21.

Ein Schattenreich, schwarze Schwingen, dunkle Stunde. Eine Stadt schwarz die Mauern hoch die Zinnen, tote Körper zieren die Feste. Ein Thron gebaut aus Knochen ein Saal gemacht aus Fleisch. Alles Leben hier verdorben die Augen leuchtend rot vor Hass. So spielen sie mit schwachen Seelen, brechen jene die stark sind. So sie fertig sind mit ihrer Arbeit machen sie die Seelen zu welchen von ihnen, schicken sie hinaus in die Dunkelheit, manche hinaus zum Licht. Das Licht ist es doch was die Schatten fürchten, doch auch das Licht fürchtet die Dunkelheit, denn die Dunkelheit frisst das Licht, so wie das Licht die Dunkelheit frisst. Es ist ein ewiger Kampf der stärkere gewinnt. Rhynja trieb in der Dunkelheit, dem Licht war sie fern, es war schwach in ihrem Herzen, verschwindet gering, doch war es da. Die schwarze Stadt in ihren Herzen wuchs und wuchs, die Armee des Dunklen stärker. Doch eins wusste sie nicht...

Wenn je das Licht in ihren Herzen völlig erlischen würde, dann würde ihre Seele sterben. Dann wäre Rhynja nur noch ein Schatten, dann wäre sie ein Instrument ihrer Gefühle, eine Schlächterin ohne Skrupel, aber sie würde von ihren Hass gelenkt und nicht von sich selbst. Aber Rhynja wusste nicht, dass sie vergehen würde, sie wollte das Licht in ihr austilgen wollte nur noch Schatten sein...

22.

Geister waren es die sie sanft umflogen, dunkle, durschimmernd rote und schwarze Geister, nicht groß sondern klein und unheimlich flink. Was wollten sie von ihr? Was war es, dass sie ihnen geben konnte? Ihr Leben, Ihr Herz, ihre Seele? Ihr Atem wurde kalt, der Schnee weiß und frostig legte sich auf den Weg und auf ihre Schultern. Ein Schlottern ging durch ihren Körper und sie wusste nicht ob es vom Schnee oder von den Geistern kam. Ihr langes schwarzes Haar hüllte ihr vom Winter bleiches Gesicht ein, so wie sie schritt mit gesenkten Blick und ernster Mimik, wirkte sie wie eine Schattengestalt, doch das war sie nicht.
Immerhin war sie auch die Hoffnung, wie jeder die Hoffnung sein konnte. Irgendwann einmal würde ihr Name in einen der Folianten stehen, sie würde berüchtigt sein, als eine der großen, zumindest war es das was sie hoffte. Langsam verließ sie so die Slums und warf ihren Umhang zurück, nahm ihre Kapuze ab.

Kaum war sie hinaus aus dem Hafenviertel wirkte sie ruhiger, heller, die Geister schienen verschwunden, die Sorgen fort. Ihre Rüstung mit Gold beschlagen strahlte das Helle Licht des Mondes wieder. Wieder hatte sie vielen armen Menschen geholfen und sie wusste das sie dabei ihr Leben riskierte. Doch ihr war klar, dass man um sich zu ändern auch Risiken eingehen musste.

So ging sie langsam weiter, Richtung Stadttor und ließ all die Schatten hinter ihr, denn sie würde das Licht ergreifen und zu einer Lichtquelle werden...

23.

Ein Zucken ging durch ihren Körper, dann ein stummer Schrei, sie wollte aufwachen, doch sie konnte nicht. So einen Traum hatte sie nie erlebt, um sie Wesen mit Fratzen, hässlicher als alles was sie je gesehen hatte. Sie schienen über sie zu spotten, rissen an ihrer Rüstung, an ihren Haar, zogen an ihrer Waffe, die sie zog. "Unwürdige, Versagerin, Verdammte!", sie alle riefen durcheinander, kreischten das selbe, immer und immer wieder. Dann ein heller Blitz, es wurde still um sie herum. Die schreienden Gestalten schienen wie erfrohen und dann diese Silhouette, sie tanzte mit den Gestalten und ihrer Waffe. Stück für Stück, elegant wie eine Elfentänzerin hauchte sie dann den Gestalten das Leben aus, doch wie gefroren blieben sie stehen. Erst als es abermals zu blitzen schien fielen sie alle zu Boden. Dann schien die Silhouette zu sprechen, doch Rhynja hörte sie nicht.
Sie zeigte in die Ferne und als Rhynja mit den Augen ihren Fingerzeig folgte, erschien aus dem Nichts eine Burg, eine Feste, sie hatte Ähnlichkeit mit der Zenthilfeste, doch war sie viel dunkler, man spürte die Dunkelheit die von ihr ausging quasi. "Rhynja!" jemand sprach ihren Namen und Rhynja drehte den Kopf. Doch war es nicht Erleichterung die sie spürte als sie sein Gesicht sah sondern tiefe Wut. Warum verfolgte Garth sie sogar in ihre Träume. Er sah sie bewertend an, abschätzig und doch, in einer Art und Weise wie ein Jäger seine Beute anschaut. Doch gerade als Rhynja auf Garth zugehen wollte vernahm sie einen lauten Knall außerhalb des Traumes und erwachte.

24.

Nachdem sie sich nach diesem Traum frisch gemacht hatte schritt sie langsam aber bestimmt richtung Meer. Es war früher Morgen, eine beinahe unheimliche Stille umgab sie und der Wind spielte in ihren schwarzen langen Haar. Rhynja trug eine weite, weiße Toga, ihr war ein wenig kalt, doch eine kurze Erfrischung am Morgen konnte nicht schaden. Schon nahm sie das Meer und die nahe Schiffe wahr, alle auf ihre Weise schön und prachtvoll gestaltet mit eigenen Geschichten. Doch Rhynjas Ziel war der Blick auf das Meer und als sie ihn fand führte sie ihre Hände gefaltet zum Mund und ließ ihr Haar wild wehen, ihre Toga flattern. Sie blickte in die Ferne die Sonne begann gerade ihren Lauf und lieferte gemeinsam mit den Wasser ein beeindruckendes Lichtspiel. Rhynja zog ihren dicken Umhang zu. So schien sie abgetrennt von der Welt um sich. Nur das morgendliche gezwitscher der Vögel durchdrang diese unwirkliche Stille. Sie erhob ihre Stimme, beachtete alle um sie nicht und sang leise doch klar ein Lied, dass sie das letzte Mal in ihrer Kindheit gehört hatte. Und ihre Stimme drang hinauf auf das Meer...

25.

Langsam nahm sie ihre metallene Rüstung Stück für Stück ab, das Metall war schwer, klobig und wurde laut, als sie es auf ihren Tisch legte. Nackt wie sie geschaffen stand sie so in den Raum ihr langes wallendes Haar umspielte ihren Körper, ihre Haut war zart, und ihre Muskeln versteckten nicht ihre Weiblichkeit, ihre sachten Rundungen. Langsam ging sie durch den Raum zu den Waschzuber, nahm sich ihre Bürste und kämmte ihr Haar. So vieles hatte sie zu bedenken, so vieles was sie schmerzte und als sie langsam in den Zuber stieg sah sie die Bilder vor den Augen.

Feuer überall, gepaart mit Schreien und Schattensilhouetten. Und dieses Gefühl, diese intensive Angst, die über dem Feld lag. Und die Liebe die pulsierte. Alles gemischt in dieser Schlacht, in einem makaberen Spiel. Rhynja mittendrin, unschlüssig, als sei sie allein, mitten auf den Schlachtfeld.

26.

Sie hörte es von den Frauen auf der Straße, einige ihrer Bekannten und Freunde in den Slums waren gestorben bei einem Brand im Krug. "Nur ein paar Bettler.", schallte es in ihrem Ohr. Es waren nicht "nur Bettler", sie hatten Geschichten, jeder hatte Geschichten. Doch niemand beschäftigte sich mit den Geschichten jener die Arm waren. Sie waren der breiten Masse egal, doch Rhynja würde sich um sie kümmern. Sie würde ihnen weiter Brot bringen, würde ihnen Decken bringen, selbst wenn kein anderer sich mehr um sie kümmerte. Es war gefährlich in den Slums zu arbeiten, das wusste sie. Aber dieses Risiko ging sie ein und ihre Kämpferausbildung kam ihr zu Gute. Langsam schritt sie so durch die Straßen um "nur ein paar Bettlern" ein Lächeln auf den Mund zu zaubern.

27.

War das ihr Blut, was in ihren Adern so brannte? War es die Dunkelheit, die um ihren Herz sich so verkrampfte? War es der Schmerz der an ihr zog?

Rhynja lag auf der Pritsche starrte an die Decke folgte ihren Mustern. Sie fühlte sich einsam, einsam und verlassen und sie langweilte sich so furchtbar. Trostlosigkeit, Dunkelheit, Armut, das einzige was sie seit Tagen sah. Sie sehnte sich danach endlich wieder über andere Straßen zu wandern, in Sicherheit, ohne sich ständig darum sorgen zu müssen, dass sie jemand töten, gefangen nehmen und quälen könnte. Ihr Einziger Halt war die Dunkelheit, wie ein Dämon der ihr auf allen wegen folgte, ein Dämon, der sich ihres Herzens bemächtigte. Rhynja spürte seine Anwesenheit bei jedem Atemzug, doch sie wusste nicht was sie davon halten sollte. Vielleicht gar, war es aber auch nur ihre Seele, die sie bei sich trug, gefüllt von all dieser Wut.
Man hatte damals ihre Eltern getötet, so sinnlos, es sollte nie wieder geschehen, nie wieder sollte jemand aufgrund ihrer Willkür sterben. Rhynja schloss die Augen...

28. Rückblicke

Sie blickt hinaus ins Hafenviertel, ihr Gesicht versteckt unter ihrer Dunklen Kapuze. Ewig war sie dort nicht mehr gewandert. Immer wieder kamen Gestalten hinein in das Viertel Rhynja beobachtete sie, es waren schattenhafte Gestalten, arme Gestalten oder betrunkene Gestalten, selten jemand anders. Es war immer so gewesen, schon als sie noch ein kleines Kind war, damals, als sie gelernt hatte mit ihren Schwert zu kämpfen, ihre Klinge, ihrer Seele. Irgendwann stieß sie sich von der Wand ab, löste dabei einige Bruchstücke der Fassade. Bilder der Vergangenheit schossen in ihren Kopf, Bilder von dunklen Gestalten, die sie mit sich nehmen wollten, ihre Naivität ausnutzen. Rhynja hatte sie alle getötet jeden einzelnen, niemanden hatte sie erlaubt sie auszunutzen. Das Leben in der Unterstadt war hart gewesen, doch formte es sie, es war Teil ihrer Persönlichkeit.

Es war als könne sie das Blut schmecken, dass die Männer ließen als Rhynja sie tötete, sie war nur ein Kind gewesen, bei ihren ersten Morden, weinte sie noch. Doch je öfter sie sich und ihre Unschuld verteidigen musste, desto kühler wurde sie, irgendwann empfand sie es als Genugtuung. Im Grunde genommen, war das ihr einziger Weg gewesen, es hätte keinen anderen Weg gegeben dort unten zu bestehen. Sie musste auf ihre Waffe vertrauen und sie tat es.

Irgendwann in der Vergangenheit wurde dann dieser Mann auf sie aufmerksam, noch wie heute wusste sie es. Rhynja bettelte gerade in den südlichen Slums um Brot, mit der Unschuldmine eines 12 jährigen Kindes, da kam er auf einmal. Seine Rüstung war prunkvoll gewesen, und doch hatte der Mann etwas bedrohliches an sich. Er sprach zu ihr, fragte nach ihren Namen, ihren Alter und Rhynja antwortete, denn Name und Alter hatten damals für sie keinen Wert. Dafür bekam sie eine Botschaft und etwas Gold, der Mann sagte, sie solle die Botschaft zu einem gewissen Derion Starr bringen. Damals war ihr egal, weshalb und wer diese Person war, sie betrachtete nur die Goldmünzen in ihrer Hand und lächelte. 15 Münzen, ein halbes Vermögen, sie würde ihren Auftrag ausführen, zu seiner Zufriedenheit. So eilte sie los, zu dem Treffpunkt, der ihr genannt war, Belerians Hafenkneipe. Ob dieser Derion wohl einer der Schattendiebe war? Sie sollte es erfahren.

Es war später Abend in der Taverne herrschte reger Betrieb, die Blicke richteten sich auf Rhynja, in ihren Lumpen, die barfuß dort mitten all' den alten Leuten stand. Einige betrachteten sie amüsiert, andere erzürnt, wieder andere mit Überraschung, doch Rhy ließ sich nicht verunsichern und ihr Blick glitt durch den Raum.
Wer dieser Männer war Derion? Man hatte sie geschickt mit den Worten, sie würde ihn schon erkennen. Langsam schritt sie durch den Raum um die vielen Tische, bis sie eine der Hände packte und blitzschnell zu sich riss. Sie zuckte zusammen, betrachtete ihn, der sich ihr bemächtigte. Es war ein Mann, ganz in schwarz gekleidet, er trug einen Umhanbg, eine Kapuze, eine Maske. Ehe sie sich versah, zog er sie davon hinaus aus der Taverne, Blicke folgten ihr, doch niemand interessierte sich. Der Mann zog sie weiter, durch die Gassen, in eine Ecke, eine dunkle unbelebte Ecke. "Hast du vielleicht eine Nachricht für mich?", markerzittert und kalt war seine Stimme, Rhynja kroch nachdem sie losgelassen wurde rückwärts einige Schritte zurück. Sein Blick ruhte auf ihr, doch Rhynja schwieg, sie hatte nur Blick auf sein Rapier, das stolz an seiner Seite hing, Rhynja fürchtete sich. "Ich wiederhole mich ungern...", und seine Hand glitt zu der Waffe, "Ich kann sie mir auch holen wenn du sie mir nicht gibst, aber du bist doch ein kluges Mädchen."
Wie aus den Gedanken gerissen richtete sie sich auf, "Ja ich habe eine Nachricht für euch Saer, hier!" Sie zog die Botschaft von ihrem Gürtel und reichte sie ihm. "Guuut...", Derion betrachtete das Siegel, es war unversehrt, doch dennoch richtete sich sein Blick zornig auf sie, "Du unvorsichtiges Ding, gibst mir bereitwillig jeden Brief ohne zu wissen ob ich wirklich Derion bin, der Brief hätte auch in falsche Hände kommen können." Er zog seinen Rapier aus der Schwertscheide und ging auf sie eilig zu. Rhynja riss die Augen auf, er wollte sie töten. Viel Zeit blieb ihr nicht zu reagieren, als er zustach wich sie zur Seite und zog im selben Augenblick ihre Beinkleider hoch, sie griff nach ihren Kurzschwert. Derion hatte sich wieder aufgerichtet und holte zum zweiten Schlag aus, Rhynja war noch gebeugt, ein leichtes Ziel, doch instinktiv machte sie als er zuschlug einen Purzelbaum vorwärts, bis sie vor ihm kniete. Perplex blickte er auf ihre Aktion, eine Verwirrtheit, die Rhynja nutzte, sie rammte ihm ihr Kurzschwert ins Bein. "Verfluchtes Mistsrück." Sein nächster Schlag kam von unten, direkt auf sie zu, er würde sie treffen. Doch plötzlich sackte der Dunkle nach hinten. Völlig verwirrt sprang Rhy einen schritt zurück, da sah sie weshalb er zu Boden ging. Die Klinge eines Bastardschwertes hatte sich durch seinen Leib gebohrt, er war tot. "Gute Arbeit, ich bin beeindruckt mein Kind.", ihr Blick glitt aufwärts, ihr Retter war der Mann aus den Slums, "Du kannst mit den Schwert umgehen, wie ich sehe...", Rhynja nickte, durch die Situation zum Schweigen verbannt, "Dann höre auf mein Angebot: Wenn du meine Dienerin wirst, dann werde ich dich schulen noch besser mit den Schwert zu kämpfen, dich zu einer Zentarim machen.", sie betrachtete ihn genauer auf seine Worte, da fiel ihr ins Auge, was sie zuvor nicht sah, an seinen Hals prangerte sie, die Kette mit dem Zeichen Tyrannos. In Rhynjas Welt gab es keine Götter, sicher es gab den über den man nie sprach, doch seine Diener, waren Rhynja nie wohlgesonnen gewesen, das Angebot war ihr willkommen...


So hatte es angefangen, doch heute waren dies nur noch Schatten, der Mann, ihr Ausbilder, den sie nur Meister nannte, dessen Namen sie nie erfuhr, er war längst tot... Die Schattendiebe waren längst nicht mehr existent, an ihrer Stelle stand der Scimitar...

Viel hatte sich verändert, doch eines blieb gleich, Rhynja war auf sich selbst gestellt...

29.

Damals nahm er sie mit, in die Feste aus Stein, welche so stolz am Ende des Mondsees prangerte. Sie wusste nicht, was er in Rivin gemacht hatte und ob er ursprünglich von dort kam, auch ob sein einziges Ziel der Mord an den verhassten Dieb war, blieb ihr schleierhaft. Doch eines war klar, sie hatte in ihm eine Art Mentor gefunden, stolz, klug und stark, ein gutes Vorbild.
Rhynja war jung, doch schon geschult im Umgang mit den Waffen im speziellen mit den Zweihänder ungewöhnlich für ihr Alter, doch erwünscht. Ihr Mentor führte sie durch die Gassen der großen Stadt, mit Staunen glitt ihr Blick damals über die steinerne Pracht, die sich ihr darbot, alles war gigantischer als in Rivin, alles disziplinierter, aber auch stolzer und prunkvoller. "Du wirst in der Kaserne deine Kampfähigkeiten erweitern, bei den besten Lehrern, die Faerun bieten kann." Seine Worte hallten nach, sie erinnerte sich genau an seinen Blick, er schien alt, doch so würdevoll, eine Respektsperson wie aus dem Bilderbuch, sie nickte sanft, "Wohnen wirst du bei mir." So schritt er durch die Straßen, stolz und würdevoll, viele die ihn begegneten neigten den Kopf, hinter ihm die staunende Rhynja, bis sie ein Haus an einer Kreuzung erreichten. Es war ziemlich groß, die Fassade heil und weiß gestrichen, die Fenster aus dunklem Ebenholz und die Fahnenstange, rechts neben der Tür, auf der die Flagge Banes prangerte golden beschlagen. Ihr Mentor öffnete das Schloss der Tür mit einem, durch ein Schlangenmuster verziertem Schlüssel aus Eisen. Schwer klang das Eisen seiner Rüstung als er durch die Tür ging und den Holzboden betrat, Rhynja folgte ihm. An der Wand hingen Wandteppiche, auf einigen konnte Rhynja Drachen in allerlei Farben erkennen auf anderen Männer auf Streitrössern mit Schwertern. Gleich in der Eingangshalle befand sich auch das Treppenhaus, die hölzernen Treppen belegt mit roten Läufern. Sie folgte ihm hinauf, er öffnete die Tür zu einem Zimmer, "Hier wirst du schlafen Rhynja, bis du deine Ausbildung beginnst.", sie ging hinein, das Zimmer war liebevoll eingerichtet, das Bett bezogen mit einem Waldgrünen Laken und belegt mit einen weißen Kissen, neben der Tür stand ein Bücherregal, dem gegenüber sich das Fenster befand von dem man einen guten Ausblick auf den Fluss hatte. Vor dem Fenster waren samtene weinrote Vorhänge angebracht, direkt vor dem Fenster an der rechten Wand befand sich das Bett, neben dem ein kleiner Nachtisch stand, links vor dem Fenster befand sich ein Schreibtisch vor dem ein hölzerner Stuhl stand.
Als wäre es gestern gewesen konnte Rhynja sich noch an das Glück erinnern, dass sie in diesem Moment verspürte, nie vorher hatte sie ein eigenes Zimmer gehabt, sie hatte immer auf der Straße gelebt. Als ihr Mentor sie damals dann alleine im Zimmer ließ legte sie sich zuerst auf das Bett, noch immer erinnerte sie sich daran wie weiß es war, wie es roch, so frisch und rein, ein Geruch der sie in den Schlaf trieb. Noch heute fragte sie sich, ob ihr Mentor geplant hatte von seiner Reise einen Lehrling mitzubringen oder ob es ein Gästezimmer war, das sie damals bekam. Letztendlich war es auch nebensächlich...


30.

Wenn sie heute zurück blickte, war die Zeit im Haus ihres Mentors, die glücklichste in ihrem Leben, zwar brachte er ihr die Disziplin bei, und das nicht immer mit Samthandschuhen, aber Rhynja war eine aufmerksame Schülerin und sobald sie sich fügte und auf die Regeln achtete, konnte sie mit ihrem Mentor gut sprechen. Er lehrte ihr Bane zu lieben und zu ehren, sogleich ihn aber auch zu fürchten. Er lehrte ihr die Geschichte von Manshoon und Fzoul Chembryl, wichtige Personen in den Reihen der Zentarim und Baneiten. Und er lehrte ihr vieles mehr. Da sie sich als gute Schülerin erwies beschenkte er sie aber auch reich, er brachte häufig Kleider für sie mit und all das was ihr Freude bereitete. Nie hätte er es zugegeben, aber Rhynja war sich sicher, dass er sie wie eine Art Tochter sah, ohne die er einsam gewesen wäre. Damit erklärte sie auch, die Art mit dem er sie behandelte kurz bevor sie in die Kaserne musste um dort ihre Kampfausbildung zu beginnen. Zwei Jahre hatte sie schon bei ihm gelebt, nie war er so eiskalt zu ihr gewesen. Sie erinnerte sich an den Tag noch bildlich. Es war Sommer, Rhynja saß vor der Haustür auf der Bank und genoss die Sonne, vergaß dabei die Arbeit, die ihr Mentor ihr aufgetragen hatte, nämlich den Hof zu kehren. Als er nach Haus kam war es somit nicht verwunderlich, dass sie eine Strafe bekam,. doch das Ausmaß der Strafe, war nicht gerechtfertig. Er schlug sie, nicht nur einmal sondern mehrmals so kräftig er konnte, aber das war nicht das schlimmste. Das schlimmster war, dass er ihr befahl das obere Zimmer zu räumen und in den feuchten Keller zu ziehen.
Die Strafe traf sie hart, es riss etwas in ihren Herzen entzwei. Wenn sie heute darüber nachdachte wusste Rhynja zwar, dass ihr Mentor dies zu ihrer letzten Lektion tat und um weniger Trennungsschmerz zu empfinden, doch damals...
Die kommenden Tage hielt er sie wie eine Gefangene, der Keller wurde versperrt und er brachte ihr nur karges Essen herunter, und wenn sie weinte, dann kam er wieder rein und schlug sie. Es war ein erbärmliches dahinvegetieren. Erst an dem Tag, an dem sie in die Kaserne sollte ließ er sie wieder frei, mittlererweile war der Herbst gekommen. Er führte sie in ihr altes Zimmer, dort stand ein Wasserbottich und dort lagen Kleider und ein Rucksack, sowie ein letztes Abschiedsgeschenk, ihre prunkvolle Rüstung fein und gut gearbeitet, mit gold beschlagen. Rhynja wollte sich noch umdrehen und ihm danken, aber ihr Mentor war fort. Erst dort so alleine in den Zimmer begann sie mit 14 Jahren zu verstehen, warum ihr Mentor so handelte wie er es tat. Sie sah ihn nicht mehr, nachdem sie sich gewaschen hatte ging sie mit ihrem Besitz hinab, doch weit und breit war keine Spur von ihrem Mentor, stattdessen wartete dort ein junger Zentarim, der ihr befahl ihm zu folgen. Rhynja würde ihren Mentor nie wieder sehen, das letzte was sie von ihm hörte war, dass er an Altersschwäche gestorben war, während sie die Kriegstheorie lernte....



31. Zurück zur Handlung

Der bittersüße Duft von Rache und Wut lag über den Raum, den sie seit geraumer Zeit so selten verließ. Ein Schmunzeln lag ihr auf den Lippen, als sie die Berichte laß über die Vergangenheit droben in der Feste. Wie eine kleine Fliege im Netz so war er und sie war die Spinne. Seine Zunge war schnell und unbedacht. Niemand spottet über die Spinne wenn man in ihren Netz sitzt. Doch das spotten würde ihm vergehen.
Eine Tochter hatte er also, Rhynja hatte sich schon immer ein Kind gewünscht, ein Kind, dem sie beibringen konnte das Schwert zu führen. Ein Kind, das sie aber Tyrannos Pfaden führen konnte.
Würde er dann immernoch spotten?
Sie waren so dumm, die Menschen, setzten gerne ihr eigenes Leben aufs Spiel, doch wenn es um die ihrer Lieben ging...
Doch eines war sicher... er würde leiden auf die eine oder andere Art. Er würde leiden für das was man ihr vor so langer Zeit angetan hatte...

"Möge das Spiel beginnen..."


32.

Die Steine veränderten sich nicht und egal wie lange sie ihre Form und Struktur betrachtete, sie vermochte nichts neues an ihnen erblicken. Schwer ließ sie einen Seufzer aus ihrer Kehle dringen, wie lange jetzt hatte sie kein grünes Gras mehr gesehen, wielange keinen blauen Himmel, wie lange hatte sie die Sonne nicht auf ihrer Haut gespürt?
Ihre Heimat wurde ihr zu einem Gefängnis, die Wände wie eine Schnur, die sich langsam um ihre Kehle zusammen zogen, jeden Tag nur ein bisschen, doch immer schneidender und erdrückender werdend. Hach wie trostlos es doch war... Anfangs hatte sie sich noch mit Büchern ablenken können oder mit "Spielen", doch all' das wurde schnell langweilig. Was sie dann tat war herumstehen, schweigend, keinen Ton von sich gebend die Gänge betrachtend und bewachend, ihre Gedanken in der Ferne.

Ihr fehlte nicht nur die Freiheit sondern auch die Unterhaltung, mit wem sollte sie sprechen, mit wem sich unterhalten? Warum hatte Flinn nur diesen Fehler gemacht? Warum? Sie hätten sich gut verstehen können, doch dann... Es war ein Ärgernis, alle Männer für die sie sich interessierte waren am Ende unerreichbar für sie. Kahri war Schuld, das war ihr klar, doch dennoch war es frustrierend. Alle Männer musste sie ins Unglück stürzen, erst Rashal, dann Garth... die Liste war lang. Das musste man ihr lassen, verführen konnte sie, doch sie zweifelte, dass sie den Preis kannte. Im Grunde war es Rhynja egal, sie empfand nichts als Wut und Ärger, und auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, verletzten Stolz und Eifersucht. Was hatte Kahri, was sie nicht hatte? Eine brennende Frage, die in ihren Unterbewusstsein kreiste. Sie hatte ihr Rashal genommen, dafür hasste sie die Frau mehr, als für alle ihre anderen Taten.

Für diese Gedanken verfluchte sie sich innerlich, Gefühle waren Schwächen, abgesehen von Wut und Hass, so hatte sie es gelernt. Doch so sehr sie sich bemühte, immer wieder sehnte sie sich nach etwas, dass die Kälte in ihr durchbrach, das ihr Wärme gab. So wie es Garth damals tat, bevor er ihr den Dolch ins Herz rammte unhd zehn mal umdrehte.
Nein, sie wollte nicht so denken...

"Oh Tyrannos, gib mir Kraft, nimm mir diese Schwächen nimm mir...", ihre Worte klangen leise, doch sie unterbrach... sie war so erbärmlich, so durfte sie nicht zu ihm sprechen. Sie musste selber damit fertig werden...


33.

Ein Engel sprach zu ihr jede Nacht und immer wenn sie alleine war. Seine Flügel waren schwarz, sein Fleisch trug Narben und sein Gesicht, es war so traurig. Seine Stimme war einst laut, doch mittlererweile nicht mehr als ein leiser Seufzer. Irgendwo auf ihren Weg hatte sie ihn verteufelt, war einen Weg gegangen, der ihn materte. Rhynja war es egal, alles was sie wollte war die alles erfüllende Rache.

In den letzten Tagen hatte sie wieder den Wind auf ihrer Haut gespürt, die Lichter der Straße gesehen und den Duft des Frühlings gerochen. Ihr ging es gut, das war es, was so seltsam war. Sie hatte ihr Glück provoziert, hatte sich nah an die gewagt, die ihr nach den Leben trachteten, aber es war gar nichts geschehen. Das erweckte in ihr das Gefühl, dass sie sich keine Sorgen machen musste um das, was da komme. Nun war es schon spät und Rhynja wurde es kühl. So schritt sie langsam ihren Weg, der welcher für sie bestimmt.

In Wahrheit vielleicht war ihre Seele nicht mehr als der Engel, vielleicht gar war sie besessen von einen Dämon, der ihre Seele quälte. Wenn Rhynja gewollt hätte, dann hätte sie darüber nachgedacht, doch sie war zufrieden in ihrem Dasein, das sie erbärmlich dahin fristete...


34.

Warum? Weshalb? Wieso? - Warum nur war er hier? Das war ungünstig in ihrer Situation, er durfte einfach nicht hier sein.
Sie müsste ihn verletzten, ihm Schmerz zufügen, damit sie ihn vergessen könnte. Sie hasste ihn doch... oder war es viel mehr etwas anderes nahes, vielleicht Liebe? Sie wusste es nicht... wie könnte sie auch, wo sie sich geschworen hat niemals zu lieben?
Das einzige was sie wusste war, dass sie ihm nicht wehtun konnte, sie konnte einfach nicht so wie bei den anderen Gefangenen. Garth war ihr zu vertraut und er war anders als die Gardisten, Rhynja wollte sich eigentlich nicht an Garth rächen.
Sie musste es aber tun, sie musste Dinge sagen, die ihn schmerzten, Dinge tun, die das selbe taten, damit er aus ihr verschwand.

All das ließ sie verzweifeln, denn sie machte sich Vorwürfe, nicht etwa deshalb weil sie ihm beinahe ihren Namen gesagt hatte, nein viel mehr warf sie sich vor, was sie zu Garth gesagt hatte, wie sie ihn behandelt hatte. Diese Gewissensbisse quälten sie und sie ziehmten sich nicht. Sie durfte nicht so fühlen, sie musste hassen, musste es einfach tun, doch sie konnte nicht. Nein, was noch schlimmer war, sie wünschte sich, dass Garth frei wäre.

Beinahe schon erlag sie ihren Gefühlschaos, eine Seite von ihr, der kleine Rest Liebe, den sie empfand, das einzige Gefühl, was sie noch an ihr altes Leben band, auf der anderen Seite der Hass, geschürt und genährt von denen mit den sie arbeitete. Sie wusste nicht wie lange es noch dauern würde bis sie etwas tat, was dem widersprach, was sie tun sollte, was sie denken sollte, was sie sprechen sollte.

Das erste Mal seit vielen Jahren legte sie das Amulett ab, dass in einem Metallbehälter aus verzierter Bronze das Zeichen Banes versteckte. Das erste Mal waren da Zweifel an ihren Weg. Das erste Mal wollte sie mit ihren Gedanken alleine sein.

Garth, egal was sie für ihn empfand, war ihre Schwäche, ihre größte. Er alleine konnte es vollbringen, dass die Grundsätze ihres Lebens zu wackeln begannen, sie war verzweifelt...

Rhynja war keine Untote, keine gefühlslose Marionette, vielleicht für den einen oder anderen eine Marionette, doch sie hatte Gefühle. Auch wenn sie jene tilgen wollte, sich ihrer entsagen, so ging es doch nicht...

35.

Was würde passieren, wenn sie Garth richten würden? Rhynja fürchtete sich davor auch nur darüber nachzudenken. Sie durften ihn einfach nicht richten, das würde Rhynja zu stark treffen. Auf der anderen Seite war das vielleicht die einzige Chance ihre Schwäche auszulöschen. Wie konnte sie eine Zentarim sein, wenn die Liebe doch ihre Schwäche war?

Viele Gedanken kreisten in ihren Kopf, doch Rhynja wollte sie nicht haben oder gar wahrnehmen...

36. Das Ende

Hier saß sie nun also tief untem im feuchten und kalten Hochsicherheitstrakt der Garde. Doch selbst hier war das einzige an das sie in dem Moment denken konnte Garth und das Kind, das sie von ihm in sich trug. Hier wartete sie also auf ihre Verhandlung, tief unten, wo die schlimmsten saßen. Aber hatte Rhynja je mehr getan als das was sie sowieso schon gesagt hatte? Nein, im Gegensatz zu vielen anderen, mit welchem die Garde zum Beispiel auch paktierte, hatte Rhynja eigentlich wenig getan was ihr zur Last gelegt werden konnte, sie hoffte nur der Richter würde das erkennen. Sie konnte sich schon denken, dass SIE wieder lügen würde, jene Person, die Rhynja kaum kannte, aber die von sich meinte behaupten zu können, in der Lage zu sein ein Urteil über Rhynja und ihr Verhalten zu fällen.
Im Grunde war diese Frau nicht besser als die, welche sie verurteilte, nur wesentlich aggressiver. Rhynja hätte sich einen Dreck um diese Kahri geschert, hätte jene sie nicht damals aus den Schatten angegriffen, ohne dass Rhynja wirklich den Grund kannte.

All das verwirrte sie, warum hasste diese Frau sie so sehr? Es war ihr ein Rätsel, dass sie in dem Moment nicht lösen konnte.
Flinn, ihre Gedanken blieben an ihm hängen, er war so anders zu ihr gewesen als sie erwartet hatte, er hatte sie nicht geschlagen gar nichts, er war gut zu ihr gewesen. Das verwirrte sie, niemand war vorher so zu ihr gewesen, niemand bis auf... ihre Eltern. Es war so neu für sie und, gerade deshalb war es so schwer für sie damit umzugehen, irgendetwas tief in ihr schmerzte, irgendetwas gab ihr Schuldgefühle.

So viele Dinge waren es, die ihren Geist beschäftigten und in dieser dunklen Zelle würde sie viel Zeit haben darüber nachzudenken...

37.

Wieder gab es in ihr einen Kampf, zwischen Licht und Schatten. Rhynja fühlte wie es in ihr Aufstieg, das was sich immer wieder donnernd gegen ihr Herz war. Ein Schwall von Gefühlen, die Rhynja immer versucht hatte zu unterdrücken. Es war absurd, musste sie erst in tiefster Dunkelheit sein, bevor das Licht in ihr sich gegen die Schatten wehrte? Rhynja versuchte dagegen anzukämpfen, sie wollte diese Gefühle nicht, denn sie brachten nur Schmerz und Leid und sie ließen allesamt am Ende nichts zurück. Woher kamen sie, alle jetzt, war es das Kind in ihren Bauch, was sie zu diesem Denken brachte, oder war es Flinn, der sie so verwirrte? Doch sie musste standhaft bleiben, Angst war für die Schwachen, Schuld war für die Schwachen, Liebe...

So schwer... eine Zelle gefüllt von roten Armen, die nach ihr griffen. Was konnte sie nur tun um sich zu retten? Alles was ihr blieb war Wut, Hass und Zorn, die drei dunklen Brüder. Sie musste ihren Willen festigen... sie musste einfach. Um das zu erreichen lenkte sie ihren gesamten Hass, ihre gesamten Gedanken auf ihre Feinde und machte jene damit zu Rhynjas Rettern aus dem Gefühlschaos.

Sie wusste ja nicht, dass gerade diese Rettung sie daran hinderte sie selbst zu sein

38.

Dumpfer Paukenschlag aus der ferne, die Dunkelheit bald unerträglich um sie herum Stimmen, die ihren Namen wisperten.
Ein Zittern durchfuhr den Körper und Angst ließ ihre Sinne gefrieren. "Erwache...", wie eine stumpfer Gegenstand drückte ihr etwas die Luft zu. Die Quelle unbekannt, doch schwankend stand sie auf, hielt sich ihren Bauch, blickte sie um. Da wurde sie ihrer gewahr, der Gestalt in der Ecke des Raumes, schwere Rüstung, die Haut von unnatürlicher Farbe, die Augen rot leuchtend.
Sie musste halluzinieren, oder stand sie ihm wirklich gegenüber? Ein klapperndes Geräusch, die Gestalt packte nach ihren Hals. "Du bist mein Besitz Rhynja... oder sollte ich besser sagen Isiel?" Seine Stimme ließ ihre Glieder gefrieren. "Hast du schon vergessen, dass du dich mir zur Braut gegeben hast? Dass du dein Kind mir versprochen hast?" Ein Frösteln durchfuhr ihren Körper, das Kind sollte sie ihm versprochen haben. Was verlangte er von ihr sollte sie es opfern? Das würde sie nie tun es war ihr Kind.

"Vergess nicht, wer die Wahrheit ist, vergess nicht meinen Namen und sei nicht so erbärmlich schwach, nur die Starken sind meines Wohlwollens wert." So schnell wie er erschien verschwand er mit diesen Worten auch wieder. Sie fiel auf die Knie, das alles brachte sie durcheinander, sie wusste nicht wie sie handeln sollte. Sie war seine Braut? Wahrscheinlich waren sie alle tot, alle mit denen sie in dieser Stadt zusammen gearbeitet hatte. Sie war die einzige die noch da war. Und was war mit Garth? War er tot? War sie nun entgültig allein?

Schmerzend waren die Gedanken, doch als sie hinab blickte auf ihren Bauch, da war ihr klar, sie würde nie mehr allein sein. Sie trug ein Kind unter ihrem Herzen... Mochte sie es ihm versprochen haben, nie würde sie es töten.

Und so fiel sie wieder in den Schlaf...

39.

Wie konnte er nur so eiskalt sein? Er riss etwas in ihr kaputt, vielleicht war ihm das nicht klar, aber es brannte tief in ihr.
Nun war sie allein und der einzige Mensch der noch gut zu ihr war würde sie anklagen. Was hatte sie nur getan, dass man so zu ihr war? Wieder kamen die Stimmen und die Schatten, sie kamen immer wenn sie allein war. Ein Gewirr aus Stimmen so laut das man keines der Worte verstand. Sie quälten sie schon seit Tagen, doch diesmal hatte Rhynja andere Sorgen. Es schmerzte sie, dass Garth sein eigenes Kind nicht akzeptieren wollte. Ihr eigenes Schicksal war ihr egal, sie war schon seit Jahren tot, aber das Kind, es war doch so unschuldig, wie konnte Garth sein eigenes Kind nur so behandeln?
Wenn er ihr gemeinsames Kind nicht haben wollte, wer würde es dann großziehen? Flinn hatte es ihr versprochen, aber war es dasselbe als wenn sich Garth, also der leibliche Vater um das Kind kümmerte? Es tat ihr so Leid, ihr Baby konnte für die Situation doch am wenigsten und litt am meisten darunter.
Rhynja war dankbar, dass Flinn bei ihr war, ohne ihn wäre sie schon längst zerbrochen.
"Es wird alles gut mein Kind, ich verspreche dir es wird alles gut.", als sie diese Worte an das Kind richtete versuchte sie sich damit auch selbst zu beruhigen.
Garth hatte sie weggeworfen alle beide und ihr dabei alles genommen, was sie sich erhofft hatte. Hätte sie nicht das Kind gehabt, sie wäre wahrscheinlich freiwillig gestorben.
So ließ sie sich wieder von den Schatten quälen, allein und verlassen von allen.

40.

Es war schon seltsam, so einfach wurde ihr Tod beschlossen, doch sie war nicht erschrocken darüber. Irgendwie hatte sie es auch geahnt. Enttäuscht war sie sicherlich, sie hatte um Hilfe gebeten und diese war mit dem Todesurteil abgelehnt worden. Leid tat es ihr für Flinn und Garth, sie hoffte die beiden würden nicht ihr Lächeln verlieren.
So würde sie sterben ohne ihn wirklich verraten zu haben, aber sie wusste nicht mehr ob es das war, was sie wollte. Die Zeit im Kerker hatte sie verändert, ihr lag nichts mehrr an den Gott, den sie vorher so fanatisch liebte. Er hatte ihr das Kind nehmen wollen und sie wollte es nicht zulassen, dass er einfach so über das Schicksal eines Ungeborenen entschied. Sowieso war das Netzwerk wohl sicher tot, niemand von ihnen hatte sich auf der Verhandlung blicken lassen. Aber eigentlich hatte sie Glück, durch die Hand der Triade zu sterben, war einfacher als durch die Hand der Zentarim. Nur ihr Kind würde sie nicht aufwachsen sehen, es würde einsam sein ohne Mutter, diese Tatsache brachte sie dann doch zu weinen. Sicher Garth wollte versuchen, sie doch noch zu befreien, aber Rhynja hatte die Hoffnung aufgegeben. Es war zu spät sie würde sterben.

41.

Was ihr Angst machte war die Vorstellung gottlos zu sterben, auf ewig dazu verdammt ein Stein in der Mauer zu sein, welche die Stadt der Toten umschloss. An wen konnte sie sich klammern? Wen hatte sie je gedient außer Bane? Was für eine Perspektive hatte sie? Welcher Gott konnte ihr eine Zuflucht sein? Sie hatte es nicht geschafft der Todesengel zu werden, der sie einst gewünscht hatte zu sein. Die Dunkelheit war zwar groß und bestimmend in ihr geworden, doch als jene sie zu ersticken drohte erwachte in ihr ein Licht, das sie schon längst dachte vergessen zu haben. Dennoch war sie nun nicht kalt genug um noch als Banes Dienerin zu sterben, aber auch nicht warm genug als dass ihr ein anderer Gott Zuflucht gewehren würde, so dachte sie zumindest. Hier im dunklen, einsamen Kerker hatte sie viel Zeit zu überlegen, während sie darauf wartete, dass ihr Kind geboren wurde, dass ihr gleichsam den Tod brachte.
So war es schon immer Menschen wurden geboren und Menschen starben, aber dass ein Kind den Tod für seine Mutter bedeutete war außergewöhnlich und auch traurig. Weder sie selber noch ihr Kind später würden sich wirklich auf seine - oder im Fall des Kindes wegen seiner - Geburt freuen, obwohl dieser Tag doch eigentlich der schönste im jeweiligen Leben darstellen sollte. Ihr Kind würde immer an seinem Geburtstag daran erinnert werden, dass es am selben Tag geboren wurde an dem seine Mutter starb. Es war so bitter, das ganze ein zu hartes Schicksal, es tat ihr Leid für das kleine Wesen in ihr. Sie wünschte sich nicht mehr für es, als dass sie ihm eine bessere Mutter gewesen wäre als sie es war, aber ihr wünschen war hoffnungslos.
Doch nicht nur ungeborenes Leben litt unter der Entscheidung des Gerichts, sie hatte Flinns Augen gesehen, Garths Gesicht, beide waren bedrückt und verzweifelt, so dachte Rhynja. Es tat ihr für beide Leid, wie gerne hätte sie mehr für sie getan. So gerne wäre sie mit Flinn einmal spazieren gegangen, draußen im Wald, fern der Stadt. Wie gerne hätte sie versucht Garth die Schwester zu sein, die er vor so langer Zeit verlor. Wie gerne hätte sie dabei all das Gefühlschaos vergessen, dass beide Männer in ihr auslösten. Wie gerne wäre sie einfach nur sie selber gewesen, Isiel Rabenklaue, die schon lange als verstorben galt.
Ihre Hoffnung war vergebens, so sinnlos, es war alles vorbei, ihr Tod war beschlossen. Sie würde keine Gelegenheit mehr haben ihr wahres Leben zu führen bevor die schwere Klinge der Guillotine ihren Kopf vom Leib löste. Sie bereute ihre Taten, hatte sie schon vor den Urteil bereut, bereute jemals mit ihrem damaligen Mentor zur Zenthilfeste gereist zu sein. Wäre sie nie Zentarim geworden, hätte sie Flinn nie angegriffen, wäre sie nie vor Gericht gekommen und wäre vermutlich dann nun nicht in dieser Zelle.
Aber es war sinnlos über die Vergangenheit zu schwelgen, denn man konnte die Zeit nicht zurück drehen. Sie hatte Fehler gemacht und für diese würde sie nun büßen.

Ein paar Tage blieben ihr noch, ein paar Tage in diesem düsteren Kerker tief unter der Gardefestung. Als sich ihre Brust langsam Atemzug für Atemzug schwer hob und wieder senkte, als der sowieso schon feuchte Boden hart ihre Tränen zerschellen ließ, als sich wieder einmal dunkel die Schatten um sie versammelten um ihren Leib und ihre Seele zu schänden, da wusste Rhynja es war vorbei. Die paar Tage aber die ihr noch blieben, die würde sie nicht verschenken.
Vielleicht war es Sinn- und Zwecklos, aber Rhynja würde versuchen in den paar Tagen, die sie noch hatte, all' die Greueltaten, die sie begangen hatte wieder gut zu machen.
Sie wollte Licht sein für die, welche litten, sie wollte ein Lächeln auf die Lippen derer zaubern, die um sie trauerten und sie wollte die Sorge von der Schulter ihrer Freunde nehmen.
Ja Freunde, es gab einen Spruch der besagte, dass man wahre Freunde in Krisenzeiten erkennt. Endlich wusste Rhynja, dass in ihm die reine Wahrheit steckte.

42.

"Das Ende einer Geschichte war immer auch ein Anfang.", so hallte es in ihren Kopf. War dies doch die einzige Hoffnung, die es in dieser Stunde noch gab um der Angst vor dem Tod zu entrinnen. Der kleine Junge in den Körbchen auf den Tisch, der kleine Ray, seine Geburt war eine der wenigen guten Taten in Rhynjas kurzen Leben gewesen. Wie würde er nur aufwachsen? Würde er ein glückliches Kind sein? Würde er sich den Kampf verschreiben wie seine Eltern, oder einen ganz anderen Pfad einschlagen? Die Antworten auf diese Fragen waren für Rhynja so fern, wie die Hoffnung auf Leben. Als sie die letzten Blicke mit Flinn tauschte, ihre letzten Worte sprach, und die Kleider für die Exekution anlegte, war sie schon längst nicht mehr anwesend. Ihre Gedanken waren auf ganz anderen Wegen, sie suchten nach einer Hoffnung, die sie nicht fanden, suchten nach Halt wo es keinen gab.

Der Weg zum Richtplatz schließlich war kalt, sie konnte zwar die Sonne sehen, aber sie schien jetzt für andere, nicht mehr für sie selbst. Einige Menschen waren gekommen um ihren Tod zu sehen, sie kannte niemanden, außer Flinn. Und so tat der Richter sein Werk, beendete Rhynjas Leben, ihre Geschichte, beendete ihren Weg und nahm ihr alles was sie liebte. Manch einer mochte später behaupten, dass er einen celestischen gesehen hatte an diesen Tag, der nach ihrem Tod die Arme um die Kämpferin schloss und ihre Seele mitnahm. Doch, dies war nur Humbug, oder?