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Balmora / Magiergilde
Nachdenklich stand Malukhat vor seinem Rüstungssortiment und begutachtete jedes einzelne Stück mit an das Kinn gelegtem Daumen. Er hatte schon einiges dort liegen, das meiste aber unkomplett. Die Ordinatoren-Rüstung hatte etwas gelitten, weshalb er sich eine andere aussuchen wollte. Eine etwas dunklere, respekteinflößende und unauffälligere. Mit seiner derzeitigen Rüstung fiel er auf den Straßen genauso sehr auf wie eine gelb gestreifte Netchkuh beim Pfandleiher. Aber welche sollte er sich nun aussuchen? Er war halt ein klein wenig Eitel. Vor etwa dreihundert Jahren hatte er sich sogar das erste Mal die schwarzen Haare abrasiert, als diese von den ersten leicht silbernen Strähnchen durchwirkt worden waren. Und anhand seines weißen Spitz-, wie Schnurrbartes war unschwer zu erkennen, dass seine Haarpracht inzwischen auch weit ins Gräuliche abgedriftet wäre, würde er sie nicht regelmäßig entfernen. Es hätte ihn einfach älter aussehen lassen. Halt, nein, es hätte ihn nicht einfach nur älter aussehen lassen, sondern so alt, wie er auch war. Und er war alt, verdammt alt. Gar im Verhältnis Mensch zu Dunmer war Draven ein gutes Stück jünger als er.
„Man ist nur so alt, wie man sich fühlt“, nuschelte Malukhat und strich mit den Fingern über die Beinschienen einer Knochenrüstung. Komplett hatte er sie nicht. Das meiste, was er hier liegen hatte, hatte er nicht komplett. Was brauchte er? Eine leichte Rüstung, die zum Wetter passte. Draven würde sich über seine Entscheidung, eine Lederrüstung angelegt zu haben, noch sehr beschweren, dem war der Erzmagier sich sicher. Aber das lag in der Zukunft und sollte ihm noch keine Sorge bereiten. Das Wichtigste waren nun die Vampire. Sie hatten sich bereits genug Zeit gelassen. Und Zareg war irgendwo dort draußen und bewachte einen dieser Sorte. Ein nicht unbedingt ungefährliches Unterfangen.
Als der Dunmer sein Hemd abstreifte, strich er sich unwillkürlich über die von einem Verband verdeckten Narben und zuckte vor Schmerz leicht zusammen. Das Vieh hatte ihn prächtig erwischt.
Glasrüstung… hm. Zu schwer, darin konnte er sich nicht so gut bewegen. Sie wäre hinderlich im Kampf gegen die zumeist sehr agilen Vampire.
Chitin-Rüstung… sprach gegen seine Eitelkeit. Das Teil sah einfach nach nichts aus. Es musste irgendwo schon noch Erzmagier-Style besitzen.
Ork-Rüstung… viel komplett weg, denn davon besaß Malukhat nur diesen übergroßen und seiner Meinung nach extrem hässlichen Helm. Ihm schauderte vor dem Gedanken, sich mit diesem Ding jemals in der Öffentlichkeit zu zeigen. Vielleicht konnte er den Helm der gra-Muzgob andrehen. Oder er schenkte ihn schlichtweg Ranis Athrys und verabschiedete das Gesetz, dass jeder, der einen Ork-Helm besaß, ihn bei jeder Tages- und Nachtzeit auch zu tragen hatte. Lustige Vorstellung.
Lederrüstung… das Wetter war nicht so gut. Und sich die noch zu frischen Wunden damit aufzuscheuern lag nicht im Sinne des Dunmers. Sie stand ihm auch echt nicht und ließ seine imposante Gestalt eher wie einen verdreckten Waldläufer erscheinen. Nein, wenn es vermeidbar war – und das war es durchaus –, dann musste es nicht sein.
Mist… okay, schauen wir uns erstmal nach einem Hemd um. Malukhat ging zum Kleiderschrank hinüber und öffnete ihn. Hier konnte er auch stundelang stehen und überlegen, welches Hemd er sich nun anziehen wollte (trotz der eher geringen Auswahl – alle hatten das gleiche Format, alle waren schwarz). Nach ein paar Minuten griff er hinein, zog eines der schwarzen Hemden heraus und zog es sich über den Kopf, dann stellte er sich vor den Spiegel und betrachtete sich darin. Die Tatsache, dass es eng anlag, brachte seine Bauchmuskeln voll zur Geltung. Niemand konnte Malukhat so ohne weiteres alt nennen. Er hatte sich in der Tat sehr gut gehalten, obwohl er nicht mehr der junge Hüpfer war, als der er sich oftmals selbst sah. Da fiel sein Blick wieder auf die Rüstungsteile und er erinnerte sich an etwas. Ja, da war was gewesen, was er vergessen hatte. Nein, nicht vergessen – es war ihm einfach nur entfallen. Aber jetzt wusste der Erzmagier es wieder und konnte sich entsprechend darauf einstellen: Im Gegensatz zu den Rüstungen, die nicht so dolle aussahen und gleichzeitig der Reise nicht angepasst waren, gab es ein einziges Set, welches zwar nicht unbedingt agiler Bewegungen frönte, hingegen aber ziemlich gut aussah.
Die komplette Dämonenrüstung, die er separat in einem Schrank gelagert hatte. Bei seiner Reise durch… durch… erm… Na ja, irgendwoher hatte er sie jedenfalls. Besonders billig war sie nicht gewesen, soweit er jetzt wusste, gab es nicht viele Leute hier auf Vvardenfell, die damit herum liefen. Dämonenrüstung… ja, die war es, welche Malukhat tragen wollte!
Schnell packte der Erzmagier noch ein paar Alchemiezutaten in einen Beutel, ein paar Heiltränke und auch Gifte, zog die beiden Bänder fest und warf sich die ganze Angelegenheit über die Schulter. Kaputt gehen würde schon nichts. Irgendwie ging nie etwas kaputt, was er in einen Beutel tat und dann mit sich herumschleppte. Er konnte sogar damit herumwerfen und nichts ging schief. Sehr ominös…
Egal, erstmal zu Draven. Den hatte er nämlich so mir nichts dir nichts stehen lassen, damit er hier nichts kaputt machte. Ach nein, halt, was vergessen. Er war sich einen schwarzen Umhang. Gegen den Regen, so dachte er. Dann konnte er sich endlich auf den Weg zurück in die Eingangshalle machen.
„He, Ihr – Erzmagier“, kam es flüsternd von der Seite.
„Hm?“, machte Malukhat desinteressiert, blieb stehen und sah zu dem Bosmer hinunter, welcher direkt neben ihm stand.
„Wollt Ihr einen Trank kaufen?“
„Du wagst es?“, knurrte der Erzmagier. Also, nein. Wirklich. Da bot dieser kleine Idiot dem Oberhaupt der Magiergilde an, einen Trank an ihn zu verkaufen. „Verzieh’ dich!“ – mit diesen Worten schlug er dem Mann auf den Hinterkopf und ging seines Weges weiter zum Eingangsbereich. So ein Trottel, dachte er dabei kopfschüttelnd.
Als Draven in Sichtweite gelangte, beachtete Malukhat die junge Frau nicht, welche an dessen Seite stand und fröhlich vor sich hinplapperte, als wäre sie ein Klon Estardalins, bloß in etwas angenehmerer Form. Und die Altmer stand auch dort herum und schenkte der Frau Blicke, mit denen sie scheints wünschte, töten zu können. Egal.
„He, Draven… ich bin fertig, lass uns… Hm?“ Er hatte seinen Satz nicht mal ganz aussprechen können, als er der jungen Dunmer in die Augen schaute, in denen goldene Pünktchen tanzten. Ja, sie glänzten richtig bei seinem Anblick. Wäre diese Reaktion nicht so absolut verwirrend gewesen, Malukhat hätte sich über das Streicheln seines Egos sehr gefreut und sich darauf wohl etwas eingebildet. Nur – verdammt, sie kam ihm so bekannt vor. Wer war sie? Er kannte sie, so viel wusste er. Leider nur wusste er nicht woher. Diese Augen hatte er schon mal gesehen…
„Du bist es wirklich!“, rief die junge Frau plötzlich aus und fiel ihm um den Hals. Malukhat erwiderte die Umarmung nicht. „Ich habe so lange nach dir gesucht und dich endlich gefunden, ach Malukhat!“
„Der Kerl und seine Weibergeschichten…“, kam es von Ranis Athrys leise von der Seite. Die beiden Dunmer überhörten diesen Kommentar geflissentlich.
„Als du damals einfach so aus Gramfeste verschwunden bist“, sprach das Mädchen weiter, „da habe ich gedacht, ich würde dich nie wieder sehen. Aber jetzt bist du hier.“
Ein Funke der Erkenntnis zuckte wie ein Blitz durch Malukhat Körper. Gramfeste. Funkelnde Augen. So ein Dreck. Die Augen des Mannes weiteten sich vor Verwunderung, dann nahmen sie einen gequälten Ausdruck an, welcher an Verzweiflung grenzte. „Oi…“
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