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Thema: Rettung

Baum-Darstellung

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  1. #1

    Rettung

    So, nach längerer Zeit mal wieder was von mir. Die Geschichte hab ich schon eine Weile im Kopf, und jetzt hab ich mich auch endlich mal aufgerafft, sie aufzuschreiben...

    „Und hast du schon gehört? Sie haben wieder eine gefunden!“
    „Schrecklich, diese ganzen Toten in letzter Zeit... war sie wieder...“
    „Entschuldigung, aber manche Leute haben heute noch etwas anderes vor!“
    Das Gesicht der Standbesitzerin und das ihrer Kundin (zumindest nahm sie an, dass es eine Kundin war, gekauft hatte sie bis jetzt jedenfalls nichts) wandten sich ihr zu.
    „Sehen sie nicht, dass wir beschäftigt sind?“
    „Und ich bin seit heute morgen auf den Beinen, habe den ganzen Tag noch nichts gegessen und noch einen langen Heimweg vor mir. Es ist ja wohl nicht zuviel verlangt, wenn sie ein paar Sekunden ihrer kostbaren Zeit opfern, um mich zu bedienen.“
    Die Verkäuferin versuchte sie zwar mit Blicken aufzuspießen, aber wenigstens unterbrach sie ihr Gespräch, um sie zu bedienen.
    Normalerweise wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, jemanden bei einem kleinen Tratsch zu stören, aber was sie gesagt hatte stimmte. Sie war wirklich seit dem Morgengrauen auf den Beinen, und nichtmal sicher, dass sie es bis zum Einbruch der Dunkelheit nach Hause schaffen würde, und das letzte was sie gerade gebrauchen konnte, war eine Verkäuferin, die sich seit einer Viertelstunde mit einer ihrer Kundinnen unterhielt, und sie völlig ignorierte.
    Kaum hatte sie sich abgewandt, hörte sie auch schon, wie das Gespräch hinter ihr wieder einsetzte.
    „Unfreundliche Person. Aber wo waren wir stehengeblieben. Ach ja, die neueste Tote...“
    „War sie wieder so schrecklich zugerichtet?
    „Ja, genau wie die letzten, und stell dir vor...“
    Sie hörte nicht länger zu, sondern wandte sich lieber wieder ihren restlichen Besorgungen zu.

    Mist. Nun war es also passiert: Es war dunkel geworden, und sie musste durch den dunklen Wald nach Hause laufen. Nicht nur, dass sie müde war, und noch dazu ihre ganzen Einkäufe schleppen musste, ihr stand auch noch ein recht langer Marsch durch den dunklen Wald bevor. Sie konnte wahrscheinlich froh sein, wenn sie zuhause ankam, ohne vorher über eine Wurzel zu stolpern und sich einen Fuß zu brechen. Warum konnte der Markt auch nie bei ihnen sein?
    Außerdem war der Wald bei Dunkelheit ziemlich unheimlich. Sie musste an das Gespräch denken, dass sie in der Stadt mitangehört hatte. Trieb sich hier ein Mörder oder ein wildes Tier herum, das die Leute anfiel? Fast ohne es selbst zu bemerken beschleunigte sie ihre Schritte. Sie wollte hier so schnell wie möglich wegkommen.
    Nach einer Weile wurde sie wieder langsamer. Es brachte ja nichts, wenn sie in Panik ausbrach, sich verausgabte, und sie dann, im unwahrscheinlichen Fall, dass tatsächlich eine Bedrohung auftauchte, zu erschöpft war, um noch zu fliehen. Sie blieb einen Moment stehen um etwas zu verschnaufen. Doch das raschelnde Geräusch, das bisher ihre Schritte begleitet hatte, verstummte nicht. Erschrocken fuhr sie herum. Doch natürlich war nichts zu sehen. Sie schalt sich selbst eine Närrin. Es war wahrscheinlich nur der nächtliche Wind, der durch das Unterholz wehte. Doch trotzdem setzte sie ihren Weg fort, und wurde dabei fast wieder so schnell wie vorher.
    Nachdem sie einmal auf das Rascheln aufmerksam geworden war, verschwand es nichtmehr. Statt dessen schien es immer näher zu kommen. Unwillkürlich steigerte sie ihr Tempo immer weiter, bis sie schließlich rannte. Doch auch das Rascheln wurde hektischer, und selbst als sie so schnell es ihr möglich war, rannte, holte es immer weiter auf. Sie lies ihr Zeug fallen, und rannte endgültig wie von Sinnen durch den Wald.
    Doch schließlich kam es, wie es kommen musste. Sie stolperte, und war nichtmehr in der Lage, ihren Sturz zu verhindern. Und als sie sich auf die Knie hochgerappelt hatte, und in die Richtung, aus der sie gekommen war, zurückblickte, sah sie ihn. Zunächst waren es nur zwei gelbe leuchtende Augen in der Dunkelheit, doch dann begannen sich weitere Konturen herauszuschälen. Vor sich sah sie den größten Wolf ihres Lebens. Dieser kam nun langsam auf seine sichere Beute zugetrottet. Sie schloss die Augen. Sollte sie so enden, und den Klatschbasen im Dorf als neuestes verstümmeltes Todesopfer als Gesprächsstoff dienen? Sie hoffte, dass sie wenigstens nicht allzu sehr leiden musste. Auch hinter sich hörte sie es jetzt rascheln, wahrscheinlich die Artgenossen der Bestie vor ihr, die auch einen Anteil an dem Mahl haben wollten.
    Doch auf einmal spürte sie einen Luftzug an sich vorbeistreichen. Sie riss die Augen auf, um zu sehen, was nun geschehen war. Vor ihr stand ein Mann mit einem Schwert in der Hand, das er dem Wolf entgegen streckte. Dieser hatte sich geduckt, und sah so aus, als würde er sich jeden Moment auf den Mann stürzen.
    Und das tat er dann auch. Er sprang den Mann an, und verbiss sich in seinem Unterarm. Dumm für ihn war nur, dass es nicht der Arm war, der das Schwert hielt, was es dem Mann ermöglichte, auf ihn einzuschlagen. Er erwischte den Wolf am Rücken. Zwar schien die Verletzung nicht wirklich schlimm zu sein, aber immerhin lies der Wolf den Arm los und wich zurück. Der Mann setzte ihm trotz seiner offensichtlichen Schmerzen ohne zu zögern nach und landete einen Treffer gegen eines der Beine des Wolfs. Dieser knickte daraufhin ein, und ermöglichte es dem Mann so, einen Treffer gegen den Kopf zu landen, was den Kampf beendete.
    „Vielen Dank. Sie haben mir das Leben gerettet.“
    „Sie haben verdammtes Glück gehabt, dass ich gerade da war. Normalerweise entferne ich mich ja nicht so weit vom Dorf, aber irgendwie hatte ich eine Ahnung, dass ich heute hierherkommen sollte. Und anscheinend hat sie mich nicht getrogen.“
    „Ich weiß gar nicht, wie ich ihnen danken soll. Aber sie haben sich verletzt. Lassen sie mich die Wunde doch einmal sehen.“
    „Ach, das ist doch nur ein größerer Kratzer. Aber sie sind doch unverletzt, oder?“
    Abgesehen von einigen Schürfwunden, die sie sich bei ihrem Sturz zugezogen hatte, fehlte ihr nichts, was sie ihm auch sagte. „Aber diese Wunde sieht wirklich schlimm aus. Sie sollten sich wirklich darum kümmern.“
    Er blickte sie einen Augenblick an, dann riss er den ohnehin stark mitgenommenen Ärmel seines Hemdes ab, und wickelte ihn um die Wunde. „So, das sollte reichen.“
    Sie war davon zwar nicht wirklich überzeugt, aber er musste selbst wissen, was er sich zumuten konnte. Außerdem war ihr gerade wieder eingefallen, dass Wölfe Rudeltiere waren. Das riesige tote Tier vor ihr sah zwar so aus, als ob es ganz gut für sich allein hätte sorgen können, aber im Zweifelsfall wollte sie sich nicht vom Gegenteil überzeugen lassen müssen. „Sie dürften jetz wohl so eine Art Held sein. Ich habe gehört, wie sie sich im Dorf über die ganzen Toten unterhalten haben“, versuchte sie sich langsam zu verabschieden. Ihre Einkäufe hatte sie längst abgeschrieben, die lagen vermutlich auf einem großen Areal des Waldbodens verstreut, und im Dunkeln würde sie sie sowieso nicht finden. Außerdem lies sie der Gedanke an weitere Wölfe, nachdem er ihr einmal gekommen war, nicht mehr los.
    Er warf ihr einen etwas merkwürdigen Blick zu. „So, haben sie das... Naja, ich sollte sie wohl noch ein Stück begleiten, wer weiß, ob sich nicht noch mehr von den Viechern hier rumtreiben.“
    Natürlich nahm sie sein Angebot ohne zu zögern an.

    „Erinnerst du dich noch an diese Dränglerin von gestern?“
    „Die unfreundliche, die ja ach so wenig Zeit hatte?“
    „Ja, genau die. Sie haben sie heute morgen gefunden. Tot.“
    „Oh nein, wieder so wie die anderen...“
    „Ja, die komplette Haut abgezogen. Wahrscheinlich bei lebendigem Leib.“
    „Einfach schrecklich. Man ist sich seines Lebens wirklich nicht mehr sicher. Und dann noch auf so schreckliche Art. Auch wenn sie nicht gerade freundlich war, hat sie das wirklich nicht verdient. Also ich würde mich ja lieber von wilden Tieren zerreißen lassen, als das mit mir so etwas passiert...“

    Geändert von Liferipper (04.06.2006 um 16:26 Uhr)

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