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Krieger
Die Wärme, die den Raum bereits füllte, drang durch die Ritzen der Tür zu Mika und Ziffer durch und bedeckte ihre blassen Gesichter. Die Füße wurden von dem Licht behellt, dass durch den Schlitz am Boden drang.
Mikas Herz klopfte schneller, trotzdem nicht so schnell, wie es das vor fünf Jahren getan hat, als er mit seinen Freunden im Feuertempel war, als sie Tekla’gor bekämpften.
Er umfasste die kühlen Pentagramme in seiner Hand fester, sie zu verlieren wäre im Gefecht tödlich. Glaurung war nicht dumm und er würde jede Chance nutzen, ihn auszulöschen. Er hatte immer noch einen furchtbaren Groll auf Mika, weil er ihm damals persönlich den finalen Stoß in die Verbannung gegeben hatte.
Ziffer streckte den Arm vor. Er nickte Mika stumm zu und stieß die Tür auf. Hitze schlug den beiden Wasserbewohnern entgegen und gab den Blick auf das Innere preis.
Von nun an mussten sie sich beeilen, entweder wurden sie gegrillt oder sie würden der Hitze unterliegen und austrocknen.
Flammen züngelten im Raum, leckten am verkohlten Holz der Tische und verbrannten die Papiere mit magischen Formeln und Symbolen auf immer. Der mächtige Drache, der in einiger Entfernung ihnen den Rücken zugewandt hatte, fiel in dem Flammenmeer nicht groß auf. Das vorher orangerot der Schuppen war nun einem dunklen Blutrot gewichen und ließ den Drachen bedrohlicher wirken.
Eben jener hob nun den gehörnten Kopf und wandte ihn den Eindringlingen zu. Er bleckte die Zähne, an denen dunkles Blut klebte.
Ihr Blick wanderte an Glaurungs Krallen vorbei zu Boden, wo der Kadaver von Thetis lag. Der Drache schien zu schnell für die Nixe gewesen zu sein, schon mal kein guter Start im Kampf gegen den Lord des Feuers.
„Mika“, raunte Ziffer gegen das Zischen der Flammen an,„Ich werde versuchen, ihn abzulenken, dafür musst du dich beeilen. Glaurung ist schneller zu Kräften gekommen, als ich erwartet habe."
Mika nickte, er hatte verstanden. Kein Schild würde ihm im Kampf gegen das magische wesen schützen, nun zählte die Schnelligkeit. Wie zur Bestätigung ließ der Drache seine scharfkantige Zange aufschnappen. Das schneidende Geräusch der Kanten, das dabei verursacht wurde, klang äußerst beunruhigend.
„Wie ich sehe, ist euch der Mut nicht entschwunden“, sagte der Drache mit tiefer knurrender Stimme. „Wahrlich tapfer, doch kann euer Stolz auch das Feuer der Hölle bezwingen?“
Er riss das Maul auf, um die Beiden mittels seines Elementes aus dem Weg zu räumen.
Mit einem kurzen Befehl Ziffers, erhoben sich die noch nicht vom Feuer zerfressenen Gegenstände im Raum in die Luft. Gläser, Tische, Stühle und Steine schaukelten in der Luft hin und her.
Ein brennender Tisch sauste durch die Luft auf Glaurung zu, wurde jedoch sofort mittels eines flinken Schlags des langen Schwanzes in Stücke zerhauen.
Mika nutzte den kurzen Moment, in dem der Drache abgelenkt war und stürzte zu den Vorderbeinen vor.
Von der plötzlichen Bewegung Mikas wurde Glaurungs Blick auf ihn gelenkt. Er schlug mit seinem für Mika viel zu langen Schwanz nach ihm, verfehlte und schlug einen Balken, der die Decke stützte, in Zwei. Holz regnete auf Mika runter, als er sich auf dem Boden abrollte.
Sofort sprang er wieder auf und rannte weiter. Würde er zögern, würde der Drache diese Chance auch nutzen.
Er sprang über die brennenden Stühle hinweg und schlitterte direkt zwischen Glaurungs mächtige Vorderbeine.
Rasch nahm er ein Pentagramm in die linke Hand und drückte es mit aller Kraft die er in dieser Hitze aufbringen konnte, gegen das rechte Vorderbein. Ein kurzes Aufleuchten und zurückblieb ein schwarzes Tattoo in Form eines Sternes auf den Schuppen des Drachen.
„Was zur Hölle?“, rief Glaurung aus, als sein Bein steif wurde und nun als fester Klotz an seiner Schulter hing, die er ebenfalls nicht mehr bewegen konnte.
Während der Drache noch fluchte und versuchte, sein Bein zu bewegen, nahm Mika das nächste Pentagramm in die Hand.
Glaurung fletschte die messerscharfen Zähne und schnappte nach Mika. „Du kleiner Parasit!“
Mika schwang sich an der linken Schulter hoch, um dem tödlichen Biss des Drachen zu entgehen.
„Ich werde dich zerquetschen!“, brüllte Glaurung und fing an wie ein Pferd zu buckeln. Beinahe wäre Mika auch gefallen, hätte er sich nicht an den Knochen des Flügels festgehalten, die über die linke Schulter des Drachen hinausliefen.
Ein weiterer Tisch schlug gegen Glaurungs Schädel und zersplitterte. Das half nicht viel, der Drache wurde nur rasender, aber es lenkte ihn von Mika ab, der immer noch auf der Wirbelsäule Glaurungs balancierte.
Er beugte sich zum Nacken des Drachen hinunter und befestigte auch das zweite Pentagramm. Das selbe Tattoo war nun auf dem Hals zu sehen.
Im selben Moment riss Glaurung das Maul auf und war kurz davor, Ziffer zu Asche zu verwandeln, als erst sein Hals, dann sein Schädel und schließlich auch sein Rücken zu erstarren begann. Im Sekundenbruchteil war der gesamte vordere Teil des Feuerdrachen wie zu Stein erstarrt. Nur die Schlitzaugen bewegten sich noch und huschten in ihren Höhlen rasend hin und her.
Mika ließ sich an der linken Seite des Drachen hinunter gleiten und landete neben den Hinterbeinen, die letzten Stücke des Drachen die sich noch bewegten.
Glaurung schien so durcheinander, dass er vergas, seinen Angreifer zu zertrampeln. Mika war das nur Recht. Von der Decke fielen immer mehr Stützbalken und drohten ihn zu erschlagen.
Die letzten beiden Pentagramme fanden schnell ihren Nutz. Das Werk war vollbracht, der Drache konnte sich nun nicht mehr bewegen.
Mika richtete sich auf, nachdem er das letzte der magischen Pentagramme am rechten Bein des Drachen befestigt hatte. Der Schweiß rann ihm über die Stirn und sein Gesicht war vom Ruß verschmutzt.
Er winkte Ziffer zu, als Zeichen, dass er nun Lenjia holen konnte. Der Drache war zur Beschwörung gesichert. Ziffer nickte und eilte aus dem Raum. Auch Mika wollte wieder gehen, nun konnte er nicht mehr viel helfen.
Zu spät jedoch, bemerkte er das Zucken des Schwanzes und wie die Spitze der Zange auf ihn zuschoss.
Erst, als die Innenseiten von Glaurungs Zange seine eigenen Seiten einschnitt, bemerkte er, dass der Drache seinen Schwanz noch hatte bewegen können.
Mit einem harten Schlag wurde Mika an die Wand hinter ihm genagelt, als schließlich auch der Schwanz vom Drachen erstarrte.
Mika hing noch benebelt über den mächtigen Seiten der Zange, die tief in seine Seiten geschnitten hatten. Der Schmerz kam erst später und machte sich nach und nach, jedoch ziemlich schnell, in seinem Körper breit. Er keuchte vor Schmerzen und vor Überraschung, als auch das Blut an den Zangen hinunterlief. Seine Füße hingen knapp über dem Boden, wo sich eine kleine Pfütze aus Blut gebildet hatte.
Die Kraft war aus Mikas Armen gewichen, das stellte er fest, als er versuchte, sich zu befreien. Der Schwanz war nun hart wie Granit, wie der Rest des Körpers vom Drachen.
Glaurung sah auf den an der Wand hängenden Mika. Wäre er nicht erstarrt, würde er nun hämisch lächeln, doch allein der Blick reichte aus.
„Ich hoffe, diese Art des Sterbens bereitet dir keine Umstände“, zischelte eine leise Stimme in Mikas Kopf. Dass der Drache Gedanken übertragen konnte, hatte er nicht gewusst, doch nützte es ihm so oder so nicht viel.
Zu schwach zu einer Antwort, ließ Mika auch die überflüssigen Befreiungsversuche. Er hatte bereits zuviel Blut verloren, sein Blick wurde langsam schwummrig und unklar.
Er nahm kaum noch wahr, wie Lenjia und Ziffer den Raum betraten, nahm auch den erschrockenen Schrei von Lenjia nicht wahr. Ziffer stürzte vor und rannte an der geschockten Lenjia vorbei.
„Mika!“, rief er und kam bei dem jungen Zora an. Wie durch eine Wand hörte sich Ziffers Stimme an, dumpf und unverständlich. Mika hob den Kopf ein Stückchen an, um den Zora sehen zu können.
Ziffer zerrte an den Zangen, versuchte es mit Magie, dennoch blieb die Zange so hart wie zuvor.
Mika öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Der Geschmack von Blut klebte an seinen Lippen und im Rachen. Es schmeckte scheußlich, wie Eisen. Er würgte.
„Ziffer“, flüsterte Mika. Er hustete, als wieder etwas Blut den Hals hochkroch.
Ziffer beugte sich vor, um ihn besser zu verstehen. Seine Stimme war kaum mehr als ein leises Flüstern.
„Zieh den Bannkreis, bevor es zu spät ist. Die Pentagramme werden vielleicht nicht mehr lange halten“, flüsterte Mika gepresst und legte seinen Kopf auf Ziffers Schulter. Er selbst fühlte sich so furchtbar schwach. Ziffer presste die Lippen aufeinander, nickte langsam.
„Ich werde gleich wiederkommen, Mika“, versicherte er, bevor er sich umdrehte, um zu Lenjia zurückzugehen. „Halte durch!“
Mika ließ den Kopf auf die Brust sinken. Mittlerweile fühlte er überhaupt nichts mehr. Langsam umschloss ihn eine kalte Dunkelheit. Es war, als würde ein befreiender nebel aufziehen. Er musste plötzlich lächeln, soweit es ihm noch möglich war. Durch den Nebel sprach er einen letzten Namen aus, den nur er selbst hören sollte.
„Dodorion“, hauchte er, bevor seine Augen sich langsam schlossen und seine Gestalt in der Zange Glaurungs erschlaffte. Er hatte sein Leben ausgehaucht.
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