigende Gefühl der Trauer Besitz von seinem Geiste nehmen, seine Sinne benebeln. Er durfte nicht schwach sein, weder in den Augen des Vaters noch in denen der gesamten Welt.
“Die Starken fressen die Schwachen“, sagte er flüsternd, mit steinerner Miene seinen Umhang auswringend. „Die Starken überleben, die Schwachen sterben.“
Seine Hände krampften sich um den Stoff, während er das daraus triefende Wasser betrachtete, welches in kleinen Rinnsalen die noch trockenen Stellen des Bodens benetzten.
Noch konnte er sich nicht zu den anderen umdrehen. Sie sollten sein Gesicht nicht sehen, zu einer zornigen Maske verzerrt.
Es waren nicht die Gedanken an eine Bedrohung durch Vampire, es waren die an seinen verhassten Vater. Ihm würde er es schon noch zeigen. Doch sich selbst belügen würde Malukhat niemals, dazu war er schlichtweg zu stolz. Doch hatte er sich nicht selbst belogen, als er sich angeboten hatte, mitzukommen? Nein, nicht „angeboten“ – er hatte sich geradezu aufgezwungen. In seinem tiefsten Inneren hätte er wissen müssen, dass es Dinge gab, aus denen er sich besser heraushielt, aber sein vorlautes Mundwerk war schon immer schneller gewesen als sein Verstand.
Er konnte Draven nicht leiden, Draven konnte ihn nicht leiden. Mit diesem Zareg hatte er noch kein persönliches Wort gewechselt, aber das war auch nicht wichtig. Konnte er sich auf die beiden verlassen, wenn es um Leben und Tod ging?
Der Erzmagier wusste es nicht, aber nun war es zu spät, um darüber nachzudenken. Seit er in die Augen jener gequälten Seelen geschaut hatte, die diese Stadt bewohnten, wusste er, dass es kein Zurück mehr für ihn gab. Und wenn er es recht bedachte, hatte es nie eines gegeben. Gekettet an sein eigenes Schicksal ersoff er seinen Schmerz gleichwohl seines Verstandes in Alkohol, betäubte all die Qualen mit kurzweiligen Frauengeschichten, rannte von jenem ungewissen Abenteuer in das nächste.
Ob dies hier jenes oder nächstes war, vermochte er ebenso wenig zu sagen. Aber er würde hier bleiben und keinen Stein auf dem anderen lassen, solange die Vampire nicht gestellt waren, das schwor er sich in Gedanken beinahe schon feierlich.
Er wollte niemandem helfen.
Er tat das nur für sich.
Sollten Erzmagister Draven und alle anderen doch von ihm denken, was sie wollten, das war nicht wichtig. Worte waren nur Schall und Rauch, alleine Taten zählten.
Auch wenn du ein hochnäsiger, sturer Bock bist, Draven… Du kannst dich auf mich verlassen", waren seine letzten Gedanken, als er sich gelassen und mit arrogantem Blick wie eh und je den Versammelten zuwandte.
„Was stehen wir hier so blöd herum?“, sagte er Zareg direkt in die Augen blickend. „Wollen wir hier nun Quartier beziehen oder nicht?“
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