Was denkt ihr über den Poster über euch? #8

[taraia]

Ich glaub ich will auch mal

Stellen wir uns vor, wir würden in einer Welt leben, in der wir alles einteilen könnten. Schwarz-Weiß, Heiß-Kalt, Doof-Toll. Einfach so, ohne dass jemand ankäme mit
"Aber was ist denn mit lauwarmen Grau, das ich irgendwie so mittelmäßig gut finde? Das kann man doch nicht machen, das sind doch alles Vorurteile blablablubb...".
Stellen wir uns vor, wir hätten das aus genutzt und hätten das Schubladendenken Salonfähig gemacht.
Wir hätten also einen riesigen Saal, der in etwa so aussieht, wie eine uralte Bibliothek.
Und tatsächlich befinden sich dort Unmengen an Regalen, die mit Büchern und Filmen beladen sind. Staubige uralte halb zerfallene Handschriften aus dem 11. Jahrhundert oder kleine Taschenbücher von 1976, sowie vollgekritzelte Malbücher, Notizhefte und Kartons voller loser Zettel. Außerdem stehen in einer Ecke Fernseher und Bildschirme übereinandergestapelt und einige Drucker spuken tonnenweise Papier in große Körbe, während es überall blinkt, Fernsehsender aller möglicher Länder laufen und sich Internetseiten im Sekundentakt aktuallisieren. Große Tonbänder schneiden Gespräche in hundert verschiedenen Sprachen mit, sodass ein Gemurmel durch die Gänge raunt.
Aber am erstaunlichsten ist wohl die Wand, die komplett bedeckt ist mit einem riesigen Regal- und Komodenähnlichen Gebilde. Das Möbelstück ist aus dunklem Holz gefertigt und an den tausenden Schubladen sind kleine blank polierte Messingschilder genagelt, auf denen verschnörkelte Schrift steht. Mehrere Schubladen scheinen, trotz der Regelmäßigkeit des Aufbaus, Gruppen zu bilden, die auch wieder mit edlen Schildern gekennzeichnet sind.
Und stellen wir uns nun vor, dass sich in dem Raum nur eine einzige Person befindet, die wichtig (oder dumm) genug ist diesen Job zu machen, nämlich alle Menschen in diese kleinen Schubladen zu stecken. Nun bin also ich diese Person und habe genau heute die Aufgabe alle Leute, die in Internetforen registriert sind, einzuordnen.
Ich habe also schon Rick zu den lügenden Alkoholfans mit dem Drang sich auszuziehen gesteckt und Ba'al in die Gruppe der erfolglosen Musiker, aber langsam gehts an die nicht mehr so einfach einzuordnenden Menschen.
Ich öffne eine kleine rote Schachtel, hole einen blauen Schlüssel herraus und gehe zu der silbrig glänzenden Anlage, die über dünne metall Röhren mit den Wänden des Saals verbunden sind. Nachdem ich eine kleine Klappe an der Anlage aufgeschlossen habe, tippe ich 4 8 15 16 23 42 ein und das silberne Monstrum beginnt zu brummen und leicht zu vibrieren. Nach wenigen Sekunden ist jede Farbe aus dem Raum verschwunden und ich packe den blauen Schlüssel, der nicht mehr blau ist, zurück in die Schachtel, die jetzt dunkelgrau zwischen den dunklen Büchern fast untergeht.
Nebelschwaden ziehen urplötzlich durch die Gänge und leise Musik klingt im Hintergrund.
Ich greife in eine große Schale, die auf einem kleinen Podest steht, und nehme eine kleine Kugel heraus, auf der groß TOM CRUISE steht. Etwas unterfordert bringe ich ihn bei 'schlechte Filme - winzig - Scientology - örks' unter und schnappe mir die zweite Kugel.
Achadrion lese ich darauf und muss nun tatsächlich überlegen, wo ich ihn hinstecken kann.
Ich gehe vor der Schubladen Wand auf und ab und werfe dabei gedankenverloren die Kugel von der einen Hand in die andere. Ich beginne die einzelnen Gruppen auszuschließen. Das Streichen aller Schubladen, mit dem Oberbegriff 'unsympathisch' verringert die Anzahl um etwa 3/4. Zielstrebig gehe ich auf die Reihen zu, die mit 'nett' betitelt sind, weiß aber, dass ich aufpassen muss. Zu schnell rutscht einem jemand von 'nett' in 'langweilig' und das wäre doch ziemlich unpassend.

Also schlendere ich erstmal in Gang 34 und lasse die Kugel auf einem der Regalbretter entlang kullern. Sie bleibt an einer DVD-Hülle hängen, weshalb ich diese aus dem Regal nehme und aufklappe. Es kracht und poltert und dann.... steht plötzlich Ben Affleck vor mir. Ich fluche und ärgere mich, dass niemand endlich 'Bounce' aus der Sammlung entfernt, aber aus Höflichkeit frage ich trotzdem: "Hey Ben, wo würdest zu Achadrion einordnen?"
Er grübelt lange. Fährt sich durchs Haar und fragt dann letztendlich: "Äh... wie war nochmal die Frage?" Ich bereue es schon überhaupt etwas gesagt zu haben, wiederhole die Frage aber nochmal extra langsam. Sein Gesicht hellt sich verstehend auf und er streift mit seiner Hand an seinem Kinn rum, weil er meint, dass sehe nachdenklich aus und er es mit Mimik nicht überzeugend darstellen kann.
Irgendwann, als ich schon einen Martini und zwei Zigarren konsumiert und eine Bach Sonate auf dem Klavier geklimpert habe, fängt er an vor sich hin zu murmeln: "War das nicht der mit den Filmen? Der so viele da so kennt? Aber nur diese langweiligen... ohne Blinde, die im Regen sehen können und Explosionen... war das nicht auch der, der im Wartezimmer sitzt und Frauenzeitschriften liest? Moment... war der nicht mit Angelina Jolie zusammen und ist jetzt schwanger, aber das Kind ist eigentlich von Katie Holmes, die sich ja nach Monaten von Brad Pitt hat scheiden lassen? Und war da nicht etwas mit einem Adelstitel? Und diese Ex-Kandidatin von..."
Ich fordere Ben auf doch mal zu sehen, ob man einen Sprung aus dem Fenster im 3. Stock überlebt und er testet es aus.

Nun endlich wieder allein, öffne ich eine weiter Hülle und lasse mir Doris Day etwas vorsingen, während ich mich nachdenkend in einen Sessel setze.
Mit Filmen hatte Ben ja schon irgendwie recht... aber das kann ja nun nicht das einzige sein, unter dem man ihn einordnen kann. 'nett - unlangweilig - Filmemöger' das klingt ja nicht gut... 'kreativ' muss da noch rein... und 'hilfsbereit', 'unterhaltsam', 'sympathisch', 'offen'... Mein Blick schweift über die Worte in Schnörkelschrift und ich fasse einen Entschluss.

Nachdem ich 5 Kanister Benzin im Raum ausgekippt habe, werfe ich ein Streichholz in die Mitte der Gänge und verlasse das Haus. Die Kugel mit dem Namen drauf drehe ich noch einmal in der Hand und lasse sie dann in meine Jackentasche gleiten.
Manche Leute lassen sich eben nicht gut einordnen.
Manche Leute sind eben einfach nicht Tom Cruise.
Und das ist wirklich gut so