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Mirokurator
"Normal" und "Krank"
Eigentlich als Anekdote fürs Atelier, aber da kommt wenig Diskussion auf, also auch nochmal hier. Und witzig geschrieben ist es diesmal eh nicht. 
Während die depressiven Geschichten und Gedichte hier bei uns in letzter Zeit ja erfreulich abnehmen (Sommerstimmung?), fällt mir immer öfter ein andres Phänomen wie ein Hagelkorn ins Auge. Es geht um die regelrechte "Dämonisierung" des Normalen. Irgendwie ist es schon auffällig, wenn man die Geschichten der letzten Monate überfliegt, es fallen immer öfter Sätze wie "Aber Achtung, das ist ganz schön krank." in den Raum. Was folgt, ist dann meist eine Geschichte mit zweifelhaftem Inhalt, heißt auf gut Deutsch, man muss die Interpretation schon fast von einer anderen Existenzebene holen, um Sinn in die Sache zu bringen, und selbst dann besteht noch begründeter Zweifel daran, ob der Autor jenen Inhalt überhaupt geplant hat. Man fragt sich dann, was krank daran ist, Sätze und Wörter hintereinanderzukleben, die keinen Sinn ergeben. Vor allem sollte man sich auch mal in Gedanken rufen, was an einem eigentlich negativ belegten Wort wie Krank so verdammt faszinierend ist?
Das Ganze hört hier im Atelier aber bei Weitem noch nicht auf. Ein Themenbereich, wo dieses Phänomen schon viel länger bekannt ist, ist die Musik. Kaum jemand hier im Forum würde zugeben, Pop- und Chartsmusik zu hören, viel beliebter sind da schon eher sogenannte "Independent"-Bands, also dem Wort nach unabhängige Musiker, was natürlich, nüchtern betrachtet, eine ordentlich stupide Einordnung ist. Wenn man den Bereich nicht kennt, weiß man mit "independent" auch nichts anzufangen, selbst "Volksmusik" ist eine treffendere Genrebeschreibung, wobei das Gejohle der bayrischen Dirndl-Mädchen und Ziehharmonika-Jungens schon so überhaupt nichts mehr mit irgendeinem Volk zu tun hat. Ein anderes Beispiel sind natürlich Punk- und Gothic-Bands bzw. Interpreten, die seit der Gründung der beiden Genres versuchen, sich von der Masse abzusetzen. Dass Wörter wie "Konformisten" oder "Stino" überhaupt Einzug in den Sprachgebrauch gefunden haben, ist an sich schon ein Armutszeugnis. Der Mensch versucht halt, sich von den anderen abzusetzen, und dieser Versuch kann teilweise schon Formen annehmen, die mehr lächerlich als alles andere sind. Ein gutes Beispiel ist die Band "Oomph". Die Mitglieder treten nur noch schwarz geschminkt auf, in den Videos sieht man weit aufgerissene Augen und Blut. Das Ziel ist klar, die Band will "böse" wirken, um ihre Zielgruppe von der "guten" Elternwelt abzugrenzen. Dieser Versuch allerdings ist so überzogen, dass nun schon wieder andere kommen und meinen, Oomph sein ebenfalls eine kiddie-Band, heißt also, eine Band für "Normalos", um es mal krass auszudrücken, denn etwas anderes bedeutet dieses Wort nicht. Kind, sozusagen jemand, der noch keine ernstzunehmende Meinung hat. Entsprechende Leute hören dann lieber Bands, die genau auf der Kante zwischen "bekannt" und "volllkommen egal" stehen. Eben jene Musiker, die noch nicht weit genug herumgekommen sind, um beliebt zu sein, die sich aber trotzdem schon in den "Szenen" einen Namen gemacht haben. Herr Alexander Kaschte von Samsas Traum bzw. Weena Morloch singt in einem seiner beliebtesten Goth-Disco-Lieder schließlich nicht umsonst 10mal hinternander "Ich bin wirklich krank!!". Was daraus allerdings resultiert ist die Tatsache, dass sich genügend Leute von "ihrer" Band abspalten, sobald sie bekannt wird, teilweise sogar mit einer Aussage a la "Die sind nicht mehr true und machen kommerzielle Musik".
Als Antwort auf die langweilige Musik der alten Leute in den Zwanzigern kam der Jazz, als Antwort auf diesen der Rock, und als selbst der Rock zu "normal" wurde, erfand irgendein gewiefter Geschäftsmann schließlich Heavy Metal und Punk. Diese Liste ließe sich endlos so weiter führen, aber irgendwo ist damit rein logisch gesehen auch mal Schluss, denn viel weiter als rein elektronische Kreisch-Musik ohne Melodie geht es kaum noch. Die Antwort ist leicht: Man fängt wieder von vorne an. Um sich von dem Independent- und Punk-Einerlei abzusetzen, hört man wieder Klassik, Johny Cash und Janis Choplin (Hab ich sie richtig geschriebene?). Natürlich kann man dieses Verhalten nicht verallgemeinern, denn mehr als genug Leute hören Musik aller Sparten, ohne darauf zu achten, was der Rest denkt. Trotz allem haben "kranke" Musiker immer eine gewisse Faszination auf viele Menschen, was ja nach dessen Aussage bspw. auch der Hauptgrund des Erfolges von "Schockrocker" Marylin Manson ist.
Bei Filmen ist es ebenso, Kunstfilme und Gewaltfilme werden immer beliebter, und je seltener sie irgendwo zu sehen sind, desto besser, denn desto unnormaler. Ich rede auch an dieser Stelle nicht von Leuten, die sich betreffende Filme angucken, weil sie sich dafür interessieren, sondern von denen (und davon kenne ich leider zu viele...), die sowas nur "inhalieren", um später darüber erzählen zu können.
Am Ende kommt bei allen das Gleiche raus, sei es die "normale" allgemein verpönte Popmusik, der "amerikanische Hollywood-Kapitalismus" oder die "schon mal dagewesene" Geschichte, Dinge, die nicht außergewöhnlich sind, werden oft als Ganzes verurteilt, ohne sich ernsthaft mit dem Einzelnen beschäftigt zu haben. Der Japano-Wahn geht natürlich in die selbe Richtung, einerseits wurde Visual Key ja nun mal als Abgrenzung erfunden (möchte ich behaupten), andernseits gibt es genügend Leute, die inzwischen alles Japanische ablehnen, mit den Argumenten, es sei Japano-Kiddy Kram. Ich meine, man sollte ein wenig offener sein, auch den Dingen gegenüber, für die sonst keinerlei Sympathien hegt, und wenn man das nicht kann, soll man nicht urteilen. Denn ich zweifle daran, dass es einen Punk gibt, der nicht irgendein Pop-Lied toll findet, wenn er es auch nicht zugeben würde. Muss er auch nicht. Er soll nur nicht sagen, dass jegliche Popmusik fürn Arsch ist. Das gilt Imho für alle Themen.
Meinungen bitte. ^^''
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