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Drachentöter
Remus Blastaar hatte gerade einen Moment verschnauft, als plötzlich neben ihm ein kleines Geschoss in den Baumstamm einschlug. Der Pyromagus reagierte blitzschnell, wirbelte hoch und spähte in die Richtung, aus der das Geschoss gekommen war. Aber es war nichts zu sehen, bis auf ein paar kleine Büsche in der Ebene, die trotz des Schneefalls in saftigem Grün standen. Blastaar hob seinen Regenschirm-Zauberstab vorsichtig in Richtung Büsche und schwebte langsam heran. Mit einem Mal schoss aus den Büschen ein weiteres Geschoss hervor. Blastaar wich zurück und wackelte Hilfe suchend an seinem Regenschirm - mit einem seiner langen Spinnenfinger rutschte der Pyromagus über einen kleinen Knopf am gebogenen Griffende des Schirms, und im nächsten Moment öffnete sich die Erfindung und bildete einen großen Schutzschild aus Stoff vor Blastaar, an dem das Geschoss sowie weitere Schüsse einfach abprallten.
Als einen Moment nichts geschah, klappte Blastaar den Regenschirm zusammen, fauchte wütend und stach blind ein paar Mal mit dem spitzen Ende des Schirms in die Büsche, bis er ein lautes "Autsch!" vernahm. Der Pyromagus drehte den Schirm herum und puhlte mit dem gebogenen Griff in den Büschen, bis er etwas festes zu packen bekam und kräftig daran zog.
Blastaar stolperte etwas zurück, als aus den Büschen ein kleines, braunes Kügelchen flog, das zwei kümmerliche kurze Beinchen hatte, zwei gelbe runde Augen wie er selbst und eine große Rüsselschnauze. Am oberen Ende der Kugel saß ein wuscheliger Haarschopf, der den Büschen, in denen sich das Wesen verborgen hatte, zum Verwechseln ähnlich sah. Jetzt wusste Blastaar auch, was ihn da angegriffen hatte: Er war über einen Deku-Händler gestolpert.
"Was für eine schreiende Ungerechtigkeit", nörgelte der auf dem Rücken liegende Deku-Händler mit einem Mal laut los, während er wild mit den Beinchen strampelte, um wieder hoch zu kommen. "Da ahnt man nichts Böses, spuckt ein wenig in der Gegend rum, und schon taucht ein Gewaltverbrecher auf, der mich auf diskriminierende Art und Weise tätlich angreift."
"Bitte?", fauchte Blastaar empört zurück. "Zum einen haben Sie ja wohl mich angegriffen, und nicht umgekehrt, zum anderen war das ganz sicher kein Akt der Diskriminierung!"
"Oh, bitte", entgegnete der Deku-Händler, der auf dem Rücken liegend einen überaus jämmerlichen Eindruck machte. "Ich weiß Bescheid. Über alles. Und wissen Sie, was Sie sind? Ein Rassist sind Sie, jawohl! Nur, weil die Göttinnen mich anatomisch etwas unvorteilhaft ausgestattet haben, meinen Sie direkt, mich anzugreifen. Hach, ich bin wirklich arm dran."
"Nun ja", entgegnete Blastaar und kratze sich etwas verlegen am Hinterkopf. "Lieber arm dran als Arm ab, nicht wahr?"
"Da! Schon wieder", schrie der Deku-Händler und sprang mit einem Mal ohne Probleme auf seine Füße. "Sie haben in Ihrem Satz einen rassistischen, mir gegenüber vollkommen intoleranten Unterton verpackt, das hab' ich genau gehört! Reden Sie sich nicht raus, mein Herr, Sie können mir nichts vormachen!"
Blastaar begrub den sichtbaren Teil seines Gesichts in der freien linken Handfläche und ertappte sich bei dem Gedanken, sich bei nächster Möglichkeit wieder zurück in seinen Kerker zu teleportieren, da ihn das leise Gefühl beschlich, dass ihm eine etwas längere Diskussion bevorstand.
Ungeduldig lief Blastaar unter dem Baum auf und ab und massierte sich mit den langgliedrigen Fingern die Schläfen, während der Deku-Händler ungeduldig mit dem rechten Fuß auf den Boden tappte. Blastaar stoppte abrupt und schien Anstalten zu machen, etwas zu sagen, fauchte aber nur genervt und lief einen weiteren Moment auf und ab, bis er sich schließlich räusperte, worauf der Deku-Händler mit erwartendem Blick aufsah.
"Also", begann Blastaar ganz zaghaft. "Um das ganze nochmal Revue passieren zu lassen: Ich habe Sie weder willentlich attackiert noch beleidigt, das ist alles ein ganz großes Mißverständnis, aber wenn ich etwas tun kann, um meine gar nicht vorhandene Schuld bei ihnen auszugleichen, lassen Sie es mich wissen. Es soll niemand sagen, der große Remus Jinenji Blastaar ist nicht mildtätig."
Dass sein drei Kopf größerer Gegenüber nebenbei noch ein gesuchter Weltenzerstörer war, schien den Deku-Händler gar nicht zu interessieren, er watschelte nur ein paar Schritte auf den Pyromagus zu und meinte: "Nun, wenn Sie mich so fragen, da gäbe es so eine Kleinigkeit."
"Und die wäre?", fragte Blastaar und beugte sich, auf seinen Regenschirm gestützt, etwas hervor. "Soll ich jemanden für Sie umbringen?"
"Nein ... kommen Sie näher", flüsterte der Deku-Händler, während sich Blastaar beinahe in die Horizontale gebeugt hatte. "Mein Geschäft läuft in letzter Zeit nicht sonderlich, Sie können etwas bei mir kaufen ... ich habe praktische Sachen, auch -" Der Deku-Händler stellte sich ganz weit auf seine Zehenspitzen, um Blastaars Ohr nah zu sein. "- Feen im Glas ..."
"Feen im Glas?", fragte Blastaar.
"Psst, nicht so laut!" Der Deku-Händler stellte sich noch etwas mehr auf die Zehenspitzen.
"Ja, Feen im Glas ... wenn Sie eine nehmen, werden Sie in null Komma nix wieder frisch wie der junge Morgen."
Das interessierte Blastaar nun doch. Er lehnte sich mit der linken Seite auf seinen Schirm und stützte die Rechte in die Hüfte. Dann fragte er, nicht leise, sondern auf normaler Lautstärke, da er sich sehr sicher war, dass sie niemand belauschte: "Die Fee nehmen? Wie denn? Soll ich ihr den Kopf abbeißen?"
"Keine Panik, ich habe einen Beipackzettel geschrieben, der alles Schritt für Schritt erläutert."
"Geschrieben? Sie? Aber Sie haben doch keine Arme."
"Nun, ich ..." Plötzlich sprang der Deku-Händler auf und deutete mit seiner Rüsselschnauze auf einen Punkt schräg hinter Blastaar. "Bei Farores Federboa! Sehen Sie nur, ein boxendes Känguruh!"
Mit lautem Fauchen wirbelte Blastaar herum und zielte mit der Spitze seines Regenschirms wage in die Richtung, in die der Deku-Händler gezeigt hatte. Aber alles, was der Pyromagus ausmachen konnte, war eine kleine Rotte von Arachnos in weiter Entfernung, und bevor die in gefährliche Nähe kamen, war Hyrule schon dreimal auf dem Meeresgrund versunken.
Blastaar drehte sich skeptisch um und wollte nach dem Sinn dieser Aktion fragen - aber der Deku-Händler war verschwunden. Das Loch, in dem er sich versteckt hatte, war leer, und es waren weit und breit keine Spuren zu erkennen. Nachdenklich kratzte sich Blastaar mit dem Griff des Regenschirms an der Stirn, dann entschloss er sich, weiter in Richtung Osten zu wandern.
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