Bei meinen neuen Spielen (das sind Dreamland R (auf welches sich der Hauptteil bezieht) und jene die jetzt in der Mache sind) geht es mir eigentlich besonders darum das sie eine Aussagekraft haben, das sie quasi eine Bedeutung und einen kritischen Hintergrund haben, ohne dabei das Spielen an sich zu vernachlässigen. D.h. die eigentliche Story verläuft zwischen den Zeilen und wird nur dann aufgedeckt wenn man bei allen Ungereimtheiten nach dem „Warum?“ fragt. Es ist in meinen Stories eigentlich nichts so das ich viele Anspielungen in einen Pott werfe, umrühre und die Leute selbst interpretieren lasse, es ist eigentlich alles da und bis ins kleinste durchdacht. Dem Spieler bleibt dann die Wahl zwischen Ablehnung und Interaktion mit dem Gespielten/Erlebten/Gesehenen/Gelesenen.
Was Charaktere angeht, so gehe ich davon aus das es sich bei den Figuren um völlig verschiedene Identitäten handelt. Die meiste Zeit wenn man Charaktere aus Filmen, Büchern oder Spielen kritisiert, geht man von den eigenen Wertvorstellungen aus, vllt. auch der eigenen Ethik. „Helden“ sind eigentlich immer stark den gängigen gesellschaftlichen Moralvorstellungen angepasst. Das versuche ich zu umgehen, man spielt keine einzige Figur die man „Held“ nennen könnte. Daraus folgt die Frage „Wenn ein Held nicht meinen Moralvorstellungen entspricht, wie kann ich mich dann mit ihm identifizieren?“. Die Antwort, so banal sie auch zu sein scheint, ist: „Gar nicht.“ In Dreamland R (für alle die es gespielt haben), gibt es zu Spielbeginn eine ganz simple Szene die das klarmacht, und die die Makergrafik benutzt um den Schlüssel zum Verständnis der Story darzustellen. Während die Spielfigur in einer Gasse steht und zwei Mülltonnen verschieben muss um sich den Weg freizumachen, wird in einer anderen (für die SPIELFIGUR) nicht sichtbaren Gasse eine Leiche in ein Loch gezogen. Der Spieler weiß an dieser Stelle mehr als die Spielfigur selbst, der Spieler hat ab diesem Moment ein anderes Verständnis von dem Schauplatz des Spiels als die Figur und eine völlig andere Atmosphäre macht sich in ihm breit (wir sprechen hierbei wohlgemerkt nicht von Angst oder Schauder). Ab dem Moment kann man die Frage „Was fühlt die Spielfigur“ nicht mehr beantworten, und wenn man es tut, ist es dann nicht wieder die Vorstellung SELBST in der Situation zu sein? Durch das zusätzlich gesammelte Wissen fällt die Identifikation mit der Spielfigur flach. Der Spieler wird also unbewusst zum Marionettenspieler was durch das ständige Wechseln der Charaktere verschärft wird. Er bekommt einen Eindruck von dem Ort des Geschehens den so keine andere Spielfigur bekommt.
Das bedeutet im wesentlichen dass das Spiel nicht der Charaktere wegen (da keine Identifizierung stattfindet) gespielt wird, sondern dem Hintergrund wegen, der Frage was es mit all dem auf sich hat was an jenem Schauplatz passiert. Und ohne die Identifizierung ist es so, dass die Charaktere für den Spieler eigentlich das ganze Spiel über Fremde sind deren Verhalten man nie komplett vorhersehen und vielleicht auch nie nachvollziehen kann. Dieser Grundsatz findet seinen Höhepunkt im Finale des Spiels, als der Gewaltgrad enorm ansteigt und die „Fremden“ auf nahezu bestialische Weise abgeschlachtet werden. Zu diesem Zeitpunkt weiß der Spieler etwas über die Charaktere die er ~beobachtet~ hat. Er hat ein festes Bild von ihnen im Kopf, durch ihre Wortwahl, ihre Taten, ihre Träume und Albträume, die Dinge die ihnen nicht von ungefähr wiederfahren sind etc., und er wird Zeuge wie diese Charaktere umgebracht werden. Die Grafik im Schlussteil des Spiels ist dabei gar nicht allzu sehr entscheidend, nicht einmal der Realitätsgrad spielt mehr eine Rolle (fällt auf wenn man z.B. die Rippen zählt), es geht nur noch um das „dingliche“ was wir sehen, und (und das ist am wichtigsten) die Art wie wir damit umgehen. Fühlt man Mitleid, hat man Spaß am Gemetzel, lässt es einen kalt, macht man sich Gedanken um die Pixelgrafik etc. Das Verständnis des Spiels in Verbindung mit dem am Ende Dargestellten zwingt den Spieler zu einer Reflexion, so dass Charaktere und Spieler am Ende auf einer anderen Ebene doch wieder zusammenfinden.
Ganz grob würde ich sagen, dass es das ist was die Dreamland R Story auszeichnet und von vielen anderen Spielen abhebt und einzigartig macht. Wie der Spieler auf das ganze reagiert ist dabei sicherlich unterschiedlich, so kann es sein das viele das Spiel allein schon wegen dem Fehlen von Identifikation ablehnen – ggf. völlig unbewusst.